Leipziger Buchmesse 2024: Ein Fazit

Den Beitrag zur Messe-Vorbereitung findet ihr hier, die Berichte zu den Messetagen findet ihr hier und hier.

Nach blanken Zahlen können die für die Messe Verantwortlichen zufrieden sein. 9.000 Besucher mehr als im vergangenen Jahr besuchten, trotz schlechten Wetters und vor allem zwischenzeitlichen Streik der Leipziger Verkehrsbetriebe Veranstaltungen auf dem Messegelände, sowie im Rahmen der Aktionen um #Leipzigliest stattfindenden Lesungen und Diskussionen, überall in der Innenstadt, womit die Marke von 283.000 Besucher erreicht wurde. Insgesamt 3.400 Mitwirkende präsentierten sich auf 2.800 Veranstaltungen, 2.085 Aussteller aus 40 Ländern waren zugegen. Prominente Gäste gaben sich die Klinke in die Hand, die Aktion der Leipziger Messe in Zusammenarbeit mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels #DemokratieWählenJetzt war in aller Munde, auch brachte die MangaComicCon wieder ihre bunten Farbtupfer und viel Kreativität mit ein. Preisverleihungen wie die des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung und die Gastland-Region Niederlande & Flandern (“Alles außer flach”) taten ihr übriges.

Doch, wie war die Messe nun eigentlich für mich? Nun, vor allem waren es vier Tage voller Begegnungen und Diskussionen, die spannende Einblicke und ein gehöriges Maß an Inspiration für künftige Beiträge lieferten, vor allem in Bezug auf kleine und unabhängige Verlage und ihre Projekte. Es hat mich gefreut, mit vielen von euch sprechen zu können, wenn auch mancher Moment sehr kurz bleiben musste, gerade an den Ständen, auch das eine oder andere Feedback habe ich gerne mitgenommen. Zurückgekommen bin ich mit einem Koffer voller Bücher, die die nächsten Monate auf den Blog bestimmen werden, sowie Verlagsvorschauen und sicher der einen oder anderen Entdeckung, die hoffentlich zu einem Lesehighlight avancieren wird.

Ich freue mich bereits auf die nächste Buchmesse. Ob dies schon Frankfurt oder erst wieder in Leipzig sein wird, wer weiß?

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Leipziger Buchmesse 2024: Das Messewochenende

Den Donnerstag und Freitag auf der Leipziger Buchmesse 2024 könnt ihr hier nachlesen.

Messe-Tag 3

Der Samstag begann mit der Familie. Ich versuche das immer ein wenig zu verbinden, wenn man schon einmal dort ist und diese zum überwiegenden Teil in Leipzig lebt. Es ist zudem nicht das Schlechteste, den Tag mit einem Brunch zu beginnen und den schlimmsten Regen auszusitzen. Also dieses Wetter hatten wir auch länger zu Messe-Zeiten nicht.

Draußen war beinahe durchgehend schlechtes Wetter. Grund genug, auf der Messe zu sein.
(Quelle: Privatarchiv)

Auf der Messe selbst stellte Nora Krug ihr Buch “Im Krieg” vor, wieder ein interessantes Gespräch am Stand vom Podcast-Radio detektor.fm, danach ging es zu Correctiv, wo es um die Rolle von Journalismus ging und in der Diskussion am viel zu kleinen Stand auch um die Entlarvung von Desinformation.

Auch bei C.H. Beck, einem meiner Favoriten unter den Sachbuchverlagen ging es hoch her. Überhaupt war die ganze Zeit sehr viel los. Es waren wohl über die gesamte Messezeit 9.000 Besucher mehr als im vergangenen Jahr anwesend, nur 3.000 weniger als im Rekordjahr 2019 (dem Jahr vor Corona). Besonders bei den großen Publikumsverlagen hat man das gemerkt, teilweise war dort gar kein Durchkommen. So sehr das Rondell von DroemerKnaur auch schön anzusehen ist, dadurch entsteht immer ein Gedränge, was es einfach sehr schwer macht, sich durch die Menge zu den Büchern zu schieben, bei BasteiLübbe oder Lyx sah das ähnlich aus.

Knapp unter Rekord von 2019, die Anzahl der Besuchenden der Messe. (Quelle: Privatarchiv)

Zu vielen großen Verlagen bin ich auch gar nicht gekommen, tatsächlich war ich viel in Gesprächen vertieft bei kleineren Verlagsständen, die sich einfach über das Interesse gefreut haben und mit denen ich viel öfter und viel mehr machen möchte. Bei C.H. Beck traf ich übrigens nicht nur meinen Verlagskontakt, sondern auch den ARD-Korrespondenten Werner Sonne, der mir sein Buch “Israel und wir” signierte.

Nach einer letzten Veranstaltung und Diskussion ging es dann schon wieder in die Stadt, ins Pinguin, sowie ins Pub. Ich möchte betonen, dass die Aperol überhaupt keine Auswirkungen auf irgendetwas hatten. Und ich bin am Tag zuvor in die Baugrube gefallen. So zwanzig Zentimeter Loch im Dunkeln, schlecht abgesperrt, sind sehr gefährlich. Auch, wenn man nur Limonade getrunken hat.

Messe-Tag 4

Trotzdem war am Sonntag auch bei mir irgendwie die Luft raus. Das ist immer so und so habe ich von ursprünglich fünf geplanten Sachen nichts gemacht und bin stattdessen zu den Signierstunden von Ralph Ruthe und @KriegundFreitag gegangen. Von beiden hatte ich mir am Tag zuvor Bücher gekauft und natürlich war das Ziel die Signatur.

Dieses Jahr gab es einen extra Signierbereich auf der Messe, den einige, nicht alle Verlage genutzt hatten und der Verlag beider Cartoonisten nutzte diesen und auch den gleichen Tisch, so dass man anstehen, sich die Signatur abholen konnte, um dann sich gleich nochmals anzustellen für den nächsten.

Das hatte zur Folge, dass einige Zuspätkommer das Nachsehen hatten, zudem Verlagsmitarbeiter aufpassten, dass sich niemand in die Schlange hineindrängen konnte. Beide haben mir in den Büchern noch etwas reingezeichnet.

Nach einer letzten Runde ging es, bevor es dann zurück in das Bundeshauptdorf ging, auf dieser Fahrt habe ich beinahe mein Handy verloren, von der Messe runter. Insgesamt wurden es 27 Bücher, mehrere Autogramme, ein Interview und viele tolle Ideen für kommende Beiträge, davon abgesehen, dass meine Wunschliste wieder ins Unermessliche gewachsen ist. So soll das ja auch sein.

Ich habe viele tolle Eindrücke und auch schönes Feedback mitgenommen, die Treffen mit allen, die von euch da waren, waren so schön. Ich zehre davon die Tage und freue mich bereits auf das nächste Mal. Ob auf der Messe oder auch sonst.

Und nun versuche ich mich weiter zu sortieren. Wäsche, Bücherstapel, Programme, verwirrte Menschen. Ach nein, von euch ist ja keiner im Koffer gelandet. Oder doch?

Es folgen noch ein Messe-Fazit, sowie ein Interview und mehrere Rezensionen. Ihr dürft gespannt sein.

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Leipziger Buchmesse 2024: Tag 1 & 2 – Messe mit Hindernissen

Nach einigem Sortieren und Durchatmen bin auch ich aus Leipzig zurück. Nach Leipzig ging es schon einen Tag vor Messe-Beginn, was das Ankommen und den Stress, der damit verbunden ist, etwas entzerrt, auch wenn diesmal die Bahn weder bei An-, noch Abreise Probleme gemacht hat. Ist doch auch mal was. Dennoch nehme ich nächstes Mal vielleicht noch eine frühere Verbindung. Ich hätte so die offizielle Eröffnungsveranstaltung im Gewandhaus mitnehmen können, die zumindest nach Hörensagen berichtenswert gewesen wäre.

Und an den Ständen durchaus intern Gesprächsthema gewesen ist. Nicht nur, dass dort der Bundeskanzler durch Zwischenrufe unterbrochen wurde, auch organisatorisch einige Dinge zumindest die eine oder andere Diskussion wert gewesen wäre. Weder wurde der alte Messe-Direktor Oliver Zille gebührend verabschiedet, noch die neue Buchmesse-Chefin entsprechend vorgestellt, auch auf das Gastland wurde nicht so tiefgehend eingegangen, wie man es hätte möglich machen können.

So was muss man doch inszenieren. Das fanden so einige mehr als irritierend und da sprechen wir noch nicht einmal von der Eröffnung des Gastland-Standes “Niederlande & Flandern – Alles außer flach” mit dem Bundespräsidenten, der wohl ebenfalls ausgepfiffen wurde.

Am Ende des Tages fand unser traditionelles Bücherforen-Eröffnungsessen (buechertreff.de) beim Inder statt. Auf meine zweite bestellte Mango-Limonade warte ich immer noch, aber schon die Gespräche dort und das Wiedersehen haben viel wettgemacht.

Messe-Tag 1

Der begann, für mich ungewöhnlich, nicht auf der Messe, sondern in einer der ehemaligen Wartehallen des Hauptbahnhofs. Dort sind jetzt eine Buchhandlung drin, nebenbei eine der schönsten in Leipzig, und nebenan ein Starbucks drin. Im letzteren traf ich mich mit Uwe Wittstock, um über seine Bücher Marseille 1940″ und Februar 33 zu diskutieren.

Uwe Wittstock im Gespräch. (Quelle: Privatarchiv)

Ich hoffe, das Interview bald zum Nachlesen auf den Blog bringen zu können. Es war wieder ein Gespräch mit einem Autoren, der wollte, dass das Interview für beide ein Erfolg wird. So etwas ist immer dankbar, zudem Verlag, Autor und ich bis kurz vor knapp nach einem passenden Termin und Ort gesucht hatten. Bei hektisch chaotischer Messe-Planung von allen Seiten gestaltete sich das nicht ganz so einfach. Letztendlich hat es geklappt.

Danach bin ich zur Messe gefahren, natürlich total euphorisiert und konnte der Diskussion “Israel ohne Lobby” lauschen und danach “Die Geschichte der Israelis & Palästinenser”, eines der großen Themen der diesjährigen Buchmesse.

Die Edition Nautilus bescherte mir mein letztjähriges Lesehighlight. Der Verlag eröffnete die Messe mit einem kleinen Empfang am Stand. Dort, wie auch bei den anderen, vor allem unabhängigen Verlagen, hatte ich im Laufe der Tage viele tolle Gespräche. Zuletzt konnte ich dann einer Diskussion um Andrea Löws “Deportiert” lauschen, in der die Historikerin die Deportationsgeschichten des Holocaust aus Sicht derer darstellte, die sie erlebten.

Der Abschluss des Tages bildete dann unser traditionelles Essen im Pinguin mit der Hammer-Meldung, Streik der Leipziger Verkehrsbetriebe an den folgenden Tagen. Grund genug, dass ich mir für den ersten Streik-Tag ein Taxi bestellt habe. Man resigniert da inzwischen, zuckt mit den Schultern. Irgendetwas ist ja immer und dass etwas so läuft, wie geplant, rückt ja inzwischen öfter in weite Ferne.

Messe-Tag 2

Der Freitag bestand für mich vor allem aus Gesprächen, zuerst mit einer freien Literaturagentin, die sehr viel für kleinere und unabhängige Verlage, aber auch für große Verlagsgruppen macht, die nur so es schaffen, etwas auch außerhalb ihrer A-Titel zu präsentieren. Alles andere würde sonst hinten runter fallen.

Auch habe ich so den einen oder anderen Blick auf kleinere Verlagsgeschichten bekommen, der mir sonst so nicht möglich gewesen wäre. So was ist der Lohn für das, was ich mache, aber auch Planung für kommende Beiträge auf den Blog. Für den ging es dann weiter zu Diogenes, anschließend zu Kiepenheuer & Witsch, die jeweils beide Autorinnen und ihre Bücher vorstellten, anschließend zu Karl Rauch, dem Verlag des “Kleinen Prinzen”, der aber noch sehr viel anderes macht.

Dort gab es ebenfalls einen kleinen Empfang und nette Gespräche mit Verlagsmitarbeitern und einer Presseagentin. Ist das eigentlich schon eine Art von Adeln, wenn man als Kollege angesprochen und behandelt wird? Auf jeden Fall besser als der arme Praktikant eines großen deutschen Radiosenders, der in der Früh von seinen Kollegen im Hotel vergessen wurde. Manchmal ist das schon witzig, was man hinter den Kulissen so alles mitbekommt.

Anschließend ging es zum Verlag Wagenbach, der Jubiläum feierte, sich selbst und sein Programm vorstellte. Dort wurden alle auf Wolken (kleine Schaumstoffunterlagen zum Sitzen) gebettet und mit italienischen Getränken (Nein, kein Wein.) ausgestattet. Eine niederländische Autorin stellte ihr neues Buch vor und ich habe eventuell ein Interview angestoßen, was ihr vielleicht auch bald auf den Blog lesen könnt, mit derer Übersetzerin, falls euch Übersetzungsarbeit im Literaturbetrieb interessiert. Wenn nicht, mache ich es trotzdem. Noch ist aber nichts fest.

Die Autorin Wytske Versteeg liest aus ihrem Roman “Die goldene Stunde”, und ich schaue hinauf, da unten sitzend. (Quelle: Privatarchiv)

Gegen des Ende des Tages war die Familie dran. Mit meinen Geschwistern ging es zum Vietnamesen. Schwesterherz hat eingeladen. Da sagt man ja auch nicht nein.

So weit erst einmal bis dahin. Der Bericht zu Tag 3 und 4 könnt ihr hier nachlesen, das Fazit folgt noch.

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Leipziger Buchmesse 2024: Alles außer flach

In wenigen Tagen steht die Messestadt wieder ganz im Zeichen der Literatur. Der traditionelle Frühjahrsauftakt der Buchbranche, in dem Verlage, Autorinnen und Autoren auf ihre Leserschaft treffen und nicht nur Cosplayer für ein buntes Innenleben sorgen, findet mit über 2500 Veranstaltungen und 2900 Mitwirkenden statt, und einer ganz besonderen Gastregion. Auch ich bin wieder mit dabei.

Im vergangenen Jahr waren gleich zu Beginn die Messehallen mehr als voll. (Quelle: Privatbesitz)

Bereits ohne Blog habe ich mir damals regelmäßig mehr Lesungen und Diskussionen aus dem Messeprogramm herausgeschrieben, als ich in der Lage gewesen wäre, diese zu verfolgen. Alles, was irgendwie interessant klang, wurde erst einmal notiert. Entschieden, welche Veranstaltungen ich mir tatsächlich ansehe, habe ich dann auf der Messe selbst, was bisher immer zu einem veritablen Chaos geführt hat. Das hat sich auch mit der Schreibarbeit nicht geändert, ist eher schlimmer geworden, da jetzt nebst den regulären Angeboten auch Presse- und Bloggertermine hinzukommen, zwischen denen ich auswählen muss. Kurz vor knapp aber steht die Planung und die Vorfreude steigt.

Damit auch euer Messe-Besuch gelingt, hier einige Tipps für euch:

In diesem Jahr hat die Messe wieder ihren angestammten Platz im Kalender bekommen und findet vom 21.-24. März statt, nicht nur auf dem Messegelände selbst, auch finden im gesamten Stadtgebiet verschiedenste Veranstaltungen unter dem Motto “Leipzig liest” statt. Einen Überblick über das Programm könnt ihr euch hier verschaffen (oder in der App der Leipziger Buchmesse), diesmal mit besseren Filter-Funktionen, die man verbessert hatte, nachdem es da 2023 so einige Kritikpunkte gab, die die Planung eher erschwerten als dass sie eine Hilfe waren.

Wie ihr zum Messegelände kommt, seht ihr hier, die besonderen Punkte der parallel verlaufenden Klimabuchmesse sind hier zu finden. Eine Übersicht über die Ticketpreise gibt es hier (wer vorher kauft, hat im Ticket die Fahrt von und zum Messegelände enthalten). Für die Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln empfiehlt es sich, Stehvermögen mitzubringen, die eine oder andere Tram an sich vorbeifahren zu lassen und Wartezeiten einzukalkulieren. Wer eine Unterkunft in der Innenstadt hat, dem empfiehlt sich, nicht am Hauptbahnhof, sondern eine Haltestelle vorher, am Augustusplatz, in die Tram zu steigen.

Was das diesjährige Gastland Niederlande und die Region Flandern zu bieten haben, könnt ihr hier erfahren.

Nehmt euch etwas Essen wie Energieriegel oder Nüsse mit und unbedingt eine Flasche Wasser oder ähnliches mit. Zwar wird dort sicher wieder an vielen Ecken frisch gepresster Orangensaft angeboten, flüssiges Gold wäre jedoch günstiger.

Ihr könnt sowohl an den Ständen und in den von Hugendubel organisierten Messebuchhandlungen Bücher kaufen, vom ersten Messetag an.
Sogar Messe-Merch gibt es diesmal, an einem Stand in der Glashalle.

[Einklappen]

Eine Übersicht über die für den Preis der Leipziger Buchmesse nominierten Bücher findet ihr hier.

Ich werde einen Tag eher anreisen, um dann entspannt am nächsten in die Messe einzutauchen und erste Eindrücke sammeln, nachdem ich in der Innenstadt ein Interview geführt habe, welches ihr nach der Buchmesse auf den Blog lesen könnt. Mit wem, wird noch nicht verraten.

Bei verschiedenen Verlagstreffen und Bloggerveranstaltungen werde ich ebenso sein, wie auf Lesungen. Nur nicht ganz so überladen wie sonst, da ich diesmal mit etwas weniger Technik auskommen muss. Trotz zusammengestellten Programm dürfte es daher für mich etwas entspannter ablaufen als sonst. Sprecht mich also gerne an, wenn ihr mich seht. Ich beiße nicht. 🙂

Ich wünsche uns allen eine tolle Zeit auf der Buchmesse. Vielleicht sehen wir uns ja.

Euer Nick.

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Cecilia Sjögren: Die letzte Welle

Inhalt:

Im Altenheim “Ömheten” geschehen seltsame Dinge: Ein mysteriöser Einbruch, gefolgt von einem Todesfall wecken den Verdacht des pensionierten Polizisten Tore Lindahl: Ist sein Heimnachbar Viking wirklich auf natürliche Weise gestorben? Wer ist der Fremde, der vor dem Heim herumschleicht? Und warum will das Pflegepersonal all das geheim halten?

Bei der örtlichen Zeitung hofft Veronika Wiklund auf die große Story. Wenn sie nicht bald einen aufsehenerregenden Artikel abliefert, verliert sie den Job. Als sie von Tores Verdacht hört, sieht die Journalistin ihre Chance gekommen.

Gemeinsam beginnen die beiden zu ermitteln. Ihre Recherche deckt ein weit verzweigtes kriminelles Netzwerk auf. Musste Viking sterben, weil er davon wusste? Oder liegt die Wahrheit weiter zurück – im Inferno des Zweiten Weltkriegs, dem auch der kleine Fischerort Grisslehamn nicht entgehen konnte? (Klappentext)

Rezension:

Interviews im Umfeld des Altenheims sollen es sein, die die journalistische Praktikantin führen soll, fällt doch die Einrichtung im Zuge einer wirtschaftlichen Übernahme vor allem durch Ungereimtheiten in der Verwaltung auf. Routinearbeit, die nicht gerade genügend Stoff bietet, doch ereignet sich zeitgleich ein Todesfall, der den pensionierten Polizisten Tore Lindahl aufhorchen lässt. Der mag nicht so recht an einem natürlichen Ableben seines Zimmernachbarn glauben und begibt sich auf Spurensuche. Auch für Veronika stellen sich bald mehr Fragen als Antworten. Beide ziehen ihre Schlüsse, nicht ahnend, welche Geister der Vergangenheit sie da wecken.

Kriminalromane aus Skandinavien sind eine sichere Bank, zumal wenn sie in modernen Gewand und ohne eine gehörige Portion Melancholie daherkommen, die sämtliche Handlungen zu ersticken vermag. Stattdessen macht die Autorin Celine Sjögren in ihrem Debüt viele Handlungsstränge auf, die hauptsächlich auf zwei zeitliche Ebenen verteilt werden. Diese kann man aufgrund der Struktur des Textes noch gut auseinander halten, doch ist hier mit der Detaillierung eindeutig zu viel gewollt.

Da wäre nicht nur die eigentliche Haupthandlung, sondern auch das Zwischenspiel im Miteinander von Charakteren, die zwar viel Inhalt bringen, bei denen man sich jedoch zu schnell fragen mag, wie am Ende diese zueinander geführt werden, zudem ein Handlungsstrang eher dem Genre Kriegsroman zugeneigt ist. Auch diese Gegensätze werden nach und nach miteinander verbunden.

Cecilia Sjögren kann schreiben und weiß wenige Spannungsmomente gekonnt einzuarbeiten, doch ergeben sich aus zwischenmenschlichen Zusammenspielen zwar die Konturen der mit zunehmender Seitenzahl auch immer zahlreicheren Protagonisten, aber eben auch Längen, die man kaum ignorieren wird können. Landschaftliche und Ortsbeschreibung sind dagegen positiv hervorzuheben. Bilder vor dem inneren Auge sind garantiert. Das zusammen funktioniert am besten, wenn sich die Handlung weg vom Ausgangspunkt bewegt, fast so als würde die Dynamik mit der Ferne zum Altenheim zunehmen. Apropos Altenheim, bis jetzt dort die trostloseste Beschreibung dessen innerhalb eines Buches, welche ich gelesen habe.

Die Figuren sind gekonnt ausgestaltet und bekommen im Verlauf ihre Ecken und Kanten. Manches ist nicht wie es scheint, auch wenn in das Kitsch-Näpfchen das eine oder andere Mal zumindest der Finger hineingetaucht wurde. Momente des Augenrollens hat man da durchaus, im Gegensatz zu einem gewissen Schauer, den man bei Kriminalromanen erwarten dürfte. Der fehlt komplett. Beim Lesen des Textes neigt man dazu, Mord und andere unausweichliche Konfrontationen mit Schulterzucken hinzunehmen, was sicher auch nicht das ursprüngliche Ziel gewesen sein dürfte. Man liest diesen Krimi wie einen normalen Roman, der kein Krimi ist.

Große Überraschungen bleiben aus, zumindest wenn man bereits einiges in diese Richtung gelesen hat, trotzdem erlaubt der Schreibstil ein schnelles Vorankommen, so dass man auch über die eindeutigen Schwächen hinwegkommen und die Lektüre fix beenden wird. Wen das ausreicht, sei “Die letzte Welle” zu empfehlen.

Autorin:
Cecilia Sjögren ist Wirtschaftswissenschaftlerin und Autorin. Zum vierzigsten Geburtstag bekam sie einen Schreibkurs geschenkt, seit dem schreibt sie vor allem Kriminalgeschichten. Ihr Roman “Die letzte Welle” gewann 2022 den Krimiwettbewerb von SAGA Egmont.

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Entengrütze und der Geruch von Erdbeeren

Mit den Fingern streiche ich vorsichtig über das Papier, erfahre Glätte und Unebenheiten, an einer Stelle ist das Papier rauh. Ich reibe vorsichtig zwei Finger aneinander, und verbinde fortan einen neuen Geruch mit Büchern, der so zuvor noch nicht mit ihnen in Verbindung stand. Der Duft von frischen Erdbeeren steigt mir in die Nase, ein Gefühl von Sommer kommt auf, doch schaue ich durch das Fenster sehe ich das Wetter unschlüssig, öffne ich das Fenster kommen mir die Gerüche (und der Lärm) der Straße entgegen. Ich wohne inmitten der Stadt.

Der Sommer existiert plötzlich nur noch auf den Papier.

Ein Kinderbuch aus Lettland ist es, was dieses Hin und Her auslöst. Geschrieben hat es die Autorin Lote Vilma Vitina, auch die liebevollen Illustrationen stammen von ihr. Erschienen ist “Der kleine Dichter und der Duft”, in der deutschen Übersetzung von Lil Reif bei Mirabilis. Der Dichter folgt einer Wolke nach draußen, Gerüche inspirieren ihn. Die mich in den Sommer versetzende Erdbeere duftet tatsächlich. Im Vorsatzpapier ist sie zu finden.

Im Frankfurter Ostpark geht es nicht ganz so idyllisch zu. Enten und Nilgänse sind sich nicht grün, da kann noch so viel Entengrütze für alle vorhanden sein. Missgunst bestimmt den Tag. Schnell geraten die schöne Gans Nilgül und der schlaue Enterich Hausen zwischen die Fronten ihrer Vogelscharen. Es wäre doch einfacher für alle, an einem Strang zu ziehen. Nur, wie zusammenfinden, wenn vermeintliche Unterschiede als kaum zu überwindende Barrieren erscheinen? Doch Freundschaft und Zusammenhalt können viel bewirken.

Liebevoll illustriert von Viktoria Wagner erleben “Nilgül und Hausen” in der Geschichte aus der Feder von Riccarda Gleichauf dieses große Abenteuer. Und alle kleinen Leser und Leserinnen (oder allen, denen diese wunderschöne Geschichte vorgelesen wird) können sich nicht nur an den Ententeich träumen, die beiden Hauptfiguren laden auch zum Singen ein. Drei Lieder, abrufbar bei Youtube oder per QR-Code runden Text und Bild ab. Dieses Kinderbuch ist interaktiv, im besten Sinne.

Geschichten für die Kleinsten, interaktiv oder haptisch erlebbar, so lieb, dass ich keine Sterne-Bewertung, sondern einfach nur beide Bücher allen ans Herz legen möchte, die gerne ihre oder andere Kinderbuchregale sinnvoll auffüllen möchten. Wer kann schon etwas gegen dönerfutternde Enten sagen oder Erdbeeren?

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Jeannette Gusko: Aufbrechen

Inhalt:
Transformationskompetenz ist die wohl größte ungehobene Ressource für unsere Zukunft. Wandlungserprobte Menschen, wie Wende-, Migrations- oder Arbeiterkinder, haben große Umbrüche erlebt und damit eine Kompetenz erworben, die unsere Gesellschaft für die Zukunft handlungsfähig machen kann. Wenn es uns gelingt, diese bislang unerkannte Superkraft freizusetzen, können wir endlich aufbrechen und die dringend nötigen Transformationen unserer Zeit gemeinsam angehen. (Klappentext)

Rezension:

Krisen sind wie Kreuzungen, heißt es gleich zu Beginn in diesem Buch. Einmal eine Abzweigung genommen, wird es mit zunehmender Wegstrecke schwerer zum Ausgangspunkt zurückzukehren, zumal ohne das Wissen, ob nicht ein anderer weg zu einem noch schlechteren Ergebnis führen würde. Verständlich, dass viele Menschen daher angesichts der derzeitigen Ereignisse und düsteren Zukunftsaussichten resignieren oder gar Angst haben, den Status quo zu verlassen, lieber diesen bewahren möchten, gleichwohl wissend, dass ein “Weiter so” ebenso falsch wie auf lange Sicht unpraktikabel wäre.

Vielfach ist bewusst, dass wir Änderungen, nicht nur in Bezug auf z. B. Klimawandel oder sozialen Fragestellungen vornehmen müssen, alleine die Ungewissheit ob der Auswirkungen lassen uns diese nicht oder gar zu zögerlich angehen.

Dabei könnte es schon helfen, Menschen, die selbst bereits Änderungsprozesse erlebt und bewältigen mussten, in die Lage zu versetzen, ihre Transformationskompetenz zu nutzen. Die Autorin Jeannette Gusko erläutert in ihrer Denkschrift “Aufbrechen”, wie dies funktionieren kann.

Transformationskompetente Menschen können sich jederzeit andere Systeme vorstellen. Sie arbeiten mit hoher Analytik sowie Mustererkennung, einer wichtigen Fähigkeit für Kreativität. Sie finden umfangreiche langfristige Antworten auf Systemstörungen […], weil sie die ihnen zugrundeliegenden Ursachen systematisch zurückführen können.

Jeannette Gusko: Aufbrechen

Über die hervorragende Qualität der Reihe -Zündstoff- aus dem Hause Atrium habe ich an anderer Stelle bereits geschrieben, doch sei hier noch einmal hervorgehoben, dass diese theoretisches Grundlagenwissen vielfältiger Themenbereiche so aufbereitet, dass diese kompakten Schriften geeignet sind, diskutiert zu werden und damit Debatten angestoßen werden können, die längst überfällig sind. Dabei greifen diese auch ineinander über, ein Werk ergänzt das andere und bleiben dabei jeder für sich verständlich für alle Lesenden.

Nach etwa z. B. Rassismus oder Klassismus nimmt sich mit “Aufbrechen” eine weitere Autorin einer weiteren Säule an, derer es dringend an Änderungen schon in unseren Ansichten bedarf und zeigt überlegt argumentierend, was Transformationskompetenz bedeutet und für unsere Gesellschaft bewirken kann.

Transformationskompetenz entwickelt sich dann, wenn man Neuem ausgesetzt ist und sich damit auseinandersetzen muss.

Jeannette Gusko: Aufbrechen

Entlang eines stringenten roten Fadens erläutert Jeannette Gusko zunächst ihren Hintergrund als praktisches Beispiel, bevor sie zu den theoretischen Grundlagen kommt. Was ist Transformation, die sich daraus ableitende Kompetenz, wie entsteht sie und welche Bausteine braucht es dafür, aber auch, was passieren mag, wenn diese vom Rest der Gesellschaft nicht genutzt wird und wie transformationskompetente Menschen mit Veränderungen umgehen, die von der Mehrheit kritisch bis ängstlich betrachtet werden.

Es gibt in allen Bevölkerungsgruppen Menschen, die aufgrund verschiedener Erlebnisse Transformationskompetenz entwickelt haben, und wir alle profitieren davon, wenn sie ihre Kompetenz entdecken und sie in den Diskurs und durch ihr Handeln einbringen.

Jeannette Gusko: Aufbrechen

Anhand von drei Gruppen von Menschen, Überschneidungen gibt es und sicherlich auch weitere, die diese Fähigkeit haben, erläutert sie Gemeinsamkeiten in Denk- und Herangehensweisen und was eine Gesellschaft für Voraussetzungen schaffen muss, damit diese zum Wohle aller ausgespielt werden können. Das auf so wenigen Seiten so präzise zu formulieren ist eine Stärke Jeannette Guskos, die damit einen Aspekt eröffnet, den wir noch viel zu selten sehen. Gleichzeitig gelingt anhand der im Werk erörterten Beispiele ein positiver Ausblick, was bereits heute durch Transformationskomponente Menschen möglich ist, die Entwicklung eines weltweit eingesetzten Impfstoffes in sehr kurzer Zeit etwa, um nur ein Beispiel zu nennen.

Die Erkenntnisse der Autorin, über sich selbst und durch ihre Arbeit in verschiedenen daran ausgerichteten Netzwerken und Organisationen, fließen hier ein, ebenso die Erfahrungen anderer, die diese Eigenschaft besitzen, und für sich und andere zu nutzen wissen. Das strukturierte Werk vermittelt dadurch dieses Denkmodell so nahbar, zugleich übrigens mit einer positiven Tonalität, dass wir gar nicht anders können als die dazu befähigten Menschen sich dergestalt einbringen zu lassen. Es wäre für uns alle ein Gewinn.

Autorin:

Jeannette Gusko wurde 1984 in Berlin geboren und studierte Wirtschaftskommunikation und Internationale Beziehungen, sowie Kommunikationsmanagement. Sie ist Sprecherin des Netzwerks 3te Generation Ost und hat verschiedene Plattformen für gesellschaftlichen Wandel mit aufgebaut. Sie ist Geschäftsführerin der Recherche-Organisation Correctiv und wurde für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet.

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Patrick Burow: Inside Strafjustiz

Inhalt:
Täglich sollen sie den moralischen Verfall unserer Gesellschaft verhindern, doch wie finden Richter zu einem gerechten Urteil? Und mit welchen Herausforderungen sind sie dabei konfrontiert? Spiegel-Bestseller-Autor Patrick Burow ist Richter aus Leidenschaft. In seinem neuen Buch blickt er hinter die Kulissen deutscher Gerichte. Dabei erklärt er Methoden und Arbeitsweisen eines Richters und enthüllt die geheimen Regeln des Strafprozesses. Ein Insiderblick – erzählt in bester True-Crime-Manier. (Klappentext

Rezension:
Nervenkitzel, die Faszination für das Böse ist es, die uns zahlreich Krimis konsumieren lässt, doch bleibt bei aller Fiktion oft genug die Realität auf der Strecke. Tatsächlich ist diese oft genug erstaunlich trocken, zudem bleiben die Möglichkeiten von Ermittlungsbehörden und Gerichten im Gegensatz zu denen ihrer fiktiven Kollegen hintendran. Der Strafrichter Patrick Burow räumt in seinem neuen Buch mit Vorstellungswelten auf und erläutert, wie Gerichte und Richter arbeiten, welchen Zwängen sie unterworfen sind. wie Strafverfahren ablaufen und wo der einzelne Richter Handlungsspielräume hat.

Dieses Sachbuch, welches sich an juristische Laien richtet, die gerne einmal hinter die Türen von Gerichten schauen möchten, schildert in kurzen und handlichen Kapiteln zunächst, wie und warum man eigentlich Richter wird, um dann auf die Rolle der Gerichte für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft einzugehen. Schließlich wird der Alltag am Gericht selbst geschildert, schon hier wird klar, dass (Wunsch-)Vorstellung und Realität auseinanderklaffen, wenn schon die Verwaltung solcher Institutionen chronisch unterfinanziert überlastet ihre Arbeit verrichten müssen. Gerichte ertrinken in Aktenberge, ihre Bearbeitung ist minutengenau getaktet.

Patrick Burow hat diese und andere Kapitel immer wieder mit anonymisierten Beispielen aus seinem Berufserleben unterfüttert, die das Geschriebene noch einmal verdeutlichen, wie dies in der Praxis aussieht, um dann auf die Rollen vor Gericht einzugehen. Wie wirken Schöffen, Staatsanwälte oder Geschäftsstellenkräfte, welche Unterschiede bei Anwälten gibt es und wie wirken diese im Zusammenspiel oder Gegeneinander in einer Hauptverhandlung. Und diese läuft, wie alles andere nach ungeschriebenen Regeln ab, bis hin zur Urteilsverkündung selbst. Auch diese erläutert der Autor mit einem halb zwinkernden Auge. Die Faszination und Liebe zu seinem Beruf spürt man, bei aller Verzweiflung über Bürokratie oder baufällige Gerichtsgebäude in jeder einzelnen Zeile.

Mit einfachen Worten macht Burow seiner Leserschaft den Gerichtsalltag zugänglich, ohne zu sehr ins Theoretische zu verfallen und macht damit nachvollziehbar, warum Urteile so ausgesprochen werden, wie es tagtäglich um uns herum passiert, warum Recht und Gerechtigkeit zwei verschiedene Paar Schuhe sind, wo Grenzen liegen und die Freiheiten der Justiz. An der einen oder anderen Stelle wären noch mehr Beispiele aus dem Berufsalltag wünschenswert gewesen, trotz allem Berufsethos scheint doch aus wenigen Abschnitten der Frust allzu deutlich hervor, was manchmal den Lesefluss in seiner Tonalität etwas stört. Alles in allem dennoch eine kurzweilige Lektüre.

Autor:
Patrick Burow wurde 1965 in Hamburg geboren und ist ein deutscher Jurist und Autor. Nach dem Jura-Studium promovierte Burow in Hamburg und arbeitete zunächst als Staatsanwalt, bevor er 1998 seine Tätigkeit als Richter begann, seit 1999 am Amtsgericht Dessau. Er ist Autor mehrerer humoristischer und kritischer Sachbücher über Juristik.

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Katherine Rundell: Warum die Giraffe nicht in Ohnmacht fällt

Inhalt:

Unsere Welt ist einzigartig und verblüffend. Es gibt Haie, die schon zu Shakespeares Zeiten gelebt haben, Giraffen, die durch Paris flanierten, verliebte Spinnen und Einsiedlerkrebse, die ihre Häuser renovieren. Mit einem bemerkenswerten Gespür für fesselnde Geschichten und kuriose Anekdoten eröffnet uns die preisgekrönte Autorin Katherine Rundell in diesen 22 eindrücklich recherchierten Porträts bedrohter Tierarten einen neuen Blick auf die hinreißend seltsame Schönheit unserer Erde. (Klappentext)

Rezension:

Unsere Faszination für sie kennt kaum Grenzen. Zu viele Kuriositäten hält die Tierwelt der Erde bereit. Doch diese Begeisterung hat bereits viele Tierarten von der Erde verschwinden lassen, die wir ihre Lebensräume beschneiden oder sie so sehr bejagen, bis sie schließlich aufhören zu existieren. Andere stehen heute am Rande des Abgrunds, viele bedroht, ihr Überleben in den kommenden Jahrzehnten keineswegs gesichert. Zeit also für eine Hommage an die Schätze der Erde, die es zu bewahren gilt.

Die britische Autorin Katherine Rundell stellt in ihrem feinsinnig recherchierten Sachbuch, in dem kuriose Fakten und knallharte Informationen in einer bunten Mischung präsentiert werden, stellvertretend für alle bedrohten Tierarten, zweiundzwanzig mehr oder weniger bekannte vor und hat damit eine sehr abwechslungsreiche Lektüre geschaffen. In kurzen Kapiteln wird jede Tierart vorgestellt, ihre Besonderheiten, vermischt mit kuriosen Fakten.

So erfährt man u. a., dass in Paris einst eine Giraffe spazieren geführt wurde und auch einmal ein Elefant der gut betuchten Oberschicht zum Essen serviert wurde, dass das Alter einiger heutiger Grönlandhaie über 500 Jahre zählt oder mancher Mauersegler, einmal das elterliche Nest verlassend, nie wieder den Boden berührt. Nie verfällt die Autorin dabei in graue Theorie, jedes einzelne Kapitel ist durchtränkt von der Faszination für die beschriebenen Lebewesen. Wundervolle Illustrationen von Talya Baldwin komplettieren das kurzweilige Werk.

Vom Pangolin über dem Goldmull, der hellhörigen Fledermaus bis hin zu jenem Geschöpf, welches alle anderen heute an den Rand drängt, uns selbst, ist so eine Sammlung entstanden, die natürlich nur eine willkürliche Auswahl darstellen kann, aber den Zweck erfüllen sollte. Ein Teil der Autorinhonorare der Originalausgabe kommt zwei Wohltätigkeitsorganisationen zu Gute, die sich für die Eindämmung des Klimawandels und der Umweltzerstörung einsetzen. Wenn die Faszination für diese und andere Lebewesen zu der Lektüre und letztendlich den gesteckten Zielen zu Gute kommt, ist viel gewonnen.

Autorin:
Katherine Rundell wurde 1987 geboren und ist eine britische Autorin und Hochschullehrerin. Nach einer Kindheit in Simbabwe und England studierte sie zunächst in Oxford und erwarb danach ein Stipendiat für Englische Literatur. 2011 veröffentlichte sie ihr erstes Werk, dem weitere folgten. Die Autorin für Kinder- und Jugendbücher, sowie Sachbücher, steht regelmäßig auf den Bestsellerlisten und erhielt u. a. den Baillie Gifford Prize und den British Book Award. Ihre Bücher werden in über 30 Sprachen übersetzt. Zudem schreibt sie für Zeitungen und Magazine wie New York Times und dem Times Literary Supplement.

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Raquel J. Palacio: Pony

Inhalt:
Silas muss hilflos mit ansehen, wie eines Nachts drei Fremde auftauchen und seinen Vater entführen. Als am nächsten Tag ein geheimnisvolles Pony vor seiner Tür auftaucht, weiß Silas, was er zu tun hat: Er begibt sich auf eine abenteuerliche Reise, um seinen Pa zu finden – eine Reise, auf der er es mit unerwarteten Gefahren, gut gehüteten Familiengeheimnissen und den Geistern der Vergangenheit zu tun bekommt. (Klappentext)

Rezension:

Vieles ist besonders an Silas, der allein mit seinem erfinderischen Vater auf einer Farm lebt. Der intelligente, aber zurückhaltende Junge hat einst einen Blitzschlag überlebt. Seit dem ist das Abbild eines Baumes auf seinem Rücken zu sehen, bei dem er vor dem Gewitter Schutz suchte. Auch sein einziger Freund ist besonders.

Ein Geist, den nur Silas selbst sehen kann. Lange sind es glückliche Tage, in denen Vater und Sohn für einen Wettbewerb versuchen, das beste Foto vom Mond zu schießen, doch eines Tages wird Silas’ Vater von zwei Männern entführt. Der Junge nimmt all seinen Mut zusammen und begibt sich auf eine Reise, nach der nichts mehr so sein wird, wie zuvor.

Der neue Roman der Jugendbuchautorin Raquel J. Palacio entführt uns in eine Zeit voller Pioniergeist, jedoch auch kurz vor Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs und in ein großes Abenteuer. Der mystisch angehauchte Roadtrip zu Pferde erzählt von einer Suche, auf der der kleine Protagonist nur eines finden wird. Sich selbst. Dabei verwebt die Schriftstellerin Fiktion und Realität, zusammen mit ihrer Liebe zur Fotografie. In spannend angehauchten Kapiteln erzählt die Autorin diese wundersame Geschichte, die eine gänzlich andere Tonalität anschlägt, als zuvor ihr fulminanter Debütroman.

Das muss man mögen, doch sind die Ansätze, in die Geschichte hineingezogen zu werden, von Beginn an vorhanden. Der kleine Hauptprotagonist, ein phantasiebegabtes und intelligentes Kind, hält sich nicht für mutig, wächst jedoch im Verlauf der Handlung immer wieder über sich hinaus. Palacio hat offenbar ein Händchen für sich wandelnde Kindercharaktere, mit denen sie ein Identifikationspotential schafft, welches über die gesamte Lektüre trägt.

Das ist auch notwendig. Immer wieder entstehen einzelne Längen, da Übergänge teilweise holprig wirken und die Verbindung zwischen Mystik und Realität, eingewoben in dieser fiktionalen Geschichte nicht immer stimmig daherkommt. Klar definierte Antagonisten stehen im Gegensatz zu Charakteren, die dem Zwölfjährigen im Verlauf der Handlung zu Verbündeten werden. Palacio hat mit dieser Mischung eine Geschichte geschaffen, die vom Über-sich-hinaus-wachsen ebenso erzählt, wie von der Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft, was einem mit Silas, dessen Gefühlswelten umhergeworfen werden, mitfühlen lässt.

Im Gegensatz zu “Wunder” behalten wir die Perspektive des Hauptprotagonisten bei, sein für die anderen Charaktere unsichtbarer Freund Mittenwool dient sowohl als Rat- als auch Impulsgeber. Natürlich ist, abgesehen von den mystischen Elementen, die Geschichte insgesamt sehr generisch erzählt. Wendungen wirken aus der erwachsenen Sicht heraus sehr gewollt, funktionieren jedoch im jüngeren Lesealter sicher besser. Trotzdem schafft es die Autorin sowohl Protagonisten als auch Schauplätze vor dem inneren Auge entstehen zu lassen. Eine Pferdegeschichte für Jungen hat man zudem ja auch nicht so häufig.

Sprachlich gibt es keinerlei Besonderheiten, dafür ganz viele Anspielungen auf Literatur oder die Geschichte der Fotografie, die die Autorin selbst im Nachwort erläutert. Jedes Kapitel wird zudem mit einem Foto eingeläutet, was das Ganze abrundet. Palacio hat mit ihrem Roman nicht das Level ihres Debüts halten können. Zu schnell verflüchtigt sich diese Geschichte, auch fehlt es diesem Western für Kinder etwas zu sehr an Tempo. Für die Zielgruppe ist dies jedoch vielleicht ausreichend.

Autorin:
Raquel J. Palacio ist das Pseudonym von Raquel Jaramillo, einer amerikanischen Verlegerin und Autorin. Sie wurde 1963 geboren und arbeitete zunächst als Art-Direktorin, Illustratorin und Buchcover Design und veröffentlichte verschiedene Kinder- und Jugendbücher, seit 2006 beim New Yorker Verlag Workman, für den sie seit dem in verschiedenen Positionen tätig war. 2013 war sie Jurymitglied des Kinder- und Jugendprogramms des Internationalen Literaturfestivals Berlin. Ein Jahr zuvor veröffentlichte sie ihr erstes eigenes Werk “Wunder”, welches in mehreren Sprachen übersetzt und verfilmt wurde. 2014 wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.

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