Stephan Orth: Couchsurfing 4 – Couchsurfing in Saudi-Arabien

Inhalt:

Als Saudi-Arabien erstmals Touristen einreisen lässt, packt Bestsellerautor Stephan Orth sofort sden Rucksack. Von Couch zu Couch erkundet er das Königreich und erhält Einblicke in eine verschlossene Gesellschaft, wie sie bisher keinem westlichen besucher möglich waren. er wird Zeuge eines radikalen Wandels, sieht Frauen Auto fahren und tanzt mit Zehntausenden beim Wüsten-Rave. Doch jenseits der Glitzerwelt gelten drakonische Strafen, und an der Grenze zum Jemen sind die Bomben nicht zu überhören. Stephan Orth berichtet von seiner bisher aufregendsten Reise. (Klappentext)

Rezension:

Allgegenwärtig sind sie, die Fotos der Männer, die das Land beherrschen. Beim Betrachten kommen Stephan Orth, dem oft gereisten Journalisten, Zweifel. Ist Herrschern zu trauen, die ihrem Volk nicht direkt in die Augen schauen? Die Blicke des Königs und des Kronprinzen sind immer seitlich von der Kamera gerichtet.

Der Autor hat sich erneut aufgemacht, einen weiteren weißen Fleck von seiner Landkarte zu tilgen und bereist als einer der ersten Touristen überhaupt Saudi-Arabien, welches die Türen erstmals für Privatreisende öffnet und geht so gleich auf die Bewohner des Landes zu. Direkt in ihre Wohnzimmer. Der Kontakt zu den Menschen Saudi-Arabiens erstaunt, begeistert, macht nachdenklich und erweitert den Blick über den Tellerrand.

Wo sonst hat man noch dieses Gefühl, schon am Flughafen in eine völlig fremde Welt einzutauchen und doch beschleicht sie den übermüdenden Reisenden schon beim Betreten fremden Bodens. Saudi-Arabien war für reine touristische Reisen ein bisher weißer Fleck auf den Karten, die Nachrichten, die es aus diesem Land in die westlichen Medien schaffen, zumeist nicht positiv. Nur vorsichtig wird er versucht, dieser Spagat zwischen Mittelalter und Moderne. Die Herrscherfamilie lässt die Bevölkerung ein wenig atmen, um selbst um so fester auf dem Wüstenschiff, aus Öl und Religion gebaut, zu sitzen.

Ansteigende Nummern blinken auf, er hat eine Gebetsapp installiert, das digitale Äquivalent zu einer Gebetskette. Als er das gerät wegpackt, hat er 561 geschafft, als Gesamtzahl wird 29037 angezeigt. Da sage noch mal einer, der Islam sei nicht in der Lage sich zu modernisieren.

Stephan Orth: Couchsurfing in Saudi-Arabien

Stephan Orth begnügt sich nicht damit, vom entfernten Standpunkt des Hotelbuchenden, Kulissen zu betrachten. Als Couchsurfer sucht er den privaten Kontakt, übernachtet in Wohnzimmern und nimmt ein Stück Alltag seiner Gastgeber mit. Die zeigen die Orte und berichten von Änderungen, die sie mal freudig, mal kritisch betrachten. Die Nuancen der Vorsicht, sie entgehen dem Journalisten nicht. Das Land mag einen modernen Anstrich verpasst bekommen, die Herrscher sind absolut und allgegenwärtig.

Von Ort zu Ort nimmt uns der Autor mit auf seine Reise, berichtet vom Frust, wenn mal wieder ein Gastgeber abgesagt hat, was gegen Ende ob des auch Saudi-Arabien sich näherndem Virus‘ häufiger vorkommt, von saudischen Influencern und davon, welche Freiheiten im neuen Wüstenstaat genossen werden können. Vorsichtig, nicht allzu sehr.

„Wenn eine Frau mich respektiert, dann respektiere ich sie auh“, erklärt er mir, was ganz vernünftig klingt, bis ich um eine Präzisierung bitte: „Und wie zeigt eine Frau ihren Respekt?“ „Indem sie das tut, was ich sage.“

Stephan Orth: Couchsurfing in Saudi-Arabien

Kurzweilig lesen sich die einzelnen Kapitel, die nach den jeweiligen Reiseabschnitten. Augenfällig ist Stephan Orths Beobachtungsgabe und sein Blick für Details. Die Bevölkerung hat jahrzehntelang gelernt, Kritik wohldossiert zu formulieren und gut zu verpacken. Der Autor hat gelernt, zwischen den Zeilen zu lesen und nimmt sie auf.

„Falken haben es gut bei uns. Besser als viele Menschen.“, sagt Fahad und lacht kurz über seine Worte. Dann blickt er nachdenklich auf die ordentlich aufgereihten, gepflegten Tiere, deren Augen mit Leder bedeckt sind, damit sie keinen Ärger machen.

Stephan Orth: Couchsurfing in Saudi-Arabien

Ergänzt wird das Werk, wie auch schon die vorangegangenen Reiseberichte, durch Kartenmaterial, einen eindrücklichen Fototeil und hier durch eine kleine bebilderte Vokabelliste. Touristisches Erleben einmal ganz anders, in einem Land, welches mit Touristen noch kaum Erfahrungen hat und die vom Autoren praktizierte Art des Reisens so nicht vorgesehen hat. Die Leserschaft ist eingeladen, dies aus sicherer Distanz zu erleben und, wenn Reisen wieder möglich werden, die Türen selbst einen Spalt zu öffnen.

Autor:

Stephan Orth wurde 1979 in Münster geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Zunächst studierte er Anglistik, Wirtschaftswissenschaften in Wuppertal, anschließend Journalismus in Brisbane, Australien. Von 2007-2008 absolvierte er ein Volontariat bei Spiegel Online und arbeitete anschließend als Redakteur. 2012 begab er sich auf eine Inlandeis-Expedition nach Grönland und veröffentlichte 2015 seinen Reisebericht „Couchsurfing im Iran“. Seit 2016 ist er freiberuflicher Autor. Stephan Orth lebt in Hamburg.

3 Kommentare zu „Stephan Orth: Couchsurfing 4 – Couchsurfing in Saudi-Arabien“

  1. Hallo Findos,

    ich freue mich schon richtig auf das Buch. Also ein bisschen habe ich ja schon angefangen, aber vorher will ich eigentlich noch das Russlandbuch lesen. (Jaja, ich lese öfter parallel, ganz besonders im Moment.)

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
    Petrissa

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