Inhalt:
Eine bislang weitgehend ignorierte Diskriminierungsform prägt das Leben vieler Menschen fundamental: Klassismus. Die Diskriminierung aufgrund von sozialer Herkunft und Position spaltet unsere Gesellschaft, in der die Schranken zwischen den Klassen immer unnachgiebiger werden. Soziale Unterschiede spitzen sich dramatisch zu. Und Francis Seeck zeigt ganz klar: Eine gerechte Gesellschaft können wir nur erreichen, wenn wir uns mit Klassismus auseinandersetzen! (Klappentext)
Rezension:
Eine der großen Gefahren für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ist verglichen mit anderen Punkten, die ebenfalls zu deren Spaltung beitragen, vergleichsweise unsichtbar oder, genauer, vor allem sichtbar für jene, die es betrifft. Klassismus ist der Oberbegriff dieses Phänomens, welches das Leben einer immer größeren Gruppe von Menschen bestimmt und dies von Geburt an. Die Kulturanthropologin und Antidiskriminierungstrainerin Francis Seeck hat nun eine zugängliche Diskussionsgrundlage verfasst, die zum Anlass genommen werden darf, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen.
Wenn immer mehr Einkommen für Miete aufgewendet werden muss, Parkbänke so gestaltet werden, dass sich wohnungslose Menschen nicht länger dort aufhalten mögen und können, gleichzeitig die Lücke zwischen Arm und Reich immer unüberwindbarer wird, ein Aufstieg sowohl materiell als auch sonst gesellschaftlich kaum mehr möglich ist, ist dies nichts anderes als sich eine immer stetiger zeigende Festigung von Unterschieden. Damit ist dies Grundlage einer Ideologie, die nicht nur allein als Diskriminierungsform, sondern fast immer auch in Verbund mit anderen daherkommt.
Die Autorin, als Eine, die sich selbst durch Klassenschranken kämpfen musste, erklärt die Entstehung des Begriffs und seine Fascetten, die historische Dimension und ihre heutigen Ausprägungen, zugleich Verknüpfungspunkte und Lösungsmechanismen, über die zumindest nachgedacht werden sollte.
Dieses Buch soll zeigen, wie die oft ignorierte Diskriminierungskategorie Klassismus unsere Gesellschaft umfassend prägt. Mein Ziel ist, Menschen für Klassismus zu sensibilisieren, damit wir gemeinsam für eine sozial gerechtere Gesellschaft kämpfen. Es reicht nicht, über Klassismus zu reden und neue Theorien zu entwickeln, wir sollten auch ins klassismuskritische Handeln kommen.
Francis Seeck: Zugang verwehrt – Keine Chance in der Klassengesellschaft
Das klingt zunächst sehr technisch, doch anhand von Beispielen, die sie immer wieder einbringt, beleuchtet Seeck beide Seiten unserer und vergangener klassistischer Gesellschaften, derer die danach streben und derer, die dagegen ankämpfen. Gleichzeitig verliert sie jedoch nicht den Blick auf jene, die als Opfer dieses Systems so stark darin gefangen sind, dass sie Hilfe brauchen, um sich da raus zu kämpfen. Dies aus Perspektiven, die heute immer noch zu wenig eingenommen werden.
Wie auch den Schreibenden der bereits erschienenden Streitschriften der Reihe „Zündstoff“ gelingt es ihr in kompakter Form Grundlagenwissen zu einer wenig bisher differenziert beleuchteten Thematik zu vermitteln, dass zwangsläufig neue Perspektiven gewonnen werden, ohne dass man zugleich mit allen genannten Lösungsvorschlägen einverstanden muss.
Schnell wird man jedoch feststellen, wie sehr man selbst vielleicht im klassistischen Denken verhaftet und wie schwer es angesichts unserer Gesellschaft ist, dauerhaft umzudenken. Diesen Prozess anzustoßen, ist ein Kraftakt, der mit dem Lesen der Denkschrift und der Diskussion die folgen sollte, der Francis Seeck gelungen ist.
Autorin:
Francis Seeck wurde 1987 geboren und ist eine deutsche Kulturantropologin und Antidiskriminierungstrainerin. Sie studierte zunächst Kulturwissenschaften an der Europa Universität Viadrina und Europäische Ethnologie an der Humboldt Universität Berlin, an der sie auch promovierte. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u. a. Antidiskriminierung und Gender, qualitative Sozialforschung und soziale Gerechtigkeit.