
Inhalt:
Katzenbrunn, 1986. Der dreizehnjährige Nikolaus wird vermisst. Nicht zum ersten Mal ist ein Jugendlicher aus dem Dorf im Odenwald verschwunden. Der jüngste Vorfall ruft Hans J. Stahl auf den Plan. Der Kommissar a. D. hat mit dem Mann, den alle nur den „Greifer“ nennen, noch eine Rechnung offen. Und die will er endlich begleichen. Doch dann verschwindet das nächste Kind … (Klappentext)
Rezension:
Kurz nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl fürchtet man sich vor herabfallenden Regen, der alles verunreinigen könnte. Doch in dem kleinen aussterbenden Dorf Katzenbrunn, welches von einer psychiatrischen Klinik an seinem Rand dominiert wird, gibt es noch einen anderen Grund, der viele Familien zerstört und vertrieben hat. In den letzten Jahren sind immer wieder Kinder aus dem Ort spurlos verschwunden. Und die Polizei bisher, tappt im Dunkeln.
In „Finster“, dem hier vorliegenden Thriller, spielt der Autor Ivar Leon Menger mit den Urängsten von Eltern und erzeugt in seiner temporeichen Erzählung mehr als nur gruselige Schauer, die einem kalt über den Rücken laufen werden. Kurzweilig wird ein Zeitraum von wenigen Wochen dargestellt, in dem sich die Geschehnisse, die sich seit langem aufgestaut zu haben scheinen, überstürzen und auf ein großes Finale zusteuern werden.
Flankiert von einem Ermittlerduo, welches erst zusammenfinden muss, entsteht in welchselnder Perspektive das Panorama eines Dorfes, in dem ein jeder scheinbar dunkle Geheimnisse zu verbergen scheint. Vor dem Hintergrund der späten 1980er Jahre in der westdeutschen Provinz, in welche der Schrifsteller seine Handlung einbettet, lernen wir Lesenden die Charaktere kennen, von denen keiner ein wirklicher Sympathieträger werden wird. Aus der Sicht der Figuren, einmal hier wechselt die Erzählperspektive nur, werden die einzelnen sehr kompakt gehaltenen Kapitel erzählt. Langsam nur ergeben die einzelnen Puzzlestücke ein Gesamtbild.
Dieses hat es in sich, wobei wir gerade nur so viel von den Charakteren erfahren, wie für die Erzählung notwendig ist. Handlungstreibend sind vor allem drei Figuren, wobei einerseits in „Finster“ beinahe ein klassischer Ermittler-Strang zu finden ist. ein anderer der dadurch gezwungen wird, zu reagieren. Ansonsten bleiben die Protagonisten bis auf einen relativ blass. Man muss jedoch auch nicht mehr erfahren, kann sich der entstehenden Dynamik auch so kaum entziehen. Ivar Leon Menger weiß dabei mit den Gegensätzen zu spielen, setzt Spuren und Fährten, die einem einen Moment stutzen und kalt überraschen werden.
Die Perspektivwechsel erzeugen eine Dynamik mit Sogwirkung, ohne jedoch Lücken und unerklärliche Wendungen entstehen zu lassen. Der Autor hat hier die ganze Zeit den Überblick über die Fäden in der Handlung behalten, selbst wenn Zeitsprünge, Rückerinnerungen eine Rolle spielen und zum Tragen kommen. Das erzeugt in seiner Gesamtheit einige Spannungsmomente, die aufsummiert eine sich lohnende Geschichte ergeben.
Ivar Leon Menger schafft es mit seinen konzentrierten Beschreibungen Bilder vor dem inneren Auge entstehen zu lassen. Die Trostlosigkeit und Ödnis eines Ortes kommt ebenso zur Geltung wie auch einzelne Orte fast filmisch erfahr sind. In diesem Thriller wird dabei auf allzu heftigen Schilderungen von Szenen verzichtet. Die Bilder, die dennoch im Kopf entstehen, sind vollkommen ausreichend.
Wer einen nicht allzu gewaltlastigen, aber dennoch spannungsreichen Thriller lesen möchte, ist mit „Finster“ gut bedient. Natürlich lässt sich mit einer gewissen Erfahrung in diesem Genre das Ende der Erzählung schnell erraten, , dennoch möchte man hier bis zum Ende dranbleiben. Es ist einfach eine Geschichte ohne Längen, die hier vor einem liegt. Und ohne melancholischen Mehltau, wie man ihn durchaus häufiger in dieser Art Bücher vorfindet.
In jedem Fall macht „Finster“ Lust auf mehr, in weitere Geschichten von Ivar Leon Menger einzutauchen. Spannend wird es sein, was der Autor noch alles so zu erzählen weiß. Freunde von Thrillern, die eine eine klassische Ermittler-Komponente mögen, kommen hier vollkommen auf ihre Kosten. Auch allen anderen sei diese Erzählung zu empfehlen.
Autor:
Ivar Leon Menger wurde 1973 in Darmstadt geboren und ist ein deutscher Schriftsteller, Filmregisseur, Designer, Werbetexter und Verleger. Zunächst studierte er Grafikdesign und Gestaltung und betätigte sich als Diplom-Designer. In einer Werbeagentur arbeitete er als Texter und begann das Drehbuch für einen Kurzfilm zu entwickeln.
Nach der Produktion dessen, arbeitete er als Videothekar und drehte seinen weiten Kurzfilm, dem weitere Drehbücher für nachfolgende Projekte folgten. Diese erschienen später als Hörspiele. Nach Übernahme der elterlichen Werrbeagentur gründete er einen Hörbuch-Verlag, produzierte daneben jedoch auch E-Books und Print-Ausgaben. Seinen ersten Roman veröffentlichte er 2022 bei dtv, dem weitere folgten.
Folgt mir auf folgenden Portalen: