Polar

Esther Horvath: Expedition Arktis – Die größte Forschungsreise aller Zeiten

Inhalt:

Die Vermessung einer schwindenen Welt – mit diesem Vorhaben brach die MOSAiC-Expedition in Richtung Arktis auf, in das Epizentrum des Klimawandels. Eingefroren im Eis driftete ein internationales Forschungszentrum an Bord der Polarstern durch das Nordpolarmeer, um die Klimaprozesse der Zentralarktis im Jahresverlauf zu untersuchen. Die eindrucksvollen Bilder der preisgekrönten Fotografien Esther Horvath dokumentieren dieses einzigartige Projekt, zeigen das Leben an Bord des Expeditionsschiffs ebenso wie das Arbeiten unter extremsten Bedingungen in den Forschungscamps auf dem Eis.

Begleitet von einem Vorowrt des Expeditionsleiters Markus Rex sowie den kenntnisreichen Beiträgen von Sebastian Grothe und Katharina Weiss-Tuider zeugt dieser Band von einem Meilenstein der Polarforschung und gibt bildgewaltige Einblicke in die größte Arktisexpedition aller Zeiten. (Klappentext)

Rezension:

Monatelange Vorbereitungen, Planungen, eine ungeheure Logistik gingen der größten wissenschaftlichen Expedition der Neuzeit voraus, die ein ganzes Jahr in eine der unwirtlichsten Gegenden unseres Planeten führen sollte. Kurz vorm Untergang der Sonne und einer monatelang währenden Polarnacht erreichen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ihr Ziel, eine Eisscholle am Rande der Arktis, an der sie das Schiff festmachen und darauf forschen möchten. Einfrieren wollen sie sich und vom vermeintlich ewigen Eis treiben lassen. Ein ganzes Jahr der Willkür dieser immer noch wenig bekannten Welt ausgesetzt.

Esther Horvath: Expedition Arktis – Die größte Forschungsreise aller Zeiten, Prestel Verlag (Quelle: Penguin Random House, Zusatzcontent)

Die Fotografin Esther Horvath hat diese wissenschaftliche Meisterleistung von Beginn an begleitet und dokumentiert. Die Vorbereitungen, die in einer unmenschlichen Logistik von Mensch und Material mündeten, bis hin zu ihrer Ablösung durch ein neues Forschungsteam, welches die Arbeit der ersten Gruppe WissenschaftlerInnen unterschiedlichster Disziplinen fortsetzen sollte. Dem Wind und Wetter ausgesetzt, beobachtet und fotografiert sie die jenigen, die dabei helfen sollen, empfindliche biologische, geologische und chemische Prozesse zu verstehen, die zum Klimawandel führen, ihre Auswirkungen auf eine vermeintlich starre Welt und erzählt dabei mit ihren Bildern mehr Geschichten als tausend Worte es je könnten.

Wie funktioniert Wissenschaft unter Extrembedingungen, wenn jede Bewegung zum Kraftakt und Kampf wird, man von einer Sekunde auf die andere auf sich auftuende Spalten im Eis oder den zuweilen neugierigen König der Arktis, den Eisbären, reagieren muss? Wie wird geforscht? Welche Antworten erhofft man sich auf derzeit noch ungeklärte Fragen und wie sieht der zwischenmenschliche Alltag auf engsten Raum aus, wo jeder sich aufeinander verlassen können muss, im Bewusstsein, eine einmalige, nie wiederkehrende Chance zur Forschungsarbeit nutzen zu können?

Esther Horvath: Expedition Arktis – Die größte Forschungsreise aller Zeiten, Prestel Verlag (Quelle: Penguin Random House, Zusatzcontent)

Esther Horvaths Foto der Bärin mit ihrem Junges ging um die Welt und gewann den World Press Award der New York Times in der Einzelkategorie Environment, doch auch abseits dessen ermöglichen die Bilder einen Blick hinter einer Pionier- und Forschungsarbeit, wie es sie wohl kaum ein zweites Mal mehr geben wird. Fast kann man die gefrorenen Finger beim Wechseln der Kamera-Akkus spüren. Der dokumentarische Blick durch die Linse konzentriert sich dabei aufs Wesentliche und vermag zu faszinieren. Wie zerbrechlich, wie schützenswert ist doch diese Welt, die so unwirklich erscheint, für unser Leben eine große Bedeutung hat, dennoch von vergleichsweise Wenigen mit eigenen Augen gesehen werden wird.

Der Bericht vom Expeditionsleiter Markus Rex, der ebenfalls veröffentlicht wurde, gibt dies in Worten wieder. Horvath dagegen lässt Bilder sprechen, mit dazu wenig begleitenden Text. Die Zusammenstellung ist gelungen, die Auswahl der Fotos muss schwer gefallen sein und mahnt, was wir dabei sind, zu verlieren, so wir nicht aufpassen. Schon jetzt ist diese Welt eine andere als noch vor zehn Jahren, der König der Arktis durch das Wirken der Menschen fernab in seiner Expedition bedroht.

Die Wissenschaftler im Auftrag des Alfred-Wegener-Institus helfen dabei zu verstehen, was derzeit mit unserem Planeten passiert. Esther Horvath hat deren Arbeit nun für alle begreif- und nachvollziehbar gemacht. Unter den Fotosachbüchern ein wertvoller und faszinierender Beitrag.

Leseprobe des Verlags:

Fotografien:

Esther Horvath wurde 1979 in Ungarn geboren und studierte zunächst Wirtschaftswissenschaft, bevor sie zu fotografieren begann und von 2005-2007 die Digitale und Analoge Fotoschule in Budapest besuchte- Bereits 2005 nahm sie erfolgreich an einem internationalen Fotowettbewerb teil, dem weitere folgten. Zahlreiche Ausstellungen begleitete sie. 2012 studtierte sie in New York Fotografie und machte ihren Abschluss in Dokumentar- und Fotojournalismus.

Seit 2015 fotografiert sie die Polarregionen der Erde und gewann den World Press Award 2020 in der Einzelkategorie Environment. Ihre Arbeit erscheint in zahlreichen fach- und populärwissenschaftlichen zeitschriften und Magazinen weltweit.

Das Buch wurde im Rahmen der Aktion Sachbuch-Januar 2021 gelesen. #SachJan2021 #SachJan21

Die Rechte der Fotos, der Leseprobe liegen bei Verlag, Autoren und Fotografin und dürfen anders nicht verwendet oder verändert werden. Das Material stammt aus dem Presse-Zusatzcontent des Verlags und kann auf der Verlagsseite eingesehen werden. (Stand: Januar 2021)

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Thomas Reinertsen Berg: Auf einem Blatt die ganze Welt

Auf einem Blatt die ganze Welt Book Cover
Auf einem Blatt die ganze Welt Thomas Reinertsen Berg dtv Erschienen am: 23.10.2020 Seiten: 351 ISBN: 978-3-423-28246-8 Übersetzung: Frank Zuber, Günther Frauenlob

Inhalt:

Von den geheimnisvollen Symbolen der Steinzeit bis zu Google Earth: Thomas Reinertsen Berg nimmt uns mit auf eine spannende Reise durch die Geschichte der Landkarten. Etwa nach Antwerpen, dem Zentrum der Kartografie im 16. Jahrhundert, wo Abraham Ortelius 1570 den ersten modernen Atlas schuf.

Oder in die Arktis, wo Fridtjof Nansen während einer Expedition bislang unbekannte Gebiete kartierte. Er berichtet vom Versuch, den Meeresboden topografisch abzubilden, vom kampf um den Weltraum zwischen Amerikanern und Sowjets und von der Halbwertszeit digitaler Aufzeichnungen. Eine eindrückliche Erzählung über die menschliche Sehnsucht, den geografischen Raum zu erfassen und darzustellen. (Klappentext)

Rezension:

Der Erfolg des Menschen liegt in der Fähigkeit begründet, miteinander zu kommunizieren und sich zusammen zu schließen, jedoch auch mit anderen das Wissen um Nahrungsquellen, Gefahren oder Wasser zu teilen. Seit jeher spielte dabei die Verbildlichung, die Kartierung der Welt eine bedeutende Rolle, die bis heute anhält. Zunächst beschränkte sich die Visualisierung auf die unmittelbare Umgebung, die man auf Felswänden darstellte.

Von diesen ersten Karten bis zur Erweiterung des Radius’ durch die Satellitentechnologie war es jedoch ein langer, manchmal abenteuerlicher Weg. Thomas Reinertsen Berg wirft mit seinem Lesepublikum einen Blick in diesen Teil unserer Geschichte.

Nach intensiver Recherche nimmt der Autor uns mit auf eine erstaunliche Reise, die faszinierender kaums ein könnte. Das Interesse des Autoren für die Thematik überträgt sich Zeile für Zeile auf die Lesenden, die gleichsam in das abgebildete und erläuterte Kartenmaterial versinken.

Anhand diesem wird im Spannungsfeld zwischen Überblicks- und Detailwissen nach intensiver Recherche ein Horizont eröffnet, so wie es sein müsste, würde man als Mensch sämtliche Epochen unserer Geschichte selbst erleben.

Karten sind Weltbilder – Bilder der Welt. Alle Karten in diesem Buch repräsentieren verschiedene Blickwinkel auf unsere Welt, von den Spekulationen der Griechen bis zum religiösen Blick des Mittelalters, von der proto-wissnschaftlichen, objektivereren Kartierung der Renaissance bis zur enormen Datensammlung im digitalen Zeitalter. Gemeinsam ist allen, dass ihr Blick auf die Welt aufzeigt, was man zu ihrer Zeit wichtig fand und was damals möglich war.

Thomas Reinertsen Berg “Auf einem Blatt die ganze Welt”

Das ist kurzweilig beschrieben, zugleich spannend, spart Reinertsen Berg nicht am reichhaltigen Erzählen, wenn es um die großen Polarexpeditionen auf der Suche nach Seewegen geht oder aber auch, viel früher, um die Konkurrenzkämpfe der Kartografen und Drucker im Antwerpen des 16. Jahrhunderts.

Er zeigt, welchen Einfluss Menschen von Beginn auf die Kartierung, damit die Wahrnehmung der Welt nahmen, spart jedoch auch die Eindrücke nicht aus, denen die Kartografen von Ortelius bis Blaeu unterlagen, sowie, was dies bis heute mit uns macht und wohin sich unsere Wahrnehmung der Karten in Zukunft entwickeln wird.

Kleinteilig ist dies zuweilen, jedoch so vielschichtig, wie die Männer und Frauen, die den Horizont der Karten durch ihre Theorien, Forschungen und Expeditionen und manchmal durch schieres Glück erweiterten, so dass hiermit ein spannendes Stück Geschichte gesammelt vorliegt, in welcher es sich lohnt, einzutauchen.

Die Herausforderungen der Kartierer vergangener Zeiten waren andere als die unsrigen, doch um Möglichkeiten und Nutzen der Kartografie für die Problemstellungen unserer Welt zu begreifen, lohnt der Blick zurück. So ist dieses kurzweilige und informativ gut recherchierte Werk nur zu empfehlen.

Leseprobe: Hier klicken. (Quelle: dtv)

Autor:

Thomas Reinertsen Berg wurde 1971 geboren und ist ein norwegischer Journalist und Autor für Sachbücher. Er studierte Literaturwissenschaften, sowie nahöstliche und nordafrikanische Kultur. Im Jahr 2003 war er Mitbegründer der zeitschrift “Babylon – nordische Zeitschrift für Nahost-Studien”, der er noch immer als Redakteur angehört. Seit 2007 schreibt er Kolumnen für die norwegische Zeitung Morgenbladet. Sein Buch “Verdensteater” veröffentlichte er in seinem Heimatland 2017. Dafür erhielt er den Brage-Preis der Kategorie Sachbuch.

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Edward Brooke-Hitching: Der Goldene Atlas

Der Goldene Atlas Book Cover
Der Goldene Atlas Edward Brooke-Hitching Verlag: dtv Erschienen am: 25.10.2019 Seiten: 256 ISBN: 978-3-423-28207-9 Übersetzer: Lutz-W. Wolff

Inhalt:
Das Zeitalter der großen Entdeckung reichte von der Antike bis hinein ins vergangene Jahrhundert. Die Erkundungsfahrten von arabischen und persischen Flotten trugen ebenso zu unserem Verständnis von der Welt bei, wie die der Schatzsucher und Glücksritter, bis hin zu den zum Scheitern verurteilten Polarreisenden, die das arktische Eis verschlang.

Dieser Band versammelt Bekanntes und Unbekanntes voller überraschender Fakten und bislang unveröffentlichten Karten. Unterhaltsam berichtet der Autor davon, wie die weißen Flecken der Welt langsam verschwanden. (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:
Das Zeitalter großer Entdeckungen ist noch gar nicht so lange her, schon muten die Geschichten darüber an, wie Legenden oder Märchen. Doch waren verlustreiche Fahrten und Expeditionen nötig, um in Zeiten vor Google Maps und satellitengestützter Geografie, sich einen Überblick über die bestehenden Verhältnisse zu verschaffen.

Wagemut, Glück und Unglück, Gier oder Machtstreben lagen nah bei einander, sehr viel später sollte reine Entdeckerlust oder gar Reisefreude ausschlaggebend sein, um die letzten weißen Flecken auf den Landkarten mit Informationen zu füllen.

Der englische Autor Edward Brooke-Hitching fühlt anhand von Karten- und Archivmaterial den Werdegang der großen Expeditionen und Forschungsreisen nach, die unseren Blick auf die Welt für Jahrhunderte schärfen sollten.

Schon mit den Vorgänger-Band hat der Autor unter Beweis gestellt, dass anhand von Kartenmaterial die erstaunlichsten Geschichten zu erzählen sind. Dies führt er in gewohnter Weise mit seinem neuesten Werk “Der Goldene Atlas” fort.

Sind es diesmal nicht Pseudo-Inseln oder andere geografische Phänomene, die es an sich gar nicht gibt, spielen diesmal die großen Erkundungsfahrten der Seefahrer die Hauptrolle.

In kurzweiligen Kapiteln, immer ergänzt und grafisch aufbereitet mit ausgiebigen Karten- und anderen Bildmaterial, erzählt Brooke-Hitching von den Polarexpeditionen Amudsens und Scotts, aber auch von den Reisen Marco Polos, der Wikinger und noch zahlreichen weiteren, mit deren Hilfe unsere Vorfahren sich die Welt erschlossen.

Einem Zeitstrahl folgend, bewegt sich der Autor von der Antike bis hinein ins zwanzigste Jahrhundert und stellt dabei nicht nur die genannten, schon bekannteren Expeditionen vor, sondern auch jene wagemutigen Männer, später auch Frauen, die bei diesen Unternehmungen manchmal mehr als Kopf und Kragen riskierten.

Wieder ist dies kein tröger Geschichtsunterricht zwischen zwei Buchdeckeln, sondern eine Einladung, zumindest gedanklich diese Abenteuer mit zu erleben. Auch zahlreiche, überwiegend unbekannte Entdeckerfahrten sind in diesem Band aufgelistet, dessen Aufmachung schön, wie Informationsgehalt berauschend ist.

Auch für dieses Werk hat der Autor wieder seine ganze Leidenschaft und eine unglaubliche Menge an Archiv- und Recherchearbeit einfließen lassen, so dass das Zeitalter der Entdeckungen förmlich greifbar ist. Eine Hand voll Seiten pro Expedition, mehr braucht es da nicht.

Wer die Augen schließt oder in die Betrachtung der Karten versinkt, kann förmlich die Strapazen der Expeditionen Humboldts, Magellans oder Berings auf der eigenen Haut spüren. Edward Brooke-Hitching zeigt, wie nah oft Erfolg und Misserfolg bei einander lagen und was auch gescheiterte Unternehmungen zum Verständnis unserer Welt beitrugen.

Die Hartnäckigkeit etwa, mit der nach Wasserstraßen und Wegen rund um den Erdball gesucht wurde, ist zu bewundern. Die Motive und Erfolge der Teilnehmer solcher Reisen mögen unterschiedlich gewesen sein, Brooke-Hitching zollt diesem jeden einzelnen Unternehmen großen Respekt.

Sicher ist nur eines. Immer noch gibt es genug Flecken auf der Erde, die es zu erkunden gilt.

Autor:
Edward Brooke-Hitching ist Sohn eines Antiquars und arbeitete bei mehreren Zeitungen und am Theater, bevor er einen Abschluss in Filmwissenschaft an der University of Exeter machte. Als Dokumentarfilmer gewann er mehrere Preise. Im Jahr 2016 wurde seine “Enzyklopädie der vergessenen Sportarten” veröffentlicht.

Ausgangspunkt zu seiner Recherche geografischer Phänomene war eine alte Landkarte im Familienbesitz. Brooke-Hitching sammelt Werke über englische Forscher und Entdecker und lebt in London.

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