Naturwissenschaft

Katherine Rundell: Warum die Giraffe nicht in Ohnmacht fällt

Inhalt:

Unsere Welt ist einzigartig und verblüffend. Es gibt Haie, die schon zu Shakespeares Zeiten gelebt haben, Giraffen, die durch Paris flanierten, verliebte Spinnen und Einsiedlerkrebse, die ihre Häuser renovieren. Mit einem bemerkenswerten Gespür für fesselnde Geschichten und kuriose Anekdoten eröffnet uns die preisgekrönte Autorin Katherine Rundell in diesen 22 eindrücklich recherchierten Porträts bedrohter Tierarten einen neuen Blick auf die hinreißend seltsame Schönheit unserer Erde. (Klappentext)

Rezension:

Unsere Faszination für sie kennt kaum Grenzen. Zu viele Kuriositäten hält die Tierwelt der Erde bereit. Doch diese Begeisterung hat bereits viele Tierarten von der Erde verschwinden lassen, die wir ihre Lebensräume beschneiden oder sie so sehr bejagen, bis sie schließlich aufhören zu existieren. Andere stehen heute am Rande des Abgrunds, viele bedroht, ihr Überleben in den kommenden Jahrzehnten keineswegs gesichert. Zeit also für eine Hommage an die Schätze der Erde, die es zu bewahren gilt.

Die britische Autorin Katherine Rundell stellt in ihrem feinsinnig recherchierten Sachbuch, in dem kuriose Fakten und knallharte Informationen in einer bunten Mischung präsentiert werden, stellvertretend für alle bedrohten Tierarten, zweiundzwanzig mehr oder weniger bekannte vor und hat damit eine sehr abwechslungsreiche Lektüre geschaffen. In kurzen Kapiteln wird jede Tierart vorgestellt, ihre Besonderheiten, vermischt mit kuriosen Fakten.

So erfährt man u. a., dass in Paris einst eine Giraffe spazieren geführt wurde und auch einmal ein Elefant der gut betuchten Oberschicht zum Essen serviert wurde, dass das Alter einiger heutiger Grönlandhaie über 500 Jahre zählt oder mancher Mauersegler, einmal das elterliche Nest verlassend, nie wieder den Boden berührt. Nie verfällt die Autorin dabei in graue Theorie, jedes einzelne Kapitel ist durchtränkt von der Faszination für die beschriebenen Lebewesen. Wundervolle Illustrationen von Talya Baldwin komplettieren das kurzweilige Werk.

Vom Pangolin über dem Goldmull, der hellhörigen Fledermaus bis hin zu jenem Geschöpf, welches alle anderen heute an den Rand drängt, uns selbst, ist so eine Sammlung entstanden, die natürlich nur eine willkürliche Auswahl darstellen kann, aber den Zweck erfüllen sollte. Ein Teil der Autorinhonorare der Originalausgabe kommt zwei Wohltätigkeitsorganisationen zu Gute, die sich für die Eindämmung des Klimawandels und der Umweltzerstörung einsetzen. Wenn die Faszination für diese und andere Lebewesen zu der Lektüre und letztendlich den gesteckten Zielen zu Gute kommt, ist viel gewonnen.

Autorin:
Katherine Rundell wurde 1987 geboren und ist eine britische Autorin und Hochschullehrerin. Nach einer Kindheit in Simbabwe und England studierte sie zunächst in Oxford und erwarb danach ein Stipendiat für Englische Literatur. 2011 veröffentlichte sie ihr erstes Werk, dem weitere folgten. Die Autorin für Kinder- und Jugendbücher, sowie Sachbücher, steht regelmäßig auf den Bestsellerlisten und erhielt u. a. den Baillie Gifford Prize und den British Book Award. Ihre Bücher werden in über 30 Sprachen übersetzt. Zudem schreibt sie für Zeitungen und Magazine wie New York Times und dem Times Literary Supplement.

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Steve Brusatte: Eine neue Geschichte der Säugetiere

Inhalt:

Das Aussterben der Dinosaurier war die große Chance der Säugetiere: Für Jahrmillionen hatten sie ihr Dasein im Schatten der tyrannischen Giganten gefristet, um dann die Gelegenheit zu nutzen, in einem beispiellosen Siegeszug die Vorherrschaft auf der Erde zu erringen. Wissenschaftlich fundiert und höchst unterhaltsam erzählt Steve Brusatte von bekannten evolutionären Ikonen wie Mammuts, Säbelzahntigern und Schnabeltieren sowie von bizarren, faszinierenden Spezies der äußersten Äste des Säugetierstammbaums. Ein wichtiges und erhellendes Buch darüber, wie wir zu dem wurden, was wir sind. (Klappentext)

Rezension:

Der Meteoriteneinschlag, der vor Millionen von Jahren die Vorherrschaft der Dinosaurier auf unseren Planeten beendete, eröffnete zugleich die Chance für eine andere Gruppe von Lebewesen, aus der Deckung hervorzutreten und sich zu entwickeln. Sie taten es und nahmen die Plätze der ehemaligen Giganten ein, wurden größer und besetzten frei gewordene Nischen. Ein Siegeszug rund um den Globus begann, der letztendlich auch zur Entwicklung des Menschen führte. Dazu forscht der Paläontologe Steve Brusatte seit Jahren mit seinem Team und anderen engagierten Wissenschaftlern und nimmt uns mit auf eine Reise durch die Zeit, nicht zuletzt auch zu uns selbst.

Bei manchen Texten mag man den Eindruck haben, erst nach dem Verschwinden der Dinosaurier kam es zur Entwicklung der Säugetiere, doch sind es zwei damals parallel verlaufende Stränge, die betrachtet werden müssen. Mit Hilfe der modernen Wissenschaften und Techniken, wie etwa CT-Scans, ist es uns heute möglich, deren Verlauf zu rekonstruieren. Am Anfang stehen dabei oft Überreste von Zähnen, anhand derer wir die Entstehung des Säugetiergebisses mit den für uns und unsere Verwandten so typischen Merkmalen nachvollziehen können. Über die Jahre schließlich wurden noch mehr Überbleibsel gefunden und so können wir uns heute ein, vielleicht nicht in allen Facetten vollständiges, dennoch übersichtliches Bild von dem machen, wie der Siegeszug der Säugetiere über Millionen von Jahre ausgesehen haben mag.

Steve Brusatte hat hier ein Stück Wissenschaftsgeschichte niedergeschrieben und erläutert sehr detailreich Wendepunkte und Kontraste an Beispielen von ihn und anderen erforschten Fundstätten, sowie vieler Spezies, die es heute nicht mehr gibt. Auch die Entwicklung der Säugetiere war mitunter verlustreich, trotzdem insgesamt von Erfolg gekrönt. Immer wieder gelangt man beim Lesen zu dieser Feststellung. Der Weg dorthin ist sehr verschachtelt, was sich auch bei der Lektüre bemerkbar macht.

An vielen Stellen kommt der Wissenschaftler durch, wenn sich etwa lateinische Namen oder Tierarten, Merkmalsbeschreibungen aneinanderreihen und man lesend versuchen muss, den Überblick zu behalten. Das ist nicht immer leicht und erfordert Konzentration. Dennoch hat es der Autor geschafft, an der einen oder anderen Stelle Auflockerung in seinen Text zu bringen, sei es durch informatives Bildmaterial oder einer Prise Humor, wenn z. B. kuriose Personen mit ihren Eigenarten beschrieben werden, die sich um die Erforschung prähistorischer Säugetiere verdient gemacht haben. So interessant wie die Erforschung der “Schreckensechsen” ist das, was danach folgte und wohl noch folgen wird. Steve Brusatte zeigt ebenso auf, wo aktuell noch weitergeforscht wird und Lücken gefüllt werden müssen. So wie die Entwicklung der Säugetiere ist auch die Erkundung ihrer Geschichte nicht statisch.

Anhand eines Zeitstrahl in Form der Kapitel des Werks verfolgen wir die Geschichte der Säugetiere bis zum Aussterben der Dinosaurier als Parallelerzählung und danach, wie diese mehrere Katastrophen, nicht nur die, die die Dinosaurier in die Knie zwang, überstanden und sich mehrere Male neu erfinden mussten. Anhand ihrer Merkmale beschreibt Brusatte die Entwicklung moderner Säugetiere, ihren Umgang mit dem Klimawandel etwa und wie auch Homo Sapiens letztlich daraus folgte.

Auch ein Ausblick in die Zukunft wird gewagt. Was werden künftige Paläontologen vorfinden und vielleicht auch über uns erfahren? Hier wird der Erzählstrang wieder zu der ursprünglichen Parallelgeschichte, nur als Zukunftsvision. Wir nehmen heute mehr als alles andere Einfluss, nicht nur auf die Säugetiere der Welt, im negativen Sinne. Und sind zugleich eine ihrer Chancen. Die Geschichte der Säugetiere, so das Fazit, sie geht weiter.

Autor:

Steve Brusatte wurde 1984 geboren und ist ein US-amerikanischer Paläontologe und Evolutionsbiologie. Er studierte zunächst an der University of Chicago und schloss sein Studium an der Columbia University ab. Derzeit lehrt und forscht er an der University of Edinburgh. Neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten verfasste er mehrere populärwissenschaftliche Sachbücher und wirkte zudem als Berater für Dokumentarfilme und 2020 für einen der Jurassic World Teile. Sein Team entdeckte mehrere neue Fossilien, er selbst wandte sich immer mehr der Erforschung prähistorischer Säugetiere zu.

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Empfehlung: Ozeane – Die große Bild-Enzyklopädie

Seit jeher sind wir Menschen fasziniert von den Meeren, deren Kräfte wir fürchten und im Laufe der Geschichte gelernt haben, für uns zu nutzen. Ob als Rohstoff- oder Nahrungslieferant, zur Energieerzeugung, die Ozeane als Bestandteil des Wasserkreislaufs sind die Grundlage allen Lebens. Hier entstand es, bevor es den Sprung an Land wagen konnte. Ein Blick unter die Oberfläche offenbart dabei noch immer erstaunliches. Der Großteil der Ozeane ist weitgehend unerforscht, doch lasst uns faszinierende Lebewesen am Rande brodelnder Unterwasservulkane entdecken, Räuber, die in den dunklen Weiten der Tiefsee mit Leuchten Partner sowie Beute anlocken, Haie, die des Nachts durch Riffe streifen. Unsere Ozeane sind voll mit Superlativen, hier lebt das älteste Tier der Welt, hier das größte Säugetier unseres Planeten.

Von der faszinierenden Welt der Korallenriffe bis zum Leben an den Polarmeeren. Steckbriefe erklären sowohl biologische als auch geografische Gegebenheiten.
(Quelle: Dorling Kindersley)

Für diese vorliegenden Enzyklopädie wurden nun die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse bildgewaltig aufbereitet. Niemand geringeres als Fabien Cousteau, der Enkel des berühmten Tiefseeforschers führt uns in die Welt des Wassers ein, deren Grundlagen und Zusammenhänge verständlich und anschaulich erklärt werden. Aktuelles Wissen gepaart mit historischen Fakten, zahlreichen Grafiken und über 2000 Fotografien und ein umfangreicher Kartenteil eröffnen uns Einblicke in diesen faszinierenden Naturraum, machen uns dessen Kräfte und Gegebenheiten verständig. Seite für Seite lernen wir zudem ihre faszinierenden Bewohner kennen, deren Vielfalt und Schönheit, jedoch auch wie fragil deren Welt inzwischen geworden ist, durch unseren Rohstoff- und Energiehunger, unseren Müll und der durch unserer Lebensweise beeinflussten Änderung des Klimas.

Großformatig und qualitativ hochwertig ist dies ein umfangreiches Nachschlagewerk, welches Groß und Klein zum Stöbern und darin versinken einlädt. Umfassende Informationsbreite und tiefe Sachkenntnis werden anschaulich vermittelt. Hier werden alle, je nach Interesse, neues Wissen daraus ziehen und anderes vertiefen können. Nicht nur das rechtfertigt den Preis, haben die Autor:innen und beteiligten Wissenschaftler:innen verschiedenster Fachgebiete dazu beigetragen, dass von der Qualität und Wirkung mehr ist als eine bloße BBC-Dokumentation in Papierform vorliegt, sondern ein Grundlagenwerk, welches seines Gleichen sucht. In sofern möchte ich hier nicht werten, fünf Sterne sind hier zu wenig, was ja ohnehin für die meisten Werke dieser Art gilt, sondern nur empfehlen. Ein Blick hinein genügt, um zu wissen, warum.

Pflanzen und Tiere in und am Rande der Ozeane, ausführliche Erklärungen und umfangreiches Kartenmaterial zum Überblick. (Quelle: Dorling Kindersley)

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Sophia Kimmig: Von Füchsen und Menschen

Inhalt:

Roter Pelz, bernsteinfarbene Augen, grazile Statur – wer ihm einmal begegnet, vergisst diesen Anblick nicht mehr. Doch der Fuchs ist nicht nur für seine Schönheit, sondern auch als schlau, gerissen und neugierig bekannt. Vom Polarkreis bis in den Norden Afrikas findet man ihn, und er besiedelt zunehmend unsere Städte. Wildbiologin Sophia Kimmig heftet sich dort an seine fersen und versucht, hinter das Geheimnis des Überlebenskünstlers zu kommen. Sie nimmt uns mit auf nächtliche Erkundungstouren, erzählt amüsant von den Tücken der Feldforschung und gewährt uns spannende Einblicke in das verborgene Leben unserer wilden Nachbarn. (Klappentext)

Rezension:

Diesen Tieren sagt man so einiges nach. Schläue und Gerissenheit sind die Eigenschaften, die sich häufig in Märchen und Fabeln wiederfinden und Füchsen angedichtet werden, doch vor allem sind sie eines. Flexible Generalisten, die sich veränderten Bedingungen bisher gut anpassen und damit umgehen konnten. So ist der Rotfuchs heute einer der erfolgreichsten Kulturfolger des Menschen und bewohnt, während es für seine Verwandten auf dem Land immer schwieriger wird, zunehmend unsere Städte.

Weitgehend von uns unbemerkt, bevölkert er Bahndämme, Brachgelände, Schul- und Friedhöfe und bedient sich dabei einem reichhaltigen, durch uns stetig gedeckten Tisch. Doch, wie findet sich der Fuchs überhaupt in einer eigentlich tierfeindlichen Umgebung überhaupt zurecht? Wie leben diese Tiere inmitten unter uns?

Die Wildbiologin Sophia Kimmig begibt sich auf Spurensuche durch Berlin, von den Randbezirken bis hinein ins Regierungsviertel und berichtet von ihrer Arbeit und dem Leben Meister Reineckes, welches beinahe unbemerkt parallel zu uns stattfindet.

Füchse vermögen zu faszinieren. Es sind die flüchtigen Begegnungen, die uns für einen kurzen Moment innehalten lassen. Ein Rascheln im Gebüsch, das Aufblitzen roten Fells am Wegesrand, manchmal sogar in Hauseingängen oder gleich in der U-Bahn. Ein Video eines solchen Fuchses, der sich in die Eingeweiden der öffentlichen Verkehrsmittel Berlins gewagt hatte, ging viral und selbst das Bundespräsidialamt ist inzwischen auf den Fuchs gekommen.

Wie kam es zu diesem Wandel? Einst wurde das Tier als Nahrungskonkurrent und Krankheitsüberträger stark bejagd. Heute ist es Kultobjekt und die meisten Menschen ihm gegenüber positiv aufgeschlossen.

Sophia Kimmig ergründet seit ihrer ersten Begegnung mit dem Rotpelzigen die Füchse Berlins, besendert sie und schafft uns damit einen Überblick über das verborgene Leben dieser Tiere und zeigt, dass die Städte längst nicht mehr nur für uns Menschen ein lebendiger Ort ist. Amüsant erzählt sie von den Unwägbarkeiten ihrer Arbeit, aber auch dem Wandel in der Forschung und räumt zugleich mit einigen Legenden auf, die unsere wilden Nachbarn umgeben.

Natürlich fehlt er nicht, der persönliche Blick durch die Fuchsbrille, aber die Autorin bleibt sich den kurzweiligen Kapiteln über treu und verbindet kenntnisreich Informationen, nach denen man mit anderen Augen durch die Städte gehen wird. In jedem Fall aufmerksamer.

Ich trage eine Fuchsbrille. Eine Brille, die mich eine verborgene Welt sehen lässt, die ich ohne nicht bemerkt habe. Wenn ich mich durch die Stadt bewege, sehe ich sie. Überall.

Sophia Kimmig: Von Füchsen und Menschen

Einblicke gewährt Kimmig sowohl in ihre alltägliche Arbeit, der Sicht von außen als auch in das Leben der Tiere, welches nicht etwa durch Bejagung oder Nahrungsmangel gefährdet ist, sondern, des Lebensraumes bedingt, zunehmend durch den Straßenverkehr.

Der Wandel der Sichtweise wird ebenso sachlich dargestellt, wie der der Forschung, aber auch, wie das Zusammenleben zwischen Mensch und Wildtier gelingen kann, in einer immer enger werdenden Welt. Ergänzt wird dies durch sog. Fun Facts am Ende eines jeden Kapitels, einem auflockernden Fototeil und nicht zuletzt durch Beschreibungen ausgewählter Fuchsleben inmitten Berlins.

Die Autorin schafft den Spagat zwischen informativen Sachbuch und unterhaltender Lektüre ohne erhobenen Zeigefinger, sowie ihre Begeisterungsfähigkeit auf Lesende überspringen zu lassen, sowie zu zeigen, wie Stadtökologie wirken kann.

Danach wird man Meister Reinecke mit anderen Augen betrachten. Muss man vielleicht auch. Kimmig zeigt, dass sich der Fuchs als unser, auch städtischer Nachbar, längst etabliert hat.

Autorin:

Sophia Kimmig wurde 1988 in Berlin geboren und arbeitet als Widlbiologin u.a. für das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, erforscht dabei die Anpassung der Wildtiere an sich veränderte Lebensbedingungen, am Beispiel des Fuchses und dessen Stadtleben. Neben ihrer Tätigkeit im Bereich Forschung und Umweltbildung erarbeitet sie zahlreiche Beiträge für Medien, in Vorträgen und Publikationen, um Akzeptanz für Natur- und Artenschutz zu schaffen. Die Autorin lebt in Berlin.

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Matthias Glaubrecht: Eskapaden der Evolution

Inhalt:

Rasant verändert der Mensch die Bedingungen der Evolution, und während viele Arten noch gar nicht entdeckt sind, nimmt das Artensterben immer dramatischere Ausmaße an. Dem drohenden “Ende der Evolution”, von dem der Evolutionsbiologe Matthias Glaubrecht in seinem gleichnamigen Bestseller schreibt, stellt er in diesem Buch die Schönheit, Vielfalt und auch die Launen der Natur gegenüber.

In 36 kurzen Kapiteln präsentiert der Zoologe Tierisches, Allzutierisches aus dem Kuriositätenkabinett der Evolution, leicht verständlich und mit einer gehörigen Prise Humor – von Sauriern mit vier Flügeln über die jährlich neuen Minnelied-Schlager der Buckelwale bis hin zu Frauenkommunen bei den Bonobos, die mit Sex das soziale Miteinander fördern. (Klappentext)

Rezension:

Noch immer stellt unsere Welt Wissenschaft und Forschung vor diversen Rätseln. Ein Großteil der Tiefsee ist noch nicht erforscht, die Menschwerdung nicht restlos aufgeklärt und auch in der Entwicklungsgeschichte, bis hin zum Aussterben der Dinosaurier existieren noch zahlreiche Fragen. Auch sind Naturwissenschaftler sich heute sicher, ein Großteil der existierenden Arten auf unserem Planeten ist noch gar nicht entdeckt.

Das ist ein Problem. Ausgerechnet das erfolgreichste Lebewesen auf der Erde entzieht immer mehr von ihnen die Existenzgrundlagen und damit bald auch sich selbst. Welche Wunder gibt es also zu bewahren? Welche Fragen zu klären? Warum ist es notwendig, das Leben, die Flora und Fauna der Erde, zu schützen und welche Sonderbarkeiten gilt es zu entdecken? Der Wissenschaftler Matthias Glaubrecht nimmt uns mit auf eine wundersame Reise.

In übersichtlich, nur lose zusammenhängenden Kapiteln präsentiert der Autor uns Wunder und Kuriositäten der Evolutionsgeschichte, klärt, warum einige heute lebende Vögel den ehemals über den Planeten herrschenden “Schreckensechsen” ähnlich sind und das Klonen von Mammuts (vorerst) ein Wunschdenken bleiben wird, was dies für die bedrohten Tierarten von heute und damit auch für die Biodiversität der Erde bedeutet. Er zeigt auf, warum eine Mähne Löwenmännchen in eine Zwickmühle bringt, warum Frauen länger leben als sie Kinder bekommen können und was es mit dem Krieg der Schnecken auf sich hat.

Diese und viele andere Anekdoten lassen sich über das Leben auf der Erde erzählen. Matthias Glaubrecht tut dies zuweilen mit einer Prise Humor, jedoch immer mit dem Zeigefinger, dass ausgerechnet der Mensch dabei ist, dies zu beenden und dabei evolutionäre Prozesse in einer Geschwindigkeit zu überholen, die die Natur nicht vorgesehen hat. Angesichts der Wunder, die wir zerstören, geht man aus der Lektüre einigermaßen benommen heraus.

Der Autor indes konnte sich nicht entscheiden, in welchem Grundton dieses für das Laienpublikum gehaltene Werk gehalten werden sollte. So wirkt dies, wenn hochkomplex zu lesende Passagen sich mit humorvollen Kapiteln abwechseln, nur um dann wieder Kapitel mit erhobenen Zeigefinger zu lesen. Hier hätte eine gewisse Einheitlichkeit in der Vermittlung der Thematik eine bessere Wirkung erzielt, zumal bestimmte Inhalte ruhig etwas ausführlicher behandelt hätten werden können.

Vielleicht ergibt sich ein anderer Eindruck, legt man den zuvor erschienen Band “Das Ende der Evolution” daneben, so aber bleibt ein Gefühl der Unvollständigkeit. Daher, ohne dieses zu kennen, die Empfehlung, es zuerst zu lesen. Andernfalls fehlt ein Puzzleteil. Und dies ist ja in der Evolutionsforschung oft genug der Fall. Die Erkenntnis kommt jedoch rüber.

Autor:

Joachim Matthias Glaubrecht wurde 1962 geboren und ist ein deutscher Zoologe, Wissenschaftsjournalist und Autor. Zunächst studierte er in Hamburg Biologie, wo er 1990 sein Diplom erlangte und vier Jahre später promovierte. 1996 war er Gast am Australian Museum in Sidney, später dann Mitarbeiter und Kurator beim Naturkundemuseum Berlin.

2011 habilitierte er an der Humboldt-Universität Berlin. Im Jahr 2014 wurde er zum Direktor des Centrums für Naturkunde ernannt. Er forscht über evolutionäre Systematik, historische Biogeografie und Morphologie, sowie Wissenschaftsgeschichte der Biologie. Zudem ist er für Zeitungen und Zeitschriften als Wissenschaftsjournalist tätig und Autor mehrerer populärwissenschaftlicher Werke.

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Till Hein: Crazy Horse

Inhalt:

Anmutige Tänzer, Meister der Tarnung und romantische Liebende, doch auch schwerhörige Vielfraße, launische Griesgrame und langsame Faulpelze: All das und noch viel mehr sind Seepferdchen. Man findet die kleinen Fische nicht nur in Seegraswiesen und Mangrovenwäldern, sondern ebenso im Schachspiel und in griechischen Sagen – und wie gelangen sie eigentlich auf Kinderbadeanzüge, Geldmünzen und Toilettenschüsseln aus dem alten Rom? Was macht sie trotz ihrer Trägheit zu erstklassigen Jägern, warum ist ein Hirnareal nach ihnen benannt, wie können sie und helfen, besser zu schlafen, und sogar die Robotik inspirieren?

Crazy Horse beleuchtet die schillernde Welt der Seepferdchen auf ebenso sachkundige wie unterhaltsame Weise, berichtet von kuriosen Erkenntnissen der aktuellen Forschung, geht zahlreichen Mythen auf den Grund und erklärt, was die Tiere zu liebenswerten Antihelden macht. (Inhaltsangabe lt. Verlag)

Rezension:

Unter der Oberfläche der Ozeane offenbart sich den Beobachtenden eine faszinierende Welt voller Kuriositäten. Faszinierende und bizarre Lebewesen finden sich dort, ein Großteil davon noch kaum erforscht und doch bereits stark vom Aussterben bedroht. Eine Sonderstellung nehmen dabei die Rosse der Meere ein, die eigentlich Fische sind und abgesehen von ihrer Form auch sonst zahlreiche Besonderheiten des Tierreiches in sich versammeln, nicht nur dass hier die Männchen schwanger werden.

Diese und andere kuriose Fakten vermittelt der Wissenschaftsjournalist Till Hein in seinem Buch und nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise in die Welt der Seepferdchen.

Der Hochzeitstanz der Seepferdchen dauert bis zu neun Stunden.

Till Hein: Crazy Horse

Wer schon einmal diese wundersamen Gerschöpfe, etwa im Zoo beobachten konnte oder gar das Glück hatte, sie in der freien Wildbahn beobachten zu können, ist sofort von ihnen eingenommen. Schon seit der Antike wissen wir von ihrer Existenz und doch über sie selbst nur sehr wenig. Auch heute noch stellen Seepferdchen uns vor unzähligen Rätseln.

Till Hein versammelt den aktuellen Wissenstand rund um diese Fische, die nur auf den ersten Blick eine Fehlkonstruktion der Natur sind. Er beschreibt in kurzweiligen und kompakten Kapiteln die Besonderheiten ihrer Biologie und warum uns Seepferdchen in mancher Hinsicht gar ähnlich sind, was Ringelnatz mit den Rossen der Meere zu tun hatte und wie wir unsere Kenntnisse über diese Tierart etwa in Technik und Industrie einsetzen können.

Doch, der Autor sieht nicht nur das Schöne, auch die bedrohliche Lage wird beschrieben, derer die Tiere heute ausgesetzt sind und wie diverse Schutzprojekte versuchen, die Seepferdchen rund um den Globus zu schützen. Ein ungeschönter Bericht ist das, der zeigt, was wir verlieren, wenn wir diese faszinierenden Geschöpfe ausrotten, welche vielseitige Welt wir für immer verlieren würden.

Wie ein Kleinkind am Kuscheltier kann auch ein Seepferdchen emotional an einem Gegenstand hängen.

Till Hein: Crazy Horse

Forschende und Experten rund um den Globus hat Till Hein besucht und fragen können, Berichte gewälzt und eine Informationssammlung verfasst, nicht ganz so rührseelig, wie dies etwa Sy Montgomery mit ihrer Passion, den Oktopussen gemacht hat, aber mit der gleichen Liebe für das Besondere. Viel Wissenswertes erfährt man hier und bekommt zugleich eine Ahnung von der Komplexität der Fragen, die sich in Bezug auf die Tierart noch stellen, ohne hier in allzu trockene Ausführungen zu geraten.

Der Autor verliert sich nicht, vermittelt echtes Interesse und hat es dennoch geschafft, auf so wenigen Seiten von Biologie, über Evolutionsgeschichte, Leben und Erforschung der Welt der Seepferdchen die Faszination beim Lesenden zu wecken. Der nächste Blick unter Wasser oder durch die Scheiben eines Meerwasseraquariums mit den Rossen der Meere wird ein anderer sein.

Autor:

Till Hein wurde 1969 in Salzburg geboren und studierte zunächst Geschichte, Germanistik und Russistik in Basel und Wien, bevor er 1996 einen Redaktionslehrgang beim Österreichischen Nachrichtenmagazin “Profil” in Wien besuchte. Bis 2001 war er redaktioneller Mitarbeiter beim Magazin der Süddeutschen Zeitung in München. Seit dem arbeitet er für das Journalistenbüro textetage in Berlin. Für Magazine, Zeitungen und Zeitschriften schreibt er regelmäßig Reportagen, u. a. für Geo, Spiegel Wissen oder mare.

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Adele Brand: Füchse – Unsere wilden Nachbarn

Füchse - Unsere wilden Nachbarn Book Cover
Füchse – Unsere wilden Nachbarn Adele Brand C.H. Beck Erschienen am: 16.03.2020 Seiten: 208 ISBN: 978-3-406-75113-4 Übersetzerin: Beate Schäfer

Inhalt:

Seit Urzeiten begleitet der Fuchs den Menschen und schon immer war er für seine Intelligenz und Schlauheit berühmt. Heute ist er das am weitesten verbreitete Raubtier und sein leuchtendes Fell selbst in den Städten ein häufiger Anblick.

Doch wer ist dieser wilde Nachbar des Menschen in Wirklichkeit? Adele Brand erschließt uns in ihrem klugen und warmherzigen Buch den mysteriösen Kosmus der Füchse mit ihren erstaunlichen Überlebenskünsten. (Klappentext)

Rezension:

Die Liste von Naturräumen, die der Mensch inzwischen nachhaltig zerstört hat, ist lang. Die Liste von Tierarten und Pflanzen, die von ihm ausgerottet oder an den Rand des Aussterbens gebracht wurden, noch vielschichtiger. Nur wenige Lebewesen konnten sich dagegen behaupten, in dem sie sich an die verändernden Bedingungen anpassten. Der erfolgreichste Kulturfolger unter ihnen ist der Rotfuchs.

Zwischen Bahndämmen und Mülltonnen, Häuserschluchten und Brachflächen hat der listige Jäger nicht nur unsere Vorgärten erobert, sondern tummelt sich inzwischen auch in den Zentren unserer Metropolen. Die britische Ökologin ist seit zwanzig Jahren auf Spurensuche und zeigt in ihrem neuen Buch auf, was sich hinter dem Erfolg von Vulpes vulpes verbirgt und What Does The Fox Say?

Ganz nahe am Nature writing ist dieses vorliegende Werk, doch liegt mit diesem Titel kein verklärendes Stück Literatur vor, sondern ein unterhaltsames und vielschichtiges Sachbuch. In diesem werden Fakten amüsant aufbereitet und einem kritischen Blick unterworfen. Adele Brand versteht es dabei, den Fuchs als Tier unter verschiedenen Winkeln zu beleuchten. In handlichen und kurzweiligen Kapiteln gibt sie zunächst einen Überblick über dessen Entwicklungsgeschichte, welche den Grundstein für den Erfolg und das heutige Überleben bildete.

Danach wendet sie sich der Biologie der Tiere zu, zeigt das komplexe Sozialleben der Füchse auf und zeigt schließlich, wie ein Zusammenleben mit diesen imponierenden Tieren gelingen kann, wie man selbst zum Beobachter eines Wesens werden kann, welches schon längst in Teilen begonnen hat, uns zu studieren.

Interessant hierbei ist vor allem der Einblick in der Arbeit der Autorin, die Feldstudien mit diesem undurchschaubaren Raubtier in unserer Mitte durchgeführt und viel zum Verständnis für den Rotfuchs beigetragen hat. Sie zeigt, was ihn im Gegensatz zu seinen Verwandten, etwa dem Polarfuchs, so erfolgreich machte und was diesem Tier im Gegensatz zu Wolf oder Luchs bisweilen besser gelungen ist.

Aufgelockert wird das ganze durch Geschichten persönlicher Beobachtungen, anhand derer sie etwa Fuchskrankheiten erklärt, um so den Lebenszyklus dieser Tiere zu komplettieren. Auffällig, es ist keine ausufernde oder fordernde Lektüre, auch kein reines Pamphlet pro und contra der umstrittenen Fuchsjagd, welches aus Groß-Britannien zu erwarten wäre. Adele Brands Position dazu ergibt sich praktisch schon mit den ersten Zeilen.

Eine Spur sachlicher als Sy Montgomery (Rendezvous mit einem Oktopus) in ihrem ebenfalls hervorragenden Werken, ist Adele Brand ein hervorragendes Plädoyer für das letzte Stück Wildnis gelungen, welches Bestandteil auch vieler unserer Leben geworden ist. Wer nach der Lektüre einen Rotfuchs beobachtet, wird diesen mit einem noch wertschätzenderen Blick begegnen, als zuvor so schon.

Und, wie macht nun eigentlich der Fuchs? LeserInnen werden das herausfinden.

Weiterführende Informationen:

Blog und Facebook der Autorin

Youtube-Channel der Autorin: hier klicken

Autorin:

Adele Brand ist Ökologin und hat schon als Kind in ihren Tagebüchern über Füchse geschrieben, die die Passion ihres Lebens wurden. Sie hat Füchse auf vier Kontinenten studiert, Forschungsprojekte in fünf verschiedenen Ländern geleitet, verwaiste Fuchswelpen aufgezogen und verletzte Füchse gepflegt. Bei all dem setzt sie sich leidenschaftlich dafür ein, die Verbindung der Menschen mit der Tierwelt zu stärken. (Autorenangabe Verlag)

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Michael Pantenius: Die Umsegelung der Welt

Autor: Michael Pantenius

Titel: Die Umsegelung der Welt

Genre: Historischer Roman/Rezensionsexemplar

Seiten: 364

Art: Hardcover

ISBN: 978-3-945424-78-0

Verlag: Morio Verlag

Inhalt:

Im Sommer 1772 bricht James Cook zu seiner zweiten Weltumsegelung auf. Mit ihm an Bord der Resolution sind 112 Männer, darunter der deutsche Naturforscher Johann Reinhold Forster und sein Sohn Georg.

Der Auftrag der britischen Krone lautet: Das sagenhafte Südland muss gefunden werden! Man glaubt seit alter Zeit, es soll das Paradies auf Erden sein. Drei Polarsommer lang kämpfen sich die Männer unter unsäglichen Entbehrungen durch Stürme, Eis und Schnee, immer entlang des 60. Breitgrades.

Gefährlich sind ihre Begegnungen mit den Kanibalen Neuseelands, beeindruckend die mit den Menschen Tahitis und der Kultur auf den von ihnen entdeckten Inseln der Südsee. Doch trotz aller Tapferkeit kommen sie nicht ans Ziel. (Klappentext)

Rezension:

Europa zur Zeit der Aufklärung war vor allem eines, ein Kontinent im Wandel. Kunst und Kultur blühten. Zahlreiche Bauten, Großbauprojekte verschiedener Herrscher entstanden und auch die Wissenschaften machten große Sprünge.

Zugleich versuchten die Nationen einander zu übertreffen. Der Globus sollte erobert, die noch existenten weißen Flecke der Erde endlich kartographiert werden. Länder wie Spanien, Frankreich oder England wollten Kolonien, damit wirtschaftliche und poltische Macht.

Das 18. Jahrhundert war zudem das Zeitalter großer Männer, die im Auftrag ihrer Majestäten zu riskanten, prestigeträchtigen und kräftezehrenden Unternehmungen bereit waren, zu entbehrungsreichen Erkundungsfahrten aufzubrechen und neue Welten zu erobern.

Eine Person sticht dabei besonders heraus, und so setzt der Historiker Michael Pantenius in seinem Roman “Die Umsegelung der Welt”, niemanden Geringeren als James Cooks und seine zweite Erkundungsfahrt der Südhalbkugel in Szene.

In epischer Breite erweckt der Historiker seine Protagonisten zum Leben, dessen Vorbilder Maßstäbe für spätere Erkundungsfahrten setzen sollten und zugleich den Weg bereiten sollten, für die Eroberung der Welt.

Sehr feinsinnig sind die verschiedenen Charakterköpfe ausgearbeitet, wobei natürlich James Cook hervorzuheben ist, sowie der nicht weniger schwierige protagonist, Johann Reinhold Forster, der als deutscher Naturforscher an der Expedition teilnahm, zusammen mit seinem Sohn Georg.

Aus der wechselnden Sichtweise heraus wird dieses große Abenteuer lebendig erzählt. Fast wirkt es so, als wären die Leser selbst mit an Bord der Resolution.

Michael Pantenius hält sich dabei an die Fakten und füllt diese mit Dialogen, wie sie vorgekommen sein könnten,lässt die Konflikte lebendig werden, die entstanden, als man die Mannschaft aus reinen politischen und strategischen Überlegungen heraus zusammenstellte.

Gegensätze und gemeinsame Interessen werden Zeile für Zeile fassbar, wobei keiner der Protagonisten ein wirklicher Sympathieträger wird. Zu schwierig die Charaktere. Der Lesende spürt das Großmachtstreben jener Zeit, jedoch auch Abenteuerlust und Geltungsdrang.

Dies alles ist feinfühlig aufgebaut.

In handlichen Kapiteln, die sich an der vom Schiff James Cooks genommenen Route orientieren, leidet der Leser mit der Crew, erlebt die kleinen Momente des Glücks und der historischen Erfolge.

Dieser historische Roman vermag zugleich als Schnittstelle zum literarischen Sachbuch zu überzeugen.

Ergänzt wird er durch eine Routenkarte der Expedition, sowie einem Glossar, in der historische Begrifflichkeiten erläutert werden, sowie Schifffahrtsvokabeln, die die Dialoge der Protagonisten und den Text durchziehen.

Zudem gibt es biografische Notizen über die realen Vorbilder der Figuren des Romans, sowie ein Quellenverzeichnis, welches die Geschichte ergänzt.

Sehr lesenswert.

Autor:

Michael Pantenius wurde 1938 geboren und ist ein deutscher Buchhändler, Journalist und Schriftsteller. Nachdem er in verschiedenen Berufen, u.a. als Seemann bei der Handelsflotte, tätig war, studierte er zunächst Kulturwissenschaften in Leipzig und wurde in Halle als Historiker promoviert.

Er arbeitete als Werbe- und Presseleiter bei verschiedenen Verlagen, war zehn Jahre lang Feuilletonchef einer Tageszeitung, sowie Cheflektor eines Kinderbuchverlages. Pantenius ist Autor zahlreicher historischer Romane, z.B. über die Mutter Katharinas II., sowie verschiedener Essays, Feuilletons und Reiseführer.

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Ulinka Rublack: Der Astronom und die Hexe

Der Astronom und die Hexe Book Cover
Der Astronom und die Hexe Autorin: Ulinka Rublack Klett-Cotta Erschienen am: 25.02.2020 (TB) Seiten: 409 ISBN: 978-3-608-98243-5 Übersetzer: Hainer Kober

Inhalt:
Deutschland, 1615. Die Mutter des berühmten Astronomen Johannes Kepler wird als Hexe angeklagt. Vor der faszinierenden Kulisse einer Welt im Wandel zwischen Magie und Naturwissenschaft beschreibt Rublack fesselnd und bewegend, wie der Vorwurf der Hexerei Familien entzweite. (Klappentext)

Rezension:
An der Schwelle zum Dreißigjährigen Krieg befand sich die Welt im. Größen wie Galileo Galilei begründeten den Weg zu den modernen Wissenschaften, gleichzeitig hatte die Kirche immer noch große Macht, wenn auch nach der Reformation die Glaubensgemeinschaft gespalten war.

Immer noch gab es Hexenprozesse, denen hunderte Menschen zum Opfer fielen. In dieser Zeit lebte auch Johannes Kepler, der entdeckte, dass die Planeten des Sonnensystems sich auf ellipsenförmigen Umlaufbahnen bewegten. Ulinka Rublack nun, analysiert ein wenig bekanntes Kapitel aus Keplers leben.

Schon die Geschichte von Johannes Kepler selbst ist interessant genug, ganze Bücher zu füllen. Wie sieht es jedoch aus, wenn man sich nicht mit seinem wissenschaftlichen Beitrag beschäftigt, der den Horizont der damaligen Zeit ungemein erweiterte, sondern den Astronomen und Mathematiker im Spiegel seines Jahrhunderts einordnet, und ferner sein Familienleben betrachtet, welches turbulenter nicht hätte sein können?

Die Geschichtswissenschaftlerin Ulinka Rublack hat diesen Versuch unternommen und kleinteilig historische Archive durchstöbert.

Vor den Lesern liegt nun ein weniger bekanntes Kapitel von Keplers Leben, welches sowohl Kepler selbst, als auch die Familie in der Zeit einordnet, in der sie lebte. es ist die Zeit großer Veränderungen, in einer schon glaubenstechnisch gespaltenen Gesellschaft, an den Schwellen zu einem langanhaltenden Kriege stehend.

Gleichzeitig ist die moderne Wissenschaft am Entstehen. Große Entdeckungen werden gemacht. Und doch, die Kirche hat immer noch viel Macht. Aberglauben ist weit verbreitet, die Verfolgung und Folterung vermeintlicher Hexen in vollem Gange.

Die Autorin beschreibt, wie selbst Keplers Mutter in diesem, für damalige Zeit bedrohlichen Verdacht gerieht und wie die Familie des Astronomen damit umging. Ein jeder für sich, ganz unterschiedlich.

Sie hat recherchiert, wie eine Behauptung zu einem Selbstläufer mit ungeheuerlicher Dynamik wurde, gleichzeitig, wie die unmittelbare Nachbarschaft darauf reagierte.

In diesen Punkten zeigt Rublack ihre enorme Kenntnis der damaligen Zeit und legt ausführlich dar, wie verbreitet Aberglaube und die Angst vor Hexerei noch waren, jedoch auch, dass nicht immer und überall jeder Vorwurf der Hexerei zu Folter und Tod führen musste.

Eine Gesellschaft noch im Griff vieler Traditionen und nicht zuletzt des Glaubens, gleichzeitig in den Städten ein enormer Wissensschub durch den Fortschritt der Wissenschaft. Die Autorin legt verständlich dar, wie Johannes Kepler seine Reputation und seine daraus folgenden Kontakte für sich und die Seinen zu nutzen wusste, nicht zuletzt seiner Mutter.

Wie weit gingen Familienbande zur damaligen Zeit? Wie weit reichte der Horizont der Menschen? In welchen Denkmustern waren selbst auf natur-wissenschaftlichen Gebieten fortschrittliche Männer wie Kepler gefangen? Auch diese Fragen beantwortet Rublack ausführlich, jedoch ohne sich mit längeren Exkursen aufzuhalten.

Ein wenig bedauerlich ist, wenn auch der Schwerpunkt schon titelmäßig woanders liegt, dass Keplers wissenschaftliche Arbeit ein wenig zu kurz kommt.

Da hätte ich mir noch ein wenig mehr Ausführungen gewünscht, jedoch ansonsten hilft dieses historische Sachbuch die Zeit des Astronomen und die gesellschaftliche Dynamik einer Kleinstadt im Spätmittelalter zu verstehen.

Ergänzt wird das Werk durch mehrere erläutende Karten und zahlreichen Abbildungen und Fotografien.

Insgesamt lesenswert.

Autorin:
Ulinka Rublack wurde 1967 in Tübingen geboren und lehrt seit 1996 Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit in Cambridge. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Genderstudien, Materialitätsgeschichte und Fragen der kulturellen Identität. Sie schreibt für zeitungen und Zeitschriften und ist Autorin mehrerer Sachbücher.

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Klaus Cäsar Zehrer: Das Genie

Das Genie Book Cover
Das Genie Klaus Cäsar Zehrer Diogenes Erschienen am: 28.08.2019 (TB) Seiten: 651 ISBN: 978-3-257-24475-1

Inhalt:
Boston, 1910: Der elfjährige William James sidis wird von der Presse als “Wunderjunge von Harvard” gefeiert. Sein Vater triumphiert.

Er hat William von Geburt an mit einem speziellen Lernprogramm trainiert. Doch als william erwachsen wird, bricht er mit seinen Eltern und seiner Vergangenheit und weigert sich, seine Intelligenz einer Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, die von Ausbeutung, Profitsucht und Militärgewalt beherrscht wird. (Klappentext)

Rezension:
Manchmal muss sich ein Schriftsteller nicht einmal eine Geschichte ausdenken, um etwas interessantes erzählen zu können. oft genug sind tatsächliche Geschehnisse hundertfach interessanter. So, hier, das Leben eines Mannes, der wohl das letzte Universalgenie der jüngeren Vergangenheit gewesen sein dürfte.

Klaus Cäsar Zehrer erzählt die Geschichte eines Kindes ukrainischer einwanderer, die vom Ehrgeiz getrieben, dieses nach strikten psychologischen Gesichtspunkten und einem speziellen Lernprogramm erzogen, welches so zum Genie mit allen Vorzügwen und Fallstricken wurde, die heute dem echten William James Sidis zugeschrieben werden.

Von normalen Kinderspielen ferngehalten, lernte er bereits im Kleinkindesalter lesen, entwickelte eine hohe mathematische Begabung und ein Interesse für Naturwissenschaften, schrieb bis zu seinem achten Lebensjahr bereits mehrere Bücher. Er war das “Wunderkind von Harvard”, von den eigenen Eltern getriezt, von der Presse gefeiert und gejagd. Doch was passiert, wenn ein Genie einfach nur leben möchte?

Viele Ebenen und Fragestellungen ziehen sich durch den sehr detailreich erzählenden Roman, in dem nur kleine Abweichungen vom leben des realen Vorbildes zu finden sind. Was macht uns zu dem, wer wir sind? Sind es unsere Eltern, die Gesellschaft, unsere Umgebung? Wozu führt es, wenn eine Komponente überwiegt oder eine andere vorenthalten wird? Kann man seine Kinder zu Genies erziehen? Wozu ist Wissen gut? Wie frei sind wir in unseren Entscheidungen?

Es sind solche und noch viel mehr Fragen, die zwischen den Zeilen auftauchen und die ein Lesender nur schwer wird eindeutig beantworten können. Zu komplex das vorliegende beispiel, zu turbulent diese feinsinnige Romanbiografie, die einem in den Bann zieht.

Die Protagonisten, allen voran die drei Hauptprotagonisten, sind fassbar. Fast ist es so, als stünde man neben ihnen und taucht ein in die sich entwickelnde Metropolregion an der amerikanischen Ostküste und lebt, leidet förmlich mit, wenn Sidis seine größten Triumphe, aber auch seine größten Niederlagen erfährt.

Sprunghaft spielen die Protagonisten mit Sympathien, die sie beim Leser schnell erlangen, jedoch ebenso fix verlieren. Keine Figur ist dauerhaft einer Seite zu zu ordnen. So schnell habe ich selten schon Protagonisten geliebt und verstanden, dann wieder schlagen können. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt. Trifft die Gesamtheit der Handlungsstränge, der Figuren hier ganz gut. Ein Roman über hohe Aufstiege und tiefes Fallen, darüber, was Eltern anrichten und Kinder daraus machen können und die großen Fragen des Lebens.

Vielleicht hätte der echte William James Sidis sie gar beantworten können. Ob er es gewollt hätte, steht auf einem anderen Blatt.

Autor:
Klaus Cäsar Zehrer wurde 1969 in Schwabach gebohren und ist ein deutscher Schriftsteller. Zunächst studierte er Kulturwissenschaften in Lüneburg, war Praktikant der Satirezeitschrift Titanic und wurde 2002 mit einer Dissertation zur Dialektik der satire in Bremen promiviert. Als freier Autor, Herausgeber und Übersetzer lebt er in Berlin. “Das Genie”, ist sein erster Roman.

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