Leipziger Buchmesse 2018 – Samstag

Das Wochenende, welches traditionell die besucherstärksten Tage für die Buchmesse darstellt, war vor allem geprägt durch Schnee, Eis und Glätte, die zusammen den Leipziger Hauptbahnhof stundenweise lahmlegten. Viele Besucher haben es erst gar nicht zur Messe geschafft, ich selbst habe von meinem Quartier, was jetzt auch nicht so weit vom Messegelände lag, etwas mehr als eine Stunde gebraucht. Wohl gemerkt, die Strecke nimmt bei normalen Witterungsverhältnissen nicht mehr als 30 Minuten in Anspruch. Ich habe es dann trotzdem noch pünktlich auf die Messe geschafft.

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Leipziger Buchmesse 2018 – Freitag

Wenn Buchmesse ist, versuche ich immer möglichst viel mitzunehmen. Nicht gerade Kugelschreiber und Notizblöcke, nach denen man eh seit mehreren Jahren explizit fragen muss, wenn man welche haben möchte, aber viele Lesungen, Diskussionen und Interviews möchte ich mir dann doch ganz gerne anschauen und so ging es am Freitag gleich früh am Morgen los, als am MDR Kultur Stand Rüdiger Frank über die Erlebnisse sprach, die zu seinem neuesten Werk “Unterwegs in Nordkorea“, führten, welches bei DVA erschien.

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Leipziger Buchmesse 2018 – Donnerstag

Die ersten beiden Messetage sind, zumindest in Leipzig, die entspanndesten. Allerhöchstens Fachbesucher und Schulklassen bevölkern die Messehallen, und wer sich von der Arbeit freinehmen konnte, ansonsten stößt das Gros der Besucher erst am Wochenende hinzu. Dem entsprechend waren die Hallen vergleichsweise leer und man konnte entspannt von Stand zu Stand gehen.

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Leipziger Buchmesse 2018 – Vor der Messe beim MDR – Die Studiotour

In Leipzig gab es an Wetterphänomenen zu Messezeiten schon alles. Strahlender Sonnenschein, Hitzewellen, Regen, aber einen Wintereinbruch hatten wir im März noch nie. Zumindest, soweit ich mich erinnern kann und so waren die Tage schon vor dem eigentlichen Messestart mehr als frostig. Trotzdem war ich natürlich dort, schließlich ist ein Besuch der Stadt ein Heimspiel für mich. Wohl dem, der dort Familie hat.

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Detlev Meyer: Das Sonnenkind

Das Sonnenkind Book Cover
Das Sonnenkind Detlev Meyer aufbau Verlag Erschienen am: 19.01.2018 Seiten: 232 ISBN: 978-3-351-03718-5

Inhalt:

Carsten ist fast zehn Jahre alt, ein wenig altklug und entdeckt die Welt mit seinen Kinderaugen. Das sind die Besuche des Cafe Kranzler mit Opa, das Spielen mit Freunden auf der Straße und die Eltern, die den kleinen wissbegierigen und manchmal alklugen Bengel, Herr werden müssen.

Doch, der Großvater erkrankt und versucht seine Umgebung davon abzuschirmen, der Junge indes macht seine ganz eigenen Erfahrungen mit der ihn meist wohlgesonnenen Umgebung, die dennoch ihre Tücken hat. Bühne frei für das Sonnenkind… (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Carsten, fast zehn Jahre alt, wächst im “richtigen” Teil Berlins auf, als der Westen im Wohlstand des Wirtschaftswunders schwelgte, sich die Demokratie dadurch etablierte und überhaupt das Leben am schönsten ist. Warum auch nicht, wo doch der Junge von allen gemocht wird?

Die Großeltern dichten sich eine adlige Herkunft an, verwöhnen ihren Enkel nach Strich und Faden, der Vater hadert mit den Kriegserinnerungen, versucht nach vorne zu blicken, der Großvater hat eine Geliebte und der Bruder macht aus allem ein Geschäft. Und alle mögen den Sonnenschein, vom Truseweg aus Neukölln, welches noch nicht das Viertel von Einwanderen ist, welches es einmal werden wird. Das Leben ist schön.

Detlev Meyer erzählt aus der Kindheit seines alten Egos. Entstanden ist mit den “Sonnenkind” ein wunderbares Straßenportrait liebenswerter Figuren, die Betrachtung einer quirligen, sich findenden Metropole in Kleinformat.

Der Leser erfährt die Welt aus der Sicht eines altklugen, wissbegierigen, aber vorwitzigen und liebenswerten Bengels, der es faustdick hinter den Ohren hat, damit aber ganz und gar nach der Familie kommt.

Alle Charaktere sind schrullig, neben der Spur und doch so, wie man die Unterschiedlichkeit und Vielfalt der Berliner darstellen würde, wäre dies gefordert. Passieren tut dabei nicht viel, es ist trotzdem amüsant zu lesen, wie der Kleine die Widersprüchlichkeit der Erwachsenenwelt begreift und für sich zu nutzen weiß.

So wird der grantige Hausmeister ebenso um den kleinen Finger gewickelt, wie der tödlichen Krankheit des Großvaters der Schrecken genommen und der Leser kann gar nicht ohne Schmunzeln, Lächeln, von Zeile zu Zeile springen, Wort für Wort in sich aufsaugen. Ein kleiner Großstadtroman, der es in sich hat.

Geschrieben aus wechselnder Ich-Perspektive der handelnden Protagonisten ist der Lesende nah dran an den Figuren, die man durchweg für voll nehmen kann. Genau so stellt man sich diese und jene Person vor, und eben nicht anders.

Der Schreib- und Erzählstil macht sie greifbar, den Großvater, der seinem geliebten Enkel die Krankheit zu erklären versucht, sich selbst aber ebenso erklären muss, den Vater, der versucht Frau und Söhnen Herr zu werden und die Kinder, die ob ihres Charakterzugs im gesamten Straßenzug berühmt und berüchtigt sind.

Autobiographische Züge hat der Roman, in dem der Autor auf vorangegangenes Geschriebenes und auf seine Kindheit Bezug nimmt und sich so selbst ein Denkmal gesetzt ha.

Es is dies, sein letztes großes Werk, in welchen Detlev Meyer sich seiner Kindheit bewusst wird, die schön und angenehm war, als die Welt noch fass- und beherrschbar war, der Mauerbau nicht drohte und überhaupt Politik keine Rolle spielte. Nicht für einen Zehnjährigen, dessen Interesse sich nur in den Grenzen seiner unmittelbaren Umgebung bewegt.

“Das Sonnenkind”, ist ein gefälliger Roman, dessen Wirkung man sich kaum entziehen können wird, der gute Laune, eben die eines Kindes, verbreitet und mit Gewinn gelesen werden kann. Vielleicht sollten wir uns alle irgendwann an unsere Kindheit, an die Sonnentage, erinnern? Es könnte sich lohnen.

Autor:

Detlev Meyer wurde 1948 in Berlin geboren und studierte zunächst Bibliotheks- und Informationswissenschaften, bevor er als Bibliothekar in Toronto und Entwicklungshelfer in Jamaika arbeitete.

Er erhielt mehrere Literaturstipendien und widmete sich in Gedichten und Prosatexten als einer der wenigen offen schwul lebenden Autoren der Szene, sowie der Bedrohung durch Aids und deren Folgen. Sein letzes Werk erschien postum 2001 (Das Sonnenkind), nachdem er 1999 starb.

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Björn Berge: Atlas der verschwundenen Länder

Atlas der verschwundenen Länder Book Cover
Atlas der verschwundenen Länder Björn Berge Verlag: dtv Erschienen am: 09.03.2018 Seiten: 239 ISBN: 978-3-423-28160-7

Inhalt:

Es gibt unzählige Länder, die im Laufe der Zeit wieder von den Landkarten verschwunden sind, und von vielen ist nichts geblieben. Björn Berge hat sich für diesen Atlas der anderen Art von seiner Briefmarkensammlung inspirieren lassen.

Angeregt von diesen kleinsten Dokumenten der Welt hat er sich auf eine spannende Spurensuche begeben und lässt alte Länder und Zeiten wieder auferstehen. Es finden sich bekannte Namen wie Helgoland, Schleswig und Danzig ebenso wie extische, darunter Inini, Sazan oder Kap Juby. (Klappentext)

Rezension:
Es gibt viele Arten Macht auszuüben und zu zeigen, Briefmarken heraus- und in den Druck zu geben, war viele Jahrhunderte eine davon. Sie zeigen, wer gerade zu jener Zeit die politische und wirtschaftliche Macht innehatte, die Art des Druckes lässt auf die Eigenheiten jener Regionen, den Wünschen und Vorstellungen ihrer politischen Führer, Ansprüche erkennen.

Das Material z.B. der Farbe, des Papiers, des Klebers auf die Voraussetzungen, auf die man sich örtliche einlassen musste. Ein gefülltes Briefmarkenalbum erzählt Geschichten von Städten, Ländern, und Politik, in aller erster Linie jedoch von denen, die sie benutzten.

Björn Berge hat sein Briefmarkenalbum hervorgeholt und dabei besondere Wertzeichen genauer unter die Lupe genommen. Der Autor nimmt seine Leser mit in längst vergessene Zeiten, Länder, die es nicht mehr gibt. Wie mit dem in etwa vergleichbaren “Atlas der erfundenen Orte” von Edward Brooke-Hitching, ist mit den vorliegenden Werk dem dtv-Verlag ein erneuter Coup gelungen.

Das Sachbuch, welches sich auf den ersten Blick mit einem etwas langweiligeren Thema bechäftigt, offenbart, wie einst die Welt ausgesehen hat und welche Macht- und Ränkespiele sich überall auf unseren Planeten über die jahrhunderte lang abgespielt haben.

In Form von Postwertzeichen, nicht unbedingt wertvoll, gebraucht und zerschlissen sowie so, erzählt der Autor ihre Geschichte, die heute fast vergessen ist. In kurzweiligen, jeweils gerade einmal ein paar Seiten langen Kapiteln, begibt sich der norwegische Autor auf Spurensuche.

Ergänzt durch Personengeschichte und immer mit Quellenangabe weiterführender Literatur, manchmal auch ortsüblichen Kochrezepten und Berichten von damals dort lebenden Personen, ist eine bunte Mischung von Geschichten entstanden, die vom kurzen oder längeren Leben der Länder erzählen, die sich so selbstsicher fühlten, um eigene Briefmarken herauszugeben, und doch heute im Nirvana der Geschichte verschwunden sind.

Detailliert beschreibt der Autor die im Mittelpunkt stehenden Marken und offenbart, dass sie keineswegs nur dröges Papier darstellen, sondern Gegenstände, die etwas zu erzählen haben.

Es ist ein Buch für Sammler und Fans mitunter kurioser, aber immer auch spannender Geschichtsschreibung, die von wechselhaften Mächteverhältnissen, Glücksrittern und Pechvögeln, kolonialen Größenwahn und Entdeckerstolz erzählt, aber auch von den Unglücken, mitunter in recht kurzer Zeit, von den Landkarten und damit vom Tableau der Weltgeschichte zu verschwinden.

Immer mit Weitblick, so manches Mal mit Stirnrunzeln und oft mit einer Brise Scharfsinn und Humor liegt mit dem “Atlas der verschwundenen Länder” ein besonderes Geschichtsbuch vor, welches dazu anregt, seine eigene (oder geerbte) Briefmarkensammlung hervorzuholen und auf Entdeckungstour zu gehen.

Vielleicht finden sich ja noch mehr spannende Geschichten, die es zu erzählen gilt?

Autor:
Björn Berge ist ein norwegischer Architekt und Wissenschaftler, der eine Leidenschaft für’s Wandern und dem Sammeln von Treibgut hegt. Sein zweites großes Projekt ist eine Sammlung von Briefmarken, von allen Ländern, die je auf der Erde existiert und welche herausgegeben haben.

Im vorliegenden Buch stellt er eine Auswahl von Briefmarken und deren Geschichten vor.

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Horst Eckert: Der Preis des Todes

Der Preis des Todes Book Cover
Der Preis des Todes Rezensionsexemplar/Krimi Rowohlt/Wunderlich Hardcover Seiten: 415 ISBN: 978-3-8052-0012-7

Inhalt:

Sarah Wolf ist jung, ehrgeizig und am Ziel ihrer Träume: Die Düsseldorfer Journalistin hat ihre eigene politische Talkshow im Abendprogramm der ARD. Seit ein paar Wochen ist sie mit dem Bundestagsabgeordneten Christian Wagner liiert. Als dieser von den Medien als Lobbyist für einen international agierenden Krankenhausbetreiber dargestellt wird, hält sie zu ihm.

Doch kurz darauf wird Christian tot in seiner Wohnung aufgefunden – angeblich Selbstmord. Sarah kann das nicht glauben und beginnt, auf eigene Faust nachzuforschen. Auf Christians Computer findet sie eine geheimnisvolle Liste mit Namen. Die Spur führt nach Kenia und zu Menschen, die bereit sind, viel Geld zu bezahlen – für etwas, das so wertvoll ist, dass es sich dafür zu töten lohnt… (Klappentext)

Rezension:

In Zeiten, in denen die öffentlich-rechtlichen Medien immer mehr hinterfragt werden, ist es nur folgerichtig, dass auch die Kriminalromane in dieser Sphäre spielen, die ohnehin durchsetzt ist mit den drölfzigsten Tatort oder der gefühlt zwanzigsten politischen Talkshow. So eine moderiert Sarah Wolf, deren Sendung jedoch ums Überleben kämpft und von den oberen Zehntausend zunehmend infrage gestellt wird. Ob dies nun politische Entscheidungsträger oder Fernsehintendanten sind.

Doch, die Vollblutjournalistin ist ohnehin im Zwiespalt, da mit einem Bundestagsabgeordneten liiert, der vielleicht in einem riesigen Strudel aus Lobbyismus und anderen dunklen Machenschaften steckt. Doch, Sarah glaubt an die Unschukl von Christian, der jedoch bald tot aufgefunden wird. Sarah beginnt zu recherchieren und weiß bald mehr, als gut für sie ist.

Es sind die unspektakulär erscheinenden Werke, die oft die größten Überraschungen verbergen. Ein solches Werk liegt mit Horst Eckerts “Der Preis des Todes” vor, der zunächst ziemlich harmlos beginnt. Zumindest, wenn man die heutigen Standards in diesem Genre ansetzt und sich voll und ganz fallen lässt.

Dann jedoch landet der Leser ziemlich unsanft in einer Mischung aus politischen Machtspielen a la Berlin, den Medienwahnsinn unserer Gesellschaft und auf das systematische Ausbeuten der ärmsten Menschen weltweit durch europäische, hier ein Krankenhausbetreiber, Konzerne. Ein Buch, welches harmlos beginnt, jedoch sich vor spannenden Stellen nur so überschlägt.

Die Figuren sind sympathisch gezeichnet, haben alle ihre Ecken und Kanten und machen, ist die Geschichte einmal in Schwung gekommen, eine sich überschlagende, jedoch glaubhafte Entwicklung durch. Erst gegen Ende schält sich heraus, welche Protagonisten “gut” und welche es überhaupt nicht sind, ansonsten gibt es sehr viele Grautöne.

Die Auswahl an Schattierungen in der Charaktergestaltung macht diesen Kriminalroman ebenso lesbar, wie die wichtige hintergrundthematik, der Sarah Wolf nach und nach auf die Spur kommt. Gegen Ende zeichnet sich für den geübten Leser zwar die Auflösung schnell ab, jedoch schadet es der Geschichte nicht, die mit ihrem halb-offenen Ende (viel ist aufgelöst, den kleinen rest kann man sich denken) in sich stimmig ist.

Der Schreibstil ist sehr kurzweilig. Cliffhanger gibt es, nicht zu viele. Es ist ein gelungenes Schriftstück in die Abgründe unserer Gesellschaft. Wie viel würdest du zahlen, ist die Frage, für dein eigenes Leben und wärst du dazu bereit, jemand anderes über die klinge des OP-Tisches springen zu lassen?

Beantwortest du die Frage mit ja, bezahlst du ihn, den Preis des Todes.

Autor:

Horst Eckert wurde 1959 in Weiden in der Oberpfalz geboren und ist ein deutscher Autor von Kriminalromanen. Er studierte nach der Schule Politische Wissenschaften in Erlangen und Berlin und war für verschiedene Fernsehsender journalistisch tätig, bevor 1995 sein erster Kriminalroman erschien.

1998 erhielt er den Marlowe-Oreis, 2001 den Friedrich-Glauser-Preis. Einige seiner Romane wurden mehrfach übersetzt. Eckert ist Mitglied im Köln-Düsseldorfer Kriminalkomitee und im PEN-Zentrum Deutschland.

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Countdown zur Leipziger Buchmesse 2018

 lbm_logo_2015_4cWer einmal infiziert wurde, den lässt das Virus nie wieder los. Nur noch wenige Tage sind es, bis zur Leipziger Buchmesse 2018, die dieses Mal vom 15. bis zum 18. März auf dem Neuen Messegelände der Stadt an der Pleiße stattfinden wird. Und, auch ich werde wieder mit von der Partie sein. Leipzig liest. findosbuecher.com liest mit.

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Kurzblick 2: VDSIS – Still und Stumm – Kurzfilm

Inzwischen ist er gelaufen und hat, auf der Premiere wie auch in den Social Media Kanälen, einen ungeheuren Zuspruch erhalten.

Der VDSIS-Film “Still und Stumm”. Im Januar wurde hier über das Projekt -Von der Straße ins Studio- berichtet, welches im Zusammenhang mit dem Verein Schule ohne Gewalt e.V. Projekte mit Kindern und Jugendlichen initiiert, die eine Alternative zur handfesten Mentalität unserer Öffentlichkeit aufzeigen, die teilnehmenden Kinder in Kommunikation und Selbstbewusstsein stärken sollen.

Dies tut der Verein, in dem er Kinder in die Produktion von kleinen Musik-Clips einbindet. Ob als Darsteller, Ideengeber, Textschreiber, vor oder hinter der Kamera, hier dürfen Jugendliche sich ausprobieren, und am Ende stolz ihr jeweiliges Projekt präsentieren.

Die Resonanz ist dabei von Anfang an sehr hoch gewesen und es war nur folgerichtig, dass über kurz oder lang eine größere Arbeit entstand. Und die wurde am 25.02. in einem Fuldaer Kino präsentiert. Der Film “Still und Stumm“.

Titelsong des Films. "Kinder dieser Erde", gesungen von Julian Busse und einem Kinderchor der VDSIS.

In diesem Film steht die Freundschaft zweier Jungen im Fokus, die Träume wie alle anderen Zehn- oder Elfjährigen haben, doch deren Erreichbarkeit in weiter Ferne liegt. Beide sind Waisen, wachsen bei Pflegefamilien auf und gehen in die örtliche Schule, die von einem drakonischen Direktor geleitet wird, der nichts mehr liebt als Disziplin und Ordnung.

Film: Still und Stumm
Darsteller: Kristo Krebs, Janis Bausch, Jörg Alt
Projekt: VDSIS / Schule ohne Gewalt
Jahr: 2018
Laufzeit: 37:02 Minuten
Produktion: Fulda und Umgebung
Regie: Timm Fütterer
Kamera: Dennis Steib

Und natürlich das Machtausüben über seine Schützlinge, die auch mal mit den Zeigestock gemaßregelt werden. Unbehelligt von anderen Erwachsenen, getragen vom Druck der Kinder untereinander. Keiner sagt und tut etwas dagegen.

Max und Oskar, hervorragend gespielt durch die Schüler Kristo Krebs und Janis Bausch, sind die Leidtragenden.

Letzterer besonders, der ein Freigeist ist und als solcher positiv zu denken vermag und immer wieder bei dem selbstherrlichen Schulrektor (Jörg Alt) unangenehm auffällt. Es passiert, was passieren muss. es komnmt zur Katastrophe, denn alle haben weggesehen, eben still und stumm.

Es ist ein hervorragender Film, der Gewalt, gleich woher sie kommt, verurteilt und dabei ohne erhobenen Zeigefinger aufruft, einzuschreiten, wo immer man sie sieht. Ob nun, wie im dargestellten Fall an Schulen oder auch sonst.

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Kristo Krebs (Max), Jörg Alt (Direktor), Janis Bausch (Oskar)

Das einfühlsame Spiel der Jungen, die Interpretation Jörg alts seiner Rolle als grausamer Rektor oder auch die zahlreichen Nebenrollen, die ihrerseits zum gelungenen Spiel beitragen.

Zusammen mit den Drehorten, die den gemeinen Fuldaer leidlich bekannt sein dürften, ergibt sich eine stimmige Geschichte, wie sie durchaus passieren könnte. um so eindringlicher ist die Botschaft der Filmemacher.

Gleichwohl merkt man dem Projekt an, dass es sich um eine Lowbudget-Produktion (übrigens die erste Filmproduktion in Fulda seit Jahrzehnten) handelt, wenn die Hintergrundmusik zu laut ist oder der gesprochene Text wie abgelesen oder eben ein Gedicht auswendig gelernt und aufgesagt wird, aber es darf hier eben nicht der Maßstab einer professionellen Filmproduktion angesetzt werden.

Hier geht es um mehr. Um den Inhalt, die Leidenschaft, mit denen die Macher und Darsteller für dieses Projekt stehen, und den Potential insbesondere von Janis Bausch und Kristo Krebs, die sicherlich in weiteren Clips der VDSIS auftauchen werden. Vielleicht irgendwann wieder einmal in einem Film? Wünschenswert wäre es.

Euer findo.

Der Film ist auf den Youtube-Kanal VDSIS zu sehen. Hier klicken. Er soll keine Kritik an Lehrkräfte oder Schulen darstellen, da Gewalt an Kindern überall stattfindet. Der dargestellte Direktor ist Symbol für alle Erwachsenen, die Kindern gegenüber gewalttätig werden. Auf dem Youtube-Kanal finden sich weitere Videos, Making-of oder Einblicke in die Premiere, sowie der Filmproduktion selbst.

Der virtuelle Spendenhut

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Ian Kershaw: Höllensturz – Europa 1914 bis 1949

Höllensturz - Europa 1914 bis 1949 Book Cover
Höllensturz – Europa 1914 bis 1949 Ian Kershaw DVA Erschienen am: 12.09.2016 Seiten: 764 ISBN: 978-3-421-04712-9 Übersetzung: Klaus Binder (u.a.)

Inhalt:

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stürzt sich Europa in eine selbstverschuldete Katastrophe, die historisch ohne Beispiel ist. Über drei Jahrzehnte hinweg, von 1914 bis 1949, prägten Kriege, Völkermorde, Vetreibungen und politische Unruhen die Geschichte des Kontinents.

Ian Kershaw gelingt ein Glanzstück der modernen Geschichtsschreibung in seiner Schilderung dieser gleichermaßen faszinierenden wie beklemmenden Ära, in der Europa sich beinahe selbst zerstört hätte.

Meisterlich denkt er die wichtigsten Entwicklungen in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur der europäischen Länder zusammen und führt uns die Auswirkungen des tiefgreifenden Wandels auf das Leben von Millionen von Menschen vor Augen. (Klappentext)

Rezension:

Sehr umfangreiche und detaillierte Sachbücher führen wohl ein Nischendasein in unseren Buchhandlungen, doch entdeckt man unter den “Wälzern” bei genaueren Hinsehen immer wieder Schätze, die es sich zu Betrachten lohnt.

Ian Kershaw ist ein Garant für solch eine Literatur, die selbst mit der Thematik vertrauten Lesern neues und vielschichtiges Hintergrundwissen vermittelt. Hier zumeist inhaltlich sich mit den Zweiten Weltkrieg und Hitler als Person befassend.

Aber auch der große Zeiten-Überblick gelingt dem britischen Historiker, der sich wissenschaftlich und auch sonst wieder einmal ein Denkmal zwischen zwei Buchdeckeln geschaffen hat.

“Höllensturz – Europa 1914 bis 1949”, erzählt die Geschichte eines Kontinents in Umbruch, von Ländern, die sich gegenseitig in unvergleichliche Abgründe getrieben haben und von Menschen, die ihresgleichen millionenfach in zwei schrecklichen Kriegen vernichteten.

Es ist unsere Geschichte, die zum Fanal für mehrere Generationen und ihrer Auswirkungen, die noch mehrere Jahrzehnte spürbar waren. Europa im modernen beinahe 30-jährigen Krieg.

Ian Kershaw hat sich der schwierigen Thematik angenommen und beleuchtet dieses Mal nicht nur die geschichte der Deutschen, sondern die Geschichte der großen und kleinen Länder des kontinents.

Er erläutert detailliert, wie es zur Urkatstrophe des 20. Jahrhunderts kommen konnte und weshalb vor 1949 demokratische Staatsformen Schwierigkeiten hatten, sich zu etablieren.

Der Autor analysiert den Niedergang des British Empire zugleich mit den Aufstieg der USA und das auseinanderbrechende Mächtegleichgewicht zwischen Frankreich, dem Deutschen Reich und dem Russischen Reich, erklärt weshalb der Staat der Habsburger in einer Kettenreaktion seinem Untergang entgegen kämpfte, die schließlich auch andere Staaten ins Unglück stürzte.

Messerscharf beleuchtet er gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Komponenten, macht fassbar, was unfassbar ist.

Geschichte begreiflich zu machen, ist die vornehmste Aufgabe der Historiker und Ian Kershaw beherrscht dies perfekt. Bewiesen hat er es schon mit seiner Hitler-Biografie, die in der wissenschaftlichen Aufarbeitung Maßstäbe setzte, hier legt der Historiker jedoch noch eine Schippe drauf.

Natürlich ist der Einstieg in die Thematik nicht einfach, tatsächlich wird, wer die Detailliertheit und Informationsfülle nicht gewohnt ist, Schwierigkeiten bekommen. Und ja, Vorbildung und Interesse empfiehlt sich.

Wer jedoch Geduld mitbringt, wird mit umfangreichen Analysen, verständlich gezogenen Linien von Überblickswissen und einer Genauigkeit belohnt, die ihres Gleichen sucht.

Ian Kershaw setzt hier Maßstäbe in der Verarbeitung von unzähligen Quellen, dessen Verzeichnis knapp gehalten ist, jedoch auf das unfassbar zahlreiche Material hinweist, welches dem Autoren zur Verfügung stellt. Geschichtswissenschaft für Fachleute und das gemeine Volk, Kershaw schafft beides.

Es ist Lektüre, die ein hohes Maß an Konzentration erfordert, deren Leser jedoch mit Wissen, neuen Erkenntnissen und Schlussfolgerungen belohnt werden. Es ist die Aufarbeitung des 20. Jahrhunderts aller europäischen Völker, welche sich Ian kershaw zu einem Langzeitprojekt gemacht hat.

Die zweite Hälfte, eine glücklichere Zeit, wird ebenso ausgearbeitet erscheinen, so zumindest der Historiker im Vorwort, der wissenschaftlich korrekt auf die Vielzahl an Arbeiten anderer Historiker hinweist, die auch ihm als Grundlage zum Schreiben dienten.

Das Lesen solcher Bücher ersetzt den Geschichtsunterricht und wirkt effektiv nach. Geschichte muss nicht trocken sein, Sachbücher nicht pur theoretisch, so gelingt moderne Vermittlung, auf dass sich die Vergangenheit nicht wiederholen mag.

Kershaw appeliert an unser Gewissen, denn der nächste Krieg, soviel ist 1949 schon klar, hat das Potential, die Menschheit völlig zu vernichten. Eingeleitet durch Zitate berühmter Personen aus Politik und Kultur jener Zeiten schwebt in den ausführlichen Kapiteln diese Warnung wie ein Damoklesschwert über die Köpfe der Leser.

Uns sollte daran gelegen sein, es nicht hinunterfallen zu lassen.

Autor:

Sir Ian Kershaw wurde 1943 in Oldham, Lancashire geboren und ist ein britischer Historiker, der durch seine Schriften zum Nationalsozialismus, besonders durch seine Hitler-Biografie Bekanntheit erlangte.

Nach der Schule studierte er geschichte und war zunächst Dozent für Mittelalterliche und Moderne Geschichte an der University of Manchester. Nebenbei erlernte er im Goethe-Institut seiner Stadt die deutsche Sprache und verlagerte seinen Tätigkeitsschwerpunkt auf die deutsche Geschichte.

1983/84 hatte er eine Gastprofessur an der Ruhr-Universität Bochum inne, 1987 nahm er eine Professur in Nottingham an, später in Sheffield, wo er bis Ende september 2008 Geschichte lehrte. Zahlreiche Auszeichnungen erhielt er für seine Aufarbeitung deutscher und europäischer Geschichte, u.a. das Bundesverdienstkreuz.

2002 wurde er zum Ritter geschlagen. 2012 erhielt er den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. 2013 wurde er für sein Lebenswerk mit den Meyer-Struckmann-Preis geeehrt. Seine Werke gelten als geschichtswissenschaftliche Standardliteratur.

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