Handlung:
Ein Familienbild aus den Arbeiterbezirken des Hamburger Ostens in den 30er Jahren: Der Stiefvater ist Kommunist, der Vater gar im Rotfrontkämpferbund. Der eine Großvater ist Monarchist, der andere ein kommunistischer Schneider, der Onkel wiederum Sozialdemokrat. Die Stiefmutter aber schwärmt für Hitler.
Und plötzlich will der kleine Günter zum Schrecken seines Vaters in die Hitlerjugend. Günter Lucks erzählt die Geschichte seiner abenteuerlichen Kindheit, einer Kindheit zwischen den Extremen. Sie spielt in einem untergegangenen Großstadtmilieu, von dem aus erster Hand heute kaum noch ein Zeitzeuge berichten kann. (Klappentext)
Einordnung Genre:
Dieses Buch ist autobiographisch, weshalb ich es hier eingeordnet habe. Es könnte aber genau so gut bei Kinder- und Jugendbüchern stehen, da es das Erleben einer Zeitepoche aus Kindersicht erzählt.
Wenn man es als solche Literatur betrachtet, empfehle ich das Buch für 13- bis 14-jährige, die schon mit einigen Begriffen Kontakt hatten und damit umgehen können. Aufgrund der anderen Bücher des Autors, habe ich mich trotzdem für „Biographie“ entschieden.
Rezension:
Es ist eine sonderbare Welt in der der kleine Günter aufwächst. Die Wirtschaft kriselt, im armen Hamburger Arbeiterbezirk sowie so und seine Eltern verehren die KPD-Größen Etkar Andre oder Fiete Schulz. Seine Eltern streiten sich über den Sinn eines Weihnachtsfestes, was der Vater als entschieden zu bürgerlich ablehnt und die Regierungen wechseln schnell.
Doch, dann kommt Hitler an die Macht. Günter darf nicht mehr sagen, was er will, zumindest in der Öffentlichkeit nicht, überall werden jetzt Menschen „abgeholt“, die den neuen Machthabern nicht genehm sind.
Und der Junge beginnt sich zunehmend für die Hitlerjugend zu interessieren. Er bewundert die Uniform, die jetzt „alle“ in seinem Alter tragen, doch wird er bald erkennen, wie ernst der Spagat zwischen Privatheit und Öffentlichkeit ist. und so wird er schließlich Hitlerjunge, aber ein roter.
Ein kleines faszinierendes Büchlein über eine Kinder-Biografie, wie sie für Hamburg in dieser Zeit vielleicht nicht einmal so selten gewesen sein dürfte. Den Leser nimmt der Autor mit auf eine Reise durch eine heute nicht mehr existierende Welt, beschreibt einfühlend die Sorgen, den Zwiespalt, die Ängste und später auch den Hunger und die Katastrophe, unter die die Menschen litten.
Mit all den damit verbundenen Problemen und den Spagat, den die Menschen zu leisten hatten. Aus Kinder- und Jugendsicht einer Generation, die viel zu schnell erwachsen werden musste. Der Schreibstil klar und deutlich, kann das Buch auch von jüngeren Lesern gelesen werden, die an das Thema herangeführt werden wollen oder einfach nur erfahren möchte, wie Kinder ihres Alters diese Zeit erlebt haben.
Gleichwohl richtet sich Lucks nicht an eine bestimmte Zielgruppe und erzählt einfach nur aus seiner Sicht. Ohne irgendetwas zu beschönigen oder wegzureden. Es gibt da keine Längen. Mit „Der rote Hitlerjunge“ ist ein interessanter Zeitzeugenbericht entstanden, der es in sich hat und das Dilemma einer Kindheit beschreibt, die viel zu schnell beendet wurde.
Autor:
Günter Lucks wurde 1928 in Hamburg geboren und besuchte die Volksschule. Nach einer Ausbildung bei der Post arbeitete er bis zur Rente in der Druckerei und bei der Poststelle des Axel Springer Verlags.
In den Hamburger Bombennächten wehrend des „Feuersturms“ verlor er mehrere Familienmitglieder u.a. seinen Bruder. er veröffentlichte mehrere Bücher über seine Zeit als Kriegskind oder als Kindersoldat unter Hitler.