Literatur

Erri de Luca: Die Stadt antwortete nicht

Inhalt:

Von seiner neapolitanischen Kindheit, von wortkargen Fischern, von der Entdeckung der Natur handeln Erri de Lucas Erzählungen; von seinen Jahren als Arbeiter auf dem Bau, seinem politischen Kampf gegen den Klassismus; von der Liebe und dem Heiligen, der Literatur und den Bergen. In seiner behutsamen Prosa lässt der große italienische Autor Erinnerungen lebendig werden und beleuchtet schlaglichtartig die Etappen eines bewegten Lebens. (Klappentext)

Rezension:

Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Wer vom Gewohnten abweicht, dem kann das ebenfalls passieren. Dies zeigt der neue Kurzroman aus der Feder von Erri De Luca, der zunächst wie gewohnt mit durch seine Kindheit biografisch angehauchten Episoden beginnt.

Hier zeigt sich der Autor in Bestform, wenn er den Staub der Erinnerung aufwirbelt und seine Klassenkameraden noch einmal einen Aufstand gegen die Lehrerschaft proben, noch bevor gesellschaftliche Revolten sich auch im südlichen Europa ihren Platz im Bewusstsein der Gesellschaft erobern. Im Gegensatz zu seinen erprobten Texten, bleibt De Luca hier jedoch nicht dabei. Es ist diesmal keine Coming of Age Geschichte, die hier mit „Die Stadt antwortete nicht“ vorliegt. Im Gegenteil, der Schreibende ist hier vom Erwarteten abgewichen und spannt den Bogen, lässt seinen Protagonisten wachsen. Protest, Wandel und Suche bestimmen dessen Leben, an dessen Ende der zurückblicken wird.

In gewohnt kompakter Form gelingt diese Sammlung von Erzählungen, die zwischen den Zeiten springen und so wirken, als hätten sie bisher für keinen Roman genügt, wie sie der Autor sonst erschafft. Es fehlt hier ein verbindendes Schlüsselereignis, die Konzentration auf einem kleinen Zeitausschnitt, was die Texte Erri De Lucas sonst so besonders macht, wenigstens ist die Tonalität unverändert. Ruhig wirkt das Erzählte, südeuropäische Gelassenheit oder die Milde des Alters, in welchem man auf Vergangenes zurückblickt.

Der Protagonist, beinahe sicher mit dem Autoren gleichzusetzen, was bei den vorherigen Romanen nicht immer ganz so klar ist, welchen Anteil der Biografie der Schreibende eingewoben hat, bleibt gleich, der erzählte Zeitabschnitt ändert sich. Beinahe scheint es, als würde man einzelne Fotos oder Zeitabschnitte in die Hand bekommen, dazu die passende Geschichte erfahren.

Das genügt, um Bilder vor dem inneren Auge entstehen zu lassen, die Gassen der italienischen Stadt am Fuße des Vesuvs, den Geruch betriebsamer Baustellen, aufgewirbelter Staub im Klassenzimmer. Große Überraschungen sucht man hier vergebens, trotz der Sprunghaftigkeit. Das Phänomen, nach Kindheit, nach Ereignissen anderer Leben zu fragen und immer wieder die gleichen Geschichten erzählt zu bekommen, die sich im Laufe der Zeit zu Familienlegenden entwickeln, kennen doch, in irgendeiner Art und Weise alle. So wirkt diese Aneinanderreihung, in die man dennoch versinkt.

Eventuell ist es vielleicht sogar klug, zuerst diesen Erzählband sich vorzunehmen und dann die anderen Geschichten, die in vielen Teilen fiktionaler und nach einem erprobten Schema geschrieben wurden. Dort kommt eher Ruhe hinein, da die Sprünge fehlen und man wird nicht sofort nach einigen Kapiteln wieder aus dem Gelesenen gerissen. Auch sind diese Texte stärker, da kleinere Zeitabschnitte ausgedehnt werden und nicht so viele Jahre auf so wenig Seiten untergebracht werden, wie in dieser Erzählung. Nichts destotrotz kommt man hiermit der Biografie Erri De Lucas wohl am nächsten, sowie einem Italien im Wandel.

Immerhin für diese Perspektive lohnt sich das dann.

Autor:

Erri De Luca wurde 1950 in Neapel geboren und ist ein italienischer Schriftsteller und Übersetzer. In zahlreichen Berufen arbeitet er zunächst und engagierte sich für Hilfslieferung während des Jugoslawien-Krieges. Autodidaktisch brachte er sich mehrere Sprachen bei, u.a. Althebräisch, womit er einige Bücher der Bibel ins Italienische übersetzte. 1989 veröffentlichte er sein erstes Buch. Im Jahr 2013 erhielt er den Europäischen Preis für Literatur, drei Jahre später den Preis des Europäischen Buches. Seine Erzählungen wurden mehrfach übersetzt. Der Autor lebt in Rom.

Erri de Luca: Die Stadt antwortete nicht Weiterlesen »

Christine Westermann: Die Familien der anderen

Inhalt:

Christine Westermann taucht ein in die wechselvolle Geschichte ihrer Familie – anhand der Bücher, die ihr Leben geprägt haben.

Elegant, ehrlich und warmherzig erzählt sie von Büchern, die die Familien der anderen beschreiben. Von Lektüren, die helfen, die eigene Geschichte besser zu verstehen.
(Klappentext)

Rezension:

Der Traum eines jeden bibliophilen Menschen. Christine Westermann träumt ihn schon als Kind. Eine Bibliothek mit Leiter soll es sein, um auch mal die oben stehenden Bücher zu erreichen. Dort oben, im Regal ihrer Eltern, stand z. B. „Der Zauberberg“ von Thomas Mann, dieser Roman, der alleine schon durch seinen Umfang zu beindrucken weiß. Die Journalistin, die selbst jahrelang im Fernsehen und Rundfunk schon unzählige Bücher empfohlen und einige geschrieben hat, nimmt ihn sich nun vor, während sie ihr neues Werk schreibt, in dem sie sich entlang der Werke hangelt, die sie für ihr Leben prägten.

In diesem Sinne ist es keine klassische Biografie, die uns Lesenden mit „Die Familien der anderen“ vorgelegt wird, auch eine Art Ratgeber sucht man hier vergebens, obwohl die Werke von Christine Westermann in diese Rubrik einsortiert werden. Vielleicht sind es eher zu Papier gebrachte Überlegungen, ein wenig von allem.

So wie in der Öffentlichkeit sie nur Bücher empfehlen möchte, die ihr selbst zusagen, schreibt und erzählt sie, nachdenklich, melancholisch zuweilen, mit einer Prise Humor, denen die das lesen werden, zugewandt. Ausschweifend wie Thomas Mann, gar hochtrabend, wie der, der sein Vorwort Vorsatz nannte, möchte sie nicht sein. Kann sie auch nicht.

Das Lesen dieses Werks fordert, ist anstrengend, die Erinnerungen an erste Auftritte im Literarischen Quartett, an Lesereisen, an deren Ende meist ein Kölsch auf dem Tisch steht oder zermürbende Diskussionen in Sitzungen der Jury zum Deutschen Buchpreis, immer wieder auch das Rückbesinnen auf die eigene familiäre Vergangenheit, zudem, warum sie heute noch mehr an Familienkonstellationen, Brüchen und Wandlungen interessiert ist als an allem anderen.

Das Hochtrabende geht ihr ab, kompakt hangelt sich entlang der Bücher, die sie prägten. Eine sehr interessante Lektüreliste steht am Ende des Buches. Und „Der Zauberberg“ von Thomas Mann? Hat sie ihn beenden können, bewältigt diesen Berg? Muss man das überhaupt? Ist abbrechen auch eine Option, wenn man sehr lange schon anderen Bücher empfiehlt? Wenn nicht empfehlen, vielleicht selbst schreiben? Wie macht man das, wird Christine Westermann auf einem Klassentreffen gefragt.

Mir hat diese Art der biografischen Lektüre sehr gefallen. Der Wechsel zwischen Anekdoten der Vergangenheit und Gegenwart, dem Vergleichen mit gelesener Lektüre und wahrscheinlich nicht nur Abgabedatum des Manuskriptes im Nacken, sondern eben auch schwergewichtige Lektüre auf den Nachttisch. Das wirkt sehr locker, sehr nahbar. Was kann ich reinen Gewissens empfehlen, doch bitte nur das, was ich selbst gern gelesen habe. Verrisse versucht Christine Westermann Zeit ihres Lebens zu vermeiden.

Ein paar Anekdoten verraten viel, die Bücherliste der Autorin noch viel mehr, über sie selbst, die für ihre Auswahl der Lektüre oft genug gescholten wurde, nicht nur von Quartett-Kollegen. Doch, was nützt die beste Lektüre, wenn sie die Lesenden nicht erreicht. Das gelingt Christine Westermann mit „Die Bücher der anderen“ viel besser.

Autorin:

Christine Westermann wurde 1948 in Erfurt geboren und ist eine deutsche Moderatorin, Journalistin und Autorin. Nach der Übersiedlung von Erfurt nach Mannheim, machte sie nach der Schule ein Volontariat beim Mannheimer Morgen und besuchte die Deutsche Journalistenschule in München. Von da an arbeitete sie als freie Journalistin für verschiedene Radio- und Fernsehsender, produzierte Filme und Reportagen.

Später moderierte sie im ZDF „Die Drehscheibe“, später bis 2002 die „Aktuelle Stunde“. Von 1996-2016 moderierte sie die Sendung „Zimmer frei!“ und wurde zusammen mit Götz Alsmann dafür mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Von 2015-2019 war sie eine der Teilnehmerinnen des Literarischen Quartetts, daneben präsentiert sie per Podcast und Radiosendung Bücher. Ihr erstes Buch erschien 1999, weitere folgten. Christine Westermann lebt in Köln

Christine Westermann: Die Familien der anderen Weiterlesen »

Mein Jahr 2022 in Büchern

An mir ist kein großer Statistiker verloren gegangen. So feingliedrig wie manch andere dokumentiere ich mein Leseverhalten nicht. Mein Leben ist ohnehin ein Terminkalender, in sofern beschränke ich mich bei meinen Listen im Alltag aufs Wesentliche. Im Falle des Lesens ist das dann einfach eine fortlaufende Liste der gelesenen Bücher im Jahr.

Ein paar Informationen kann ich aber dennoch aus dieser Aufstellung entnehmen:

Gelesene Bücher gesamt: 98 Bücher

Monate mit den wenigsten gelesenen Büchern: Juni und Dezember mit jeweils 5 Büchern

Monate mit den meisten gelesenen Büchern: März und April mit je 12 Büchern

Bücher von Autoren: 53

Bücher von Autorinnen: 34

Bücher von mehr als einem Autoren/Autorenkollektiv (m/w/d): 11

Bücher in englischer Sprache: 4

Bücher in deutscher Sprache: 94

Printexemplare: 98

E-Books: 0

Rezensionsexemplare darunter: 69

Das Jahr 2022 hat neben zahlreichen Überraschungen und Lesehighlights eine ganze Menge mehr Bücher gebracht, die ich in guter Erinnerung behalten werde, wie spannende Krimis und Thriller, große Romane und wundersame Novellen. Zum ersten Mal seit Schulzeiten habe ich auch wieder Lyrik gelesen und mein Guilty Pleasure Manga beibehalten, neben tollen Graphic Novels und informativen Sachbüchern.

In diesem Sammelsurium befinden sich nur wenige Bücher, die ich lieber nicht gelesen hätte, aber was soll man machen? Manchmal stellt man fest, dass ein anderes Buch zum jeweiligen Zeitpunkt die bessere Lektüre gewesen wäre. Ich muss wirklich einmal lernen, Bücher auch einfach einmal abzubrechen. Ob das mir gelingen wird?

Für das nächste Jahr nehme ich mir das in jedem Fall vor, genau so wie wieder einmal mehr von der Backlist der Verlage zu lesen, bevor ich neue Rezensionsexemplare anfrage und meinen Stapel ungelesener Bücher etwas zu verkleinern. Auch das wird eine Herausforderung werden, wenn ich im nächsten Jahr zwei Buchmessen anstatt nur einer besuche, wobei 2022 für mich ja nur in Leipzig die Ersatz-Messe stattfand und ein paar Online-Lesungen, organisiert durch Verlage.

Im letzten Jahresrückblick hatte ich Highlights genannt, während ich zuvor auch die Flops ausführlich präsentierte, in diesem Jahr möchte ich ganz besonders auf die Bücher eingehen, die hier gar nicht besprochen wurden und für die ich vielleicht einmal hier eine eigene Rubrik aufmachen sollte. Es sind die Zeichnen-Lernen-Bücher des frech- und des CMV-Verlags, die mir seit Beginn der Pandemie nebst verschiedener Tutorials im Internet geholfen haben, ein lange Zeit verschüttetes Hobby auszugraben.

Zu Schulzeiten habe ich das gerne gemacht. Stift oder Pinsel in die Hand genommen, Farbe und drauf los gezeichnet. Seit kurzem mache ich dies wieder regelmäßig und versuche mich an Bleistift- und Aquarellmotiven, mit Hilfe eben der erwähnten Bücher. Diese führen per Schritt-für-Schritt-Anleitung schnell zum Ziel und mittlerweile kann ich sagen, dass ich mich wirklich verbessert habe, in dem, was ich tue. Manche Werke, mit denen ich dann zufrieden bin, stelle ich auf Twitter und diversen anderen Social Media Plattformen vor. Wenn es mir, nebst des Lesens gelingt, im nächsten Jahr diese Freizeitbeschäftigung auszubauen, wäre das schön. Gerne auch mit weiteren Inspirationen durch diese Bücher.

Ich wünsche uns allen ein abwechslungsreiches Lesejahr und auch sonst. Glück, Liebe, Gesundheit, Erfolg. Je nachdem, was ihr gebrauchen könnt. Und die eine oder andere in Erinnerung bleibende Lektüre. Eventuell sogar solche, die euch dazu inspiriert, ebenfalls ein altes Hobby wieder oder neu zu entdecken. Wobei natürlich ein bewegender Roman oder fesselnder Krimi auch nicht zu verachten ist.

Euer findo.

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Mein Jahr 2022 in Büchern Weiterlesen »

Filmblick: Was man von hier aus sehen kann

Was man von hier aus sehen kann

Mit dem Jahreswechsel möchten wir einen Blick auch auf große und kleine Literaturverfilmungen beginnen und begeben uns als erstes auf die Suche nach Okapis. Diese scheue Waldgiraffe erscheint Luises (Luna Wedler) Großmutter Selma (Corinna Harfouch) in ihren Träumen. Immer wenn das passiert, stirbt am nächsten Tag jemand in Ort. Nur wer, ist unklar. Das ganze Dorf hält sich bereit: letzte Vorbereitungen werden getroffen, Geheimnisse enthüllt, Geständnisse gemacht, Liebe erklärt….

Trailer zum Film „Was man von hier aus sehen kann“, mit Luna Wedler und Corinna Harfouch, nach der Romanvorlage von Mariana Leky. (Quelle: Studiocanal)

Die Romanvorlage von Mariana Leky, erschienen im Jahr 2017 bei DuMont, avancierte schnell zum Beststeller und ist ab dem 29. Dezember 2022 in den deutschen Kinos zu sehen. Hierzulande über 800.000-mal verkauft, kann man den Roman inzwischen in über 22 Sprachen weltweit lesen, das Hörbuch wurde für tacheles!/Roof Music 2017 von Sandra Hüller eingesprochen.

Die Buchvorlage:

Irgendwo im Westerwald – Mariana Lekys weiser und warmherziger Bestsellerroman über ein Dorf in der Provinz und seine skurrilen Bewohner

Selma, eine alte Westerwälderin, kann den Tod voraussehen. Immer, wenn ihr im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Unklar ist allerdings, wen es treffen wird. Davon, was die Bewohner in den folgenden Stunden fürchten, was sie blindlings wagen, gestehen oder verschwinden lassen, erzählt Mariana Leky in ihrem Roman.

>Was man von hier aus sehen kann< ist das Porträt eines Dorfes, in dem alles auf wundersame Weise zusammenhängt. Aber es ist vor allem ein Buch über die Liebe unter schwierigen Vorzeichen, Liebe, die scheinbar immer die ungünstigsten Bedingungen wählt. Für Luise zum Beispiel, Selmas Enkelin, gilt es viele tausend Kilometer zu überbrücken. Denn der Mann, den sie liebt, ist zum Buddhismus konvertiert und lebt in einem Kloster in Japan … (Inhalt lt. Verlag)

Die Autorin: Mariana Leky wurde 1973 in Köln geboren und ist eine deutsche Autorin. Nach einer Buchhandelslehre studierte sie 1993 Germanistik und Empirische Kulturwissenschaften in Tübingen, bevor sie das universitäre Studio Literatur und Theater besuchte. Zudem studierte sie Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim. Erste Kurzgeschichten entstanden, wofür sie Preise gewann, u. a. beim Allegra-Wettbewerb. Ir Debüt erschien 2001, 2004 ihr Roman „Erste Hilfe“. Mit „Was von von hier aus sehen kann“ gelang ihr 2017 der Durchbruch. Mariana Leky lebt in Berlin.

Und wie sieht’s aus? Lust bekommen? Dann, ab den 29. Dezember 2022 ab ins Kino.

Website Film
Instagram: @studiocanal / @dumontbuchverlag / @jetztundmorgen

<strong>Gewinnspiel</strong> (bereits beendet)

In Zusammenarbeit mit Verlag und der Marketing-Agentur Jetztundmorgen haben wir auch noch eine kleine Überraschung für euch vorbereitet.

Ihr könnt etwas gewinnen.

Schreibt mir bis einschließlich 24.12.2022 per E-Mail an info@findosbuecher.com, welches Tier Großmutter Selma im Traum erscheint. Unter den Einsendenden entscheidet dann das Los. Folgendes könnt ihr gewinnen:

  • Den Roman als Taschenbuch
  • Ein Filmplakat
  • Das Hörbuch, gesprochen von Sandra Hüller
  • Eine Kinokarte (im Gewinn enthalten, wenn der Gewinner seinen Wohnsitz in Deutschland hat, da die Karte nur innerhalb Deutschlands gültig ist)

Steht der Gewinner fest, wird dieser per E-Mail benachrichtigt.

In der E-Mail sollte zudem eure Adresse stehen, damit ich nach Auslosung euch den Gewinn zukommen lassen kann. Teilnehmen dürfen alle mit Wohnsitz Deutschland, Österreich oder der Schweiz. Da die Kinokarte nur innerhalb Deutschlands gültig ist, gilt das Gewinnspiel ohne diese, wenn der Gewinner in Österreich oder der Schweiz lebt. Einen Ersatz dazu gibt es nicht. Das Gewinnspiel steht ansonsten nicht in Zusammenhang mit Facebook oder Instagram.

Für den Verlust der Postsendung auf den Postweg wird keine Haftung übernommen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Jetzt zum Rechtlichen:

Ich freue mich auf zahlreiche Einsendungen und wünsche euch viel Glück.

Euer findo.

Wer hat gewonnen?

Vielen Dank für eure zahlreiche Teilnahme. Ich habe einige Einsendungen bekommen und werde heute den Gewinn auslosen und den/die Glückliche benachrichtigen.
Das Päckchen macht sich dann nach den Feiertagen zu euch auf den Weg. Ich wünsche euch allen noch schöne Feiertage und ein gesundes neues Jahr.

An die jenigen, die diesmal leider nicht gewonnen haben, seid bitte nicht traurig. Vielleicht klappt’s beim nächsten Mal.

Viele Grüße,

findo

[Einklappen]

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Filmblick: Was man von hier aus sehen kann Weiterlesen »

Karl Schlögel: Terror und Traum – Moskau 1937

Inhalt:

Schauprozesse und Massenverhaftungen markieren den Höhepunkt von Stalins diktatorischer Herrschaft. Im Schatten des Terrors aber scheint der Traum einer neuen Gesellschaft Gestalt anzunehmen: Gigantische Bauprojekte verändern das Stadtbild, sowjetisches Hollywoodkino, Fliegerhelden und Sportspektakel begeistern die Massen. Karl Schlögels neues Meisterwerk schildert ein russisches Schicksalsjahr, das in der europäischen Geschichte tiefe Spuren hinterlassen hat. (Klappentext)

Rezension:

Im Blick auf die Zivilisationsbrüche der 1930er Jahre herrscht eine auffallende Asymmetrie. Eine Welt, der sich im kollektiven Gedächtnis nach dem Zweiten Weltkrieg Namen wie Dachau, Buchenwald und Auschwitz eingeprägt hatten, fehlen oft Workuta, Kolyma oder Magadan. Auch in Stalins Riesenreich vollzog sich ein totalitärer Wandel, dessen Opfer spätestens mit der Festigung des Eisernen Vorhangs zum zweiten Mal hinter einer Mauer des Schweigens verschwanden und erst mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der zaghaften Öffnung von Archiven wieder zum Vorschein kamen.

Dabei ist das Moskau 1937 ein Schauplatz europäischer Geschichte, viel facettenreicher und durchmischter, als das die damaligen Machthaber wahrhaben wollten. Die Welle des Terrors, mit der Stalins getreue, die nicht selten selbst derer Opfer wurden, fegte um so heftiger über die Metropole an der Moskwa hinweg. Der Historiker Karl Schlögel zeichnet dies nach und schaut dabei nicht nur auf die großen Schauprozesse, sondern auch auf eine immer mehr verängstigte Gesellschaft im erzwungenen Wandel.

Das sehr detaillierte Sachbuch des Osteuropa-Historikers Karl Schlögel erfährt, 2008 erstmals erschienen, durch die tagespolitischen Ereignisse eine Aktualität, die ihres Gleichen sucht, ist die Geschichte der Stalinschen Terrors doch untrennbar mit dem verbunden, was danach passieren sollte, auch, was passiert, wenn Verarbeitungs- und Erinnerungskultur nicht in dem Maße wirken können, wie dies in der Mitte des europäischen Kontinents in Sachen Holocaust der Fall ist.

Dabei wagt der Autor einen Rundumblick, soweit es damals schon die geöffneten Archive in Russland zugelassen haben und führt die Leserschaft ein, in ein pluralistisches Moskau, welches es nach 1937 so nicht mehr gab. Schlögel zeigt eine Vielfältigkeit auf, die sich nicht nur in Architektur und Fortschrittsglaube widerspiegelte, sondern auch in Kunst und Kultur, sowie Technik. Der junge Staat wollte sich der Welt präsentieren, zugleich die Machthaber im Kreml ihren Status sichern und festigen. Kapitel für Kapitel beschreibt Schlögel einzelne Aspekte des gesellschaftlichen Kosmos‘ einer Metropole, die im Zuge des Stalinschen Terrors in seine Bestandteile zerfiel. Das letzte Adressbuch für lange Zeit, 1936, steht am Anfang dessen, sowie Kongresse und Ausstellungen, die die Welt bewegten, während anderswo in Europa bereits zuvor dunkle Wolken dem vorauseilten, was später die Welt in den Abgrund stürzen sollte. Danach folgte nur noch Terror, mit all seinen schrecklichen Folgen.

Der beschriebene Zeitraum ist überschaubar, nicht so sehr die geschehenen Ereignisse und beleuchteten Perspektiven, deren Biografien abrupt 1937/38 endeten. In seinem Standardwerk nimmt sich der Historiker Zeit für einzelne gesellschaftliche Aspekte, die Beschränkung liegt allein im stadtgeografischen Raum, den Stalins Getreue mit Gewalt umformen wollten. Hier versinkt man in Details, was sehr nüchtern, teilweise sehr schwerfällig zu lesen ist, doch auch so sein muss, wenn man ein umfassendes Gesamtwerk erhalten möchte.

Fragen kommen auf, wie jene, warum selbst ehemalige Minister und Beamte, die an der ersten Terrorwelle beteiligt waren, in Schauprozessen angeklagt, selbst absurde vorgefertigte Geständnisse und Schuldbekenntnisse unterschrieben? Im Wissen um die Mechanismen des Machterhalt Stalins. Der Historiker beleuchtet das Geschehen an verschiedenen Schauplätzen Moskaus, den Blick der Einheimischen, der alten und der neuen Elite Russlands, sowie die Betrachtung der Emigranten und Exilanten, den Blick Amerikas auf das neue Moskau, sowie diesem auf sich selbst. Nach und nach setzt Schlögel hier ein Puzzle zusammen, welches abrupt zum Stillstand kam, als ein anderes Land Europa mit Gewalt und Terror überziehen sollte.

Karl Schlögel spricht hier den interessierten Laien mit Vorkenntnissen an, sowie Kenner der Historie und hat mit seinem geschichtlichen Standardwerk Grundlage für Diskussionen und weitere Betrachtungen gelegt, denen sich Andere annehmen können. Vieles von dem, was später in der Sowjetunion passierte, wäre ohne das Jahr 1937 nicht denkbar. So ganz ohne Vorkenntnisse geht es jedoch nicht, die mit Quellen gut unterfütterte Lektüre, ergänzt durch eine historische Karte des Schauplatzes, ist ohne dies nicht leicht lesbar. Zu viele Namen mussten erwähnt, zu viele Biografien und gesellschaftliche Aspekte beleuchtet werden.

Die Lektüre, die nur vor allem die Konzentration der Lesenden gewinnt, ist erhellend. Fraglich nur, wie viele Fakten letztendlich hängen bleiben und was die noch ausführliche Betrachtung eines einzelnen Aspekts des gesellschaftlichen Wandels Moskaus noch zusätzlich für Erkenntnisse bringt. Hier ist die Grundlage dafür, dies auszuprobieren und um sich, in turbulenten Zeiten, neue Perspektiven zu schaffen. In diesem Sinne, zu empfehlen.

Autor:

Karl Schlögel wurde 1948 geboren und ist ein deutscher Historiker und Publizist. Er studierte u. a. Soziologie, osteuropäische Geschichte und Slawistik in Berlin und schrieb seine Dissertation über Arbeiterkonflikte in der Sowjetunion nach Stalin. 1982 ging er als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes nach Moskau, wo er sich mit der Geschichte der russischen Intelligenzija im 19. und 20. Jahrhundert beschäftigte, arbeitete anschließend als Privatgelehrter und freier Mitarbeiter für den Rundfunk.

Er veröffentlichte dort, sowie in mehreren Magazinen und Zeitungen, bevor er eine Professur für Osteuropäische Geschichte in Konstanz erhielt, sowie 1995 die selbe in Frankfurt/Oder. Von 2003 bis 2005 war er dort Dekan der Kulturwissenschaftlichen Universität.2013 wurde er emeritiert. Er konzipierte mehrere Ausstellungen und Zeitschriften mit, war Mitglied der Jury des Friedenspreises des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und beschäftigt sich seit Beginn der Krimkrise intensiv mit der Geschichte der Ukraine. 2013 wurde er mit der Puschkin-Medaille ausgezeichnet, welche er 2014 ablehnte. 2018 erhielt er den Preis der Leipziger Buchmesse, ein Jahr darauf den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.

Karl Schlögel: Terror und Traum – Moskau 1937 Weiterlesen »

Das Bloggen mit Büchern: Vernetzung ist wichtig

Über das Bloggen. Über das Schreiben.

Vor geraumer Zeit, ich weiß nicht einmal mehr wann genau, habe ich es einmal mit einem eigenen Youtube-Channel probiert, den ich nutzen wollte, um über Bücher zu sprechen. Schnell stellte sich heraus, dass dies nicht meine Plattform ist. Zwar schaue ich auf Youtube oft vorbei; nichts ist manchmal schöner, als sich berieseln zu lassen; doch ist die Hintergrundarbeit dort mir zu viel des Guten. Das Aufnehmen und Bearbeiten von Videos ist das eine, das andere aber ist, dass man sich praktisch sofort mit Hater- und Troll-Kommentaren auseinandersetzen muss, so zumindest meine Erfahrungen. Wer damit vorher noch nie konfrontiert wurde, wird davon abgeschreckt und sollte sich schnell mit anderen vernetzen, um nicht lange allein auf weiter Flur zu stehen.

Deswegen ist der Blog Mittel meiner Wahl, ebenso andere Social Media Plattformen, wo man zunächst einmal schreiben muss und dies längere Zeit unter dem Radar anderer tun kann. Unkommentiert kann man sich in aller Ruhe ausprobieren, am Blog feilen, sowie an der Art der Beiträge, bis man sein Schema gefunden hat und dann, erst nach und nach und im eigenen Tempo mit anderen in Kontakt treten. Das ist etwas, was mir sehr entgegen gekommen ist und daher ist der Blog auch für mich die geeignetere Plattform.

Social Media Plattformen, Twitter und Instagram, kamen erst viel später hinzu.

Sträflich vernachlässigen tue ich die trotzdem, wobei ich ehrlicherweise sagen muss, dass das meiste an Vernetzung darüber passiert. Bei Blogger-Aktionen verliere ich sehr schnell den Atem, da ich oft genug mit dem Erscheinen der Verlagsprogramme für Frühling und Herbst meine Leselisten fülle und dann kaum mehr davon abweichen kann und auch bin ich jemand, der lieber liest und schreibt, als dass er die vorhandenen Social media Kanäle bedient. Bei mir laufen die eher nebenbei, da es Verlage teilweise fordern, trotzdem bekommt man natürlich am schnellsten dort mit, wenn Bloggende, Schreibende und Verlage kreative Aktionen und Ideen haben, die es zu verfolgen lohnt.

Alleine dafür schon ist das Vernetzen untereinander wichtig. Ohne bekommt man viel zu wenig mit. Ich selbst bin da dennoch, wie beschrieben, eher zurückhaltend. Es ist genau so wie bei Feiern. Ich bin gerne dort, beteilige mich aber nicht an jeder Diskussion, höre oft genug nur zu. Ausführlich unterhalte ich mich eher mit wenigen, das dafür um so intensiver. So ist das auch mit mir und meinen Vernetzungen auf Social Media Kanälen. und Blogs. Ich lese gerne, kommentiere (Gut, ein wenig Faulheit spielt leider auch mit hinein.) wenig, aber verfolge alles, was ich verfolge, mit großen Interesse.

Das ist dann nicht ganz so anstrengend und zermürbend, als würde man versuchen, auf möglichst vielen Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen, um mal diesen abgedroschenen Satz zu nutzen. Ich stürze mich dafür um so mehr auf die „Hintergrundarbeit“, das Lesen und das Rezensieren, das Austauschen per E-Mail mit Verlagen und Autoren und Autorinnen. Auch eine Art des Vernetzens, vielleicht zurückhaltender und langsamer, aber nichts destoweniger wichtig.

So habe ich vielleicht etwas weniger „Vernetzungskontakte“ zu anderen Bloggenden, dennoch möchte ich diese nicht mehr missen. Petrissa von 100morgenwald.eu zum Beispiel, der das Vernetzen viel leichter von der Hand zu gehen scheint als mir, deren Schreibstil lockerer ist als meiner und deren Leseinteressen gar nicht so weit entfernt ist, von dem, was ich auf meinem Nachttisch liegen habe oder Nico von buchwinkel.de, für mich #thePersonyoucangoifyouwanttoknowaboutcomics, der nicht nur darüber viel erzählen kann, auch mit seinem Interesse für Feminismus sich selbst ein Nischenthema im Bereich von Männern betriebener Blogs erarbeitet hat. Auch Monika oder auch das Monerl schreibt auf ihrem gleichnamigen Blog sehr lesenswerte Rezensionen und sorgt für den Blick über den Tellerrand, der mir manchmal abhanden kommt.

Natürlich gibt es noch viele andere, die erwähnenswert wären. Ganz viel zur Vernetzung in der Buchblog-Welt trägt auch Conny auf Twitter bei, die nahezu alle dortigen Autoren und Autorinnen, Bloggende und Verlage auf den Schirm hat, beständig Artikel verlinkt, retweetet und liked und damit viel Vernetzungsarbeit betreibt, die sonst gar nicht zu stemmen wäre. Im Literaturforen-Bereich konzentriere ich mich dann auf buechertreff.de. Dort tummelten sich meine ersten Leser und Leserinnen und schärfsten Kritiker. Zudem lektorieren sie viele meiner Buchmesse-Interviews, auch das wäre so ohne Vernetzung nicht möglich.

So konzentriere ich mich eher auf die Qualität und Quantität meiner Beiträge und betreibe Vernetzung vielleicht etwas zurückhaltender als andere. Weniger ist mehr. Manchmal denke ich darüber nach, etwas aktiver zu kommentieren, zu verlinken, halte das auch eine Weile durch. Oft verliert es sich jedoch. Vielleicht muss ich mich hier ändern? Vielleicht ist meine Art des Bloggens und Vernetzens aber auch genau richtig so, für mich? Wie eine TV-Dokusendung der Öffentlich Rechtlichen, versteckt im Abendprogramm. Etwas weniger Lesende, aber dafür treue, im Gegensatz zu schwankenden in der Hauptsendezeit. Funktionieren tut beides. Für einen Weg sollte man sich jedoch entscheiden.

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Das Bloggen mit Büchern: Vernetzung ist wichtig Weiterlesen »

Irene Vallejo: Papyrus – Die Geschichte der Welt in Büchern

Inhalt:

Das Buch ist eine der schönsten Erfindungen der Menschheit. Bücher lassen Worte durch Zeit und Raum reisen und sorgen dafür, dass Ideen und Geschichten Generationen überdauern. Irene Vallejo nimmt uns mit auf eine abenteuerliche Reise durch die faszinierende Geschichte des Buches, von den Anfängen der Bibliothek von Alexandria bis zum Untergang des römischen Reiches.

Dabei treffen wir auf rebellische Nonnen, gewiefte Buchhändler, unermüdliche Geschichtenerzählerinnen und andere Menschen, die sich der Welt der Bücher verschrieben haben. (Klappentext)

Rezension:

Bücher sollten noch lange nicht in der uns bekannten Form existieren, da schon machten längst Legenden die Runde durch die damals bekannte Welt, die sich wie der Plot eines spannenden Kriminalromans lesen. Agenten des Pharaos waren unterwegs um für die Bibliothek ihres Herrschers Schriftstücke zu sammeln, für die Ägypter teils mehr wert als Gold.

Da schon hatte das geschriebene Wort einen langen Weg hinter sich, der bis zu den ersten gebundenen Büchern dennoch langwierig anmuten sollte. Irene Vallejo erzählt sie, die Geschichten von Herrschern, die um die Macht des Wortes wussten, vom beschwerlichen Weg von Papyrus zu Papier und von der Strahlkraft erster Bibliotheken der Antike.

Wenn er durch Alexandria streifte, sah er unter der realen Stadt die abwesende Stadt pulsieren. Obwohl die Große Bibliothek verschwunden war, hingen ihr Echo, ihr Flüstern und Wispern weiter in der Luft.

Irene Vallejo: Papyrus – Die Geschichte der Welt in Büchern

Die spanische Autorin und Literaturwissenschaftlerin Irene Vallejo reist mit uns in die Antike und erzählt von den Anfängen eines Gegenstandes, der sich unzählige Male gewandelt hat, heute gar als Hörbuch oder als elektronische Datei existiert und erst durch entsprechende Gerätschaften sichtbar gemacht werden muss.

Die Verbreitung des Lesens führte zu einem neuen Gleichgewicht der Sinne. Bisher hatte sich die Sprache ihren Weg durch die Ohren gebahnt, mit der Erfindung der Buchstaben aber wanderte ein Teil der Kommunikation zu den Augen ab.

Irene Vallejo: Papyrus – Die Geschichte der Welt in Büchern

„Papyrus“ liest sich dabei nicht wie eine wissenschaftliche Abhandlung, sondern wie ein Spannungsroman, zuweilen mit Krimi-Elementen. Wer liest, nimmt die Perspektive von erzählenden Philosophen ein, die um Worte rangen, und der Unveränderlichkeit dieser, waren sie einmal auf Papyrus oder Pergament festgehalten, misstrauten, von Herrschern im Größenwahn und vom Kampf der ersten Kopisten gegen den Verfall.

Von den meisten Werken gab es nur wenige Kopien, und dass ein bestimmter Text vollständig erlosch, war eine sehr reale Bedrohung. In der Antike konnte das letzte Exemplar eines Buchs jeden Augenblick aus einem Regal verschwinden, von Termiten zerfressen oder von der Feuchtigkeit unwiederbringlich beschädigt werden. Und während das Wasser oder die mahlenden Kiefer der Insekten ihre Arbeit taten, verstummte eine Stimme für immer.

Irene Vallejo: Papyrus – Die Geschichte der Welt in Büchern

Vallejo legt dabei zum einen ihren Fokus auf hervorstechende Einzelpersonen, lässt jedoch auch tief ins Innere antiker Gesellschaften schauen, zeigt die Dramatik der ersten Zensur, aber auch warum das Buch an sich, in welcher Form auch immer, schon damals eine Erfolgsgeschichte gewesen ist. In kurzweiligen Kapiteln, die sich jeweils schwerpunktmäßig auf eine Biografie oder ein Ereignis konzentrieren, eröffnet die Autorin uns einige neue Blickwinkel auf die Anfänge und der Schicksale des Buches.

So lohnt es sich durchaus, auch dieses zu lesen.

Autorin:

Irene Vallejo wurde 1979 in Saragossa geboren und ist eine spanische Literaturwissenschaftlerin und Schriftstellerin. Zunächst studierte sie klassische Literatur in Saragossa und Florenz und promovierte anschließend. Sie spezialisierte sich dabei auf die Antike. Für Tageszeitungen und Zeitschriften schreibt sie Kolumnen, veröffentlichte 2011 ihren ersten Roman.

2020 gewann sie den Literaturpreis Premio Nacional de Ensavo, 2021 den Premio Aragon, die höchste Auszeichnung, die die Regionalregierung der autonomen Region Aragon vergibt. „Papyrus – Die Geschichte der Welt in Büchern“ ist ihr erstes Sachbuch.

Die Rezension wurde auf Grundlage eines Rezensionsexemplares geschrieben, welches ausgewählte Kapitel enthielt, um Übersicht und Eindruck von der Art des Textes zu geben.

Irene Vallejo: Papyrus – Die Geschichte der Welt in Büchern Weiterlesen »

Mein Rückblick durch’s Bücherjahr 2021

Immer wieder stelle ich fest, dass gerade in, sagen wir, fordernden Zeiten, mir Bücher einen besonderen Halt geben. Mit dem Lesen einiger Seiten auf den Weg zur Arbeit oder vor Hochfahren des Büro-Laptops im Home Office starte ich in den Tag, abends auf den Nachhauseweg in der U-Bahn schaufel ich mir mit Büchern den Kopf frei und komme auf andere Gedanken. So habe ich dieses Jahr viele Bücher für mich entdecken können, mehr gelesen als etwa im Jahr 2020, erstaunlicherweise mit vergleichsweise wenigen Totalausfällen. Nur einen Abbruch hatte ich auf den Zähler. Darum soll es heute aber nicht gehen. 2021 war für uns alle anstrengend genug. daher habe ich mich dazu entschlossen, meinen Rückblick auf die Lese-Highlights des Jahres zu beschränken und die anderen Werke aus meinem Gedächtnis zu verdrängen. Wer diese sich noch einmal zu Gemüte führen möchte, den bleibt nichts übrig, als die Rezensionen zu durchstöbern. Hier soll es heute nur um die Highlights gehen. Über die Flops sprechen wir zu oft.

Eine Top 10 auszuwählen, ist mir dabei nicht gelungen, so zeige ich ganze zwanzig Bücher, die ich in positiver Erinnerung habe. Von der Belletristik bis zum Sachbuch, von der Neuerscheinung bis zur Backlistliteratur ist alles dabei. Natürlich könnte ich noch viel mehr Werke nennen, aber ihr kennt den Ausdruck: „Das sprengt den Rahmen!“. 🙂

Während Björn Stephan mich mit seinem Schreibdebüt, einem sensiblen Coming of Age Roman, überraschen konnte, entführte mich Esther Horvath gleich zu Beginn des Jahres in die eisigen Gefilde der Arktis. Sie begleitete die bis dato größte von den Forschern des deutschen Alfred-Wegner-Instituts angeführte Polarexpedition, auf dem Eisbrecher „Polarstern“ und brachte beeindruckende Fotos mit nach Hause, die sie in diesem Bildband versammelt hat. Stephan Orth nahm seine LeserInnen dagegen in ein nahezu noch unbekanntes Land. Saudi-Arabien. Immer, Auge und Auge mit Scheichs und Kamelen. Unvergessen natürlich, das Interview, welches ich mit ihm führen durfte.

Christa von Bernuths Kriminalroman „Tief in der Erde“, der auf wahre Begebenheiten eines spekatkulären Falls der bundesdeutschen Kriminalgeschichte beruht, gehört im Bereich True Crime zu meinen Highlights, wie auch Sasha Filipenko, der mit seinem Roman „Der ehemalige Sohn“ tief in die belarussische Gesellschaft Einblick nehmen lässt. Noch nie habe ich einen, über weite Strecken, so deprimierenden Roman gelesen, der jedoch sehr eindrucksvoll zu lesen ist und deshalb definitiv zu meinen Highlights zählt. Olga Grjasnowas Essay über den Nutzen von Mehrsprachigkeit war nichtminder aufschlussreich.

Genau so wie ich Olga Grjasnowas Ausführungen zur Mehrsprachigkeit empfehlen kann, möchte ich allen Natasha A. Kellys Essay über Rassismus ans Herz legen. Hier beschreibt sie, woher Rassismus kommt, wie das wirkt und wie wir dieses strukturelle Problem lösen können. Ihr Werk hatte in jedem Fall den Preis für die am schwersten zu schreibende Rezension gewonnen. So oft habe ich, glaube ich, selten, nach den richtigen Worten gesucht. Khue Pham beeindruckte mit ihrem halbbiografischen Roman einer über die Welt verstreuten, ursprünglich aus Vietnam stammenden Familie und Stefanie vor Schulte mit einer sprachlich so anspruchsvollen erzählung, die ihres Gleichen sucht.

Familiengeschichten oder Coming of Age dominierten bei mir im Bereich der Belletristik und so kann ich auch Alex Schulman „Die Überlebenden“, wie auch das Debüt von janina Hecht „In diesen Sommern“ zu meinen Highlights zählen. In beiden Romanen geht es um Kindheiten und den nicht ganz so einfachen Umgang damit, im Erwachsenenalter, während Ariel Magnus in seinem Roman „Das zweite Leben des Adolf Eichmanns“, den eben genannten wieder lebendig werden lässt, bis zu seiner Entführung und Verhaftung durch Agenten des israelischen Geheimdiensts Mossad. Spannend und erschreckend zugleich , einmal diese Perspektive einzunehmen.

Wie bekommen wir die Fragestellungen und Probleme, die sich gerade jetzt klar und deutlich zeigen, in den Griff? Wo liegen die Stellschrauben im Gesundheitssystem und unserer Gesellschaft? Was muss sich ändern, da Applaus nicht genug ist? Diese Fragen stellt der Journalist David Gutensohn und zeigt, wie Lösungen aussehen können und was in winzigkleinen Schritten schon jetzt passiert oder, wo es noch viel zu tun gibt. Frank Vorpahl entwirrt derweil Mythos und Wirklichkeit um Heinrich Schliemann und Xose Neira Vilas‘ Novelle „Tagebuch einer Kindheit in Galicien“ war genau so erschreckend, wie düster, wie hoffnungsvoll.

Der Historiker Uwe Wittstock zeigt in seinem romanhaft anmutenden Sachbuch „Februar 33 – Der Winter der Literatur“, wie schnell Kunst und Kultur von den Nationalsozialisten nach ihrer Machtübernahme vereinnahmt wurden und Schriftsteller, wie Künstler, ins Abseits gedrängt oder für ideologische Zwecke ausgenutzt wurden. Das Werk zählt wohl bei so Einigen zu den Highlights, wie vielleicht auch „Shuggie Bain“ von Douglas Stuart, eine traurigere und trostlosere Version und Mischung aus „Billie Elliott“ oder Frank McCourts „Die Asche meiner Mutter“. Fast möchte man die Hauptfigur aus den Roman herausziehen, und sie vor allem Übel der Welt beschützen.

Last, but not least. Karsten Krogmann und Marco Seng konstruierten in ihrem Sachbuch „Der Todespfleger“ die Geschichte des Krankenpflegers Niels Högel, der zum größten Serienmörder der deutschen Nachkriegsgeschichte avancieren sollte, zeigen die Mühlen der Justiz auf, eben so wie deren Schlagkraft, während Roman Deininger und Uwe Ritzer noch einmal Olympia 1972 aufleben lassen, welches so anders werden sollte, als die Spiele der Nazis 1936, und dann doch durch einen Terroranschlag in ihren Grudnfesten erschüttert wurden. Nach zwei Sachbüchern, zu guter Letzt ein wunderschöner Roman, „Heaven“, von Mieko Kawakami, über Mobbing und zarter Freundschaft.

Das waren sie nun, meine zwanzig Highlights des Jahres, die ich um noch weitere Werke hätte ergänzen können, doch lade ich euch natürlich ein, im Rezensionsverzeichnis nach Herzenslust zu stöbern, nach diesen oder nach anderen Werken, nicht nur Highlights, aber eben auch. Es hat mir wieder großen Spaß gemacht, so vielschichtig, auch für euch, zu lesen und ich freue mich auf das kommende Lesejahr, was hoffentlich genau so abwechslungsreich und spannend werden wird.

Vielleicht ist ja das eine oder andere Werk, auch für euch, dabei?

Bis zum nächsten Jahr. Nicht vergessen, wir lesen uns.

Viele Grüße,

findo.

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Mein Rückblick durch’s Bücherjahr 2021 Weiterlesen »

Ulrich Woelk: Für ein Leben

Inhalt:

Als die Berliner Ärztin Niki kurz nach dem Mauerfall aufgrund einer Ferhldiagnose einem Patienten beinahe schweren Schaden zufügt, ahnt sie nicht, dass sie ihn einmal heiraten wird. Ebenfalls im krankenhaus lernt Niki, geboren in Afghanistan als Kind deutscher Hippies, die schillernde Lu kennen. Die Begegnung der zwei jungen Frauen hat Folgen, die sie niemals erwartet hätten… (Klappentext)

Rezension:

Ein Roman, eine Erzählung wie die Stadt selbst. Berlin ist ein Moloch, aber auch Sehnsuchtsort vieler, ist in der Stadt an der Spree doch die Welt zu Hause. Dazu kommt eine unglaubliche Wandlungsfähigkeit, die Toleranz der Einheimischen und eine Geschichte, die von Symbolen nicht hätte überladener sein können, als dies bis heute der Fall ist. Was liegt da näher als eine Geschichte, nein, mehrere, zu erzählen, wie man sie nur dort glaubwürdig ansiedeln kann? Ob das Konstrukt dann gelingt, ist eine andere Frage.

Erzählt wird die Geschichte zweier Frauen, deren Leben sich zu Wendezeiten kreuzen, als aus zwei Städten wieder eine werden soll, sowie auch die Protagonistinnen zunächst umeinander kreisen und schließlich zueinander finden. Doch, genau wie der Schauplatz, hält auch das Leben beider Geheimnisse der Vergangenheit und Überraschungen in der Zukunft bereit, was bei beiden schon mit jeweils problembehafteten Familiensituationen beginnt, die Auswirkungen auf das restliche Leben von Niki und Lu haben werden.

Dabei zeichnet der Autor ein sehr vielschichtiges Bild seiner Hauptfiguren und einer Stadt im Wandel, die sie so sonderbar ist, wie die Menschen, die dort leben. Die restlichen Protagonisten bleiben dabei vergleichsweise blass.

„Für ein Leben“ ist viel. Viel zu viel, möchte man meinen. Woelk bringt hier nicht nur eine Zeitenwende ins Spiel, auch die Geschichte zweier Frauen und ihrer Familien, Gender und Diversity, das Leben im Westen der Stadt zu Zeiten der Teilung, spirituelle Suchen nach den Sinn des Lebens, gewürzt mit Einblicken ins alternative Szenenleben.

Wer bei so vielen Handlungssträngen noch den Überblick behalten kann, verdient Hochachtung. Der Autor scheint, wie Berlin selbst, nicht wirklich zu wissen, wohin er mit seinen Figuren möchte. allzu oft werden Handlungsstränge nicht genug ausgeführt, viel zu wenig wurde gestrafft und die Zusammenführung der Handlungen wirkt an manchen Stellen zu gewollt. So funktioniert das leider nicht. Der Schreibstil lässt zwar keine größeren Längen zu, wer jedoch z. B. „Der Sommer meiner Mutter“ von ihm gelesen hat, sollte nicht mit der gleichen Erwartungshaltung an dieser Erzählung herangehen. Das funktioniert nicht.

Autor:

Ulrich Woelk wurde 1960 in Bonn geboren und ist ein deutscher Schriftsteller. Von 1980-1987 an, studierte er physik und Philosophie an der Universität Tübingen. Er arbeitete bis 1995 an der Technischen Universität Berlin, sowie in Göttingen als Astrophysiker. Seinen ersten Roman veröffentlichte er 1990. 1991 promovierte er über Weiße Zwerge in engen Doppelsternsystemen. Seit 1995 lebt Woelk als freier Schriftsteller in Berlin. Er schreibt Theaterstücke, Romane und Hörspiele. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt.

Ulrich Woelk: Für ein Leben Weiterlesen »

Kurzblick: Fall eines Kritikers

In den Fluten der Berichterstattung geht derzeit zurecht eine Diskussion unter, die zunächst hintenan gestellt werden musste. Zu erschütternd sind gerade die Bilder aus dem Westen der Republik, zu erschreckend die Nachrichtenlage, in der es um verlorenes Hab und Gut, zerstörte Existenzen, tote und vermisste Personen geht und einer Großwetterlage, in der mehr denn je die Unfähigkeit eines Kanzlerkandidaten zu Tage tritt. Damit muss und sollte man sich beschäftigen.

Nichts desto trotz ist ein anderer Aufreger aktuell auch erschütternd. Der Kritiker Denis Scheck stellt in mehreren Videos eine Art Anti-Kanon der Literatur vor und empört damit einmal mehr.

Am Anfang stand ein Video zum wohl größten Machwerk der Geschichte. Denis Scheck spricht über „Mein Kampf“, dem Buch, in dem Adolf Hitler seine Gedanken und kruden Theorien formulierte, dem später grausamste Taten folgten, die Millionen von Menschen das Leben kosteten. Das Video selbst wurde inzwischen vom verantwortlichen Fernsehsender offline genommen, doch die anderen Beiträge sind weiterhin zu sehen.

Denis Scheck spricht da z. B. über ein Buch von Christa Wolf, über Johannes R. Becher, Stefan Fitzek und Stefan George. Andere Videos werden sicher folgen, über AutorInnen, deren Werk der Literaturkritiker quasi gottgleich per Blitze vernichtet, die Scheck aus den Händen schießen und mit denen er seines Erachtens Unlesbares eliminiert.

Nun darf Literatur genau so augenzwinkernd ironisch sein, wie auch bösartigen Spott enthalten, auch muss niemand die Bücher eines Thriller-Bestsellerautoren mögen, aber hier passiert dem SWR, nein, Denis Scheck genau das, was noch vor einigen Jahren Booktubern von den etablierten Medien vorgeworfen wurde. Der Kritiker spricht hier nicht vernünftig gegen Bücher, untermauert nicht, sondern bleibt oberflächlich, erhebt sich gottgleich (Keine andere Assoziation lässt der weiße Anzug Schecks zu.) über AutorIn und Werk. Ein Literaturpapst benötigt kein Argument, so die folgerichtige Aussage. Ein Blitz genügt.

Noch nicht im weißen Anzug, auf der Buchmesse Leipzig 2018 fotografiert. (privates Foto)

Was das ZDF mit dem Format „Filmgorillas“ im Bereich Filmkritik gelingt, in dem sich vier Film-Liebhaber kritisch mit cineastischen Werken auseinandersetzen, gelingt dem SWR hier im Bereich Literatur ganz und gar nicht. Dabei gibt es sie noch, Literaturformate im Fernsehen, die sich wohltuend abheben und in denen es um Bücher geht, nicht primär den Kritiker in Szene setzen. So ist in 3sat etwa vier Mal pro Jahr das Format „Buchzeit“ zu sehen, das Schweizer Fernsehen SRF geht monatlich mit seinem Literaturclub auf Sendung, für Deutsche in der Mediathek des Senders abrufbar.

In beiden Formaten stehen die besprochenen Werke im Vordergrund. Es wird verhältnismäßig ruhig miteinander diskutiert, sich ausgetauscht, für oder gegen ein Werk argumentiert. So funktioniert Kritik und so niveauvoll gibt es das bei vielen Booktubern und Bloggern, die mitnichten nur die Cover in die Kamera halten, sondern sich auch mit Sprache und Wirkung, literarischen Stilmitteln und eben all den Dingen auseinandersetzen, die zu guter Literaturkritik gehören. Dabei sind viele kreative Ideen und Formate zu sehen. Inzwischen täte es Sendern wie dem SWR gut, sich das einmal genauer anzuschauen.

Es reicht eben nicht, Werke per Blitz zu eliminieren, zumal die Assoziation zur Bücherverbrennung trotzdem steht, auch wenn sich der Sender inzwischen zumindest für das „Mein Kampf“-Video entschuldigt hat. Simone Barrientos setzte sich mit Schecks Kritik zu Christa Wolfs Werk „Kassandra“ auseinander, bei DeutschlandFunkKultur ist vom „Kritik-Clown“ (nicht Gott) zu lesen, der Literaturkritiker Jörg Magenau findet deutliche Worte, sowie das Magazin Der Spiegel und ich sehe einmal mehr, dass echte Literaturkritik, die sich wirklich argumentativ mit dem Werk auseinandersetzt, inzwischen woanders stattfindet. Beim SWR kann es nur um bloße Aufmerksamkeit gegangen sein. Substantielle Literaturkritik ist das zumindest nicht.

Zu Göttern in Weiß hatte ich bisher jedoch eine andere Assoziation.

Anmerkungen: Links wurden zum Stand des Veröffentlichungszeitpunktes des Textes geprüft. Der Autor übernimmt dafür keine Haftung und betont überdies, dass dieser Beitrag die eigene sehr subjektive Meinung darstellt und nichts anderes.

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Kurzblick: Fall eines Kritikers Weiterlesen »