Comic

Bea Davies: Super-GAU

Inhalt:

Am 11. März 2011 trifft die Fukushima-Katastrophe Japan mit voller Wucht. Tausende Kilometer entfernt, in Berlin, geht das Leben weiter – doch nicht unberührt vom Geschehen. Acht menschen, deren Schicksale unerwartet miteinander verflochten sind, erleben, wie ein fernes Ereignis ihre Welt ins Wanken bringt.

Bea Davies erzählt in ihrer eindringlichen Graphic Novel von den feinen Verbindungen zwischen globalen Katastrophen und persönlichen krisen und zeigt, wie diese Momente unser aller Leben verändern können. (Klappentext)

Rezension:

Wie dünne Fäden ziehen sich die Verbindungen von Menschen rund um den Globus und so bleiben auch wir, scheinbar sicher vor so mancher menschengemachter oder natürlicher Katastrophe, nicht verschont. Diese Ereignisse ziehen Veränderungen nach sich, derer wir nicht entkommen können, die uns einen anderen Blick zu unserer eigenen Vergangenheit, Gegenwart, unserem Leben einnehmen lassen. Die Illustratorin Bea Davies ist für ihr Werk „Super-Gau“ erstmalig auch in die Rolle der Autorin geschlüpft und zeigt, wie sich das Leben mit einem Schlag ändern kann. Auch fernab im vermeintlich sicheren Berlin.

Dabei wirkt die Katastrophe von Fukushima, zunächst das Erdbeben und der Tsunamie, die anschließend das Reaktor-Ungluck zur Folge haben werden, in der feinfühligen Graphic Novel als stetes Hintergrundrauschen, welches die Schicksale der einzelnen Figuren auf unterschiedliche Art und Weise beeinflusst. Vor diesem Weltgeschehen erzählt Bea Davies die Geschichte einer jungen Frau, die ihre Mutter nie gekannt hat und nun in einer Obdachlosenunterkunft tätig ist, einer Mitarbeiterin vom Jugendamt, eines Schreibenden, eines Wissenschaftlers, eines Jungen. Alle leben und haben sie ihren Alltag, der durch ihre Umgebung und eben den Ereignissen, um sie herum, gelenkt wird. Natürlich auch durch solch außergewöhnliche, wie Fukushima.

Im steten Wechsel verschieden großer Panels erzählt Bea Davies so mehrere Geschichten, die zusammen eine große ergeben. Wie Puzzle-Stücke muten diese zum Teil an. Manche fast malerisch, andere im eindeutigen Comic-Stil. Immer in Schwarz-Weiß. Eindrücklich besonders sind die übergroßen, teilweise ganze Seiten einnehmenden Panels, die das Ausmaß an persönlicher Zerrüttung und Zerstörung durch die Katastrophe verdeutlichen. Dies verursacht Momente, die zum Innehalten, in Details versinken, einladen. Das ganze Ausmaß von Verletzlichkeit zeigt sich hier. Fukushima als Chiffre für persönliche Krisen, Probleme und Suchen.

Wir folgen den Figuren auf ihren Wegen, die sich kreuzen, ohne dass dies verwirrend wäre oder erzählerisch schwierige Lücken provoziert. Es sind immer genau so viele Details, wie nötig, die da auf einem einprasseln. Keines zu wenig oder zu viel. Man lebt und leidet mit all den Protagonisten, ohne dass es effekthaschend wirkt. Diese Graphic Novel regt zum Nachdenken an, natürlich über solcherlei Ereignisse, aber auch über die Verbindungen zwischen uns, derer wir nur durch eben diese gewahr werden.

In diesem Sinne sei die Graphic Novel unbedingt empfohlen.

Blick auf Instagram: Bea Davies

Autorin und Illustratorin:

Bea Davies wurde 1990 in Italien geboren und lebt seit 2012 in Berlin als freie Illustratorin und Comic-Zeichnerin. Nach Erhalt eines Stipendiums fing sie 2010 ihre künstlerische Ausbildung an der School of Visual Arts of New York an. Ihr Studium führte sie an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee fort. Im Jahr 2019 erschien ihre erste Graphic Novel. „Super-GAU“ ist ihr zweites Werk, zudem ihr Debüt als Autorin.

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Kris/Vincent Bailly: Ein Sack voll Murmeln – Graphic Novel

Inhalt:

Die Memoiren „Ein Sack voll Murmeln“ erschienen 1973, wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt, zweimal verfilmt und sind längst zum literarischen Klassiker geworden. Darin erzählt Josef Joffo (1931-2018) über seine Kindheit in Paris während der deutschen Besatzung, der Flucht seiner jüdischen Familie und seinen unbändigen Willen im Untergrund zu überleben.

Ein Klassiker, adaptiert als packendes und einfühlsames Comic von Kris und Vincent Bailly.

(Klappentext)

Rezension:

Erinnerungen auf eine komplett andere Form zu übertragen, weit weg vom Ursprungsmedium, ist wagemutig. Dennoch gibt es einige positive Beispiele, neben ganz vielen, die unter die Tische fallen dürfen, wo dies gelungen ist. Bei den Kindheitsmemoiren von Josef Joffo ist dies in beiden Richtungen der Fall.

Ist die erste Verfilmung noch beim Autoren durchgefallen, gilt die zweite als gelungen, was nicht zuletzt großartigen Kinder- und Erwachsenendarstellern, einem klugen Drehbuch und einer nicht minder begabten Regie zu verdanken ist. Auch die hier vorliegende, auf die Biografie fußende Graphic Novel darf als positives Beispiel gelten.

Dabei ist es gar nicht so einfach, eine Geschichte in ein anderes Medium zu übersetzen. Was nimmt man auf, verdichtet man, welche Szenen und Dialoge bleiben? Was lässt man, zwangsweise, außer Acht. Platz ist begrenzt, wird in dieser Erzählform durch die Größe der Panels vorbestimmt.

Auch die Wahl der Farbpalette und des Zeichenstils spielen für die Wirkung eine maßgebliche Rolle. Daraus folgt die Frage, ob die Adaption des Erzählstoffes am Ende als gelungen gelten darf. So möchte ich nicht weiter auf die Geschichte selbst eingehen, die bereits rezensiert wurde, sondern auf die Besonderheiten des vorliegenden Werkes.

Paris ist bunt gehalten, wie alle Szenen, die Hoffnung verkörpern. Ein schneller Strich ins Urban Sketching hinein, manches Panel wirkt beinahe wimmelbildhaft. Temporeich gebietet sich die Graphic Novel, die mit hohem Erzähltempo schnell ins Düstere kommt. Erdtöne dominieren da plötzlich. Einige Panels wirken gedrungen, der Hintergund verschwimmt des Öfteren. Das Auge ruht auf den Vordergrund.

Den Betrachtenden stockt der Atem. Gerade zur rechten Zeit kommen die Momente, die einem durchatmen lassen, nur um im nächsten Moment wieder über den Haufen geworfen zu werden.

Dies gelingt in dieser Adaption, die ein Stück Lebensgeschichte einer neuen Zielgruppe zugänglich und begreiflich machen kann, ohne das Original zu verraten. Tatsächlich hat man nicht das Gefühl, dass wichtige Szenen vergessen wurden, gerade wenn man den Ausgangstext kennt. Der Geist des Originals bleibt erhalten und so kann diese Graphic Novel neben Buch und der zweiten Verfilmung bestehen.

Autor/Illustrationen:

Vincent Bailly wurde 1967 in Nancy geboren und ist ein französischer Comic-Zeichner. Er studierte 1986 an der Kunsthochschule Straßburg und arbeitet seit 1991 für verschiedene Verlage als Illustrator und veröffentlicht seine Zeichnung in Zeitungen und Kinderbüchern. Sein Zeichenstil gilt als düster, so dass ihn der Durchbruch erst spät gelang. Er veröffentlichte in Zusammenarbeit mit anderen Autor/innen mehrere Graphic Novels und unterrichtete von 2000 bis 2009 an der Kunsthochschule ENAAI in Bourget-du-Lac.

Kris ist das Pseudonym des französischen Comic-Autoren Christophe Goret, welcher 1972 in Brest geboren wurde. Zunächst studierte er Geschichte und arbeitete als Buchhändler, bevor er ein Atelier gründete. Im Anschluss schrieb er Drehbücher und arbeitete für die Zeitschrift Spirou. Seine Arbeit, die mehrere Alben und Drehbücher umfasst, wurde mehrfach ausgezeichnet.

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Die Leipziger Buchmesse 2025 – Eine Vorschau

Nur noch wenige Tage und es ist wieder so weit: Der wichtigste Frühjahrstreff der Buch- und Medienbranche öffnet seine Pforten auf der Leipziger Messe. Vom 27. bis zum 30. März findet die Leipziger Buchmesse statt, die zusammen mit der Manga-Comic Con und den Veranstaltungen im Rahmen des Programms „Leipzig liest“ im letzten Jahr über 280.000 Besucher begeistern konnte. Damals präsentierte sich eine ganze Gastland-Region, die Niederlande und Flandern, unter dem Motto „Alles außer flach“. In diesem Jahr dürfen wir literarisch in den hohen Norden reisen. „Worte bewegen Welten“ ist der Leitspruch des Gastlandes 2025, Norwegen.

Auch ich werde wieder Messe-Luft atmen dürfen und freue mich schon darauf, euch hinterher darüber berichten zu können. In den letzten Jahren waren dabei nicht nur die Lesungen, Interviews und Podiums-Diskussionen, denen man lauschen durfte, Highlights, sondern immer wieder auch Zufallsbegegnungen, Gespräche zwischen den Ständen. Ob nun mit Lesenden des Blogs, anderen Bloggenden oder an den Verlagsständen und auf Veranstaltungen. Prinzipiell jagd ohnehin auf der Messe ein Highlight das nächste.

Zahlreiche Veranstaltungen habe ich mir notiert, wie etwa bereits am Donnerstag die Eröffnung des Gastlandstandes Norwegen mit Kronprinzessin Mette-Marit oder „Reisefieber“ mit Julia Finkernagel am Stand von MDR Kultur. Wenn ihr auch die Messe besuchen wollt, hier findet ihr das Programm und die App, in der sich Lesungen, Signierstunden und anderes finden lässt, sortiert nach Ort und Datum. Wie ihr zur Messe gelangt, erfahrt ihr hier und den Messeplan könnt ihr hier finden.

Neben den üblichen Verdächtigen, wie Sebastian Fitzek, dessen Signierstunden wie in jedem Jahr auch diesmal sicherlich den Rahmen sprengen werden, empfehle ich euch einen Gang zu den Ständen des Netzwerks „Schöne Bücher„, der unabhängigen Verlage. Dort bekommt ihr nicht nur Lektüre abseits des Mainstreams sondern auch ein Goodie, wenn ihr euch an einer Sticker-Sammelaktion beteiligt. Wie das aussieht, könnt ihr hier nachlesen. Aber auch wer nicht sammelt, dem seien ein Blick auf diese und andere Verlagsstände natürlich empfohlen, von denen wir alle wohl unsere ganz eigenen Favoriten haben. Ob diese nun unter den klassischen Romanen, Mangas, Comics oder Graphic Novels oder Hörbüchern zu finden sind, die dieses Jahr nochmals besonders auf der Messe präsentiert werden oder gar zwischen den Regalen der Antiquariatsmesse und im Bereich Druck-Kunst.

Quelle: Privataufnahme (so viele Menschen)

Manch einer muss jedoch vielleicht den finanziellen Ruin mit einkalkulieren. Im Gegensatz zur Frankfurter Buchmesse, die ohnehin nur an zwei Tagen für die normalen Besucher geöffnet ist, dürft ihr schon ab Donnerstag auf die Leipziger Buchmesse und überall dort auch Bücher kaufen, nicht nur in der Messe-Buchhandlung selbst.

Treffen wir uns also zwischen den Gängen, an den Verlagsständen und stöbern uns gemeinsam durch die Verlagsprogramme. Ich wünsche uns allen viel Spaß in den kommenden Tagen. Und allen, die zu Hause bleiben, viel Spaß dann beim Stöbern in den Blogs, Literaturforum, auf Youtube und den zahlreichen Social Media Kanälen, auf denen hoffentlich ein wenig Messe-Feeling zu euch auf’s heimische Sofa transportiert werden wird. Und sicher das eine oder andere Buch euch auf die Wunschliste wandern lässt.

Euer findo.

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Jean-Jacques Sempe: Benjamin Kiesel

Inhalt:
Benjamin Kiesel wird ständig rot, einfach nur so (nur dann nicht, wenn er etwas angestellt hat), und alle lachen ihn aus. Er träumt von einer Fee, die ihn heilen kann, und findet stattdessen … einen Freund, der ihn nicht auslacht, sondern versteht. Denn auch Rudi Rettich leidet an einer seltsamen Krankheit: Er muss ständig niesen,, selbst wenn er nicht erkältet ist. Eine melancholische wie lustige Geschichte über zwei tapfere Außenseiter, die ihre Freundschaft sogar ins Erwachsenenalter retten können. (Klappentext)

Rezension:

Die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft begeistert seit 1971 die Lesenden und könnte nicht besser in die heutige Zeit passen. Grund genug für eine revidierte Neuausgabe mit entsprechender Übersetzung, in der der deutsche Titel „Carlin Caramel“ an den Titel der Geschichte des französischen Originals angepasst wurde.

Viel gibt es nicht über die kleine Erzählung, die man rein von den Textzeilen her als kurze Kurzgeschichte betrachten kann, zu sagen. Beschrieben wird eine Kinderfreundschaft, zweier, die eines gemeinsam haben, nämlich etwas, was sie nicht kontrollieren können und sie so zu Außenseiter macht. Doch, zusammen ist man weniger allein und vor allem immer stärker und so verbringt man fortan viel gemeinsame Zeit, kann sich auch für die Hobbys und Talente des jeweils anderen begeistern. Und das klappt auch, nachdem man sich eine Zeit lang aus den Augen verloren und sich erst im Erwachsenenalter wiedergefunden hat.

Eine Erzählung über Unterschied und Zusammenhalt, Freundschaft und das Interesse für einander, wie es uns in unserer hektischen Zeit zu Oft verloren geht, ist alleine schon deshalb erwähnenswert, hinzu kommen aber noch die liebevollen Zeichnungen von Jean-Jacques Sempe, der nicht nur dem kleinen Nick seine Abenteuer verschaffen hat, sondern auch hier seine Begabung für Wimmelbilder zeigt, die mit schnellen Strich Wimmelbilder entstehen haben lassen, in die man sich verlieren darf.

Großflächig zeichnend hat Sempe eine Unmenge Details in seinen Zeichnungen versteckt, wenn man das Gewusel einer Großstadt betrachtet oder die Massen am Ferienstrand und dort die beiden lieben Protagonisten sucht.

Über die Charaktere lässt sich nicht viel mehr sagen, was auch nicht notwendig ist, tzrotzdem kann man sich mit den beiden gut identifizieren. Bei uns allen gibt es schließlich irgendetwas, was uns irgendwo zu Außenseitern macht, auch wenn für uns dieses Merkmal etwas ganz Normales darstellt, was eben zu uns gehört. Toleranz und Akzeptanz so komprimiert darzustellen und so ein Plädoyer zu schaffen, dass es okay ist, einfach nur man selbst zu sein, sich nicht verbiegen zu müssen, wird hier komprimiert gekonnt dargestellt.

Für mich ist dies eine Geschichte, die man in vielerlei Hinsicht einfach nur liebhaben kann. Anderes ist nicht notwendig.

Autor:
Jean-Jacques Sempe wurde 1932 geboren und war ein französischer Zeichner und Karikaturist. Gemeinsam mit Goscinny entwarf er die bekannte Kinderbuchreihe „Der kleine Nick“, nebst veröffentlichte er zahlreiche Bildbände. Nach dem Militärdienst veröffentlichte er regelmäßig Zeichnungen in verschiedenen Printmedien Frankreichs und im Ausland. Er arbeitete mit Künstlern und Autoren wie Goscinny und Patrick Süßkind zusammen. Kennzeichen seiner Bilder waren großformatige Tuschezeichnungen mit schnellem Strich. Er starb 2022.

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Richard Adams: Unten am Fluss – Graphic Novel

Version:
Rezensiert wird hier die Adaption des Romans als Graphic Novel.

Inhalt:

In einer apokalyptischen Vision sieht Hazels jüngerer Bruder Fiver die Zerstörung ihrer Heimat voraus. Sie wissen: Einzig die Flucht kann ihre Kolonie vor dem Untergang retten. Doch kaum jemand will auf sie hören. Und so macht sich nur eine kleine Schar Kaninchen auf, ein neues Zuhause zu finden. Unterwegs durchleben sie zahllose Abenteuer, Meuterei, Verrat und Heldentum, Schlachten mit hohem Blutzoll, bis sie schließlich ins Land der Freiheit und des Friedens einziehen. (Klappentext)

Rezension:

Wie viele Kinder durften sich eigentlich die Trickfilm-Adaption des Romans „Watership Down“ ansehen, um danach nachhaltig wochenlang unter der Angst vor Alpträumen wach zu liegen? Es dürften so einige gewesen sein, schließlich gab es Zeiten, in der auch Eltern, vor allem hierzulande darauf vertraut haben, einen Zeichentrickfilm Kindern ohne Bedenken zeigen zu können.

Die Hauptfiguren sind schließlich flauschige Kaninchen, was also soll schon passieren? Alles, natürlich. So habe ich mich erst Jahrzehnte später an eine andere Adaption des Romans herangetraut, der hier nun vorliegenden Graphic Novel, während ich den Film mir wohl in meinem Leben kein zweites Mal mir ansehen werde und auch der eigentliche Roman noch eine ganze Weile warten darf.

Das Grundgerüst der 1972 erstmalig erschienen Erzählung ist schnell erklärt. Eine Gruppe von Wildkaninchen macht sich auf die Suche nach einer neuen Heimat, nachdem einem von ihnen einer Version vollkommener Zerstörung und Vernichtung anheimfällt. Diese fast epilepsieartigen Anfälle Fivers leiten die Gruppe, die sich von ihrer ursprünglichen Sippe entfernt und eine neue Heimat sucht. Während der Reise ins Ungewisse begegnet diese Gemeinschaft zahlreichen Gefahren und Herausforderungen, die sie nur gemeinsam meistern können. Von Beginn an klar, nicht alle werden es schaffen.

Viel Dramatik ist in dieser beinahe George Orwell anmutenden Geschichte enthalten, die sich zeichnerisch gut in Szene setzen lässt. Dabei wirken die einzelnen Panels beinahe wie in „Winnie the Pooh“, doch zugleich düster und bedrohlicher gehalten. Das gewählte Format und die Entscheidung, ausführlich zu erzählen, transportieren den Geist der Erzählung, so das trotz notwendiger Verdichtung nicht das Gefühl aufkommt, es würde etwas fehlen.

Der Adaption geschuldet, verschmelzen mehrere Nebenfiguren zu einer einzigen, bekommen andere mehr Raum als dies wahrscheinlich im Romantext der Fall ist, doch folgen auch Zeichner und Texter einem kontinuierlichen Spannungsverlauf, der sich fast bis zum Nervenkitzel steigert.

Auch die Graphic Novel ist nichts für Kinder, was hier jedoch auch nicht behauptet wird. Da ich nun zwei Varianten, diese und die Verfilmung kenne, bezweifle ich dies erst recht für den Roman selbst, gleichwohl der Autor diesen wohl selbst seinen eigenen Kindern vorgelesen haben soll.

Roman und Verfilmung haben jeweils mehrere Ebenen, was sich natürlich in zeichnerischer Form besonders gut umsetzen lässt. Fließende Übergänge sorgen für kurzes Innehalten. Die Figuren sind hier gut ausgearbeitet, eine klare Abgrenzung zwischen Gut und Böse liefert Identifikationspotenzial bzw. die Antagonisten. Und ja, Natur ist auch in dieser Version grausam. Warum auch nicht. Ein Verwischen würde die Graphic Novel zu weit vom Original entfernen.

Perspektivwechsel sind hier mit Vorsicht zu genießen. Man kann bei der Anzahl an Charakteren durchaus das eine oder andere Mal durcheinander geraten. Düstere Momente sind dabei in relativ dunklen Farben gehalten, während Erd- und Grüntöne die hauptsächlichen Panels beherrschen, beinahe pastellartig, was zum Versinken einlädt. Der Verlag präsentiert hier ein manchmal schwer verdauliches, in jedem Fall gewichtiges Coffee Table Book.

Da schon Richard Adams eine reale Landschaft zum Handlungsort gewählt hat, fiel es auch hier leicht, dies grafisch zu übertragen. Die Orte existieren, auch das Leben der Protagonisten ist so eindrücklich dargestellt, dass es glaubwürdig wirkt. Von der Übertragung her und vor allem zeichnerisch ist James Sturm und Joe Sutphin hier mit Richard Adams Geschichte etwas großes gelungen, was mich am Ende doch ein wenig mit meinem Kindheitserlebnis versöhnt.

Für Liebhaber der Erzählung ist es zugleich ein wertiges Sammelobjekt, welches hiermit vorliegt.

Autor:
Richard George Adams wurde 1920 in Newbury geboren und war ein britischer Schriftsteller. Nach seinem Einsatz im Zweiten Weltkrieg schloss er 1948 sein Studium der neueren Geschichte ab und arbeitetebis 1974 als Beamter für den Vorläufer des späteren britischen Umweltministeriums. 1972 veröffentlichte er seinen Roman „Unten am Fluss“ und widmete sich fortan hauptsächlich der Schriftstellerei. Er engagierte sich für den Tierschutz und der Einstellung der Fuchsjagd. Später lebte er auf der Isle of Man und starb 2016 in Oxford.

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Empfehlung: e. o. plauen (Erich Ohser) – Vater und Sohn

Manche Werke benötigen aus verschiedenen Gründen keine Bewertung, sind es aber wert, vorgestellt und erwähnt zu werden. Für genau solche ist diese Kategorie.

Die bekannten Bildergeschichten des Berliner Zeichners und Karikaturisten Erich Ohser, die er unter dem Künstlernamen e. o. plauen veröffentlichte, begeistern seit Generationen die Menschen. Die Geschichten handeln von einem Vater und seinem kleinen frechen Sohn, die mit den alltäglichen Problemen kämpfen und dabei auch allerlei Abenteuer erleben.

In diesem Buch sind sämtliche Abenteuer und Streiche vereint. (Klappentext)

Manche Sammlungen sind einfach nur lieb und unscheinbar, doch um so eindrücklicher kann die Geschichte sein, die sich dahinter verbirgt. So ist das auch mit den großen und kleinen Abenteuern von Vater und Sohn, die in kurzen Comic-Strips die Herzen ihrer Leser und Leserinnen erobert haben. Und das weltweltweit. Zum Leben erweckt hat sie Erich Ohser unter Pseudonym.

Vormals als politischer Zeichner tätig, durfte er unter den Nazis nur mehr ohne Politikbezug und unter falschen Namen tätig bleiben, konnte aber seine Abscheu vor den Zielen des NS-Regimes nicht verbergen, was ihm schließlich zum Verhängnis wurde. Dem Prozess vor dem Volksgerichtshof, der wahrscheinlich mit einem Todesurteil geendet hätte, entzog sich Ohser durch Suizid. Geblieben sind u. a. diese Geschichten.

In dieser Ausgabe sind sämtliche Comic-Strips versammelt, die so liebevoll gezeichnet sind, dass man beim Blättern darin versinkt, immer wieder schmunzeln und manchmal herzhaft auflachen muss. Die meisten dieser Geschichten sind zeitlos, einige im Kontext ihrer Entstehungszeit einzuordnen.

Für alle Liebhaber der Zeitungscomics und auch sonst, sehr zu empfehlen.

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Anne Goscinny: Der kleine Nick und das große Glück

Inhalt:

Es war einmal ein auf Papier gezeichneter Junge, der mit seinen Freunden den Schulhof unsicher macht und weltberühmt wurde. Zum Leben erweckt haben ihn zwei unzertrennliche Freunde: der Zeichner Jean-Jacques Sempe und der Comicautor Rene Goscinny, die es beide als Kinder nicht leicht hatten. Gemeinsam haben sie für den kleinen Nick eine Kindheit erfunden, die sie selbst nie haben konnten. (Klappentext)

Rezension:

Wie sieht sie aus, eine glückliche Kindheit? Wie stellt man sich eine solche vor, wenn man selbst keine hatte? Gelingt dies, anderen ohne Vorbild eben diese zu verschaffen? Der französische Comicautor Rene Goscinny und der im Jahr 2022 verstorbene Zeichner Jean-Jacques Sempe haben dies versucht und nicht nur, aber besonders einer Figur das Kinderleben zu geben, welches sie selbst nicht haben konnten. So erzählt „Der kleine Nick und das große Glück“ einerseits vom werden einer der bekanntesten französischen Kinderbuchfiguren, aber auch von der darüber entstandenen Freundschaft und Arbeit zweier faszinierender Persönlichkeiten.

Das Werk der Tochter Anne Goscinny ist dabei ein Hybrid zwischen den Genres. Natürlich ist da der kecke zu Streichen aufgelegte Junge mit seinem Markenzeichen, dem roten Pullunder, der immer wieder Anekdoten anschneidet, die aus der Feder Goscinnys in die Geschichten der Buchreihe Eingang gefunden habe, zugleich ist der Text aber auch eine Art Biografie, Hommage an zwei große Künstler, welche zugleich Einblick in die Arbeitsweise beider gibt. Kaum vorstellbar, dass es anders gelaufen ist als die Autorin selbst, nun mit einem anderen Zeichner Fabrice Ascione, zusammenarbeitete, um das Werk ihres Vaters und dessen Freundes zu bewahren.

Prima!

Ausspruch der Kinderbuchfigur Le Petit Nicolas.

Eine schnöde Biografie zu entwerfen, wäre zu einfach gewesen, Geschichten vom kleinen Nick und seinen Freunden gibt es ohnehin zu Hauf‘ (und noch nicht genug), warum also nicht einmal etwas Neues probieren? Schief gehen durfte solch ein Projekt nicht, was leicht hätte passieren können, hat man damit doch ein wenig am franzöischen Kulturerbe gerüttelt, doch wird man in die verschiedenen Welten, die nur zusammen eine in sich stimmige Erzählung ergeben, förmlich hineingesogen.

Den Zeichenstil Sempes hat man beibehalten, der nicht nur seine Figuren immer hat lebendig werden lassen, sondern ganze Szenarien erschaffen hat. Getreu dem Vorbild, wenn nicht Bilder der Originale genommen wurden, ist die feine Linienführung erhalten geblieben, in der einzelne Farbkleckse Akzente setzen. Die Autorin wiederum hat es geschafft, dem Stil ihres Vaters treu zu bleiben und eigene Punkte zu gestalten. Die Dynamik zwischen Freunden kommt dabei ebenso hervor, wie auch die Stimmung, die Goscinny und Sempe erfasst haben muss, wenn eine eigene Figur es schafft, sich in das Herz zu schleichen. Die erzählt die Geschichte übrigens selbst, abwechselnd zu den beiden anderen Perspektiven, die Goscinny und Sempe bilden.

Rene und Jean-Jacques, die haben mir erklärt, sie haben mich erfunden – ich, ich hab gar nichts gesagt, aber eigentlich wären sie doch ohne mich überhaupt gar nicht berühmt, also echt. Ich weiß schon, das klingt komisch und wenn ich das in einem Aufsatz schreibe, dann sagt meine Lehrerin, meine Mama darf mir nicht helfen.

Anne Goscinny: Der kleine Nick und das große Glück

Es ist ein Werk für große und kleine Comic-Fans, übrigens auch für die Leinwand adaptiert, welches einfach nur schön ist. In allen Punkten. Sind es die Zeichnungen, in die man sich verliebt? Der Text? Die in jeder Zeile mitschwingende Melancholie? Ist es die Perspektive eines kleinen Jungen oder zweier Herren, die es geschafft haben, ihr inneres Kind bis zu ihrem Tode zu bewahren? Oder ist es vielleicht etwas ganz anderes?

Für mich kann ich das nicht vollständig beantworten. Es sind solche Geschichten, weswegen ich lese.
Nicht nur, weil reale Namensgleichheit verpflichtet.

Autorin:

Anne Goscinny wurde 1968 geboren und ist eine französische Literaturkritikerin und Romanautorin. Nach der Schule studierte sie in Paris Vergleichende Literaturwissenschaften und schrieb anschließend für unterschiedliche Magazine. Parallel veröffentlichte sie mehrere Romane, die in verschiedenen Sprachen übersetzt wurden und veröffentlichte Kurzgeschichten für Jugendliche.

Als Tochter und alleinige Rechtsnachfolgerin für das Erbe ihres Vaters verwaltet Anne Goscinny dessen literarisches Werk und gründete im Jahr 2016 das Institut Rene-Goscinny, eine Stiftung. Für Werke, die in Zusammenarbeit mit anderen entstanden sind, arbeitet sie eng mit deren Nachfolgern zusammen, so z. B. mit Sylvie Uderzo, der Tochter von Albert Uderzo. Ihr 2004 gegründetes Unternehmen IMAV veröffentlicht alle Werke von „Der kleine Nick“ und verwaltet die Merchandising- und Audiovisuellen-Rechte.

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Andreas Steinhöfel/Melanie Garanin: Völlig meschugge?!

Inhalt:

Benny, die Umweltaktivistin Charlie und Hamid, der 2015 als Flüchtlingskind aus Syrien kam, sind dickste Freunde. Nichts kann sie auseinander bringen. Nichts? Als Benny von seinem Opa eine Kette mit Davidstern erbt, finden die drei sich in einem Strudel aus Antisemitismus, Mobbing und Gewalt wieder, der sie mit sich reißt und ihre Freundschaft zu zerstören droht. (Klappentext)

Rezension:

Die Geschichte der drei Freunde beginnt mit ihrem Ende. Der zwölfjährige Benny wird verletzt aufgefunden, aus einer alten Höhle geborgen, in der er zuvor gestürzt war. Noch einmal ist er mit den Schrecken davongekommen, doch was war zuvor passiert? Eine beeindruckende Graphic Novel ist hier parallel zur gleichnamigen Jugendserie der Fernsehsender ZDF und Kika erschienen, die mit ihrem Inhalt das Werk in die Reihe der Bücher gegen das Vergessen rückt.

Erzählt wird die Geschichte dreier Freunde. Benny ist Mittelpunkt der Gruppe, sportlich und mitreißend. Charlie gehört nicht nur die Modelleisenbahn, um die sich die Gruppe regelmäßig versammelt, in gelben Gummistiefeln engagiert sich die Vegetarierin zudem für Umwelt- und Naturschutz. Der Dritte im Bunde ist Hamid, der 2015 mit seiner Familie aus Syrien nach Deutschland kam und seine Gedanken und Gefühle in Zeichnungen verarbeitet.

Nichts kann die drei auseinander bringen, doch in der weiterführenden Schule geht es rau zu. Handys verschwinden, Mobbing und Ausgrenzung sind an der Tagesordnung. Als Benny offen eine Kette mit Davidstern trägt, stellt dies auch die Freundschaft zu Hamid in Frage, dem sein älterer Bruder einige krude Gedanken in den Kopf gesetzt hat. Ein Strudel, der sich immer heftiger auftürmenden Gewalt beginnt die Freundschaft der drei zu zerreißen.

Soviel zum Inhalt der Geschichte, die sich trotz der thematischen Schwere leicht lesen und diskutieren lässt, was nicht nur an der grafischen Aufbereitung durch Melanie Garanin liegt, sondern auch an der einfühlsamen Erzählweise durch Steinhöfel, der wie kaum ein anderer deutschsprachiger Kinderbuchautor es schafft, wichtige Fragen aufs Tableau zu bringen, dabei keine Fäden der Handlungsstränge zu verlieren oder ins Klischeehafte abzurutschen. In einer Mischung aus Comic- und Mangastil werden Mobbing, Antisemitismus und Ausgrenzung, Freundschaft und Mut so aufbereitet, dass sich dies gemeinsam, z. B. im Unterricht oder alleine gut lesen lässt, finden doch alle entsprechende Äquivalente in der realen Welt.

Vergleichsweise ausführlich orientiert sich das Werk sehr eng an der gleichnamigen, ebenfalls sehenswerten TV-Serie, die parallel dazu entstand. Die Kapiteleinteilung entspricht der Benennung der einzelnen Folgen. Durch die Erzählweise entfallen in beiden Medien Längen. Zudem fehlt der erhobene Zeigefinger fast gänzlich.

In der Serie sind die Charaktere wechselseitig perspektivgebend, während die Graphic Novel vor allem aus der Sicht von Charlie erzählt wird. Doch die drei Hauptcharaktere sind hier wunderbar ausgestaltet, haben allesamt Ecken und Kanten, in ihren Reaktionen nachvollziehbar. Der erzählte Zeitraum ist unbestimmt, es kann sich dabei jedoch nur um wenige Wochen handeln. der Handlungsort könnte überall in Deutschland sein. Gegensätzliche Protagonisten sind klar definiert gehalten, aber auch deren abstruse Beweggründe sind ausreichend ausgearbeitet, so dass sich eine Dynamik zwischen den Figuren entfaltet, die dem Werk eine gewisse Geschwindigkeit und Brisanz verleiht.

Interessant bei solcher Lektüre ist immer auch die Farbgebung. Kontraste ergeben sich durch die warmen Farben, wenn aus der Sicht etwa von Benny erzählt wird, und den eher dunkelblau gehaltenen Tönen, wenn von Hamid die Rede ist, der seine Gedanken mit sich herumträgt. Zudem sind auch hier die Zeichnungen innerhalb der Zeichnung zu erwähnen, da der Junge parallel zur Handlung das Erlebte selbst malerisch verarbeitet. Große Freistellen wechseln sich zudem ab mit witzigen Randbewegungen, so dass zwischen all dem Ernst es genug auflockernde Momente gibt.

Diese Graphic Novel behandelt all die Themen, die alle Schüler/innen in der einen oder anderen Form kennen, sei es, da sie selbst Betroffene sind oder in derer Umgebung bestimmte Dinge passieren, über die gesprochen werden muss. Dafür bietet das Werk eine Grundlage und kann sicher als Aufhänger und Diskussionsgegenstand im Unterricht genutzt werden. Der Vergleich zur Ringparabel in Lessings Werk „Nathan der Weise“ drängt sich auf. Moderner kann man eine Thematik kaum aufbereiten.

Gerade in unserer Zeit, in der extreme Richtungen wieder Zulauf erhalten und Glaube immer noch zur Konfrontation missbraucht wird oder als Aufhänger, auszugrenzen, ist solch ein Werk gerade für Jüngere wichtig, um zu zeigen, dass es auch anders geht, dass Freundschaft, Mut und Zusammenhalt ideologische Grenzen überwinden können. Auch eine Botschaft, wie sie sich durch einige von Steinhöfels Werken zieht.

Dieses Werk, was junge Lesende ernst nimmt und in der Lage ist, neue Perspektiven zu geben, ist damit unbedingt empfehlenswert.

Autoren:

Andreas Steinhöfel wurde 1962 geboren und ist ein deutscher Schriftsteller. Nach dem Abitur begann er ein Studium der Biologie und Englisch auf Lehramt, bevor er zu Medienwissenschaften, Anglistik und Amerikanistik wechselte. 1991 erschien sein erstes Kinderbuch, seit 2016 ist er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Er ist Autor mehrerer ausgezeichneter Kinder- und Jugendbücher, schreibt Drehbücher. Sein Werk wurde bereits mehrfach verfilmt.

Melanie Garanin wurde 1972 geboren und ist eine deutsche Illustratorin, Kinderbuchautorin und Comiczeichnerin. Zunächst studierte sie in Potsdam-Babelsberg Animationsfilm. Seit 1998 arbeitet sie als freiberufliche Animatorin und Illustratorin für eigene Werke und die anderer Titel. 2020 erschien ihre erste autobiografische Graphic Novel, in der sie den Tod ihres Sohnes verarbeitete. Sowohl eigene als auch die von ihr illustrierten Titel anderer Autoren wurden in mehrere Sprachen übertragen.

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Sid Jacobson/Ernie Colon: Das Leben der Anne Frank – Eine Biografie

Inhalt:

Menschen in aller Welt kennen Anne Frank, die 1929 als Kind jüdischer Eltern in Deutschland geboren wurde und später mit ihrer Familie vor dem Terror der nationalsozialisten in die Niederlande emigrierte, wo sie sich schließlich über zwei Jahre in einem Amsterdamer Hinterhaus versteckte. Dort schrieb sie ihr bewegendes Tagebuch. Heute ist Anne Frank ein Symbol für Millionen von Juden geworden, die der rassistischen Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten zum Opfer fielen.

In Zusammenarbeit mit dem Anne Frank Haus in Amsterdam verfassten Ernie Colon und Sid Jacobson diese umfassende Biografie. In Form einer Graphic Novel. Beginnend bei der Heirat der Eltern bis hin zu Annes tragischen Tod im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

(geänderter Klappentext)

Rezension:

Ihre Aufzeichnungen sind ein Symbol dessen, welches Potenzial der Welt durch das menschenverachtende und todbringende Wirken der Nationalsozialisten in Deutschland und den von ihnen im Zweiten Weltkrieg besetzten Ländern, entrissen wurde. Welche Chancen hätten sich Anne und so vielen anderen Kindern und Jugendlichen ergeben, wären sie unter normalen Umständen aufgewachsen und nicht einer zerstörerischen Vernichtungsmaschinerie zum Opfer gefallen?

Anne Franks Tagebuch gibt uns Einblick in die Seele einer Jugendlichen, die versteckt vor den Häschern der Nazis, in einem Amsterdamer Hinterhaus ausharren musste, so viele Hoffnungen und Träume hegte, aber auch Ängste ausstehen musste, bis das Schicksal auf’s Grausamste zuschlug. Ihr Leben endete kurz vor Kriegsende im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

So viel zur Geschichte. Diese ist bekannt, nicht zuletzt durch verschiedene Versionen ihres Tagebuchs, welches 1947 erstmals in den Niederlanden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Verfilmungen folgten, inzwischen auch sekundärlektüre, die sich mit den Helfern etwa beschäftigt, Anne Franks Freundschaften aus Kindertagen oder den Verrat, den die Untergetauchten zum Opfer fielen. Auch dieses Werk reiht sich da ein, eine Graphic Novel, die die Zeit des Verstecktwerdens verbildlicht.

Da stellt sich natürlich zunächst die Frage, darf man das? Reicht nicht das Tagebuch in seiner ursprünglichen Form? Muss immer noch ein Medium genutzt werden, wo doch der Text des Mädchens, mit dem Wissen um ihr Schicksal, schon hart genug zu lesen ist? Kann eine Verbildlichung die Gefühle, das Denken der Portraitierten überhaupt annähernd und ausreichend transportieren? Muss das sein? Wie sehr kann man komprimieren, herausstellen und verdeutlichen, was schon zu lesen kaum zu fassen ist?

Die Zeichner Ernie Colon und Sid Jacobson haben diese Fragen für sich beantwortet und in jahrelanger Kleinarbeit dieses sehr sensible Projekt umgesetzt. Unterstützt durch das Anne Frank Haus in Amsterdam haben sie verdichtet einzelne Episoden, die die Jugendliche anne Frank in ihrem Tagebuch beschrieb zu einem Gesamtwerk grafisch aufbereitet, welches geeignet ist, neben Text und Verfilmungen zu wirken, nicht minder beeindruckend.

Die Farbgebung ist blass, doch wirkt sie gerade zu Beginn fröhlich, um dann kontrastreich in dunklere Töne zu wechseln. Schließlich war auch das Versteck von Annes Familie und ihren Freunden dunkel und beengt. Die Autoren haben dabei ihr Hauptaugenmerk zunächst allgemein auf das Familienleben, gelegt, danach nur noch aus der Perspektive von anne selbst erzählt, ihre inneren Konflikte, kleine Freuden und Hoffnungsschimmer jedoch ebenso dargestellt. Die Linienführung erinnert an alte Fotografien.

Wer das Tagebuch gelesen hat oder wem der Stoff in reiner Textform zu schwer erscheint, für den ist die Graphic Novel durchaus eine Variante, sich Zugang zur Thematik zu verschaffen. Die gefühle, die beim Lesen aufkommen, werden auch hier hervorgerufen, vielleicht sogar noch mehr, da natürlich einzelne Episoden, die Anne so ausführlich beschrieben hat, verdichtet werden mussten. Als Ergänzung zum tagebuch hat diese Graphic Novel somit in jedem Fall ihre Berechtigung und lohnt einer näheren Betrachtung.

Autoren:

Sid Jacobson wurde 1929 geboren und ist ein US-amerikanischer Comic-Zeichner. Zunächst war er Chefredakteur bei Harvey Comics und schuf verschiedene Figuren, u. a. Richie Rich oder Casper, danach arbeitete er für marvel Comics, ebenfalls als Chefredakteur. 2010 erschien seine grafische Biografie zu Anne Frank, zuvor über den Terroranschlag 9/11 und Amerikas Krieg gegen den Terror.

Ernie Colon wurde 1931 geboren und ist ein US-amerikanischer Zeichner, arbeitete ebenfalls zunächst für Harvey Comics, anschließend für DC Comuics und Marvel.

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Das war der Gratiscomictag 2019

Es gibt Tage, von denen man erst etwas mitbekommt, wenn sie gerade laufen oder schon gelaufen sind. Praktisch, wenn es schon fast zu spät ist. Bei mir ist das der diesjährige Gratiscomictag, der sich 2019 zum zehnten Mal jährt. Nach amerikanischen Vorbild möchten auch im deutschsprachigen Raum namenhafte Verlage auf sich aufmerksam machen und junge Leser für Comics gewinnen, alte Leser zurück gewinnen und so wurden am Samstag in Buchhandlungen und Spezialgeschäften gratis Comics verteilt.

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Über vierzig verschiedene, vom Comic bis zum Manga war alles dabei. Zwei bis drei Hefte durfte man pro Geschäft mitnehmen, ich habe vier meiner Stammbuchläden aufgesucht und bin auf insgesamt zwölf Stück gekommen. Als hätte ich nicht schon genug Lesestoff zu Hause.

Ob sich das für mich gelohnt hat, wird sich spätestens beim Lesen zeigen. Ich bin mir aber unsicher, ob ich mir dies noch einmal antue? Auf der Buchmesse machen mir ja Menschenmassen nichts aus, aber in so kleinen Läden bekommt so ein Gedränge noch einmal eine ganz andere Bedeutung. Und, wenn Erwachsene sich freuen, noch vor dem zehnjährigen Knirps das letzte Heft eines bestimmten Comics abgegriffen zu haben, trauriges Kindergesicht und erwachsene Schadenfreude, dann ist das auch nicht Sinn der Sache. Trotzdem ist es eine interessante Aktion und vielleicht hat ja der eine oder andere Ladenbesuch zu einem ungeplanten Buchkauf geführt? Dann hätte sich der Tag auch für die Buchhandlungen gelohnt.

https://www.instagram.com/p/BxUfYMdgysB/
Man muss dazu sagen, dass ich ansonsten in Buchhandlungen sehr viel Geld ausgebe.

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

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