Mensch

Kocku von Stuckrad: Nach der Ausbeutung

Inhalt:
Es ist heute kein Geheimnis mehr, dass sich die Erde in einem gewaltigen Transformationsprozess befindet. Die globale Klimakatastrophe hat einen Punkt erreicht, an dem die Lebensfähigkeit vieler Ökosysteme und Arten, auch das Überleben des Menschen, auf dem Spiel stehen. Zunehmen setzt sich die Erkenntnis durch, dass es eine radikale Veränderung im Verhältnis zwischen dem Menschen und der nichtmenschlichen Welt geben muss, wenn wir eine lebendige Zukunft des Planeten sicherstellen möchten.

Wie können wir unser Wissen über die Welt erweitern und so gestalten, dass es die Verletzlichkeit des Lebens respektiert und den Menschen als Teil einer planetarischen Lebensgemeinschaft begreift? Welche Konsequenzen hat ein solcher Ansatz für Wissenschaft, Gesellschaft und Politik? Das sind die Fragen, denen Kocku von Stuckrad in seinem neuen Buch nachgeht. (Klappentext)

Rezension:
Wissenschaft neu denken, in Bezug mit Kultur und Natur zu setzen und damit die Trennung von Geist und Materie aufzubrechen. Dies ist der Ansatz, den der Religionswissenschaftler Kocku von Stuckrad verfolgt, um den Menschen in ein komplexes Beziehungsgeflecht mit der nichtmenschlichen Welt in Verbindung zu bringen und so den Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen. Diese Wende,, die er „Mitweltethik“ nennt, soll konkrete Zukunftsperspektiven bieten und die Ausbeutungsregime von Patriarchat, Kapitalismus und Kolonialismus überwinden. Das übergreifende Denkmodell beschreibt er nun in seinem neuen Sachbuch „Nach der Ausbeutung“, welches den Spagat wagt, zwischen Philosophie, Religion und den traditionellen Naturwissenschaften.

Der Ansatz dabei, wie wir Menschen an den Punkt gekommen sind, die Erde kurz vor einem Kollaps und damit selbst einen Fuß bereits im Abgrund stehen zu haben, ist nachvollziehbar. Säulenartig werden die Zustände, die er als Ausbeutungsregime zu benennen weiß, erläutert und zueinander in Bezug gesetzt, bevor der Autor dazu übergeht, zu erklären, wie Wissenschaft abweichend von traditionellen Pfaden bereits in Ansätzen neu gedacht wird, um sie zu überwinden. Die Erkenntnis, interdisziplinär arbeiten zu müssen und dabei auch ungewöhnliche Wege zu verfolgen, ist nicht neu, auch Naturobjekten eine Stimme zu verleihen, mit Hilfe von Kunst und Kultur, ist etwas, was man bereits in einigen Regionen der Welt verfolgt, doch geht von Stuckrad noch viel weiter.

Hier beginnt jedoch eine Problematik, die der Autor sich zwar wünscht aufzubrechen, aber von der alle Lesenden wissen, wie unrealistisch das ist. Wirtschafts- und politische Systeme werden sich nicht so ohne Weiteres umwandeln lassen, auch sind wir Menschen heute um einiges rationaler gestrickt, als es notwendig wäre, um sich auf dieses von ihm verfolgte Denkmodell einzulassen. Eine spannende philosophische Überlegung gleitet damit so weit ins Spiritistische ab, dass es schwer fällt, die ernstzunehmenden Punkte noch von den esoterischen zu trennen. Das tut im Übrigen auch dem Lesefluss nicht gut.

Ein komplexes Modell, welches in Ansätzen sich zwar verfolgen, ganzheitlich aber nicht umsetzen lassen wird, derart zu vertiefen, ist kaum nachzuvollziehen, zudem heute der Komplexität geschuldet, immer mehr fachübergreifende wissenschaftliche Projekte gibt, die im Maße ihrer Möglichkeiten genau das machen, was der Autor sich vorstellt, soweit es nicht ins quasi Religiöse abgleitet. In diesem Sachbuch fehlt mir die rationale Komponente zu sehr, so dass sich einige Fragen und damit Lücken ergeben, die einfach bestehen bleiben. Das mag der Profession von Stuckrads entsprechen, verfehlt aber das Ziel, die Lesenden voll und ganz mitzunehmen.

Autor:
Kocku von Stuckrad wurde 1966 in Kpandu/Ghana geboren und ist ein deutscher Religionswissenschaftler. Er studierte zunächst vergleichende Religionswissenschaft, Philosophie und Judaistik in Bonn und Köln, und promovierte sowie habilitierte anschließend an der Universität Bremen. 2002 folgte eine Gastprofessur an der Universität Bayreuth, anschließend war er in Groningen tätig. Er ist Mitglied der Tierschutzpartei und Beisitzer in derer Berliner Landesverband.

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Jessica Lind: Kleine Monster

Inhalt:
Pia und Jakob sitzen im Klassenzimmer der 2B, ihnen gegenüber die Lehrerin ihres Sohnes. Es habe einen Vorfall gegeben, mit einem Mädchen. Pia kann zunächst nicht glauben, was ihrem siebenjährigen Kind vorgeworfen wird. Denn Luca ist ein guter Junge, klug und sensibel. Sein Vater hat daran kein Zweifel. Aber Pia kennt die Abgründe, die auch in Kindern schlummern, das Misstrauen der anderen erinnert sie an ihre eigene Kindheit.

Also lässt sie ihren Sohn nicht mehr aus den Augen und sieht einen Menschen, der ihr von Tag zu Tag fremder wird. Bis Pia bei dem Versuch, ihre Familie zu schützen, schließlich mit ihrer eigenen Vergangenheit konfrontiert wird. Ein fesselndes psychologisches Drama über die Illusion einer heilen Kindheit. (Inhalt lt. Verlag)

Rezension:
Die Abgründe in unser engsten Umgebung scheinen tiefe Gräben zu sein. Zugeschüttet, vernarbt sind sie, doch gibt es Ereignisse, die sie wieder schmerzlich aufbrechen lassen. In Jessica Linds Erzählung „Kleine Monster“ treten die Dämonen vergangener Tage hervor und scheinen sich in der Gegenwart zu spiegeln.

Doch hält eine Eltern-Kind-Beziehung dies aus, wenn dem eigenen Nachwuchs scheinbar nicht mehr zu trauen ist und noch weniger, sich selbst?

Feine Risse bekommt das Idyll in dem kompakt gehaltenen Roman, als die Hauptfiguren zu einem Gespräch in der Schule ihres Sohnes geladen werden. Ein Vorfall hätte es gegeben, genaues wisse man nicht. Der kindliche Protagonist schweigt sich darüber aus, währenddessen Fragen sich im Kopfe der Hauptfigur zu bilden beginnen und die Geschichte ins Rollen bringen.

Vieles spielt sich im Inneren von Pia ab, die durch ihre Gedankenwelt Konturen bekommt und zur Handlungstreibenden der Erzählung wird. Nach und nach bekommen sie und die anderen Figuren somit ihre Konturen. Eine ganz eigene Dynamik entfacht sich durch das Hinzuziehen weiterer Protagonisten und Pias Reaktionen darauf, die schon bald die Dämonen der eigenen Vergangenheit zu Tage treten lassen.

Zunächst hat sie damit alle Sympathien auf ihrer Seite, entwickelt sich jedoch nach und nach zu einer Protagonisten, die in ihrem Reagieren immer distanzierter wirkt und so auch handelt. Die Liebe von Eltern zu einem Kind hat bedingungslos zu sein. Doch was, wenn dieses Ideal in Frage gestellt wird. Dieses Gedankenkonstrukt wird sowohl anhand einer Vergangenheits- und auch einer Gegenwartsebene erzählt. Besonders die Hauptfigur ist damit doppelt belastet, aber auch ihre Umgebung ist davon nicht unbedingt unberührt.

Man leidet mit den Kind, den Eltern innerhalb dieser kompakten Erzählung, die über einen Zeitraum von wenigen Wochen spielt und durch zusätzlich beschriebene Ortswechsel noch kontrastreicher wirkt. Auch die Handlungsorte werden so zum Spiegelbild der Figuren, die allesamt ihr Gepäck zu tragen haben. Pias Perspektive bleibt jedoch die hauptsächliche, doch verursacht gerade diese Beibehaltung im Mittelteil für ein Absenken des Spannungsbogens, der nicht konsequent bis zum Ende durchgehalten wird.

Überraschende Wendungen sucht man in diesem Roman vergebens. Trotz teilweise fast filmischer Beschreibungen, den Hauptberuf der Autorin merkt man durchaus die gesamte Zeit über, liest man ein durchdachtes Konstrukt, was nur hin und wieder für einen gewissen Aha-Effekt sorgt. Dennoch ist eine gewisse Sogwirkung dem Text nicht abzustreiten, auch wird man sich manche Abschnitte atemlos zu Gemüte führen.

Je nach Erfahrungswerte und Stellung innerhalb eigener Familienkonstellationen kann dabei die Positionierung zu den einzelnen Figuren durchaus unterschiedlich sein. Die Handlungsorte dabei sind sehr plastisch geschildert, nachvollziehbar dargestellt, auch wenn sich ein gewisser Mehltau wie ein Schleier über die Erzählung legt.

Das Ende wirkt dabei nicht ganz rund. Halboffen ist hier der richtige Weg gewesen. Nicht alle offenen Fragen werden geklärt. Einiges findet im Kopf der Lesenden statt, doch irgendwie scheint das richtige Maß nicht getroffen worden zu sein. Zudem stößt man während des Lesens auch auf sprachliche Gegebenheiten, die eventuell regional verschieden gehandhabt werden. Kleinere Stolperfallen also, die aber nicht allzu sehr ins Gewicht fallen.

Die Schwächen einmal außer Acht gelassen, ergibt sich jedoch eine durchaus interessante Lektüre.

Autorin:
Jessica Lind wurde 1988 in St. Pölten geboren und ist eine österreichische Drehbuchautorin und Schriftstellerin. Zunächst studierte sie an der Filmakademie Wien Drehbuch und Dramaturgie, bevor sie mit einem Literaturstipendium zu Schreiben begann. 2010 erhielt sie einen Förderpreis der Stadt St. Pölten, sowie 2012 das BMUKK Startstipendium für Literatur. Nach einer Teilnahme in einer Schreibwerkstatt erschienen einige ihrer Texte in Anthologien und Literaturzeitschriften. 2021 erschien ihr Autorinnendebüt. Zudem ist sie Autorin des Films „Rubikon“.

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Emilie Aubry/Frank Tetart: Die Welt der Gegenwart

Inhalt:

Vom Ukrainekrieg über den Nahostkonflikt bis zur Krise in der Sahelzone, von der Grenzfrage und der gesellschaftlichen Spaltung in den USA bis zu Chinas Griff nach der Vorherrschaft im Indopazifik – die Macher der ARTE-Sendung „Mit offenen Karten“ Emilie Aubry und Frank Tetart führen uns in ihrem einzigartigen Atlas überall dorthin, wo im 21. Jahrhundert die entscheidenden Konflikte über Land, Ressourcen und die Zukunft der Demokratie stattfinden. Sie durchstreifen die Kontinente und berichten von den wichtigsten geopolitischen Umwälzungen der Gegenwart. (Klappentext)

Rezension:

Die Konfliktlinien unserer Zeit sind so vielfältig wie herausfordernd und vor allem allgegenwärtig. Überall auf unserem Planeten sehen sich wir Menschen damit konfrontiert, egal ob eine politisch heraufbeschworene Krise, bereits lang anhaltende Auseinadersetzung zwischen Interessensgruppen dem zu Grunde liegt oder der Klimawandel die Existenz ganzer Staaten in Frage stellt.

Die Macher der Informationssendung „Mit offenen Karten„, die regelmäßig auf Arte sich geopolitischen Fragen widmet, haben mit „Die Welt der Gegenwart“ eine Übersicht des Ist-Standes rund um den Globus geschaffen. Zwei Jahre später liegt dieser nun seit 2024 in der deutschen Übersetzung vor.

Gerade, wenn es um sehr dynamische Geschehnisse geht, wie sie gegenwärtige Konflikte nun einmal bieten, ist dies herausfordernd und problematisch zugleich, zudem wenn aus einer so komplex vernetzten Welt wie der unseren Beispiele zunächst herausgefildert werden müssen. Eines ist nämlich gleich zu Beginn der Lektüre klar, eine vollständige Übersicht ist nicht möglich, doch Emilie Aubry und Frank Tetart kommen mit ihrer Zusammenstellung einer nach, die umfangreichen Informations- und Erkenntniswert bietet.

Schon der Blick ins Inhaltsverzeichnis offenbart, dass sich die Autoren den herausfordernsten der Konflikte pro Erdteil vorgenommen haben, diese in sehr kompakter Form darzustellen. Nach Kontinenten gegliedert, wird in kompakter Form etwa auf die poltische Änderung an der brasilianischen Staatsspitze eingegangen, ebenso auf deren Auswirkungen im Zusammenhang mit den Abholzungen des dort befindlichen Regenwaldbestandes, das Machtstreben Chinas vor seiner Haustür, welches insbesondere das vorgelagerte Taiwan bedroht, veranschaulicht, ohne die historischen Hintergründe zu vernachlässigen.

Viele der im Buch beschriebenen Konflikte sind nur kurze Zeit auf den Titelseiten der großen Zeitungen und innerhalb der Hauptsendezeiten der Nachrichten zu finden gewesen, schwelen aber weiter, auch wenn das öffentliche Interesse seither abgenommen hat. Die Autoren rufen mit ihrer strukturierten Publikation eben diese wieder in Erinnerung, da die Gegenwart und unserer Umgang mit ihr erheblichen Einfluss darauf hat, was die Zukunft bringen mag.

Dabei werden Aubry und Tetart nicht, informieren nur mit ihrem sehr gut recherchierten Werk, welches zahlreiche geografische Karten beinhaltet, die die einzelnen Konfliktlinien visualisieren, wenn es etwa um die Verteilung von Bodenschätzen geht, Bevölkerungsmehrheiten oder der Sprengkraft des Arabischen Frühlings.

Jedem Abschnitt vorangestellt ist innerhalb der Kapitel die Erläuterung des Konfliktes meist anhand eines beispielgebenden Ortes. So wird etwa sehr kompakt dem Kapitel der politischen Umwälzungen in den USA, vorangestellt, an den 6. Januar 2021 erinnert, als eine Meute angestachelt durch Donald Trump, in der amerikanischen Hauptstadt Washington D.C. das Kapitol stürmte.

Das ist alles, da ausgiebig recherchiert, sehr informativ und verständlich, doch haben an der einen oder anderen Stelle die Ereignisse die Erscheinung der ersten Ausgabe in Frankreich überrollt, so dass aktualisiert werden musste, um dann gleich wieder ins Hintertreffen zu geraten. Der 7. Oktober 2023, als Kämpfer der Hamas nach Israel eindrangen und zahlreiche Menschenleben forderten, ist Bestandteil der vorliegenden Ausgabe. Donald Trump als wiedergewählter Präsident noch nicht. Je nach dem sollte man also zusehen, möglichst die aktuelle Auflage zu erwischen, vorausgesetzt eine Aktualisierung wird fortgeführt.

„Die Welt der Gegenwart – Ein geopolitischer Atlas“, in der Übersetzung von Anna und Wolf Heinrich Leube ist aber auch so die Sammlung erstklassiker journalistischer Informationsvermittlung, die aus der großen Masse an Sensations- und Katastrophenjournalismusartikeln hervorsticht. Ohne das man den Blick auf alle beteiligten Akteure zu verlieren oder einen derer zu vernachlässigen droht.

Alleine um den Blick zu schärfen, lohnt sich die Lektüre, die einem mehr als nachdenklich zurücklassen wird.

Autoren:

Emilie Aubry wurde 1975 in Paris geboren und ist eine französische Journalistin und Moderatorin. Nach ihrem Studium begann sie 2001 beim Fernsehkanal des französischen Parlaments und präsentierte die Fernsehnachrichten. Danach leitete sie mehrere Debatten im Zusammenhang von Vorwahlen. Im Jahr 2007 interviewte sie die französischen Präsidentschaftskandidaten.

Seit 2009 moderierte sie auf Arte das Magazin Global Mag. Weitere Formate folgten, u. a. auch das Literaturmagazin La Cite du Livre. Seit 2017 ist sie Chefredakteurin des Magazins „Mit offenen Karten“, sowie Moderatorin einer Radiosendung auf France Culturel.

Frank Tetart studierte Internationale Beziehungen und promovierte anschließend in Geopolitik. Er war viele Jahre Berater der Sendung „Mit offenen Karten“ und unterichtet an Sekundarschulen, sowie an der Universität Paris 1. Er ist Autor mehrerer Atlanten.

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Eva-Martina Weyer: Tabakpech

Inhalt:

„Tabakpech“ erzählt eine Familiengeschichte aus den Jahren 1930 bis 1995 im unteren Odertal, wo die Grenzen von Preußen und Pommern, von Hochdeutsch und Platt verwischen. Das Leben der Menschen ist vom Tabakanbau und von Traditionen geprägt.

Tabakpech, der Saft, der beim Ernten aus der Pflanze tritt, klebt schwarz an den Händen, hält die Familien fest auf ihren Höfen, auch wenn dabei mancher Traum zugrunde geht. (Klappentext)

Rezension:

Nur eine Bewegung ist es, die über Glück und Unglück der Menschen im Odertal entscheidet. Das Eintauchen der Arme des Aufkäufers, mit dem dieser die Qualität der Ernte prüft, zwischen die Tabakbunde, entscheidet, ob es ein erfolgreiches Jahr gewesen ist oder alle Mühen umsonst waren.

Die Region ist hart zu den Menschen, doch die Nachfahren hugenottischer Einwanderer haben auch ihr Glück im Tabak gefunden. Und so entspannt sich eine Geschichte vom Wandel der Landwirtschaft über mehrere Familiengenerationen, eindrücklich erzählt von Eva-Martina Weyer.

Der Rhythmus der Jahreszeiten, die Erntefolge bestimmt den Takt, in dem Einwohner des kleinen Ortes denen die Autorin in ihrem kompakt gehaltenen Roman verfolgt, um eine Familiengeschichte von Beständigkeit und Veränderung zu erzählen, wie sie dort auch tatsächlich stattgefunden haben könnte.

Dabei werden der gesellschaftliche und persönliche Wandel innerhalb von wenigen Jahrzehnten thematisiert, sowie die sich verändernde Rolle und Stellung von Frauen, die auf den Feldern so manchen Traum abhanden kommen lassen müssen und dann in entscheidenden Momenten selbstbewusst das Heft in die Hand nehmen. Erzählt wird ein Strukturwandel in vielerlei Hinsicht.

Hauptsächlich aus dem Blick von Elfi betrachten wir das Geschehen, die als Waisenkind von Wilmine aufgenommen, ihren Weg zwischen den Tabakpflanzen gehen wird. Beeindruckend hat die Autorin eine Hauptprotagonistin mit Ecken und Kanten versehen, die handlungstreibend wirken. Einerseits ist da die Träumerin, phantasiebegabt, manchmal unsicher, andererseits jene, die mit zunehmenden Jahren immer selbstbewusster auftreten kann. Auch die anderen Figuren wurden feinfühlig ausgestaltet. Eine Gemeinschaft, in der ein jeder zwischen Hoffnungen und Zwängen und dem Gesspür für Veränderung und Tradition agieren muss.

Das strukturschwache Odertal mit seiner landwirtschaftlichen Prägung, war einst eines der größten Tabakanbaugebiete der Welt. Dieser Schauplatz, viel mehr das Dorf, in dem die Hauptprotagonistin aufwächst, wird anhand sehr detaillierter Beschreibungen greifbar. Auch die Handlungen der Protagonisten, die in all ihren Grauschattierungen gezeichnet werden, werden teilweise plastisch beschrieben. Manchmal sehr hart an der Grenze zum Kitsch, gerade wenn es gefühlig wird. Rentnerhafte ARD-Wohlfühlatmosphäre braucht dennoch niemand zu befürchten.

Werden andere Perspektiven eingenommen, als die der Hauptprotagonistin, kündigt sich eine handlungstreibender Wandel an. Das Erzähltempo bleibt dabei gleichförmig. Eva-Martina Weyer lässt dabei keine unlogischen Wendungen oder gar Lücken zu und bleibt im Gegensatz zu anderen Autor:innen von Familien-Epen bodenständig in ihrer kompakten Erzählung.

Diese bleibt bis zum Ende nachvollziehbar. Nicht nur zwischen den Zeilen merkt man, dass die Autorin die Gegend gut kennt. Man bekommt durchaus Lust, der wahren Geschichte des Tabakanbaus in der Region nachzuspüren, wo man doch in die Handlung hineingezogen wird. Nicht nur für Lesende, die das Odertal und ihre Menschen gut kennen, wird hier ein Kulturerbe verschriftlicht, welches diese über Jahrhunderte prägte.

Der Roman lässt einem die körperlichen Anstrengungen, das Hoffen und Bangen förmlich selbst spüren, wenn auch an mancher Stelle ein schnelleres Erzähltempo vermissen. Der Tupfen auf dem I versinkt dabei leider im Tabakpech. Bis zum Schluss bleibt er lesenswert, eben nicht nur der hervorzuhebenden grafischen Gestaltung wegen.

Tabakmuseum:

Wer dem Tabak nachspüren möchte, kann das tun. In Vierraden, Schwedt/Oder.

Autorin:

Eva-Martina Weyer wurde 1961 in Anklam geboren und ist eine deutsche Journalistin und Autorin. Sie wuchs in Schwedt/Oder auf und studierte Journalismus, arbeitete in diesem Beruf für eine große Regionalzeitung Berlins. Als selbstständige Journalistin recherchierte sie zum Tabakanbau in der Uckermark. „Tabakpech“ ist ihr erster Roman.

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Florian Russi (Hrsg.): Philosophie für unterwegs (Reihe)

Die großen Philosophen und Philosophinnen verschiedener Zeitepochen selbst einmal zu durchdenken, ihre Werke in ihren Grundsätzen zu durchdringen, ist oftmals mit ziemlich viel Zeitaufwand verbunden, zudem, wenn man sich mit derer Für und Wieder beschäftigt. Auch die Frage, wie und wo man denn beginnen soll, ist vielfach nicht leicht zu beantworten. Die Reihe „Philosophie für unterwegs“, erschienen beim Mitteldeutschen Verlag, herausgegeben von Florian Russi, bietet die perfekte Eingangslektüre dafür.

Mehr als zwanzig Bände umfasst die Heftreihe, die mal auf etwas mehr, mal auf weniger als 50 Seiten pro Heft auf jeweils eine Person und ihrem Werk eingeht. Und zwar durch alle Zeitepochen. Die Autoren und Autorinnen und Florian Russi selbst, haben sich bereits mit den großen Namen wie Aristoteles und Albert Camus beschäftigt, aber auch z. B. mit Simone Weil und Oswald von Nell-Breuning, die zumindest mir bisher vorher gar nicht bekannt waren.

Diese Zusammenstellung ist schon alleine betrachtet etwas besonderes, doch ist es auch faszinierend zu sehen, wie sich selbst komplexeste Werke (Kant dürfte durchaus als schreibwütig zu bezeichnen sein, Hannah Arendt nicht minder.) auf das wesentliche herunterbrechen lassen.

So ist es gelungen, eine Art Einführung und Zugang zu Leben und Werk der beschriebenen Personen zu schaffen. Mehr möchte man mit dieser Reihe im Übrigen auch nicht erreichen. Wer die Kürze hier zurecht beklagt, da er oder sie sich bereits etwa mit Camus ausführlich beschäftigt hat, wird dem ihm gewidmeten Band auch nichts abgewinnen können. Es dient eben nur dazu, eine Art Anfang zu finden, sich überhaupt erst einmal damit auseinanderzusetzen und eine Art Bild des beschriebenen Werks zu bekommen.

Das gelingt vortrefflich. Auch kann man sich diese Art Bände mit Überblickswissen im Philosophpe- oder Ethik-Unterricht vorstellen, um nicht gleich mit allzu Kompliziteren und Hochtrabenden zu verprellen. Und gerade am Beginn einer sehr komplexen Thematik stehend, sollte es ja das Ziel sein, verständlich zu agieren und eine Struktur zu zeigen, nach der man sich orientieren kann. Die Reihe „Philosophie für unterwegs“ vermag das zu tun.

Eine Auswahl der Bände habe ich rezensiert, so z. B. diesen über Hannah Arendt und Albert Camus. Da die Art der Aufbereitung sich von Band zu Band nicht großartig unterscheidet und man, um auf die beschriebenen Werke und Personen ausführlicher eingehen zu können, sich auch mit diesen entsprechend ausführlicher beschäftigt haben muss, hier es aber nur um die Aufbereitung geht, bleibt in diesem Fall der Beitrag zur Reihe für sich stehen.

Herausgeber:

Florian Russi wurde 1941 in Saarlouis geboren und ist ein deutscher Schriftsteller. Nach dem Abitur studierte er Jura, Volkswirtschaft und Philosophie, sowie Kommunikationswissenschaften u. a. in Saarbrückenn und Wien und begann sich schriftstellerisch zu betätigen. Zunächst Richter am Landgericht Saarbrücken, später als Bildungsreferent und u. a. als Dozent tätig, veröffentlichte er 2004 sein erstes Buch, dem weitere folgten. Im Mitteldeutschen Verlag ist er Herausgeber der Reihe „Philosophie für unterwegs“. 2021 wurde Russi mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

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Sibylle Berg/Julius Thesing: Mein ziemlich seltsamer Freund Walter

Inhalt:
Lisa ist nicht besonders glücklich. Sie glaubt, sie sei selber schuld daran, dass keiner sie mag. Sie könnte vielleicht einen Außerirdischen als Freund haben. Einen, der freundlicher wäre, als die Menschen um sie herum. An einem Mittwochabend im November landet tatsächlich ein Ufo hinter ihrem Haus. Ein Außerirdischer steigt aus. (Klappentext)

Rezension:

Immer wieder versuchen sich Schreibende abseits ihrer üblichen Pfade, zunehmend auch im deutschsprachigen Raum, wo das Durchbrechen, zumal unter Klarnamen immer noch schwierig zu sein scheint. Warum auch immer? Um so schöner, wenn es denn gelingt, vor allem mit einer Geschichte, an der man alles einfach nur liebhaben mag und man den Machern ihre Begeisterung einfach abnimmt.

Sibylle Berg erzählt im vorliegenden Werk eine Geschichte über Freundschaft und Mut, über Zusammenhalt und davon, dass sich Dinge auch zum Positiven ändern können. Selbst, wenn man nicht mehr daran glaubt. Und vor allem hat sie eine wichtige Botschaft für ein junges Lesepublikum. Auch du kannst Dinge bewirken, ändern und auch, wenn manches trostlos und nicht einfach erscheint, bist du nicht schuld. Etwas, was uns gegenüber Kindern oft genug verloren geht, dies ihnen zu versichern.

Das verpackt sie in eine phantastische Geschichte a la Alf, eines Außerirdischen, nur halt ohne Fell, der in diesem Falle auf der Erde von seiner Reisetruppe praktisch vergessen wird, der auf Lisa trifft, einem kleinen Mädchen, die mit ihrem Interessen und Wissen aneckt, sich täglich vor einer Gruppe Jugendlicher auf den Schulweg ducken muss und Eltern hat, die sich scheinbar nicht wirklich für sie interessieren.

Stoff genug für eine kleine Erzählung, in der der Außerirdische mit seltsamen Namen, der von Lisa der Einfachheit halber Walter genannt wird, ein wirklicher Freund und Helfer ist.

Sybille Berg durchbricht Klischees und zeigt, wie toll moderne Geschichten für Kinder sein können, ohne den erhobenen Zeigefinger stets vor Augen zu haben und doch augenöffnend zu sein. Eine Geschichte, deren beider Hauptcharaktere man einfach liebgewinnen muss, zudem wunderbar visualisiert.

Die witzigen comichaften Illustrationen von Julius Thesing durchbrechen den Text und lockern auf. Fast fühlt man sich da an „Gregs Tagebuch“ erinnert, nur ist diese Erzählung noch mehr zum Zusammenlesen oder gar erstes Selbstlesen geeignet. Für die Zielgruppe sicher genau die richtige Mischung und der einen oder anderen Frage, die sich manches Kind stellen dürfte.

Es ist nichts negatives hier dran zu entdecken, viel mehr wünscht man sich von mehr Schreibenden den Sprung ins kalte Wasser mit Geschichten für die ehrlichste Zielgruppe, die es gibt. Sibylle Berg ist dies gelungen. Und wer weiß schon, vielleicht besucht gerade irgendwo ein Außerirdischer die Erde und hilft einem Kind, an sich zu glauben und über sich hinaus zu wachsen.

Autorin:
Sybille Berg wurde 1962 in Weimar geboren und ist eine deutsch-schweizerische Schriftstellerin. Sie veröffentlichte über 30 Theaterstücke und 18 Romane, zahlreiche Anthologien und Hörspiele. Ihre Arbeit wurde in über dreißig Sprachen übersetzt. Für ihren Roman „GRM – Brainfuck“ erhielt sie den Schweizer Buchpreis, sowie für ihr Werk 2020 den Grand Prix Literatur. 2024 wurde sie in das EU-Parlament gewählt.

Illustrationen:
Julius Thesing, 1990 geboren, hat an der Münster School of Design Illustration studiert. 2020 schloss er sein Bachelor-Studium mit seinem viel beachteten Comicroman-Debüt »You Don’t Look Gay« ab. Er arbeitet als festangestellter Designer und freiberuflicher Illustrator in Münster.

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Florian L. Arnold: Das flüchtige Licht

Inhalt:

Für den Monsignore, einen großen Filmemacher, ist das ganze Leben ein Schauspiel. Doch für den routinierten Regisseur ändert sich alles, als er das Straßenkind Enzo vor die Kamera holt. „Das flüchtige Licht“ erzählt die Geschichte von vier Menschen, deren leben durch das Kino und die Leidenschaft eines exzentrischen Geschichtensammlers bestimmt wird. (Klappentext)

Rezension:

Es ist eine Illusion, die nach dem Willen eines einzelnen Mannes entsteht, doch sobald die Linse ihren Auftrag erfüllt hat, verschwindet diese von Kameras eingefangene Welt. Der trockene Staub legt sich in den überhitzten Gassen, wenn die Schauspielenden und ihr Filmemacher verschwinden und den schönen Schein in Kisten verpacken. Fortan geht ein jeder wieder seine Wege. Bis zum nächsten Mal. Für Enzo, der einst eher zufällig in die Aufnahmen des Monsignore hineinplatzt, ist diese sehr flüchtige Welt real oder zumindest viel zugetaner als die Wirklichkeit, die es schon in seiner Kindheit nicht gut mit ihm meint.

Ausgeschlossen ist er dort gewesen, immer am Rande einer Gruppe von Jungen, die ihm den Zugang zu der kleinen und verschworenen Gemeinschaft verwehren, bis diese sich auflöst, als sie alle nach und nach aus ihrem Heimatdort ausbrechen. Doch auch danach lässt sie der rothaarige Schatten ihrer Kindheit nicht los. Die Welt der Illusionen hat Enzo da schon verschlungen.

Florian L. Arnolds Roman „Das flüchtige Licht“ ist eine Hommage an eben diese, der Hochzeiten des italienischen Kinos und dem Mann, der sie erheblich mitgeprägt hat. Fellini ist das Vorbild des Monsignore, der Figur, der Enzo Halt zu geben vermag, so lange dieser bereit ist, seine Geschichten zu erzählen, für die er dann ein Leben in der Welt der Cinecitta bekommt, die ihm jedoch immer wieder durch die Hände rinnt.

Langsam und behutsam nähern wir uns den Protagonisten an, deren Verhältnisse zueinander sich im Verlauf der Erzählung umkehren werden und doch nicht aus ihrer Haut heraus können. Dieses Spannungsverhältnis bestimmt den Roman, der selbst wie einer dieser italienischen Streifen wirkt. Man kann sie förmlich vor sich sehen, die Gassen, die Suche von Enzo nach sich selbst, der sich in die Abhängigkeit eines einzelnen Mannes begibt, der doch selbst von ihm, einmal in den Bann gezogen, nicht von ihm los kommt.

Die ruhig gehaltene Erzählung wirkt durch ihre Figuren, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird. Die verschworene Gemeinschaft, die sich einst schwor, immer zusammen zu bleiben, Kontakt zu halten, um sich dann letztendlich doch zu verlieren auf der einen Seite. Enzo auf der anderen, der da nie hinein finden wird und auch in der Welt des Monsignore die Rolle des Außenseiters übernehmen muss, um auf irgendeine Art und Weise doch dazu zugehören. Ist der Film im Kasten endet oft auch das, bis zum nächsten Mal.

Figuren entstehen zu lassen, die nicht mit-, aber eben auch nicht ohne einander können, schafft Arnold mit prägnanten Sätzen, auf den Punkt ausformuliert, ohne dass ein Wort zu viel wäre. Nur manchmal scheint diese beschriebene flüchtige Welt beim Lesen durch die Finger zu rinnen, wie es eben dem Medium eigen ist, welches Hauptgegenstand der Erzählung ist. Viel näher würde man gerne an den einzelnen Protagonisten dran sein. Es hätte nicht geschadet, hier und dort etwas länger zu verweilen.

Orte, die zu einander gegensätzlich sind, sind es auch, die diesen Roman ausfüllen. Der Kinosaal etwa, in dem man sich der Illusion für ein paar Stunden hingeben kann, im Kontrast zu den Gassen, die nach dem Dreh wieder einsam und verlassen sind. Auch das verschafft der Erzählung starke Momente.

Dieses Zusammenspiel verschafft mitsamt der Perspektivwechsel innerhalb der Kapitel einen Lesefluss, innerhalb dessen man die eine oder andere Figur für einen Moment verliert, um im nächsten einen einzelnen Satz zu lesen, der präzise formuliert die Geschichte vorantreibt. Wenn die Protagonisten dann zurückblicken, holt sie die Wirklichkeit mit ihrer ganzen Wucht schnell wieder ein, insbesondere Enzo, dessen Leben gleichsam der Filme, derer Bestandteil er ist, plötzlich leer scheint, als die letzte Szene gedreht, die letzte Geschichte erzählt ist.

Der Roman, der selbst wie ein Film wirkt, schafft es trotz seiner ruhigen Art und Weise, einem in den Bann zu ziehen. Auf jeder Seite ist das Herzblut des Autoren zu spüren, der an der Erzählung jahrelang gearbeitet hat, verpackt in wunderschöner Sprache, die ihr Ziel erreicht. Einzelne Momente hätte ich mir noch etwas mehr ausformuliert gewünscht, auch, dass einige der Charaktere einem nicht so schnell durch die Finger rinnen. Auch eine Bitte hätte ich, könnte sich jemand um die filmische Umsetzung kümmern?

Es wäre genial.

Autor:

Florian L. Arnold wurde 1977 in Ulm geboren und ist ein deutscher Schriftsteller und Illustrator. Er studierte in Augsburg Kunstwissenschaftler und war danach freiberuflich als Grafiker und Schriftsteller tätig und gab u. a. das Kunst- und Kulturmagazin ES heraus. Arnold ist Initiator und Programmleiter des Literaturfestivals Literaturwoche Donau in Ulm/Neu-Ulm und stellt dort seit 2013 die Arbeit unabhängiger Verlage vor. Auchin Neu-Ulm initiierte er das Begegnungsformat Literatur unter Bäumen, zudem kuratiert und moderiert er zahlreiche Veranstaltungen der Aegis-Buchhandlung in Ulm. Er veröffentlichte mehrere Romane, Erzählungen und ein satirisches Wörterbuch.

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Isabel Bogdan: Wohnverwandtschaften

Inhalt:

Constanze zieht nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten in die Wohngemeinschaft von Jörg, Anke und Murat. Was zunächst als Übergangslösung gedacht war, entpuppt sich als zunehmend stabil. Da ist Jörg, dem die Wohnung gehört und der eine große Reise plant; Anke, die als mittelalte Schauspielerin kaum noch gebucht wird und plötzlich nicht mehr die einzige Frau in der WG ist; und Murat, der sich einfach keine Sorgen machen will und dessen Lebenslust auf die anderen mitreißend und manchmal auch enervierend wirkt.

Constanze sorgt als Neuankömmling dafür, dass sich die bisherige Tektonik gehörig verschiebt. Alle vier haben ihre eigenen Träume und Sehnsüchte und müssen sich irgendwann der Frage stellen, ob sie eine reine Zweck-WG sind oder doch die Wahlfamilie. (Klappentext)

Rezension:

Ein Kammerspiel zwischen zwei Buchdeckeln ist der neue Roman „Wohnverwandtschaften“ der Hamburger Autorin und Übersetzerin Isabel Bogdan, die nun einem Ein-Pfauen- und einem Ein-Personen-Stück der Dynamik von Vieren folgt und so eine kurzweilige Erzählung schafft, deren Figuren einem praktisch sofort ans Herz wachsen.

Sie alle haben sich zusammengefunden, grundverschieden, doch zusammen ist man weniger allein, das gilt in verschiedener Art und Weise für die Protagonisten, deren Leben wir über den Zeitraum von zwei Jahren verfolgen, aus derer Sicht abwechselnd erzählt wird. Schnell bekommen Anke, Constanze, Murat und Jörg ihre Konturen innerhalb derer ihnen zugeschriebenen Kapitel, die mal als innerer Monolog als auch Gespräch zwischen mehreren daher kommen, jede Figur dabei in ihrem ganz eigenen Duktus.

ANKE: Ehrlich gesagt: Du bist manchmal ein bisschen unempfindlich für so was. Ist dir schon mal aufgefallen, dass alle anderen die Klotür hinter sich zumachen? Und etwas anhaben, wenn sie nicht allein sind.
MURAT: Ich wohne hier!
ANKE: Aber doch nicht jetzt, um diese Zeit!
BEIDE lachen.

Isabel Bogdan: Wohnverwandtschaften

In diese Art Erzählstruktur muss man erst hineinfinden, doch schnell gewinnt man Übersicht, kann sich diese Wohngemeinschaft vorstellen, in der jeder seine inneren Konflikte und Gedanken einbringt, Haarrisse zeigen sich schnell, doch dunkle aufziehende Wolken fordern erst schleichend, dann immer mehr die Konfrontation.

Doch noch bleiben? Ich will gar nicht so richtig nach Hause, ich will nicht Jörgs Verwirrtheit ertragen, ich will nicht so gereizt reagieren, wenn er zum hundertsten Mal irgendein Quatsch fragt. Hoffentlich geht das wieder weg, es ist jetzt schon ganz schön lange so.

Isabel Bogdan: Wohnverwandtschaften

Einzelne Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, mit zunehmender Seitenzahl verschärfen sie sich, was zugleich Auswirkungen auf das Erzähltempo hat. Der Konflikt der Gruppe ist glaubwürdig dargestellt, wird zum Handlungsgegenstand, um den sich alles dreht, könnte sich so reell abspielen. Man darf aber auch feststellen, dass Bogdans Figuren ein Glücksfall für das aufgebaute Szenario sind.

Eingebettet in der quirligen Hafenmetropole braucht es nicht viel, um mit dem Roman warm zu werden. Wer ein wenig sucht, findet jedoch Anspielungen aus Musik und Literatur oder aus dem ersten Buch Isabel Bogdans „Sachen machen“. Eine gewisse Band taucht da wieder auf. Ansonsten ist natürlich der Konflikt einer, wie er in vielen Familien irgendwann auftauchen dürfte. Wie hart aber, wenn es eine Gemeinschaft trifft, die man sich selbst erwählt hat? Es trifft mitten hinein ins Herz.

Aber bei Jörg ist was passiert, bei Jörg ist viel zu viel passiert, nur das Falsche, Jörg hat diesen riesigen Stein im Kopf, den man nicht ausgraben kann, es gibt keinen Spaten für die Versteinerung eines Gehirns, man muss doch irgendwas tun können? Irgendwas?

[…]

Wie soll das weitergehen?

Isabel Bogdan: Wohnverwandtschaften

Das dröselt die Autorin feinfühlig auf, mitsamt einer Bandbreite vorstellbarer Reaktionen, wie sie in einer solch kompakt gehaltenen Erzählung möglich ist. Kein Wort ist dabei zu viel. Jeder Sprung, jede Lücke sind bewusst gesetzt, ergeben mitsamt der unterschiedlichen Figurenstile ein harmonisches stimmiges Bild.

Praktisch unmöglich, so gar keinen Zugang zu bekommen, gerade da es eine Thematik betrifft, die folgerichtig wie eindrücklich dargestellt wird, derer man bei einem selbst nahestehenden Personen (und wohl später auch bei sich selbst) zunächst nicht eingestehen möchte, dass sie problematisch ist.

Sie sind jetzt natürlich alle da, ich kenne die Gesichter, aber ich habe nicht alle Namen parat, […].

Isabel Bogdan: Wohnverwandtschaften

Erkennt man es, ist es beinahe zu spät. Alle Tragik und Traurigkeit hat Isabel Bogdan hier hineingesteckt und doch ist „Wohnverwandtschaften“ ein lebensbejahender Roman und ein Appell, die gemeinsame Zeit, die man mit seinen Liebsten hat, zu genießen. Nicht nur deshalb lesenswert.

Autorin:
Isabel Bogdan wurde 1968 in Köln geboren und studierte nach dem Abitur Anglistik und Japanologie in Heidelberg und Tokyo. Mit ihrer Familie lebt sie in Hamburg und arbeitet als freiberufliche Übersetzerin (u.a. Jonathan Safran Foer, Sophie Kinshalla und Megan Abbott), liest und schreibt selbst, hauptsächlich in Blogform aber auch in der Kolumne „Was machen die da?“, die Menschen beschreibt, die ihren gewöhnlichen und manchmal außergewöhnlichen Beruf leben und lieben. Ihre Romane „Der Pfau“ (2016) und „Laufen“ (2019) wurden verfilmt.

Sie ist Vorsitzende des Vereins zur Rettung des „anderthalb“ und erhielt 2006 den Hamburger Förderpreis für literarische Übersetzung, 2011 den für Literatur.

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Johannes Balve: Kirschblüte in Fukushima

Inhalt:

Fremdwerden im fremden und im eigenen Land. Als es zu einem Atomunfall im japanischen Fukushima kommt, beginnen all jene Geschichten mitreißende, beängstigende und tragische Momente anzunehmen. Einige Protagonisten bringen sich in Gefahr, andere versuchen dem Unheil zu entfliehen, ringen um die Suche nach sich selbst und neuer Lebensentwürfe. Ihre Wege kreuzen einander, in einer Zeit, in der Glaube an die Absolutheit der Technik obsolet geworden ist. (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Eigentlich soll die französische Journalistin Jeanne für ihre Zeitung nur über ein Städtebauprojekt recherchieren, doch als plötzlich die Erde zu beben beginnt und ein Tsunami sicher geglaubte Grundsätze der japanischen Gesellschaft ins Wanken bringt, versuchen vor allem die Expats einen Ausweg. Möglichst weit weg vom Ort der Katastrophe möchten alle, während vor allem die Journalisten die Neugier packt und sich in der Unterwelt des Inselstaats weiteres Unheil zusammenbraut. Dieses Gerüst trägt den aus der Feder Johannes Balve stammenden vielschichtigen Gesellschaftsroman „Kirschblüte in Fukushima“.

Zunächst beginnt dieser in vergleichsweise gemächlichen Erzähltempo ein Figurentableau aufzufächern, deren handlungsstränge sich im Verlauf der Geschichte immer wieder kreuzen werden, wirft doch die Katastrophe alle lang geglaubte Sicherheiten über Bord. Der Botschaftsangehörige, der sein Team zusammenhalten versucht, das Mitglied eines Handelsvereins, welches die Familie möglichst schnell außer Landes bringen möchte, der Wissenschaftler, der auf taube Ohren stoßen wird. Als gesellschaftskritische Erzählung beginnt der Roman sich pro Handlungsstrang in einen Wissenschaftskrimi, Agententhriller und Familienroman aufzufächern.

Anfangs wirkt das irritierend, wie das sehr umfangreiche Figurenensemble, welchem der Autor schafft, allen ihre Ecken und Kanten zu verleihen. Jeder Protagonist ist so vielschichtig, wie auch handlungstreibend, doch gerade die ersten Seiten muss man noch sehr konzentriert lesen, um kein wichtiges Detail zu übersehen. Schnell aber zeigt sich, dass Johannes Balve es schafft, weder Handlungen noch Figuren aus den Blick zu verlieren. Dabei hat er Maß gehalten. Keine Seite wirkt überzählig, auch wird man nicht das Gefühl haben, es würde etwas fehlen. Für westliche Lesende eher ein Moment, stutzig zu werden, ist die beschriebene Obrighörigkeit innerhalb der japanischen Gesellschaft. Das mag so sein, bildet aber zu Bekannten durchaus einen gewissen Kontrast.

Wer die Stellen der Antagonisten ausfüllt, ist nicht immer ganz klar. Das wechselt auch zwischendurch, schafft aber ebenso eine Dynamik herbeizuführen, deren Sogwirkung man sich nicht entziehen kann. Das wirkt, ohne zu starke Brüche alles durchaus schlüssig, auch wenn die Agentengeschichte mit einigen Punkten durchaus over the top ist. Ob das nun gut oder schlecht ist, entscheidet sich wohl mit den Genrevorlieben. Aus der Perspektive heraus, dass Lesende ja um die Katastrophe wissen, wirken manche Stellen wie ein vor den inneren Auge ablaufender Film, in dem sich spannende mit sehr ruhigen Momenten abwechseln, den einen oder anderen Zeitsprung mit einbezogen.

Johannes Balve schafft es vieler Arten von Romanvorlieben mit „Kirschblüte in Fukushima“ gerecht zu werden, ohne sich zu verheddern. Nicht alle Auflösungen von Handlungssträngen sind dabei gleichermaßen gelungen, trotzdem können wohl alle etwas für sich hier finden. Wann hat man das schon mal? Zudem bei einem Autoren, der es schafft, sehr detailreich zu beschreiben, andererseits durch Auslassungen Bilder zu erzeugen. Empfehlenswert.

Autor:

Johannes Balve ist ein promovierter Literatur- und Bildungswissenschaftler und Schriftsteller. Seit 1990 forscht und lehrt er an deutschen und ausländischen Universitäten. In Japan hat er in Kanazawa den Lehrstuhl für Germanistik und Europäische Kulturwissenschaft inne. Er berät zudem andere japanische Universitäten und ist als wissenschaftlicher Gutachter tätig. Für deutsche Zeitungen und Magazine verfasste er zahlreiche Reportagen über Japan und veröffentlicht in deutschen und internationalen Fachzeitschriften.

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Matthias Sander: China – Auf dem Weg zur digitalen Supermacht

Inhalt:

Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping will sein Land dank Technologie zur Supermacht formen. Bei künstlicher Intelligenz, E-Autos und Computerchips zählt China schon zur Weltspitze. Doch weitere Fortschritte sind bedroht, etwa durch amerikanische Sanktionen und Xis hartes Durchregieren.

Die anschaulichen, erzählenden Texte des Auslandsjournalisten Matthias Sander erkunden Chinas technologische Ambitionen ganz konkret. Seine Reportagen führen durch den digitalen Alltag, stellen innovative Startups vor und beleuchten die staatliche Subventionspolitik. Dabei betrachtet Sander Technologie stets im größeren Kontext von Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Individuum – und den Auswirkungen auf Europa. (Klappentext)

Rezension:

Wer aus Europa nach China kommt, dem fällt sofort auf, wie verbreitet Technologie hier ist. Zutrittsschranken an Flughäfen und Wohnanlagen öffnen sich per Gesichtserkennung. Auf den Bürgersteigen filmen Überwachungskameras all paar Meter die Fußgänger. Taxifahrer halten ihren Fahrgästen am Zielort kommentarlos einen ausgedruckten QR-Code hin, damit sie per Handy bezahlen. […] Der Alltag in chinesischen Metropolen ist so digitalisiert wie wohl nirgendwo sonst.

Matthias Sander: China – Auf dem Weg zur digitalen Supermacht

Nach überstandener Quarantäne in einem Hotel fragt der Journalist nach einer Zutrittskarte im Checkkartenformat für seine Wohnanlage, die sonst nur per Gesichtserkennung zu betreten ist. Sander bekommt mehrere ausgehändigt, muss jedoch schnell feststellen, wie praktisch im Alltag diese Art Zutrittsberechtigung ist, vor allem, wenn man z. B. in beiden Händen jeweils eine Einkaufstüte hat.

In der Praxis wird er die Karten höchst selten benutzen. Um so häufiger WeChat, den kleinen Alleskönner, der als App für die Mehrzahl der Chinesen das Internet komplett ersetzt. Taxifahrten und Stromrechnungen kann man u. a. darüber bezahlen, seine Reisen planen und Behördengänge erledigen, vielfach nur auf diesem Wege.

Doch was bedeutet das, wenn auf Algorithmen und Daten der Staat Zugriff hat, über Nutzungsrechte seine Bürger kontrollieren und sanktionieren kann? Was heißt das für Unternehmen, die im vorauseilenden Gehorsam einer politischen Linie folgen müssen und mit Selbstzensur sich ausbremsen, bevor es der Staat tut?

Bis zu welchem Grad kann so Fortschritt gehalten werden und Innovation nachhaltig entstehen? Matthias Sander hat sich auf Spurensuche begeben und erlebt beinahe autonom fahrende Autos, durchleuchtet die handfesten wirtschaftlichen Hintergründe des Taiwan-Konflikts und zeigt die vielen Schattenseiten des vermeintlichen Fortschritts des Landes auf.

Die „Große Firewall“ ist keine harte Mauer. Sie bedeutet, dass die chinesische Regierung den grenzüberschreitenden Datenverkehr filtert und gegebenenfalls blockiert. Das ist in China relativ einfach, weil das Netz ganz bewusst nur an wenigen Knotenpunkten mit dem globalen Internet verbunden ist.

Matthias Sander: China – Auf dem Weg zur digitalen Supermacht

Entstanden ist dieses hoch interessante Sachbuch aus einer Zusammenstellung von Zeitungsartikeln des Autoren, die unvoreingenommen kritisch, fasziniert, von verschiedenen Aspekten Chinas berichten und über Technologie immer wieder sowohl zur Bedeutung dessen im Alltag der normalen Bevölkerung kommen als auch zur großen Politik und derer Auswirkungen auf die Welt.

Geordnet nach verschiedenen Themenbereichen beleuchtet Sander das unaufhaltsame Streben nach wirtschaftlicher Autarkie und politischen Voranpreschen in einer Vielzahl technologischer Bereiche und zeigt eine Politik, die nach absoluter Kontrolle strebt, aber damit jede Innovation zunächst einmal ausbremst oder kappt, wenn sie zu mächtig, damit unbeherrschbar werden droht.

Sander zeigt ein Land im Zwiespalt. Startups etwa, die der KI Chat-GPT nacheifern wollen, jedoch sich bereits im Voraus selbst zensieren und so keinen umfassenden Nutzen bringen, sondern sich auf eng umgrenzte Bereiche fokussieren, wie ein Internet, welches ebenso determiniert zeigt, was die chinesische Staatsführung eben zulässt, aber eben auch ein China, welches stolz seine Erfolge präsentiert. Die größten Hersteller von E-Autos sind alles inländische Firmen, selbst Tesla präsentiert sich dort wie eine einheimische Marke.

Doch was bedeutet der technologische Fortschritt für die Menschen in Bezug auf geopolitische Konflikte, im Wettbewerb mit ausländischen Firmen, die einerseits um die Chancen auf dem chinesischen Markt wissen, anderseits dort zumeist in Joint-Ventures gezwungen, Ideen- und Patentklau befürchten müssen? Wie wappnen sich amerikanische und europäische Firmen dagegen, wo lernen sie voneinander?

Teslas Erfolg mag auf den ersten Blick überraschen. Schließlich stecken die USA und China in einem Wettstreit um die Tech-Vorherrschaft. China will bei Schlüsseltechnologien wie Elektroautos, autonomem Fahren und Batterien Selbstversorger werden. Daten, wie Tesla sie massenhaft zur Entwicklung des autonomen Fahrens benötigt, gelten für Peking als Produktionsfaktor und sollen das Land praktisch nicht mehr verlassen. Wie also erklärt sich der Erfolg für Tesla in China? Und wie lange kann er anhalten?

Matthias Sander: China – Auf dem Weg zur digitalen Supermacht

Sander beobachtet, zeigt einen Innovationsgeist, der wohl noch größer wäre, würde er nicht durch politische Vorgaben eingeengt werden, doch verfällt er nicht in reiner Lobhudelei oder alles verdammender Kritik, sondern versucht die Bedeutung dessen, was er sieht, zu beleuchten. Hintergründe und Geschichten dortiger Unternehmen im Kontext der chinesischen Politik, werden beleuchtet, als auch deren schlimmste Auswüchse aufgezeigt, etwa was geschieht, wenn Wissenschaftler zunächst einmal fernab jeder Moralvorstellung agieren können.

Über jeden dieser ursprünglichen Zeitungsartikel, die nun in Themenbereiche gegliedert sind, steht das Entstehungsdatum, was so sortiert noch einmal das unaufhaltsame Tempo aufzeigt, in welchem sich die chinesische Gesell- und Wirtschaft bewegt. Auch kann man diese häppchenweise lesen oder hintereinander weg als ganzes Bild. Dabei sind auch sehr komplexe Inhalte so aufbereitet, dass sie auch für Laien gut zugänglich sind und so zum Verständnis beitragen, ohne bestimmte Mittel und Wege diskussionslos gutheißen zu müssen.

Sander zeigt die Auswirkungen scheinbar unaufhaltsamen Voranschreitens, aber auch die vielen großen Aber, damit auch, wie wichtig es ist, solchen Technologiedystopien etwas eigenes, positives entgegenzusetzen. Gelingt das, so zeigt diese Sammlung von Reportagen, können wir vor allem den hier geschilderten negativen Auswirkungen Alternativen gegenüberstellen. In diesem spannenden Sachbuch zeigt sich, gerade in China ist nicht alles Gold was glänzt. Manches kann übernommen oder adaptiert werden. Anderes ist mit großer Vorsicht zu genießen, selbst wenn der erste Blick zum Staunen einlädt.

Autor:

Matthias Sander wurde 1996 in Mainz geboren und studierte zunächst Politik und Soziologie. Seit 2014 ist er Journalist der Neuen Zürcher Zeitung NZZ aus der Schweiz. 2020-2023 war er China-Korrespondent der Zeitung und berichtete zunächst aus Taiwan, danach aus Shenzhen, seit 2024 ist er Korrespondent der französischsprachigen Schweiz.

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