Will Gater: Wundervolle Welt der Sterne

Inhalt:

Entdecke die faszinierende Schönheit des Universums. Leuchtend helle Sterne, geheimnisvolle Nebel und Staubstürme auf dem Mars – dieses Bilderbuch stellt über 100 Wunder des Weltalls vor.

Unglaubliche Fakten und Geschichten sorgen für Staunen. Fantastische Nahaufnahmen und stimmungsvolle Illustrationen zeigen Monde, Planeten und Galaxien so eindrucksvoll wie nie zuvor. (Klappentext)

Rezension:

Seit Anbeginn der Zeit richten die Menschen ihren Blick gen Himmel. Sterne, Planeten und unterschiedliche astronomische Phänomene vermögen zu faszinieren und noch immer werden jedes Jahr neue Entdeckungen gemacht und Erkenntnisse gewonnen. Das Universum steckt voller Geheimnisse, die es zu ergründen gilt. Der Astronom und Wissenschaftsjournalist Will Gater gibt nun, zusammen mit den Illustratoren Angela Rizza und Daniel Long einen fantastischen Einblick in die Weiten des Weltalls.

Nicht nur für kleine Sternengucker ist dieses wunderbar aufbereitete Buch ein Highlight. Alle, die es in die Hand nehmen, werden darin versinken, wie auch in den gleichwertigen Werken dieser erstaunlichen Reihe. Ein Lexikon für Kinder ist das, welches gar nicht so trocken daherkommt, sondern Grundlagenwissen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse in Form kompakter Texte und einer Mischung aus Fotografien und liebevollen Illustrationen aufwartet, die große und kleine Lesende zumindest gedanklich auf eine Reise ins All mitnehmen.

Will Gater: Wundervolle Welt der Sterne

Da geht es durch unsere Atmosphäre vorbei an den Planeten unseres Sonnensystems bis hin zu weit entfernten Galaxien. Wir ergründen den Unterschied zwischen Meteoren und Meteoriten, erleben die Geburt und den Tod eines Sterns und weichen Asteroiden aus, kommen Schwarzen Löchern gefährlich nahe.

Der Autor hat dabei auf möglichst einfache Zusammenfassungen und Erklärungen wert gelegt, dennoch den neuesten Erkenntnisstand zusammengefasst, so dass dieses Buch nicht nur für Kinder geeignet ist, erste Berührungspunkte zur Thematik zu ergreifen. Tatsächlich ist der in Goldschnitt gefasste Band, wie auch die Phänomene des Universums selbst es sind, ein Hingucker, der durchweg begeistern kann, egal ob man lose darin blättert, dies als Vorleselektüre nutzt oder einfach einmal selbst über unser Universum staunen möchte, ohne gleich das nächste Weltraumticket selbst lösen zu müssen.

Es macht großen Spaß, diese Reise in die unendlichen Weiten nicht nur unseres Nachthimmels, wobei man dabei nie direkt in die Sonne schauen, aber auch den einen oder anderen Nebel, sei er farblich noch so schön, besser ausweichen sollte.

Will Gater: Wundervolle Welt der Sterne

Vorangestellt gibt ein Inhaltsverzeichnis Orientierung, welches die Phänomene des Universums der Entfernung zur Erde nach ordnet, ergänzt wird dies durch eine grafisch aufbereitete Zeitleiste zu den Entdeckern und Entdeckerinnen, sowie einem begriffsklärenden Glossar und einem grafischen Bildwegweiser auf den letzten Seiten, die dieses Werk abrunden. Jedes Thema wird innerhalb von zwei Seiten zugänglich gemacht. Klar wird jedoch auch, dass noch viele Fragen offen sind, die es zu klären gilt.

Wer weiß? Vielleicht gibt dieses Buch kleinen Lesern und Leserinnen, natürlich auch den großen, den Antrieb, diese zu stellen.

Vorstellungsvideo des Verlags:

Will Gater: Wundervolle Welt der Sterne

Autor:

Will Gater ist ein Astronom, Wissenschaftsjournalist und Moderator. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in verschiedenen Magazinen und Zeitschriften, schrieb bereits mehrere Bücher über Astronomie. Sein Werk für ein jüngeres Publikum „Myteries of the Universe“ war 2000 einer der meist verkauften Titel zum Thema Kinder-Astronomie in Groß-Britannien. Seit 2006 arbeitete er als Nachrichtenredakteur für „Astronomy Now“. Im Jahr 2008 wechselte er zu BBC, zudem hält er Vorträge in ganz Europa und veröffentlicht regelmäßig Astrofotografien, sowie Beiträge für die Pressestelle des Hubble-Weltraumteleskops der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA, sowie der Europäischen Südsternwarte.

Fotos und Video sind Material des Verlags. Bei diesem liegen die Rechte.

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Sid Jacobson/Ernie Colon: Das Leben der Anne Frank – Eine Biografie

Inhalt:

Menschen in aller Welt kennen Anne Frank, die 1929 als Kind jüdischer Eltern in Deutschland geboren wurde und später mit ihrer Familie vor dem Terror der nationalsozialisten in die Niederlande emigrierte, wo sie sich schließlich über zwei Jahre in einem Amsterdamer Hinterhaus versteckte. Dort schrieb sie ihr bewegendes Tagebuch. Heute ist Anne Frank ein Symbol für Millionen von Juden geworden, die der rassistischen Vernichtungspolitik der Nationalsozialisten zum Opfer fielen.

In Zusammenarbeit mit dem Anne Frank Haus in Amsterdam verfassten Ernie Colon und Sid Jacobson diese umfassende Biografie. In Form einer Graphic Novel. Beginnend bei der Heirat der Eltern bis hin zu Annes tragischen Tod im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

(geänderter Klappentext)

Rezension:

Ihre Aufzeichnungen sind ein Symbol dessen, welches Potenzial der Welt durch das menschenverachtende und todbringende Wirken der Nationalsozialisten in Deutschland und den von ihnen im Zweiten Weltkrieg besetzten Ländern, entrissen wurde. Welche Chancen hätten sich Anne und so vielen anderen Kindern und Jugendlichen ergeben, wären sie unter normalen Umständen aufgewachsen und nicht einer zerstörerischen Vernichtungsmaschinerie zum Opfer gefallen?

Anne Franks Tagebuch gibt uns Einblick in die Seele einer Jugendlichen, die versteckt vor den Häschern der Nazis, in einem Amsterdamer Hinterhaus ausharren musste, so viele Hoffnungen und Träume hegte, aber auch Ängste ausstehen musste, bis das Schicksal auf’s Grausamste zuschlug. Ihr Leben endete kurz vor Kriegsende im Konzentrationslager Bergen-Belsen.

So viel zur Geschichte. Diese ist bekannt, nicht zuletzt durch verschiedene Versionen ihres Tagebuchs, welches 1947 erstmals in den Niederlanden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Verfilmungen folgten, inzwischen auch sekundärlektüre, die sich mit den Helfern etwa beschäftigt, Anne Franks Freundschaften aus Kindertagen oder den Verrat, den die Untergetauchten zum Opfer fielen. Auch dieses Werk reiht sich da ein, eine Graphic Novel, die die Zeit des Verstecktwerdens verbildlicht.

Da stellt sich natürlich zunächst die Frage, darf man das? Reicht nicht das Tagebuch in seiner ursprünglichen Form? Muss immer noch ein Medium genutzt werden, wo doch der Text des Mädchens, mit dem Wissen um ihr Schicksal, schon hart genug zu lesen ist? Kann eine Verbildlichung die Gefühle, das Denken der Portraitierten überhaupt annähernd und ausreichend transportieren? Muss das sein? Wie sehr kann man komprimieren, herausstellen und verdeutlichen, was schon zu lesen kaum zu fassen ist?

Die Zeichner Ernie Colon und Sid Jacobson haben diese Fragen für sich beantwortet und in jahrelanger Kleinarbeit dieses sehr sensible Projekt umgesetzt. Unterstützt durch das Anne Frank Haus in Amsterdam haben sie verdichtet einzelne Episoden, die die Jugendliche anne Frank in ihrem Tagebuch beschrieb zu einem Gesamtwerk grafisch aufbereitet, welches geeignet ist, neben Text und Verfilmungen zu wirken, nicht minder beeindruckend.

Die Farbgebung ist blass, doch wirkt sie gerade zu Beginn fröhlich, um dann kontrastreich in dunklere Töne zu wechseln. Schließlich war auch das Versteck von Annes Familie und ihren Freunden dunkel und beengt. Die Autoren haben dabei ihr Hauptaugenmerk zunächst allgemein auf das Familienleben, gelegt, danach nur noch aus der Perspektive von anne selbst erzählt, ihre inneren Konflikte, kleine Freuden und Hoffnungsschimmer jedoch ebenso dargestellt. Die Linienführung erinnert an alte Fotografien.

Wer das Tagebuch gelesen hat oder wem der Stoff in reiner Textform zu schwer erscheint, für den ist die Graphic Novel durchaus eine Variante, sich Zugang zur Thematik zu verschaffen. Die gefühle, die beim Lesen aufkommen, werden auch hier hervorgerufen, vielleicht sogar noch mehr, da natürlich einzelne Episoden, die Anne so ausführlich beschrieben hat, verdichtet werden mussten. Als Ergänzung zum tagebuch hat diese Graphic Novel somit in jedem Fall ihre Berechtigung und lohnt einer näheren Betrachtung.

Autoren:

Sid Jacobson wurde 1929 geboren und ist ein US-amerikanischer Comic-Zeichner. Zunächst war er Chefredakteur bei Harvey Comics und schuf verschiedene Figuren, u. a. Richie Rich oder Casper, danach arbeitete er für marvel Comics, ebenfalls als Chefredakteur. 2010 erschien seine grafische Biografie zu Anne Frank, zuvor über den Terroranschlag 9/11 und Amerikas Krieg gegen den Terror.

Ernie Colon wurde 1931 geboren und ist ein US-amerikanischer Zeichner, arbeitete ebenfalls zunächst für Harvey Comics, anschließend für DC Comuics und Marvel.

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Mein Rückblick durch’s Bücherjahr 2021

Immer wieder stelle ich fest, dass gerade in, sagen wir, fordernden Zeiten, mir Bücher einen besonderen Halt geben. Mit dem Lesen einiger Seiten auf den Weg zur Arbeit oder vor Hochfahren des Büro-Laptops im Home Office starte ich in den Tag, abends auf den Nachhauseweg in der U-Bahn schaufel ich mir mit Büchern den Kopf frei und komme auf andere Gedanken. So habe ich dieses Jahr viele Bücher für mich entdecken können, mehr gelesen als etwa im Jahr 2020, erstaunlicherweise mit vergleichsweise wenigen Totalausfällen. Nur einen Abbruch hatte ich auf den Zähler. Darum soll es heute aber nicht gehen. 2021 war für uns alle anstrengend genug. daher habe ich mich dazu entschlossen, meinen Rückblick auf die Lese-Highlights des Jahres zu beschränken und die anderen Werke aus meinem Gedächtnis zu verdrängen. Wer diese sich noch einmal zu Gemüte führen möchte, den bleibt nichts übrig, als die Rezensionen zu durchstöbern. Hier soll es heute nur um die Highlights gehen. Über die Flops sprechen wir zu oft.

Eine Top 10 auszuwählen, ist mir dabei nicht gelungen, so zeige ich ganze zwanzig Bücher, die ich in positiver Erinnerung habe. Von der Belletristik bis zum Sachbuch, von der Neuerscheinung bis zur Backlistliteratur ist alles dabei. Natürlich könnte ich noch viel mehr Werke nennen, aber ihr kennt den Ausdruck: „Das sprengt den Rahmen!“. 🙂

Während Björn Stephan mich mit seinem Schreibdebüt, einem sensiblen Coming of Age Roman, überraschen konnte, entführte mich Esther Horvath gleich zu Beginn des Jahres in die eisigen Gefilde der Arktis. Sie begleitete die bis dato größte von den Forschern des deutschen Alfred-Wegner-Instituts angeführte Polarexpedition, auf dem Eisbrecher „Polarstern“ und brachte beeindruckende Fotos mit nach Hause, die sie in diesem Bildband versammelt hat. Stephan Orth nahm seine LeserInnen dagegen in ein nahezu noch unbekanntes Land. Saudi-Arabien. Immer, Auge und Auge mit Scheichs und Kamelen. Unvergessen natürlich, das Interview, welches ich mit ihm führen durfte.

Christa von Bernuths Kriminalroman „Tief in der Erde“, der auf wahre Begebenheiten eines spekatkulären Falls der bundesdeutschen Kriminalgeschichte beruht, gehört im Bereich True Crime zu meinen Highlights, wie auch Sasha Filipenko, der mit seinem Roman „Der ehemalige Sohn“ tief in die belarussische Gesellschaft Einblick nehmen lässt. Noch nie habe ich einen, über weite Strecken, so deprimierenden Roman gelesen, der jedoch sehr eindrucksvoll zu lesen ist und deshalb definitiv zu meinen Highlights zählt. Olga Grjasnowas Essay über den Nutzen von Mehrsprachigkeit war nichtminder aufschlussreich.

Genau so wie ich Olga Grjasnowas Ausführungen zur Mehrsprachigkeit empfehlen kann, möchte ich allen Natasha A. Kellys Essay über Rassismus ans Herz legen. Hier beschreibt sie, woher Rassismus kommt, wie das wirkt und wie wir dieses strukturelle Problem lösen können. Ihr Werk hatte in jedem Fall den Preis für die am schwersten zu schreibende Rezension gewonnen. So oft habe ich, glaube ich, selten, nach den richtigen Worten gesucht. Khue Pham beeindruckte mit ihrem halbbiografischen Roman einer über die Welt verstreuten, ursprünglich aus Vietnam stammenden Familie und Stefanie vor Schulte mit einer sprachlich so anspruchsvollen erzählung, die ihres Gleichen sucht.

Familiengeschichten oder Coming of Age dominierten bei mir im Bereich der Belletristik und so kann ich auch Alex Schulman „Die Überlebenden“, wie auch das Debüt von janina Hecht „In diesen Sommern“ zu meinen Highlights zählen. In beiden Romanen geht es um Kindheiten und den nicht ganz so einfachen Umgang damit, im Erwachsenenalter, während Ariel Magnus in seinem Roman „Das zweite Leben des Adolf Eichmanns“, den eben genannten wieder lebendig werden lässt, bis zu seiner Entführung und Verhaftung durch Agenten des israelischen Geheimdiensts Mossad. Spannend und erschreckend zugleich , einmal diese Perspektive einzunehmen.

Wie bekommen wir die Fragestellungen und Probleme, die sich gerade jetzt klar und deutlich zeigen, in den Griff? Wo liegen die Stellschrauben im Gesundheitssystem und unserer Gesellschaft? Was muss sich ändern, da Applaus nicht genug ist? Diese Fragen stellt der Journalist David Gutensohn und zeigt, wie Lösungen aussehen können und was in winzigkleinen Schritten schon jetzt passiert oder, wo es noch viel zu tun gibt. Frank Vorpahl entwirrt derweil Mythos und Wirklichkeit um Heinrich Schliemann und Xose Neira Vilas‘ Novelle „Tagebuch einer Kindheit in Galicien“ war genau so erschreckend, wie düster, wie hoffnungsvoll.

Der Historiker Uwe Wittstock zeigt in seinem romanhaft anmutenden Sachbuch „Februar 33 – Der Winter der Literatur“, wie schnell Kunst und Kultur von den Nationalsozialisten nach ihrer Machtübernahme vereinnahmt wurden und Schriftsteller, wie Künstler, ins Abseits gedrängt oder für ideologische Zwecke ausgenutzt wurden. Das Werk zählt wohl bei so Einigen zu den Highlights, wie vielleicht auch „Shuggie Bain“ von Douglas Stuart, eine traurigere und trostlosere Version und Mischung aus „Billie Elliott“ oder Frank McCourts „Die Asche meiner Mutter“. Fast möchte man die Hauptfigur aus den Roman herausziehen, und sie vor allem Übel der Welt beschützen.

Last, but not least. Karsten Krogmann und Marco Seng konstruierten in ihrem Sachbuch „Der Todespfleger“ die Geschichte des Krankenpflegers Niels Högel, der zum größten Serienmörder der deutschen Nachkriegsgeschichte avancieren sollte, zeigen die Mühlen der Justiz auf, eben so wie deren Schlagkraft, während Roman Deininger und Uwe Ritzer noch einmal Olympia 1972 aufleben lassen, welches so anders werden sollte, als die Spiele der Nazis 1936, und dann doch durch einen Terroranschlag in ihren Grudnfesten erschüttert wurden. Nach zwei Sachbüchern, zu guter Letzt ein wunderschöner Roman, „Heaven“, von Mieko Kawakami, über Mobbing und zarter Freundschaft.

Das waren sie nun, meine zwanzig Highlights des Jahres, die ich um noch weitere Werke hätte ergänzen können, doch lade ich euch natürlich ein, im Rezensionsverzeichnis nach Herzenslust zu stöbern, nach diesen oder nach anderen Werken, nicht nur Highlights, aber eben auch. Es hat mir wieder großen Spaß gemacht, so vielschichtig, auch für euch, zu lesen und ich freue mich auf das kommende Lesejahr, was hoffentlich genau so abwechslungsreich und spannend werden wird.

Vielleicht ist ja das eine oder andere Werk, auch für euch, dabei?

Bis zum nächsten Jahr. Nicht vergessen, wir lesen uns.

Viele Grüße,

findo.

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Hideo Yokoyama: 2

Inhalt:

Ein legendärer Kriminaldirektor, der sich aus dunklen Gründen weigert, seinen Posten zu räumen – und eine junge, aufstrebende Polizistin, die von einem Tag auf den anderen nicht mehr zur Arbeit erscheint. Zwei Fälle, ein Schauplatz: Japan, Polizeipräsidium Präfektur D.

Rezension:

Japan ist das Land der zwei Geschwindigkeiten. Einerseits bestimmt das Leben auf der Überholspur die Menschen, die laufen müssen, um nicht den Anschluss zu verlieren, was widerum mit althergebrachten Traditionen und längst veralteten Rollenbildern kollidiert. Ständig. In diesem Szenario siedelt Hideo Yokoyama seine beiden hier vorliegenden Kurzkrimis an und zeigt damit eine hier nahezu unbekannte Seite des Inselstaats.

Zunächst entführt uns der Autor in die Verwaltungsabteilung eines Polizeipräsidiums und setzt damit gleich zu Beginn den Fokus nicht auf den klassischen Ermittler, sondern auf den Beamten, der ein bürokratisches Problem zu lösen versucht. So trocken sich dies anhört, so ruhig entwickelt sich die Geschichte zu einem unterschwellig spannenden Szenario, welches in dieser kompakten Form allenfalls als Kriminalromannovelle zu bezeichnen ist. Die Kurzgeschichte unter dem Genre Thriller laufen zu lassen, mag eine verlegerisch durchdachte Entscheidung beruhen, ist für mich ob der stoischen Ruhe des Textes kaum nachzuvollziehen.

Andererseits fehlt mir, dies muss fairerweise erwähnt werden, der Vergleich zu weiteren Krimis und Thrillern aus diesen geografischen Raum. Die zweite Geschichte weist da ein etwas höheres Erzähltempo auf. Beide lassen sie sich jedoch flüssig lesen. Für nicht an asiatische Namen gewöhnte Augen sorgt eine Namensliste für den Überblick.

In beiden Geschichten setzt der Autor zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten mit der Lösung an. Hier kommt es sehr darauf an, wie man selbst gerne liest und wie Handlungsstränge wirken. Die Protagonisten sind feinfühlig ausgearbeitet. Eine gewisse Distanz zum Lesenden, gleichsam dem asiatischen Gesellschaftsbild nach immer funktionieren zu müssen, sich nicht in das Seelenleben hineinschauen zu lassen, ist immer vorhanden. Hier zeigt sich Yokoyama durchaus gesellschaftskritisch, auch was den Umgang mit traditionellen Rollenbildern angeht.

So ist, wer einen Krimi nach englischen oder skandinavischen Vorbild erwartet, hier falsch, doch wer gerne einmal Novellen mit gesellschaftskritischen Tönen liest, hier an der geeigneten Lektüre. Die Krimihandlung, die ich hier aufgrund der Kürze der Geschichten, umschiffen musste, spielt ohnehin eine nebensächliche Rolle. Zum „Antesten“, ob Schreib- und Erzählstil von Hideo Yokoyama für einem selbst geeignet sind, ist „2“ jedoch passend.

Autor:

Hideo Yokoyama wurde 1957 in Tokio geboren und ist ein japanischer Autor und Journalist. Nach seiner journalistischen Arbeit begann er Kriminalromane zu schreiben, die in mehrere Sprachen übersetzt und zahlreich ausgezeichnet wurden. Sein Werk „64“ wurde als bester japanischer Kriminalroman im Jahr 2013 ausgezeichnet, ein Jahr darauf erhielt er den Deutschen Krimipreis in der Kategorie International.

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Vanessa Nakate: Unser Haus steht längst in Flammen

Inhalt:

Vanessa Nakate wächst in Uganda auf und erlebt, wie es Jahr für Jahr heißer wird, die Ernten immer kleiner werden, Armut und Hunger zunehmen. Als sie sich 2019 mit dem Klimawandel auseinandersetzt, wird ihr klar: Wenn sie nicht handelt, wer dann?

Doch während die Schulstreiks von Fridays for Future in Europa einem farbenfrohen Happening gleichkommen, droht Streikenden in Uganda Gefängnisstrafe. Vanessa schweigt nicht! Entgegen aller Widerstände nimmt sie den Kampf gegen die Klimaerhitzung auf.

(Inhaltsangabe Kurzform)

Rezension:

Als Vanessa Nakate die Berichte über die Klima-Proteste vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos 2020 zu Gesicht bekommt, traut sie ihren Augen kaum. Neben all den Aktivist*innen, die sich mit ihr für Klimagerechtigkeit und -schutz einsetzen, hätte sie auf den Bildern einer großen weltweit tätigen Presseagentur zu sehen sein müssen, doch wurde sie aus dem Bild getilgt, eine Praxis, wie man sie nur mehr von Diktaturen kennt. Wieder einmal ist Afrikas Stimme unter den Klimaprotesten damit unhör- und unsichtbar gemacht wurden.

Ein Jahr zuvor hat die Uganderin zum ersten Mal von den Protesten in der westlichen Welt erfahren, um sich daraufhin selbst über den Klimawandel zu informieren, und im Rahmen ihrer Möglichkeiten, in ihrer Heimat sich für den Klimaschutz einzusetzen und die Menschen darauf aufmerksam zu machen. In Uganda ist dies mit vielen Hürden verbunden. Die Meinungsfreiheit ist eingeschränkt, Proteste nur bedingt möglich und der Willkür des Regimes ausgeliefert. Die traditionelle Rolle, die Frauen zugestanden wird, lassen kaum Entfaltungsmöglichkeiten zu. Dennoch wagt es die Autorin, zunächst nur mit Unterstützung einiger Familienmitglieder, auch in Uganda auf den Klimawandel aufmerksam zu machen und ahnt dabei nicht, welche Steine sie ins Rollen bringt.

Inzwischen gibt es ganze Bücher und reihen über den Klimawandel und Porträts der bekanntesten Gesichter der Klimabewegung, was ungemein wichtig ist und den Regierungen allerorts immer wieder ins Gedächtnis gerufen werden muss. Doch Stimmen aus anderen als den westlichen regionen der Erde, sind kaum hörbar. Woran liegt das?

Die Autorin berichtet von ihrem eigenen Weg hin zu den Protesten selbst, über die Situation der Menschen in ihrem Land und die Auswirkungen, die der Klimawandel schon jetzt in Uganda hat. Nakate ist dabei durchaus kritisch mit sich selbst, stellt jedoch auch dar, was selbst vermeindlich kleine Schritte bewegen können und wie vielgestaltig Aktivismus eben auch sein kann, in Gegenden, in denen man vorsichtig mit der eigenen Meinung hausieren gehen muss.

Nun in Buchform ist diese Stimme sichtbar und damit im Fokus der westlichen Welt, , was sich manchmal spannend wie ein Krimi liest, jedoch immer wieder vor Augen führt, dass es eben auch in Afrika Menschen gibt, die sich für den Klimawandel interessieren und dagegen kämpfen wollen, dass dies jedoch teilweise anders aussehen muss, als wir dies zuweilen auf den Schirm haben, jedoch nicht aus unserem Blickfeld geraten darf.

So ist dieses Werk teils Biografie, Handreichung dafür, wie man selbst sich für Klima- und Umweltschutz einsetzen kann, egal, wie vermeintlich klein Mittel und Wege sind, aber auch Bericht der Entwicklung einer jungen Frau, die man für ihren Mut und Zielstrebigkeit nur bewundern kann. An mancher Stelle rutscht dies sehr ins Emotionale ab, was vielleicht nicht falsch ist, mich aber aus dem Lesefluss herausgebracht hat. Ich hätte mir zudem noch eine ausführlichere Erläuterung von Beispielen des Einsetzens von Klimaaktivist*innen in Afrika gewünscht, als sie die Autorin in ihrem Buch ausführt.

Dennoch ist es gut und richtig, jetzt auch diese Perspektive für alle sichtbar zu haben.

Autorin:

Vanessa Nakate wurde 1996 in Uganda geboren und ist eine ugandische Klimaschutzaktivistin, die sich u. a. für Fridays for Future engagiert. Sie wuchs in der ugandischen Hauptstadt Kampala auf und studierte Betriebswirtschaftslehre an der Makerere-Universität, seit 2019 setzt sie sich für Klimaschutz ein und nahm an mehreren Aktionen der Klimaschutzbewegung teil, zudem initierte sie eigene Projekte, wie dem Ausstatten von Schulen in Uganda mit Solarzellen, sie hält zudem Vorträge und hilft anderen sich für den Klimaschutz vernetzen.

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Die Leipziger Buchmesse 2022

Ab heute, 14. Dezember (Dienstag), startet der Vorverkauf für die Messe-Tickets.

Der ist diesmal besonders wichtig, denn es gibt keine Tageskassen und die Besucherzahl ist nach wie vor begrenzt. 25.000 Messe-Besucher pro Tag sind erlaubt. Ihr müsst daher für jeden Tag ein einzelnes Ticket kaufen und eure Daten angeben, da es auch um Kontaktverfolgung geht.

Ist die Zahl erreicht, gibt es für den Tag keine Tickets mehr zu kaufen.

Die Tickets sind personalisiert und gelten gleichzeitig als MDV-Ticket, sprich als Fahrkarte von und zum Messegelände bzw. zu den Veranstaltungen.

Tickets können hier gekauft werden.

Aktuell gilt in Sachsen die 2G-Regel, man muss genesen oder geimpft sein und dies nachweisen können. Bei Senkung der Fallzahlen gilt wieder 3G.

Übersicht über die Testzentren in Leipzig findet ihr hier, das Hygienekonzept der Messe hier.

Alle Angaben sind den Seiten der Leipziger Messe entnommen.
Wir sehen uns, diesmal hoffentlich wirklich, auf der Leipziger Buchmesse vom 17.-20. März 2022.

Euer findo.

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Mieko Kawakami: Heaven

Inhalt:

Sie sind beide Außenseiter und Opfer übler Mobbing-Attacken und haben doch noch kein Wort miteinander gewechselt: der vierzehnjährige namenlose Ich-Erzähler und seine Klassenkameradin Kojima. Als Kojima aber beginnt, Nachrichten zu schreiben, entwickelt sich ein Dialog zwischen den beiden, entsteht etwas Schönes, Zartes. Bald jedoch wird die gerade geschlossene Freundschaft auf eine harte Probe gestellt.

In ihrem packenden Roman erzählt Mieko Kawakami die Geschichte zweier Jugendlicher, die anders sind, in einer Gesellschaft, die kein Anderssein erträgt, und stellt damit abermals ihr schriftstellerisches Talent unter Beweis.
(Klappentext)

Rezension:

Mobbing wird definiert als fortgesetzte Handlung zumeist psychischer, aber auch körperliche Gewalt und Ausgrenzung gegenüber Schwächeren über einen längeren Zeitraum und das Ausnutzen überlegener Kräfte durch stärkere Personen. In zahlreichen Varianten kommt dies vor, verdeckt oder offen, und erstreckt sich auf Menschen aller Altersgruppen und sozialer Schichten. Wie gibt man einer solchen Thematik, die schon in der Realität kaum flächenwirksam diskutiert wird, fast immer nur dann, wenn sich die Opfer nicht anders zu helfen wissen, als zum Äußersten zu greifen, um sich dem zu entziehen, Raum, zumal in einer von Grund auf eher zurückhaltenden Gesellschaft?

Die japanische Autorin Mieko Kawakami hat dies versucht und erzählt die Geschichte zweier Schüler, wie sie wohl überall auf der Welt vorkommt. Aus der Perspektive eines namenlosen Ich-Erzählers erleben wir von Beginn an die Grausamkeiten, denen er sich ausgesetzt sieht, aufgrund einer Fehlstellung seiner Augen.

Er beschreibt die körperlichen Schmerzen und psychischen Quälereien, die ihm immer mehr verzweifeln und resignieren lassen, bis er eines Tages ein Brief von einer ebenso gequälten Mitschülerin erhält.

Zunächst nur wenige Worte, formen sich schließlich Säütze und ein reger Briefwechsel daraus. Kojima gibt dem Jungen Halt und wird selbst plötzlich gesehen. Zarte Bande, die von den Peinigern Beider nicht unbemerkt bleiben, was Konsequenzen haben wird. Dieses Zusteuern auf die Katastrophe, die Unausweichlichkeit, das Drama, man ahnt das schon zu Beginn, hofft und bangt, gerät gleichfalls der beiden Protagonisten in einem Sog, den man sich nicht entziehen kann.

Aber warum hatte ich Angst? Weil sie mich verletzten? Wenn ich fürchtete, verletzt zu werden, warum tat ich dann nichts? Was hieß das überhaupt: verletzt? Warum wehrte ich mich nicht? Warum ergab ich mich einfach? Was hieß das: sich ergeben? Wovor hatte ich Angst? was ist Angst? Doch so lange ich auch grübelte, zu einem Ergebnis kam ich nicht.

Mieko Kawakami: Heaven

Die Autorin schafft es die Verzweiflung des vierzehnjährigen Ich-Erzählers zwischen den Zeilen mit zunehmenden Seiten immer mehr einzustreuen, eindrucksvoll die inneren Monologe, die Erklärungsversuche des Protagonisten, ebeenso wird das Sinnfreie im Dialog mit einem der Mobber deutlich, dessen Sicht dem Opfer immer mehr die Luft zum Atmen nimmt. Kurze Sätze der Unausweichlichkeit wechseln mit ausufernden, die den Jungen immer mehr in die Tiefe ziehen. Der weg von Kojima nimmt einen anderen Verlauf.

Was bleibt da noch? Das Ende gibt kaum Antworten und bleibt halbwegs offen. So ist das auch im realen Leben. Ein Opfer findet keine einfachen Erklärungen, braucht sie auch nicht, da sie nicht helfen. Nur Hilfe von Außen schafft dies, was schwer genug ist. Wer vertraut sich von selbst schnell genug jemanden an? Das schaffen nur wenige sofort. So bleibt der Leidensweg meist lang. Im Land der Autorin ist die Quote von Fällen von Burnout sehr hoch, ebenso wie die Suizidrate derer, die mit den Konsequenzen einer Gesellschaft, in der jeder für sich bleibt, nicht mehr zurechtkommen. Mieko Kawakami gibt all jenen, nicht nur in Japan, eine Stimme, die so bitter nötig ist.

Autorin:

Mieko Kawakami wurde 1976 in Osaka geboren und ist eine japanische Schriftstellerin und Sängerin. Bekannt wurde sie mit einen Roman, der 2020 in mehreren Sprachen übersetzt wurde, im Deutschen unter den Titel „Brüste und Eier“. Das Buch wurde vom Time Magazine zu den zehn besten Büchern des Jahres gewählt. Doch bereits 2006 debütierte sie als Lyrikerin und veröffentlichte in Japan ihren ersten Roman. Für ihr Werk erhielt sie zahlreiche Literaturüpreise, darunter den Akutagawa-Preis und den Murasaki-Shikibu-Preis.

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Rita Mielke: Als Humboldt lernte, Hawaiianisch zu sprechen

Inhalt:

Seit Jahrhunderten haben sich Abenteurer, Missionare und Forscherinnen aufgemacht, um unbekannte Welten zu entdecken. Der Naturforscher Georg Forster landete auf Tahiti. Die sprachwissenschaftlerin Luise Hercus lernte die Kultur der Aborigines in Australien kennen. der Kaufmann Isaac reiste im Auftrag Karls des Großen ins ferne Bagdad. Und immer begegneten die Weitgereisten dort Menschen, mit denen sie sich nicht verständigen konnten.

Doch neugierig und einfallsreich, wie sie waren, gelang es ihnen, mit ihrem Gegenüber ins Gespräch zu kommen. Dieses Buch handelt vom Sprechen und Zuhören, von pantomimischen Gesten, von handgeschriebenen Wortlisten und Grammatiken – und immer wieder von der Begegnung unterschiedlicher Welten und dm Zauber der Sprache. (Klappentext)

Rezension:

Man kann über alles reden. Vorausgesetzt, man hat oder findet eine gemeinsame Sprache. Außerhalb ihrer Heimat stießen Menschen seit jeher an die Grenzen der Fähigkeit zur verbalen Kommunikation. Mit ihrer Sprache kamen sie irgendwann nicht weiter. Die Sprache des Gegenüber beherrschten sie nicht und waren ihrer größten Möglichkeit beraubt, einander ihre Gedanken, Gefühle, Fragen oder Wünsche auszudrücken. Der Fähigkeit zur Kommunikation, dieses kostbaren Rohstoffs beraubt, war dies nicht nur ärgerlich, sondern bedeutete eine tiefgehende Kränkung.

Die großen Forschungs-, Handels- und Entdeckungsreisende vergangener Jahrhunderte, die diese Erfahrungen machten, mussten andere Wege finden, sich auszudrücken. Die sprachwissenschaftlerin und Autorin Rita Mielke erzählt von ihnen, sowie von dramatischen Begegnungen und Schicksalen und Biografien jener, die Strategien zum Erlenen neuer Sprachen finden mussten und dabei ein enorm kreatives Potenzial freisetzten, um einander zu verstehen.

In 42 Kapiteln berichtet die Autorin vom Gegenüber der elaborierten Sprachen der alten Welt, gegenüber jenen unbekannten, zu denen zunächst der Zugang fehlte. Kurz jeweils, werden die Biografien jener umrissen, deren Sprache Gegenstand des jeweiligen Kapitels ist, immer auch mit Kartenmaterial versehen und nicht zuletzt einer hübschen Übersicht ausgewählter eingewandeter Wörter, sowohl aus z. B. der deutschen Sprache in die jeweilige andere, als auch umgekehrt. So nutzen wir etwa, etwas abgewandelt, das tonganesische tapu als Tabu, die Maori das Wort aihanapana, was nichts anderem als dem deutschen Begriff Eisenbahn entspricht.

Sprache ist aber immer auch, so die weitere Darstellung der Autorin, eng mit der Geschichte und den Schicksalen derer verknüpft, die sie nutzen, nicht zuletzt nimmt sie nicht selten sehr eigentümliche Wege. Viele von ihnen, die es noch vor ein paar hundert Jahren gab, sind heute arg bedroht oder können nur noch in Bruchstücken vor dem Aussterben bewahrt werden. Andere existieren nur mehr in Form von Wortlisten, seltener noch als Tonaufzeichnung.

Rita Mielke lädt ein, zu einer Reise durch die Welt der Sprachen, heftet sich an die Fersen großer Entdecker und längst vergessener Namen, deren sehnlichster Wunsch es war, ihr Gegenüber zu ver verstehen und miteinander zu kommunizieren. Die Tragik mancher damit so eng verknüpfter Biografien wird eben so dargestellt, wie das Wissen um Sprache, und warum es so wichtig ist, diese zu bewahren. Das geschieht kurzweilig anhand übersichtlicher Kapitel.

Das grafisch aufwendig gestaltete Werk lädt zum Stöbern ein, aber auch zum Hintereinanderweglesen, wobei Konzentration wichtig ist. Sehr viel Informationsmaterial versteckt sich in den manchmal so unscheinbar wirkenden Texten. Dioe Autorin hat hier ein Sammelsurium zusammengestellt, welches sicher nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, aber Achtung zeigt vor jenen, die längst vergessene oder stark bedrohte Sprachen gesprochen haben und jenen, die verstehen wollten.

Dabei werden nicht nur die Beweggründe der Entdeckenden dargestellt, sondern auch immer einzelne Lebensläufe der jeweilig Sprechenden herausgestellt, um so ein Andenken zu schaffen, bevor auch deren Sprachbegegnung in Vergessenheit zu geraten droht, auch wie genau die Entdecker und Forschungsreisende etwa Sprachen erlernten, wenn deren Gegenüber die eigene nicht sprach.

Die Sammlung reiht sich positiv in die Lexika-Reihe des Duden-Verlags ein und lädt ein zum Stöbern und Entdecken, auf dass die nächste Begegnung mit Menschen, die der eigenen Sprache nicht mächtig sind, mit anderen Augen gesehen, einander zu verstehen noch mehr wertgeschätzt wird. Wenn diese Publikation dazu einen Beitrag leisten kann, hat sie ihr Ziel erreicht.

Autorin:

Rita Mielke ist Autorin und Sprachwissenschaftlerin beim Duden-Verlag.

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Roman Deininger/Uwe Ritzer: Die Spiele des Jahrhunderts

Inhalt:

Raus aus den Schatten der NS-Zeit, den Wiederaufbau geschafft – 1972 herrscht Aufbruchsstimmung und die Olympischen Spiele in München sollen der Welt das neue, lässige Deutschland zeigen. Als ein Fest der Demokratie, als Gegenentwurf zur martialischen Propaganda 1936 in Berlin. Unter den verwegenen Zeltdach verkörpern Schwimmer Mark Spitz, die junge Gold-Springerin Ulrike Meyfarth und die Sprinterin Heide Rosendahl mitten im Kalten Krieg den Traum vom friedlichen Miteinander. Dann setzt palästinensicher Terror alledem ein grausames Ende. Doch: „The Games must go on.“

Roman Deininger und Uwe Ritzer erzählen eine große Geschichte, die beinahe 100 Jahre umfasst und sich in den beiden Wochen der Olympischen Spiele dramatisch verdichtet. Virtuos und höchst unterhaltsam entfalten sie das funkelnde Panorama einer ganzen Epoche. (Klappentext)

Rezension:

Als am 05. September Attentäter das Gelände des olympischen Dorfes stürmten und Mitglieder der israelischen Mannschaft in Geiselhaft nahmen, die Befreiung dieser aufgrund eines mangelhaften Sicherheitskonzeptes dramatisch scheiterte, schien die Welt für einen Moment stillzustehen. Deutschland hielt den Atem an. Heitere Spiele hatten es sein sollen, schon die Architektur des Stadions ein kompletter Gegenentwurf zum architektonischen Brutalismus von Berlin 1936.

Zunächst ging diese Rechnung der Organisatoren auch auf. Dramatische Duelle zwischen Sportlern und Sportlerinnen zweier Systeme waren zu bestaunen, im Fernsehen zum ersten Mal in Farbe. In der Politik riecht es nach Aufbruch. Die Blokaden der Olympischen Spiele der Achtziger Jahre waren noch nicht zu erahnen, die Kommerzialisierung des Sports und Dopingskandale noch kleinteilig. Doch, 27 Jahre später kamen wieder Juden auf deutschem Boden ums Leben. Die Journalisten Roman Deininger und Uwe Ritzer begaben sich auf Spurensuche. Was bleibt von den Spielen, die Aufbruch signalisieren sollten und zum Fest am Abgrund wurden?

Wer die Ereignisse der Olympischen Spiele 1972 verstehen und im historischen Kontext einordnen möchte, muss zurückblicken. Die beiden Autoren tun dies und beginnen mit den Ereignissen um 1936, die zur Orientierung der Organisatoren werden sollten, wie man Deutschland keinesfalls der Welt präsentieren wollte. Alles sollte anders werden und so heften sich die Journalisten mithilfe einer Reihe von längeren Interviews und Archivmaterial an die beteiligten Personen der Spiele der Bundesrepublik, um so flirrende Wochen des Sports wieder aufleben zu lassen.

Deininger und und Ritzer zeigen, wie es den Organisatoren gelang, die Olympischen Spiele nach München zu holen und wie zum letzten Mal mehrheitlich AmateursportlerInnen, nicht Profis, gegeneinander antraten, auch im Wettstreit zweier Systeme. Dabei ist das beschriebene Ende nicht das Attentat selbst oder eben die gescheiterte Befreiung der Geiseln, sondern der Ausblick auf die Zeit nach Olympia mit den Folgen von 1972.

Vor dem geistigen Auge lassen die Autoren legendäre Zweikämpfe, kleine und manchmal große Dramen und Momente wieder auferstehen. Sie schaffen es, selbst jene in den Bann zu ziehen, die nicht unbedingt sportbegeistert sind (mich), um so mehr wird das dann ebenfalls beschriebene Drama des Attentats deutlich. Immer wieder geben Deininger und Ritzer Einblicke in die Psyche der Athleten, Angehörigen und Organisatoren, zeigen Widersprüche zu den Ansprüchen auf, mit denen sich nicht nur die Politik, auch und insbesondere das Internationale olympische Komitee konfrontiert sah.

Eine detailreiche Übersicht der Ereignisse ist dies, die sich jedoch nicht im Kleinklein verliert und einen entscheidenden Moment auch deutscher Geschichte festhält. Aufgrund des Entlanghangelns anhand einzelner Biografien haben die Journalisten hier verdeutlicht, wie sehr die Olympischen Spiele 1972 zum Brennglas von Ereignissen überall auf der Welt wurden und warum ausgerechnet in München der größte anzunehmende Alptraum Realität wurde. Aufgelockert ist dies mit einem Bildteil zu Beginn eines jeden Kapitels, fassbar durch die abschnittsbezogene Gestaltung des Textes, der gar nicht anders kann als unter die Haut zu gehen.

In München trafen die Welt, die Freude und der Tod aufeinander. Roman Deininger und Uwe Ritzer über dies und was daraus folgte.

Autoren:

Roman Deininger wurde 1978 in Ingolstadt geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Nach einem Studium der Politischen Wissenschaft, Amerikanischen Kulturgeschichte und Theaterwissenschaft in München, begann er 2004 ein Doktoratsstudium der Politikwissenschaft mit Forschungsaufenthalten in den USA. Nach seiner Dissertation wurde er 2009 in Wien promoviert und arbeitete als freier Jorunalist für verschiedene Zeitungen und Magazine, seit 2007 für die Süddeutsche Zeitung in verschiedenen Positionen. Er veröffentlichte eine vielbeachtete Biografie Markus Söders und erhielt dafür 2017 den Theodor-Wolff-Preis.

Uwe Ritzer wurde 1965 in Franken geboren und ist ein deutscher Journalist. Nach einem Volontariat bei den Nürnberger Nachrichten war er von ^993 bis 2004 Lokalredakteur bei dem Weißenburger Tagblatt, ab 1998 freier Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung. mit investigativen Recherchen, etwa zur Schmiergeldaffäre Siemens, erlangte er größere Bekanntheit und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Nannenpreis, den Wächterpreis und 2013 mit den Helmut-Schmidt-Journalistenpreis.

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Kurzblick: Thriller goes Graphic Novel – Frank Schmolke und Sebastian Fitzeks „Der Augensammler“

Von den einen Kritiker werden die Bücher dieses Autoren regelmäßig in die Tonne gekloppt, für mich waren sie der Zugang zu einem Genre, welches ich vorher nicht einmal mit der Kneifzange angefasst hätte. Davor gab es für mich nur entweder Romane und Erzählungen oder Sachbücher. Krimis und Thriller kamen erst mit den Büchern von Sebastian Fitzek hinzu und werden heute von mir sehr gerne und regelmäßig gelesen. Begonnen hat es bei mir mit seinem Werk „Das Kind“, welches ich lesen wollte, bevor der gleichnamige Kinofilm zu sehen war, der als nettes Gimmick einen Abspann mit einer Länge jenseits von Gut und Böse hatte, da sich in einer Aktion Fans dort haben eintragen lassen können und so ist dann auch mein Name dort zu finden.

Es hatte dann auch keinen anderen Grund, bis zum Ende dieses Abspanns im Kino sitzen zu bleiben, für einen Film, den man ansonsten das Low Budget Label ansieht, wenn auch mit Christian Traeumer damals ein hervorragender Kinderdarsteller gefunden wurde. Mittlerweile funktioniet das Gesamtpaket Fitzek, Gott sei Dank, nicht nur zwischen den Buchdenkeln, sondern auch auf der Leinwand. Die danach erschienenen Verfilmungen waren insgesamt stimmiger und haben bisher viel besser funktioniert. Das Buch, der Thriller „Das Kind“, ist dennoch sehr lesenswert.

Da Sebastian Fitzek jedoch sehr umtriebig ist und für viele Ideen offen, ist man nun den nächsten Schritt gegangen und hat nun einen anderen, ebenfalls sehr spannenden Thriller einmal grafisch umgesetzt. Der Zeichner Frank Schmolke zeichnete in düsteren Farben die Geschichte des Augensammlers nach, der Frau und Kind verschwinden lässt, das Boulevard in Aufruhr versetzt und mit seinen Ultimaten Berlin in Atem hält. Und den Ex-Polizisten Alexander Zorbach, der zusammen mit Alina Gregoriev, einer blinden Physiotherapeutin, im Gegensatz zur Polizei, die einzige brauchbare Fährte hat. Doch Zorbach, nun als Polizeireporter tätig, steckt da bereits tiefer drin, als ihm lieb ist.

Berlin, der Schauplatz vieler Geschichten von Sebastian Fitzek. (@Splitter-Verlag)

Mehr möchte und kann ich von der Handlung nicht verraten, auch wenn ich gerne mehr erzählen würde. Über den Zeichenstil von Frank Schmolke, der die Geschichte sowohl von den Farbtönen als auch von den Bildern her interessant umgesetzt hat, lässt sich dafür um so mehr sprechen. Vergleichsweise farbenfroh hat der Zeichner den Auftakt von Fitzeks Geschichte umgesetzt, wenn auch schon auf den ersten Seiten starke Kontraste wirken. Die Bilder, die beim Lesen des Thrillers im Kopf hängen bleiben, und es ist hier auch schon ein wenig her, dass ich das „Original“ gelesen habe, wurden hier umgesetzt. Jede Szene hat ihren eigenen „Grundton“ und ganz düster ist hier fast grau-schwarz. Wer also die Graphic Novel sich abends zu Gemüte führen sollte, müsste einmal für ausreichende Beleuchtung sorgen, sonst könnte das für die Augen vielleicht etwas zu anstrengend wirken.

Einige Figuren habe ich mir etwas anders vorgestellt, als sie in der Vorstellung von Frank Schmolke existieren. Es ist jedoch so, dass ich mit dieser ganz gut leben kann. Da trifft es sich dann auch, dass sowohl Sebastian Fitzek diese Geschichte weiter geschrieben hat, als auch Frank Schmolke am Ende durchaus das Fernglas (dieser Ausdruck ist jetzt bewusst gewählt) für eine Fortsetzung als Graphic Novel offen lässt. Das wäre zumindest mein Wunsch.

Zuletzt, hat es denn funktioniert, einen Thriller als Graphic Novel zu adaptieren? Ein klares -Ja- von mir. Über die hervorragende Farb-, Papier- und Bindungsqualitä des Splitter-Verlags brauchen wir auch nicht zu sprechen. Die ist gegeben. Aufpassen sollte man dennoch, zumindest wer die limitierte und durchnummerierte Ausgabe haben möchte. Die ist auf 1000 Exemplare beschränkt enthält Zusatzmaterial und einen exklusiven Kunstdruck von Frank Schmolke und zum Zeitpunkt dieses Beitrages verlagsvergriffen. Die „einfache“ Ausgabe, unten verlinkt, sollte aber inzwischen zu haben sein, wenn sie auch in meiner Stammbuchhandlung ebenfalls verspätet angeliefert wurde. Für Thriller-Fans, aber auch sonst, einen Blick wert. Oder auch zwei. Mit den Augen, die man so hat.

Sebastian Fitzek:

Sebastian David Fitzek wurde 1971 in Berlin geboren und ist ein deutscher Schriftsteller und Journalist. Er arbeitet in der Programmdirektion eines Berliner Radiosenders und studierte Jura bis zum ersten Staatsexamen. Er promovierte in Urheberrecht und arbeitete als Programmdirektor für verschiedene Radiostationen Deutschlands. 2006 erschien sein erster Psychothriller „Die Therapie“, welches promt ein Bestseller wurde und als bestes Krimi-Debüt für den Friedrich-Klauser-Preis nominiert wurde. 2012 wurde sein Roman „Das Kind“ verfilmt. Merkmale seiner Bücher sind bestimmte Gimmicks zu seinen Büchern, wie wieder auftauchende Personen oder Extras in Form von Links oder Videos, auch sucht er Wege abseits der üblichen Wasserglas-Lesungen. 2016 feierte Fitzek zehnjähriges Autorenjubiläum. Seine Bücher werden für’s Theater adaptiert, eine weitere Verfilmung ist in Arbeit. Fitzek wird in 24 Sprachen übersetzt.

Frank Schmolke:

Frank Schmolke wurde 1967 in München geboren und ist ein deutscher Illustrator, Maler und Comic-Zeichner. 1994 begann er als Zeichner in einer Agentur zu arbeiten, seit 1999 ist er freiberuflich tätig. Schmolke ist Mitbegründer der Münchner Comicmagazine Tentakel und Comicaze und publizierte in seinem eigenen Verlag “Edition Spaceboy” seit 1994 eigene Comics, arbeitet zudem zusätzlich für verschiedene andere Verlage und u. A. im Bereich 3D-Animationsfilm. 2019 wurde er mit den Rudolph-Dierks-Award ausgezeichnet.

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