Reihe:
Das Werk gehört zur verlagsinternen Reihe „Philosophie für unterwegs“, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Autoren und Autorinnen. Da jedes Buch aus der Reihe aus einer anderen Feder stammt und unabhängig voneinander gelesen werden kann, haben wir hier keine Band-Reihenfolge aufgelistet, da sonst das Rezensionsverzeichnis durcheinander käme.
Inhalt:
Hannah Arendt (geb. 1906 in Hannover, gest. 1975 in New York), durchlebte einen großen Zeitraum des „weltverändernden“ 20. Jahrhunderts. Bildung, Denkfähigkeit, Freiheitswille sowie persönliche Erlebnisse befähigten sie – die 1933 vor der Judenverfolgung aus Deutschland emigrierte -, scharfe Beobachterin und Analystin dieser Epoche zu werden.
Das „tätige Leben“ der Menschen, die Entwicklung totalitärer Regime, Freiheitsentzug, Flucht und die Vernichtung Andersdenkender sind „politische Themen“, mit denen sie sich beschäftigte und die sie „weltloser, akademischer“ Philosophie vorzog. Ihre Forschungsergebnisse zur Entstehung totalitärer Herrschaft sowie die Reportage zu „Eichmann in Jerusalem“ mit der intensiv geführten Debatte über die „Banalität des Bösen“ sind von bleibender Aktualität. (Klappentext)
Rezension:
Der immer höhere Grad an Automatisierung bringt es mit sich, dass die Auswirkungen unserer Taten wir immer indirekter zu spüren bekommen, ja damit gar nicht mehr in Berührung kommen. Der wissenschaftliche und technische Fortschritt hat den Schreibtischtäter möglich gemacht, ohne den keine Mechanik in Gang gesetzt werden kann, der jedoch nicht wahrzunehmen braucht, welche Folgen sein Handeln, sein Entscheiden hat. Adolf Eichmann konnte so den Massenmord des NS-Regimes organisieren, mit der gleichen Leidenschaftslosigkeit, mit der er auch hätte Aktenordner sortieren können.
Das was er tat war in Zahlen messbar, Tot und Massenmord als Zahlenfolge, die emotionalen Folgen erreichten den Bürokraten aufgrund der physischen Entfernung zu den zentralen Handlungsorten nicht. Das Böse ist banal, schlussfolgerte die Publizistin und politische Theoretikerin Hannah Arendt, deren eigene Themen des Lebens zugleich die eines Großteils des 20. Jahrhunderts waren. Der Wissenschaftler Dirk Wulff nimmt sich ihrer an und gibt mit seinem Exzerpt einen kompakten Überblick über das Leben dieser beeindruckenden Frau, sowie über derer wichtigsten Werke.
In wie weit aber lässt sich die Arbeit eines Menschen so dermaßen kompakt herunterbrechen, wie es innerhalb dieser Buchreihe geschieht, in derer sich verschiedene Autoren und Autorinnen den großen Denkenden der Geschichte annehmen? Dirk Wulff zumindest gelingt es, hauptsächliche Punkte herauszuarbeiten und damit auch ihrer Urheberin Gestalt zu geben. Es ist anzunehmen, dass dies im Rahmen der Reihe mit einer gewissen Kontinuität geschieht, so dass es sich wohl lohnt, die „Philosophie für unterwegs“ im Blick zu behalten. Der Verlag hat diese ausgebaut und so finden sich von Camus über Sokratis, von Karl Marx bis hin zu Simone Weil schon sehr viele, mit deren Gedankengängen es sich zu beschäftigen lohnt.
Zumindest für einen Anknüpfungspunkt, um einen Zugang zu finden. Dafür ist die Reihe in jedem Fall geeignet und das gelingt Dirk Wulff mit „Hannah Arendt – Erforscherin des Bösen“ sehr gut. Ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis gibt im Anschluss weitere Anregungen für eine ausführlichere Beschäftigung, doch für das Grundsätzliche genügen diese wenigen Seiten, auf denen beschrieben werden, wie die Publizistin Flüchtlinge sah, zu denen sie selbst gezwungenermaßen gehören musste und aus welchen Elementen und Ursprüngen heraus totalitäre Gesellschaften ihres Erachtens folgen können.
Abgerundet wird die Denkschrift zusätzlich mit Überlegungen, was sich Hannah Arendts Betrachtungen im Heute schlussfolgern lässt. Sprachlich ohne Schnörkel stellt Dirk Wulff dies dar, jedoch ohne trocken oder gar überheblich daherzukommen. Vielleicht liegt dies am Format, welches keine größeren Abstrahierungen erlaubt, ist damit jedoch um so zugänglicher für Laien, so dass man Werk wie Reihe unbedingt weiter verfolgen sollte.
Autor:
Dirk Wulff wurde 1941 in Wittenberg geboren und arbeitete bis 2004 als promovierter Chemiker an Forschungsprojekten in der chemischen Industrie. Er war an unzähligen Patenten, wissenschaftlichen Publikationen sowie am Wissensspeicher CHEMICA beteiligt. Seit 2004 widmet er sich philosophischen und soziologischen Themen. Wulff ist Mitglied der Nietzsche-Gesellschaft e. V. und veröffentlichte im Jahr 2009 „Kapitalismus und weiter?“.