Nikolaij A. Sokoloff: Der Todesweg des Zaren

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Der Todesweg des Zaren Nikolaij A. Sokoloff Meistersprung Literatur Erschienen: 12.01.2017 Taschenbuch Seiten: 177 ISBN: 978-1-4230-0223

Inhalt:

Im Jahr 1917 kam es in Russland zu Demonstrationen, Streiks und Revolten. Nikolaus II. wurde zum Rücktritt gezwungen und stand fortan unter Hausarrest. Der ehemalige Zar und seine Familie wurden in die Verbannung geschickt, während im Land ein grausamer Bürgerkrieg herrschte.

Im Sommer 1918 verbreiteten sich über die Ermordung des Zaren Gerüchte. Nikolaj A. Sokoloff war einer der ersten, die die Ermordung des Zaren und seine Familie systematisch untersuchten und die Ergebnisse veröffentlichte. Mit der Zeit gerieten seine Erkenntnisse in Vergessenheit. (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:
Wer kennt sie nicht, die Legenden, die sich um die Familie des letzten Zaren von Russland Nikolaus II. ranken? Angeblich überlebende Zarenkinder, die nach Jahren als Erwachsene aufgetaucht sind und einigermaßen plausible Geschichten erzählten, Gerüchte, wonach bolschewistische Soldaten einer der Zarentöchter halfen, aus der Hölle des Massakers zu entkommen.

Es fehlten ja, als man die Gebeine der Ermordeten fand zunächst zwei Gebeine (die man erst später ein paar Meter weiter fand) und überhaupt, was war eigentlich in der Mordnacht geschehen?

Nikolai A. Sokolofff, russischer Untersuchungsrichter, begab sich bereit 1919, beauftragt damals noch von der gegen die Bolschewiken kämpfende “Weiße Armee”, auf Spurensuche. Herausgekommen ist ein Untersuchungsbericht, der Grauenvolles enthüllt.

Der Bericht selbst wurde 1925, nach dem Tode Sokoloffs veröffentlicht, und geriet dann für längere Zeit in Vergessenheit. Dies ist nun der Nachdruck des Originals, natürlich übersetzt. Immer noch ist es die Hauptquelle für Autoren und Historiker, zu ergründen, was damals geschah, denn Spurensuche ist schwierig.

Das Ipatjew-Haus, die letzte Unterkunft und schließlich Todesfalle der Familie, existiert nicht mehr und auch sonst ist der Tathergang mangels lebender Zeugen nur schwer nachzuvollziehen. Tagebücher, einige wenige Fotos, ein paar Tonbandaufnahmen von Aussagen der Bewacher der Familie sind alles, was übrig geblieben ist, und eben dieses Dokument.

Auffallend ist, wie gewissenhaft Sokoloff selbst in dieser schweren Zeit, wir erinnern uns, 1919 war Bürgerkrieg in Russland, recherchiert hat, Zeugen vernommen und orte besucht hat, die mit den letzten Tagen der Zarenfamilie zusammenhingen.

Während damals jedoch der Bericht von üüberlebenden Verwandten des Zaren angezweifelt wurde, können wir heute noch einen Punkt Sokoloff zurechnen. Seine Präzension, die in jeder Zeile zu spüren ist. Nur die Überreste der Familie fand er nämlich nicht, bei so ziemlich allen anderen Punkten hatte Sokoloff das richtige Gespür.

Da dieser Bericht einer der Hauptgrundlagen um die letzte Zarenfamilie ist, sei es jeden Interessierten empfohlen, dies zu lesen. Man sollte es jedoch nicht ohne Vorkenntnisse tun, wird ansonsten schwierig.

Der Schreibstil ist nüchtern gehalten, es ist halt ein Untersuchungsbericht, jedoch dadurch um so verständlich. Ein Namensverzeichnis wäre gut gewesen, ist aber schon im Original nicht vorhanden, also, folgerichtig, auch nicht im Nachdruck. Trotzdem ein sehr lesenswertes Dokument.

Autor:
Nikolai A. Sokoloff wurde 1882 geboren und lebte bis 1924. Er war ein russischer Richter und Untersuchungsrichter, und sollte im Auftrag der Weißen Armee den Verbleib Nikolaus II. und seiner Familie nach der Oktoberrevolution klären. Während des Bürgerkriegs flüchtete er sich vor den Bolschewiken nach Frankreich, wo er kurz darauf starb.

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Steve Sem-Sandberg: Die Erwählten

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Die Erwählten Steve Sem-Sandberg Klett-Cotta Erschienen am: 26.09.2015 Seiten: 525 ISBN: 978-3-608-93987-3 Übersetzerin: Gisela Kosubek

Inhalt:

An einem Januar-Morgen 1941 wird der elfjährige Adrian Ziegler, Sohn einer Wiener Arbeiterfamilie, seinem Zuhause entrissen und in die Klinik Spiegelgrund gebracht. Während der Zweite Weltkrieg tobt, sind Adrian und die anderen Kinder in der Erziehungsanstalt schutzlos der Hölle des Nazi-Systems ausgeliefert.

Einzig der Anblick des Bergs vor dem Fenster weckt in ihnen die Hoffnung auf einen Schutzengel, der sie von diesem finstersten aller Orte zu retten vermag. Die Klinik wird so zum Spiegel des Nazi-Terrors – und das Überleben zur absolzuten Ausnahme. (Klappentext)

Rezension:
Die Reihe guter dokumentarischer und aufarbeitender Romane ist dünn gesät. Viel zu oft werden einzelne Geschehnisse überhöht, gar welche dazu erfunden, als wollen die Autoren die Leser in eine bestimmte Zeitebene einführen, bitte jedoch mit Wohlfühlfaktor, und wenn ein wenig Schrecken und Grusel dabei ist, ist dann die kriminalistische Ader des Zielpublikums auch bedient. Hier aber, ist’s anders.

Steve Sem-Sandberg, dessen größter Teil seiner Werke noch gar nicht aus dem Schwedischen übersetzt wurde, hat mit “Die Erwählten” in Werk geschaffen, welches ebenso wie “Die Elenden von Lodz” aufwühlen und den Blick weiten vermag.

Im Kern geht es um den Wiener Jungen Adrian Ziegler, dessen Elternhaus nicht ins Zeitbild der Nazis passen will und der deshalb in die fänge der neuen Machthaber, genauer gesagt, in der Anstalt Spiegelgrund landet.

Dort sammelt das Regime und seine Getreuen all das, was schwer erziehbar oder als abartig, nicht lebensfähig gilt. Wer einmal drin ist, verlässt dieses System dann auch nicht so schnell. Und schon gar nicht lebendig.

Der zweite Handlungsstrang bezieht sich auf die Kinderkrankenschwester Anna Katschenke, die beim hochangesehenen Jekelius, Leiter der Anstalt, eine Stelle sucht und antritt und nach und nach vom Wirken der Ärzte dort erfährt, das Euthanasie-Programm zur Vernichtung lebensunwerten Lebens willfährig mitträgt und unterstützt.

Gleich dazu die erste erzählerische Meisterleistung des Autoren. Die Täter existierten mit den aufgeschriebenen Namen alle wirklich.

Die Namen Gross, Jekelius oder etwa Katschenka lassen sich nachvollziehen, um die überlebenden und toten Opfer zu schützen, werden diese jedoch anonymisiert, wobei auch hier leicht herauszufinden ist, dass es sich bei der Geschichte um den Jungen Adrian um niemand anderen als Friedrich Zawrel handelt, dessen Lebensgeschichte und Leiden hier als Grundlage für die Handlungsstränge dient, die mit zunehmender Seitenzahl immer schneller, immer drängender erzählt werden.

Dabei unterlässt der Autor es, den Leser zu schonen, begibt sich in die gefühlswelt der Täter und wirft seine Leser dann wieder ins kalte Wasser, wenn beschrieben wird, wie Kinder und Jugendliche mit vermeindlicher oder wirklicher Behinderung vorgeführt, misshandelt oder erlöst werden.

Letzteres findet vor allem im Kopf statt, nur Andeutungen gibt es reichlich.

Unterfüttert mit z.B. Vernehmungsprotokollen und einer tragischen Wiederbegegnungsszene, die verbürgt sind, ist dieser Roman kleinteilig, jedoch immer packend. Man möchte die Täter am liebsten jetzt noch nach ihrem Tode einer gerechten Strafe zuführen.

Doch, was ist schon gerecht, in Anbetracht der Behandlung, die diese ihren Opfern haben angedeihen lassen?

Erschreckend, diese Kaltschnäuzigkeit und diese Willkür, die damals das geherrscht haben, ebenso diese Berufung auf Vorgesetzte. “Wir haben doch nur Befehle ausgeführt.”

Man möchte brechen, auch im Angesicht der Tatsache, dass sich nicht wenige Täter in die Gesellschaft wieder eingliedern, ihren Beruf wieder aufnehmen konnten, während all ihren Opfern, sofern sie mit den Leben davon kamen, Gerechtigkeit meist versagt blieb. Eine Ungeheuerlichkeit.

Im perspektivischen Wechsel gestaltet, hat Sem-Sandberg ein Meisterwerk des Gedenkens geschaffen, welches unbedingt gelesen gehört. Viel zu selten erfährt man etwas über das Schicksal der Euthanasie-Kinder, deren bekanntestes Beispiel in Deutschland Ernst Lossa ist, doch müssen, wie hier am Beispiel Friedrich Zawrels unbedingt noch mehr Kinderschicksale aufgearbeitet werden, um in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu geraten.

Zu groß ist die Gefahr des wiederkehrenden Geschehens. Es hat schließlich auch damals nicht mit überdorsierten Tabletten oder Spritzen angefangen, sondern mit geschürten Hass und Ausgrenzung. Dagegen und gegen die Folgen, nicht zuletzt zur Erinnerung, dieser Roman.

Autor:
Steve Sem-Sandberg wurde 1958 in Oslo geboren und ist ein schwedischer Schriftsteller, Kritiker und Übersetzer. Schon im jungen Erwachsenenalter verfasste er erste Romane. Er war Redakteur bei der Tageszeitung Svenska Dagbladet und wurde für seinen Roman “Die Elenden von Lodz” mit den schwedischen August-Preis ausgezeichnet. Er übersetzt zudem auch andere Autoren ins Schwedische. Er lebt in Stockholm und Wien.

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Maile Meloy: Bewahren Sie Ruhe

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Bewahren Sie Ruhe Maile Meloy Kein & Aber Verlag Erschienen am: 16.03.2018 Seiten: 431 ISBN: 978-3-0369-5776-0 Übersetzung: Anna-Christin Kramer (u.a.)

Inhalt:

Eigentlich war die Kreuzfahrt eine großartige Idee: Während Liz und Nora mit ihren Ehemännern entspannen, toben sich die vier Kinder im Kids-Club aus. Doch was bei einem Ausflug an Land passiert, ist der Albtraum so ziemlich jeder Familie.

Wegen eines Moments der Unachtsamkeit der Mütter sind die Kinder plötzlich spurlos verschwunden. Während die Eltern zunächst sich selbst und dann sich gegenseitig beschuldigen, geht es bei den Kindern ums blanke Überleben. (Klappentext)

Rezension:
Eine Kreuzfahrt, die ist lustig. Eine Kreuzfahrt die ist schön. Oder todlangweilig. Und so beschließen zwei amerikanische Pärchen einen Ausflug vom “Animations- und Bespaßungsalltag eines durchorganisierten Kreuzfahrtschiffes zu machen und so macht sich die bunte Truppe zusammen mit einer argentinischen Familie auf, ins Hinterland von Costa Rica. Was zunächst als harmlose Tour beginnt, bei der die Männer sich widerwillig von ihren Frauen mitziehen lassen und die Kinder ihren ganz eigenen Spaß haben, endet in einen außerplanmäßigen Stopp und schließlich in totales Chaos.

Die Kinder verschwunden, machen sich die Frauen selbst, dann gegenseitig Vorwürfe und zum Schluss stehen alle Beteiligten vor ihren seelischen Scherbenhaufen. Nicht ahnend, dass die Kinder in noch größerer Gefahr schweben. Alle Beteiligten stoßen nach und nach an ihre psychischen Grenzen.

Wenn man das so erzählt, klingt es nach einem großartigen Roman, den man rein von der Aufmachung und den Klappentext auch erwarten dürfte. Hochwärtig ist die Hardcover-Ausgabe verarbeitet, fast so, als würde sie dazu einladen, sie auch wirklich auf einer Kreuzfahrt zu lesen, was man sich drei Mal überlegen sollte.

Doch, was langsam beginnt und dann immer mher Fahrt aufnimmt, verpufft eben so schnell wie die Dampfwolke aus den Schornsteinen eines altertümlichen Kreuzfahrtdampfers, obwohl die Beschreibung des Schiffes eher auf einen AIDA-gleichen Riesen abzielt. Die Handlungsstränge, deren Spannungsbögen sehr ungleichmäßig verteilt sind, ziehen den Leser immer wieder aber nicht kontinuierlich in ihren Bann und ob der Charaktere wird man am Ende ebenso ratlos zurückbleiben.

Kein Protagonist ist wirklich sympathisch bzw. wenigstens die Kinder kann man liebgewinnen, trotz ihrer beschriebenen Macken, aber ansonsten ist auf vielen Seiten einfach Ebbe. Keine Figur, mit der man sich wirklich identifizieren möchte oder kann.

Meloy schafft es jedoch allerdings, das ist hier ein großer Pluspunkt, die Eigenheit klischeehafter US-Amerikaner auf’s Korn zu nehmen, den Glauben, das Glück für sich gepachtet zu haben und schmerzvoll geografie und Gesellschaftskenntnisse durch Katastrophen zu erlernen. Anders funktioniert es ja bei denen nicht, mag mancher Leser der Autorin stillschweigend zustimmen.

Das ist aber viel zu wenig, für einen Roman, der durchaus hätte spannend werden können, stattdessen an Cliffhangern spart und irgndwo zwischen Roman und Krimi pendelt.

Alles in allem schade, weil man hier eine autorin liest, die sicher gut erzählen und schreiben kann, aber gefühlt ihr Potential nicht ausnutzt. So bleibt es bei einer mittelmäßg erzählten Geschichte, die man lesen kann, aber nicht muss.

Autorin:
Maile Meloy wurde 1972 geboren und ist eine amerikanische Schriftstellerin von Kurzgeschichten und Romanen. Sie studierte in Harvard und an der University of California at Irvine Kreatives Schreiben und arbeitete in der Animationsabteilung von Disney.

2002 erschien ihre erste sammlung von Kurzgeschichten, soöter folgte ihr Romandebüt, welches sofort zu einem Bestseller führte. Für ihre Kurzgeschichten wurde sie mehrfach ausgezeichnet.

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Sahm Venter: Nelson Mandela – Briefe aus dem Gefängnis

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Briefe aus dem Gefängnis Sam Venter (Hrsg.) Rezensionsexemplar/Sachbuch C.H. Beck Verlag Hardcover Seiten: 752 ISBN: 9078-3-406-71834-2

Inhalt:

Auf den Höhepunkt einer brutalen Kampagne des Apartheid-Regimes in Südafrika wurde der Anwalt und Aktivist Nelson Mandela verhaftet. Für seine politischen Aktivitäten um den African National Congress ANC musste er die Jahre 1964-1990 in Haft verbringen.

Der spätere Präsident des Landes schrieb in diesen Tagen zahlreiche Briefe an Mitstreiter, Regierungsfunktionäre und an seine Familie. Mehr als 250 ausgewählte Briefe aus dieser Zeit geben Einblick in die Welt eines Mannes, der sich seine Güte und den Weitblick in schwierigen Zeiten bewahrte und zuletzt als einer der inspirierendsten Menschen des 20. jahrhunderts verehrt wurde. (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Haft, Ausgrenzung und Isolation sind in Diktaturen und artverwandten Regime dazu angedacht, die Gegner zu brechen und mundtot zu machen. Wer aus dem Alltags- und politischen Geschehen herausgehalten wird, wer behindert wird, aktiv zu sein, soll vergessen und dessen Betrachtungen und Ideen keine Chance zum Wachstum haben.

Dies hatten die politischen Führer Südafrikas vor, als sie Nelson Rohlilhala Mandela mit Hilfe einer konstruierten Gerichtsverhandlung einsperrten und damit 27 Jahre lang demütigten und nur so ihre Vorherrschaft der Minderheit sichern konnten.

Doch, die Verantwortlichen hatten nicht mit den Willen, Mut und ungeheuren Glaube an das Gute im Menschen, gedacht, welches Mandela Zeit seines Lebens aufrecht hielt, nicht zu vergessen seinen großen Kreis an Freunden, Verwandten und Unterstützern. Ihnen schrieb er beständig Briefe. Ein Großteil wird nun der Öffentlichkeit in dieser Ausgabe zugänglich gemacht.

Dieses Buch ist keine Biografie und auch keine veröffentlichung, die Nelson Mandela selbst forciert hat, dennoch nenne ich ihn hier zumindest an zweiter Stelle als Autor, da er, zwar unwissentlich, aber dennoch für den Inhalt dieses Buches gesorgt hat. Wichtig und an erster Stelle zu erwähnen, ist jedoch Sahm Venter, die mit Beharrlichkeit und Engagement aus Archiven und Privatsammlungen zusammengetragen hat, was ein äußerst vielschichtiges Bild ergibt, welches einen der wohl faszinierendsten Menschen der jüngeren südafrikanischen Geschichte zeigt.

Detailliert gab Mandela Freunden und Verwandten Einblick in seinen Gefängnisalltag, frustriert von den Eingriffen der Zensurbeamten und Gefängnisverantwortlichen, so dass der Anwalt und Aktivist aucvh regelmäßig an Justizminister und andere staatlich Verantwortliche schrieb.

Teilweise sehr schwer zu lesen, da besonders die ersten Briefe unglaublich frustrierend und zermürbend zu lesen sind, so wie sich eben Mandela gefühlt haben muss, wird die Sammlung durch ein umfangreiches Personenregister ergänzt und unter jeden Brief gibt es Erläuterungen zu den dort verwendeten Begrifflichkeiten, beschriebenen Verwandtschaftsverhältnissen oder Ereignissen.

Dies macht die Sammlung so unglaublich wertvoll und informativ, dass man sie in Ergänzung zu Mandelas Biografie “Der lange Weg zur Freiheit” lesen sollte, jedoch unbedingt Vorkenntnisse haben muss, um dies mit Genuss und Gewinn zu lesen.

Charaktereigenschaften, die später die Öffentlichkeit faszinieren und diese sehr besondere Sichtweise Mandelas, die schließlich zum Versöhnungsprozess in Südafrika führen sollten, werden in seinen Briefen deutlich, wozu besonders die Vielfalt und Auswahl der Briefe betragen.

Für die Lektüre sollte man sich Zeit nehmen und nichts parallel lesen, um mit der vollen Konzentration dem rechnung zu tragen, welch schwere Zeit Mandela durchlebt hat. Kartenmaterial und Fotos, eine Kurzbiografie, sowie das berührende Vorwort einer Enkelin Mandelas machen hier Geschichte erlebbar, eingebetet im historischen Material der Briefsammlung.

Wer Südafrika verstehen will, sollte zu diesem gut recherchierten und strukturierten Werk greifen, ahnt hinterher aber auch, warum die Regenbogennation heute ohne ihren Übervater eine wankende Zukunft hat. Unbedingte Empfehlung.

Autor:

Nelson Mandela wurde 1918 geboren, war ein führender südafrikanischer Aktivist und Politiker. Im Jahrzehnte andauernden Widerstand gegen die Apartheid praktizierte er als Anwalt, bevor er von 1963-1990 in verschiedenen Gefängnissen Südafrikas als politischer Häftling einsaß.

Ab 1944 engagierte er sich im African National Congress (ANC) und wurde zum Symbol und Vorbild im Freiheitskampf gegen Unterdrückung und Rassentrennung. 1994 wurde er erster schwarzer Präsident seines Landes und bekam ein Jahr zuvor den Friedensnobelpreis. Er starb 2013 in Johannesburg.

Herausgeberin:

Sahm Venter ist Senior Researcher bei der Nelson Mandela Foundation.

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Alexander Münninghoff: Der Stammhalter

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Der Stammhalter Alexander Münninghoff C.H. Beck Erschienen am: 20.07.2018 Seiten: 334 ISBN: 978-3-406-72732-0 Übersetzer: Andreas Ecke

Inhalt:

Der findige Großvater mit seiner Firma, ein lebenshungriger Sohn und ein Enkel, der Stammhalter, der entführt werden muss: Zwischen diesen Generationen entspinnt sich die wahre Geschichte vom Niedergang einer Familie im 20. Jahrhundert, nicht durch den Krieg, der gut für die Geschäfte ist, sondern weil jeder für den anderen “nur das Beste” will.

Alexander Münninghoff hat aus den vielschichtigen Beziehungen einer Familie, aus der versunkenen Welt zwischen Riga und Den Haag, einen zauberhaften, bewegenden Roman geschrieben. (Klappentext)

Rezension:

Die Erzählung beginnt mit einem Sprung, hinein in eine längst vergessene Zeit. Eine Zeit, in der Großgrundbesitzer die Geschickte Osteuropas bestimmten und die Ruhe trügerisch ist. Es sind die Jahre vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, in die Münninghoff eintaucht, um den Auf- und Abstieg seiner Familie zu erzählen. Eine Geschichte, die dem deutschen Pendant der Buddenbrooks würdig ist, nur eben wahr.

Eindrücklich, minutiös, immer wieder Kindheitserinnerungen und später im Erwachsenenalter Erfahrenes aufgreifend, beschreibt Münninghoff an exemplarischen Szenen die Ecken und Kanten seiner Familie. Förmlich kann man die einzelnen Protagonisten, die einst tatsächlich sein Leben prägten, greifen und begleitet sie auf ihren Weg. Der Spannungsbogen steigt stetig an, führt geradewegs in die unausweichliche Katastrophe.

Alles, was einen Aufstieg hat, hat auch irgendwann einen Abstieg. Eine Regel, die der Autor am Beispiel seiner Familie detailliert zu beschreiben weiß. Er geht kritisch um, mit seinen Verwandten, analysiert als Erwachsener, was er als Kind nur beiläufig aufnehmen und bemerken konnte.

Aus dieser Perspektive, später die des jungen Erwachsenen, der seinen Vater charakterlich über den Kopf wächst, erzählt er, was nicht sein durfte, was war und daraus folgte.

Lebendig beschrieben sind die Figuren, haarscharf die Formulierungen, und doch ist nichts so, wie es scheint. Den Vater, den der junge Alexander Münninghoff bewundert, steht er später immer kritischer gegenüber. Fassungslos, manchmal jedoch ausnützend, betrachtet der Jugendliche dann seine Familie. Nichts ist Schwarz und nichts ist Weiß. Grautöne bestimmen die Bilder, die im Kopf entstehen und längst vergangene Zeiten lebendig werden lassen.

Es mag von dieser Art Familienbiografien Unzählige geben, die sich wahrscheinlich auch noch gleichen, und vielleicht wird man, wie so oft, die eine oder andere Parallele zu seiner eigenen Familie entdecken. Wer weiß schon, was man da für Leichen im Keller findet? Münninghoff jedenfalls hat sich auf die Suche begeben. Eine, die es sich zu begleiten lohnt.

Autor:

Alexander Münninghoff wurde 1944 in Posen geboren und ist ein niederländischer Journalist. Von 1974-2007 arbeitete er für die Haagsche Courant und gewann 1983 den Niederländischen Preis für Zeitungsjournalismus.

Er veröffentlichte mehrere Bücher über das Schachspiel und gründete 2009 eine Partei, für die er jedoch nicht mehr aktiv tätig ist. Für seine Familienchronik “De Stamhouder” wurde er 2015 mit den Libris History Prize ausgezeichnet.

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Leonie March: Mandelas Traum

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Mandelas Traum Leonie March Erschienen am: 23.04.2018 Dumont/Mairdumont Seiten: 300 ISBN: 978-3-7701-8289-3

Inhalt:

Was hält Südafrika im Innersten zusammen? Wie nah am Ideal der Regenbogennation des Übervaters nelson Mandela ist das Land heute tatsächlich? Leonie March begibt sich auf eine große Erkundingsreise: von der Beachfront Durbans über die Drakensberge, vom Eastern bis zum Western Cape und durch die pulsierenden Metropolen Johannesburg und Kapstadt. “Mandelas Traum” ist das Porträt eines faszinierenden Landens am Scheideweg. (Klappentext)

Rezension:

Wo Widersprüche sich in großer Anzahl sammeln, Kontraste größer nicht sein könnten, die Hautfarbe oder das Wohnviertel ausschlaggebend ist für Erfolg oder Misserfolg, dort ist Südafrika nicht weit. Das Land am Kap steckt über zwanzig Jahre nach dem Ende der Apartheid noch immer in alten Konflikten fest, neue sind bis heute hinzugekommen.

Doch, warum sind die Menschen dort immer noch voller Hoffnung, verfolgen unbeirrt ihre Pläne und suchen weiter nach den Weg zur Regenbogennation, die der erste schwarze Präsident Nelson Mandela sich für sein Land erträumte? Die freie Journalistin Leonie March begibt sich auf Spurensuche durch ihre Wahlheimat und entdeckt bisher unbekannte Facetten von Südafrika.

Reiseberichte können nie alle Aspekte und Ansichten innerhalb eines Landes wiedergeben, und so stellt auch dieser nur eine Momentaufnahme der detaillierten Beobachtungen der Autorin dar. Mehr möchte Leonie March auch nicht, muss sie auch nicht, denn alleine ihr Sammelsurium an Geschichten, die sie aufgetragen hat, vermag Faszination zu wecken.

Anhand von zwei Karten auf den Innenseiten des Umschlages und einer klaren Reiseroute hat sie viele Aspekte dieses Landes aufgefangen, die in keinem Reiseführer so zu finden sind. Klar, kaum jemand würde touristisch wohl in ein aktives Bergwerkgebiet fahren oder sich in die verrufensten Wege der Townships verirren, aber March gelingt es hiermit, mit den unterschiedlichsten Menschen aus verschiedenen Schichten ins Gespräch zu kommen.

In jedem Abschnitt wartet sie mit einer neuen Geschichte auf, und zeigt, dass es abseits der Klischees über Kriminalität, den üblichen touristischen Highlights und korrupten Politikern jede Menge Südafrikaner gibt, die mit Eigeninitiative Projekte führen, die ihnen und ihren Landsleuten eine Perspektive geben sollen.

Nicht immer gleich spannend sind diese Geschichten, doch die Begeisterung der Autorin ist gleichwohl ansteckend. Wenn auch sie selbst sich nicht immer ganz von ihrer rosaroten Brille entfernt. Am Interessantesten wird es, wenn sie kritisch hinterfragt, Überlegungen zur Geschichte oder Zukunft ihrer Gesprächspartner anstellt oder sich bei ihrer Reise einfach treiben lässt.

Fast beduert man es, dass die Fotos allesamt eher kleinformatig und in Graustufe gehalten sind, und von ihrer Anzahl eher gering. Gerne hätte man noch mehr bildliche Eindrücke, kann sich aber dank der guten Beobachtungsgabe der Autorin alles wunderbar vorstellen.

Noch ein paar Seiten mehr hätten “Mandelas Traum” jedoch gut getan. Die Autorin konzentriert sich, zwar nicht ausschließlich, bei ihren Besuchen vor allem auf abkömmlinge der Stämme und Urvölker Südafrikas, um den entgegengesetzten Kontrast zu haben, hätte ich mir noch mehr Einblicke in die Geschichte des Landes gewünscht, die auch vorkamen.

Diese hätten mehr ausformuliert werden müssen. Natürlich fraglich, in wie weit man das in einer solchen Art Bericht umsetzen kann, aber ein Versuch wäre es wert gewesen. Ansonsten jedoch die faszinierende Momentaufnahme eines großen Landes und seiner Bevölkerung.

Autorin:

Leonie March wurde 1974 geboren und arbeitet als freie Journalistin in Südafrika und berichtet von dort von diesem und den Nachbarländern Simbabwe, Mosambik und Sambia. Sie ist Mitglied eines weltweiten Korrespondenten-Netzwerkes und erarbeitet für Zeitungen wie die Frankfurter Rundschau und verschiedenen Rundfunksendern Reportagen. Sie lebt mit ihrem Partner in Durban.

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Birgit Weidt: Das Lächeln der Vergangenheit

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Das Lächeln der Vergangenheit Rezensionsexemplar/Sachbuch Mairdumont Taschenbuch Seiten: 239 ISBN: 978-3-7701-8291-6

Inhalt:

Neukaledonien, Archipel am anderen Ender der Welt. Hier begibt sich Birgit weidt auf die Suche nach der geschichte hinter einem mysteriösen Talisman. Sie taucht ein in eine Welt, in der Schamanen die Zukunft aus Palmblättern voraussagen, Unterschiede zwischen den Geschlechtern anhand von Wurzeln erklärt werden und Frauen ihre Gesichtsfalten tragen wie kostbaren Schmuck. Eine Reise, die den Blick für das Magische öffnet, das uns überall und jederzeit umgibt. (Klappentext)

Rezension:

Unweit von Australien und doch am anderen Ende der welt erstreckt sich eine kleine Gruppe von Inseln, die in Europa kaum jemand kennt, und doch (noch) französisches Überseegebiet sind. Neukaledonien. Das ist die Heimat der Muskatnuss und das Gebiet des weltgrößten Nickelvorkommens. Und es war das Sehnsuchtsziel von Birigt Weidt.

Die freie Journalistin machte sich auf, um zu erfahren, wie die Menschen dort leben, was sie bewegt und beschäftigt, wie sehr ihr Leben sich von unserem unterscheidet und um ein Geheimnis zu lüften. Doch die Reise hält mehr Überraschungen und Begegnungen bereit, als die Autorin zu träumen gewagt hätte.

Sie erlebt uralte Bräuche, die Wirkung von tropischen Regen und warum die älteren Bewohner dieser Südseeinseln das Wasser scheuen. Doch vor allem öffnen die Bewohner Grande Terres, Lifou und Ouveas ihre Herzen und geben Einblick in ihr Leben. Fortan ist Weidt der Faszination Neukaledoniens erlegen.

Reisereportagen müssen den Spagat schaffen, journalistisch neutral aber gut recherchiert, spannend erzählt zu sein, aber auch die persönliche Komponente, den Eindruck, mit einzubringen. Kippt die Waage Richtung einer Seite entsteht ein Ungleichgewicht, welches entweder dazu führt, dass man es nur noch mit reinem Faktenwissen zu tun hat oder zur anderen Seite, und dann hat der Leser eine Gefühlsduselei sondergleichen vor Augen.

Birgit Weidt zumindest gelingt dieser Spagat weitgehend sehr gut, wenn auch zum Ende hin ein paar Ausrutscher zu verzeichnen sind. Doch, die autorin schafft es ungemein ein Gefühl des Fernwehs zu erzeugen. Praktisch so, als wäre man mit dabei, begleitet die Autorin auf ein Insel-Filmfest und beobachtet sie beim Vollrichten eines uralten Brauches, um Einblick in das Leben der Ureinwohner zu erhalten.

Viel erfährt man darüber, doch hat man unweigerlich das Gefühl selbst Neukaledonien bereisen zu müssen, um das Geschriebene nachzuvollziehen. Der Sand in den Schuhen, das Ploppen der Kokusnüsse, wenn sie reif von der Palme auf den Boden fallen, und die Suche nach dem richtigen Mittelweg zwischen Tradition und Moderne.

An manchen Stellen wirkt die Autorin selbst etwas überdreht, starkes Kontrastprogramm zur sonst nüchtern und beobachtend gehaltenen Erzählweise, die Informationen über die Inselwelten so ganz nebenbei einfließen lassen.

Wie sehen die Einwohner die Zukunft dieser bedrohten Idylle, wo Chancen, was macht es aus, dieses Leben? Birigt Weidt sucht diese Fragen und antworten darauf zwar nicht, doch stößt sie darauf, lässt sich treiben. Sie begegnet Businessfrauen, die ganz aus ihrer traditionellen Rolle fallen und Künstler, die sich von der sie umgebenden Natur inspirieren lassen, Wunderheiler und Häuptlinge, denen in der Gesellschaft immer noch ein hoher Stellenwert zukommt.

Der Leser wird sich wünschen, dass die Menschen Neukaledoniens auch weiter so ihren Weg gehen können und wird mit einer Fülle von Eindrücken die letzte Seite umschlagen, vielleicht eine Reise buchen, so als wäre man (fast) da gewesen. Und das ist doch etwas.

Wer dann immer noch nicht genug hat, kann auch die auf ihren Reisen durch die Südsee gesammelten Rezepte nachkochen. Damit wäre man dann auch endlich reif für die Inseln.

Autorin:

Birgit Weidt wurde 1962 geboren und lebt in Berlin. Die freie Journalistin schreibt Reisereportagen u.a. für GEO Saison, DIE ZEIT, Frankfurter Allgemeine Zeitung und NZZ. Zuletzt wurde sie für ihre Reportagen mit den unabhängigen Journalistenpreis des Niederländischen Büros für Tourismus & Convention ausgezichnet

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Stephan Wackwitz: Die vergessene Mitte der Welt

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Die vergessene Mitte der Welt Rezensionsexemplar/Sachbuch S. Fischer Verlage Taschenbuch Seiten: 368 ISBN: 978-3-596-18365-4

Inhalt:

Stephan Wackwitz hat mehrere Jahre in Georgien gelebt, auch die Nachbarländer Armenien und Aserbaidschan bereist. Uralte Kulturländer zwischen Tradition und Moderne, die sich seit der Loslösung von der Sowjetunion auf einem abenteuerlichen Weg befinden.

Der Autor erlebte politische Machtwechsel, den Kampf um Demokratie und Menschenrechte, den Wandel der Städte. Er spürte einer sensiblen Atmosphäre nach und einem ganz besonderen Menschenschlag. (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Gerade bei Reiseberichten, so scheint es, ist Vorsicht angebracht. Wer einen lesen möchte, muss aufpassen. So gibt es wirkliche Reiseberichte, wo eine Route abgefahren, abgelaufen, jedenfalls gereist wird, und der Autor über das auf den Weg Geschehene berichtet, dann widerum gibt es komplexe literarische Schreiben, die eher einem Roman gleichen als einem informierenden Sachbuch.

Erstes liegt mit “Die vergessene Mitte der Welt” hier vor, versetzt mit einem hoch erhobenen philosophischen Zeigefinger.

Daran krankt das Werk von Stephan Wackwitz auch, der nicht aus seiner Haut der Goethe-Institut-Erfahrung heraus kann und zu einem guten Teil den Zustand Georgiens und seiner Nachbarländer philosophisch analysiert. Das ist etwas, was man nicht erwartet, wenn man Klappentext bzw. Inhaltsangabe des Verlages liest.

Tatsächlich fühlt sich der Leser, wenn er keine Antenne für Hölderlin und Co. hat, in die Irre geführt, und kann erst im letzten Drittel und bei der Ergänzung zwecks Neuauflage wirklich etwas über dieses sehr interessante Gebiet erfahren.

Mäßig aufgelockert durch Fotografien, zur Orientierung dienen auf den Umschlagsseiten Karten der Region, ist dies ein schwer zu lesender Bericht, der nicht zu jedem Leser Zugang finden wird.

Die Sprache ist zu hoch, die philosophischen Betrachtungen erschließen sich nicht jeden, zumal wenn die Vorkenntnisse über die großen Philosophen fehlen und irgendwo bleibt das Gefühl, ins falsche Regal gegriffen zu haben. Jedenfalls nicht in das für Reiseberichte.

Man erfährt einfach nicht durchgehend etwas über die Reisestationen oder Menschen, die der Autor getroffen hat (nur mehr gegen Ende der Lektüre). Das ist einfach viel zu wenig, dabei hätte man so viel mehr daraus machen können.

Oft genug läuft der Autor in Gefahr Georgien und seine Nachbarländer gleichsam aus einem Elfenbeinturm heraus zu betrachten und mit erhobenen Zeigefinger zu betrachten. Nur haarscharf gelang es ihn, hier die Kurve zu kriegen. Das haben die Länder nicht verdient, der Nutzen ist zweifelhaft und der Kopf nach dem Lesen voller Betrachtungen, die kaum zu verarbeiten sind.

Im letzten Drittel gelingt es den Autoren wirklich die Linie eines Reiseberichts einzuschlagen, weshalb ich geneigt bin, eine mittlere Bewertung mit Tendenz zum Positiven zu geben. Bis dahin ist es aber ein langer Weg, und den muss man sich nicht unbedingt antun.

Autor:

Stephan Wackwitz wurde 1952 in Stuttgart geboren und ist ein deutscher Schriftsteller. Er studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie in München und Stuttgart, arbeitete als Lektor im King’s College in London und seit 1986 in verschiedenen Funktionen für das Goethe-Institut.

Nach Stationen in New Delhi, München, Frankfurt, Krakow, Bratislawa und New York lebte er längere Zeit in Tiflis. Seit 1987 publiziert er regelmäßig im Merkur. 1982 erschien sein erstes Buch. Mehrfach wurde er bereits ausgezeichnet.

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Die KINGsianer in Berlin – Im Zeichen des Clowns

Träumen Sie manchmal schlecht? Nach einem Buch des großen Meisters amerikanischen Horrors kann das durchaus passieren und so stehen die Werke von Stephen King in schöner Regelmäßigkeit immer wieder auf den Bestsellerlisten ganz weit oben.

Das konnte man zuletzt nicht nur bei den Neuerscheinungen des Autoren sehen, sondern auch direkt nach Erscheinen des ersten Trailers zur Neuverfilmung von “Es”, welches eines der favoriten von vier lesebegeisterten Booktubern ist, die für die Bücher von Stephen King gerne werben.

Es sind die Booktuber Phils Osophie, Toto liest, PadiLovesBooks und LadyoftheBooks, die gestern die Hauptstadt unsicher machten und zusammen mit Hugendubel nachmittags auf Booktuber und Blogger, abends dann in einer anderen Filiale mit Fans über Stephen King und viele andere Dinge mehr sprachen. Bei letzterer Veranstaltung war ich dabei.

https://www.instagram.com/p/BkqDgzlA5ln/?hl=de&taken-by=findosbuecher

Für mich sind solche Zusammentreffen immer Highlights. Wann hat man schon einmal Gelegenheit dazu, zumal Booktuber und Blogger quer im Land verstreut leben und es überdies zwischen beiden Gruppen relativ wenig Überschneidungspunkte gibt? Und das, obwohl wir alle die gleichen Interessen haben, wir Bücher lesen und lieben und durchaus registrieren, was der Eine oder die Andere so macht.

So sind es dann solche Treffen auf Messen, oder eben von Booktubern und Bloggern organisierte, hier in diesem Falle von den Hugendubel Buchhandlungen organisierte, Veranstaltungen, auf denen ein Austausch stattfinden kann, und da es dieses Mal ganz in meiner Nähe stattfand, warum nicht?

Ich war natürlich wieder ein paar Minuten zu früh da, aber das machte nichts, denn so konnte ich schon einmal den vorbereiteten Büchertisch durchschauen. Viel Stephen King lag dort natürlich, aber auch interessante und vielschichtige Sachbücher und andere Fantasy/Science Fiction waren zu bestaunen. Habe mir gedanklich eine Liste gemacht, die ich irgendwann einmal werde durchgehen müssen. Nur, schenke mir bitte jemand Zeit dazu.

19 Uhr ging es los, die Booktuber trudelten ein, Zuschauer, Freunde und Fans waren schon da, Pennywise, der Clown aus “Es” auch. Ich bewundere den Menschen, der sich bei der Hitze in den Räumen auch noch verkleidet und mit uns Fotos gemacht hat. Ob der wohl Temperaturzulage bekommen hat? Zu wünschen wäre es. wer wollte konnte auch noch einen gelben Mantel, Film like, anziehen, was ich mir aber nun doch nicht geben musste.

Wie gesagt, Hitze.

https://www.instagram.com/p/BkqFOe_AaXo/?hl=de&taken-by=findosbuecher
Toto liest, Phils Osophie, Pennywise, PadiLovesBooks, LadyoftheBooks.
"Wir werden heute alle fliegen."

Dann ging es los. Versorgt mit Häppchen und Getränken, startete eine Art Vlog, nur eben live vor Zuschauern und Torsten vom Kanal “Toto liest” ordnete seinen Olymp favorisierter Autoren, während Philipp von “Phils Osophie” erzählte, im Alter von zehn Jahren zum ersten Mal mit Stephen King in Berührung gekommen zu sein. Meine Bewunderung, ich musste drei Mal so alt werden, um überhaupt damit zu beginnen.

Später ging es darum, mit welchen King man doch anfangen sollte, zu lesen und welche Autoren denn noch sonst so lesenswert wären. Ich hoffe, irgendjemand hat die Veranstaltung zur Gänze oder zumindest die Highlights per Video aufgezeichnet, denn am Ende waren die Booktuber geplättet von der Resonanz, wir Gäste voller Informationen und Anregungen für neuen Lesestoff. Mehr als drei Stunden haben wir miteinander verbracht. Und es war toll.

Dieser Abend hat gezeigt, dass der stationäre Buchhandel durchaus registriert, was im Internet abseits der Ladenkasse so passiert, daher großen Dank noch einmal an Hugendubel, und natürlich an die vier Booktuber, deren Kanäle allesamt sehenswert sind, und dass auch die vier den Austausch mit den Zuschauern und anderen Booktubern/Bloggern genießen.

Ich hoffe jedenfalls, euch verrückten Haufen auf der nächsten Leipziger Buchmesse wieder zu treffen. Frankfurt wird nicht funktionieren, habe da etwas anderes vor. Man liest und hört sich.

Jedenfalls bin ich nun auch KINGsifiziert.

Unter den Hashtag #ichbineinkingsianer sind auf Instagram und Twitter noch mehr Beiträge anderer Zuschauer zu finden, sicher auf den Kanälen der vier Booktuber demnächst auch Videos dieses Tages. Danke, auch an Hugendubel, die dies möglich gemacht haben.

Der virtuelle Spendenhut

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Charles C. Mann: Amerika vor Kolumbus

Amerika vor Kolumbus Book Cover
Amerika vor Kolumbus Charles C. Mann Rowohlt Erschienen am: 21.10.2016 Seiten: 720 ISBN: 978-3-498-04536-4

Inhalt:

Charles C. Mann schreibt die Geschichte des vorkolumbianischen Amerikas. Er zeigt, dass die indianischen Kulturen oftmals weiter entwickelt waren als die europäischen Gesellschaften, und gewährt uns überraschende Einblicke in die Lebensweise der Ureinwohner. “Amerika vor Kolumbus” ist ein wichtiges, mitreißend erzähltes Buch. (Klappentext)

Rezension:

Auf den Gebiet der späteren Vereinigten Staaten von Amerika riesige Bisonherden, auf den Südkontinent einzelne bevölkerte Fleckchen Erde, einsame Dörfer im Regenwald und nur wenige Konzentrationspunkte von Hochkulturen wie den Maya, Inka und Azteken. Ansonsten, eine romantische Idylle, die durch die Ankunft der Europäer zerstört wurde.

Dies ist das Bild, welches wir heute von der Kolonialisierung Amerikas seit seiner Entdeckung haben, welches zudem in zahlreichen Filmen vertieft wird? Doch, wie war es wirklich? Wie erlebten die Menschen, Eroberer und Eroberte die Ankunft der Europäer? Welchen Einfluss nahmen diese auf das Leben der Urbevölkerung und in welchen Punkten waren die Einwohner Amerikas Ursache selbst für ihren Niedergang?

Der Wissenschaftsjournalist Charles C. Mann begab sich auf Spurensuche, besuchte Ruinen und Ausgrabungsstätten, befragte Archäologen, Biologen und Geographen zu ihren teils kontroversen Ansichten und sichtete zahlreiches Quellenmaterial. Entstanden ist eine biografische Entwicklungsgeschichte des Amerikas vor, während und direkt nach seiner Entdeckung vom Wilden Westen bis hinein in die peruanischen Anden.

Ausgiebige Recherchearbeit, dargestellt durch ein wahrhaft beeindruckendes Anmerkungs- und Quellenverzeichnis wird für den Laien verständlich, vertiefend und geordnet präsentiert.

Beeindruckend die Auseinandersetzung mit den verschiedensten Theorien nimmt Mann seine Leser von den allgemeinen Fragen zum Thema hinein in die Details und erklärt, warum der Urwald in Wahrheit ein riesiger angelegter Garten war, dass die Ureinwohner vor ihrer Entdeckung bereits im Niedergang begriffen waren, warum einige Europäer selbst wie die Indianer leben wollten und welche Erkenntnisse sich aus der Vergangenheit ziehen lassen.

Aufgelockert durch Fotografien und Kartenmaterial wird der Leser durch das Thema gelotst, muss jedoch seine volle Aufmerksamkeit auf die Lektüre richten, ohne die man es nicht schaffen wird, dabei zu bleiben.

Diese Ausgabe aus den Rowohlt Verlag ist ein Paradebeispiel dafür, wie Sachbücher gestaltet und geschrieben werden können, für wirklichen Erkenntnisgewinn, den man auch fachlich nutzen kann und der hoffentlich auch bei der weiteren Lektüre des Fortsetzungsbandes von Nutzen sein wird.

Dazu übrigens eine Besonderheit und wohl auch Einblick in die Arbeit von Verlagen: Im Land des Autoren ist dies der erste Band, der jedoch im Deutschen als zweiter erschien. Man mag nun spekulieren, ob dies einfach der Erwartung geschuldet ist, dass ein Band als erfolgversprechend angesehen wird, um den zweiten zu refinanzieren, oder ob dies andere Gründe hatte? Es ist jedenfalls gelungen. Als besonderes Sachbuch und vertiefende Lektüre ist dieses Werk sehr zu empfehlen.

Autor:

Charles C. Mann wurde 1955 in Michigan/USA geboren und ist ein US-amerikanischer Autor und Journalist. Er schreibt regelmäßig für mehrere Wissenschaftsmagazine, einige Artikel auch für Zeitungen wie die New York Times und beschäftigt sich insbesondere mit den Folgen der Entdeckung Amerikas. Seine Werke wurden ausgezeichnet, u.a. von der National Academy of Science. Zwei seiner Werke wuden bereits ins Deutsche übersetzt.

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