zeitgeschichte

Peter Urban: On Air – Erinnerungen an mein Leben mit der Musik

Inhalt:

Beatles, Bowie, Onkel Pö: Peter Urban erzählt von seinem bewegten Leben mit der Musik.

Seit Jahrzehnten prägt Peter Urban die deutsche Radiolandschaft – als legendärer trockener Kommentator des Eurovision Song Contests, als Moderator verschiedener Musiksendungen, inzwischen auch als Podcaster. Offen und unprätentiös beobachtet er seit fast 50 Jahren als pop-experte die nationale und internationale Musikszene und hat in seiner langen Laufbahn unzählige Pop-Größen getroffen, interviewt und porträtiert – von Keith Richards über Yoko Ono zu David Bowie, Elton John, bruce Springsteen, Joni Mitchell, Paul Simon, Harry Belafonte und Eric Clapton. Mit diesem Buch legt er nun seine Memoiren vor, den Soundtrack eines Lebens, das beruflich wie privat immer von der Musik geprägt war. (Klappentext)

Rezension:

Nahezu alle kennen seine Stimme, ob aus dem Radioprogramm oder aus dem Off, als Kommentar des Eurovision Song Contest, den er seit 1997 bis zu seinem Abschied im Jahr 2003 mit einer Ausnahme begleitete. Doch Urbans Leben mit Musik nahm schon vorher seinen Lauf. Seit seiner Kindheit spielt der 1948 in Bramsche geborene Peter Urban selbst und kam Jahre später eher per Zufall zum Rundfunk und bildete seit dem die Grundlage für so manche Plattensammlung. Nun legt der Moderator und Journalist, ja, auch Musiker, seine Autobiografie vor, in der er nicht nur seine eigene Geschichte festhält.

In einem Interview der NDR-Talkshow hat es Peter Urban einmal in etwa so formuliert, sein ganzes Leben mache oder drehe sich um Musik, aber für den Eurovision Song Contest sei man bekannt. Doch ist das Kommentieren des Musikwettbewerbs nur ein weiterer meilenstein gewesen im bewegten leben, welches er noch einmal Revue passieren lässt. Angefangen hat das alles mit dem heimischen Musizieren im Wohnzimmer der Eltern und dem Beobachten der Techniker, die eine Aufführung aus der Ortskirche seiner Kindheit übertragen sollten. Und so beginnt das Vorspiel, welches ihn von der Heimatregion nach Hamburg, mehrfach nach London und dann rund um die Welt führen sollte. Eindrücklich schildert der Journalist die Suche nach besonderen Platten und Begegnungen mit Künstlerinnen und Künstlern. Mit vielen wird er in Berührung kommen.

Im Laufe der Jahre verändert sich das gesellschaftliche Gefüge in Deutschland und der weklt, mit ihm die Musik. Peter Urban versucht Zeit seines Lebens den Blick über den Tellerrand zu bewahren. In den einzelnen, quasi Musiktiteln nachempfunden überschriebenen Kapiteln schält er besondere ereignisse und Wegmarken heraus, was besonders zu Anfang wirkt wie die Abhandlung eines Lexikon der Musikgeschichte.

Nach und nach, als hätte Urban, der sonst nur das Schreiben von Songtexten, Noten oder Moderationstexte gewöhnt ist, erst einmal in das erzählende Texten hineinfinden müssen, wirkt die Biografie zugänglicher und einfacher zu lesen. Natürlich sei gesagt, dass man quasi nebenher unzählige Titel sich heraussuchen und abspielen kann, hat man doch ebenso mit „On Air“ einen Fundus an hörbarer Zeitgeschichte vorliegen. Sicher ist es auch so, dass je nachdem ab wann die gemeinsamen Berührungspunkte größer werden, die Biografie interessanter wird. Das beginnt bei mir, der mit Peter Urban als ESC-Kommentator aufgewachsen ist, eben erst damit.

Faszinierend sind die Hintergründe, die er erläutert. Wie liefen Vorbereitungen für eine Radio-Sendung ab, in der bedingt noch viel improvisiert werden musste, wie entwickelte sich die Technik weiter, zum Segen oder Fluch des Moderierenden. Wie betrachtet Urban die Entwicklung des weltweit größten Musikwettbewerbs ebenso wie die Musikszene selbst, wie betrachtet sie auch ihn und warum noch einmal wirkt manches Kommentar am ESC-Finalabend für manch Zuschauenden so betulich? Wo hätte er selbst einmal kritischer sein können oder gar müssen? Peter Urban gibt sich kritisch, sinniert, jedoch ohne über andere, denen er begegnet, herzuziehen. Eine Biografie mit Respekt und ganz viel Nostalgie ist das, so vielschichtig.

Immer noch beeindruckt, schildert er sehr ausführlich die Begegnungen mit Legenden wie Yoko Ono oder Mick Jagger, Keith Richards, einzelnen Mitgliedern der Beatles oder Udo Lindenberg, ohne die Probleme oder schwierigkeiten des Musik-Business‘ außen vor zu lassen. Er kennt sie ja selbst, aus eigener Erfahrung heraus. Peter Urban spielte selbst in einigen Bands, was er bei seinem Interviews zu nutzen wusste. Wer ihn traf, der spürte wohl, hier ist jemand, der sich auskennt, der weiß, wovon er spricht.

Diese Liebe zur Musik kommt in jeder einzelnen Zeile durch und ist daher nur als lesenswert zu empfehlen, auch als einen Aspekt der langjähriger bundesrepublikanischer Geschichte und auch sonst. An manchen Stellen wirkt das zwar sehr theoretisch, fast exerzierend, doch zeigt Urban eben auch, was Musik in der Lage ist in Menschen zu bewirken. Damit ist dann nicht nur gemeint, dass auch unzählige Hörer und Hörerinnen seine Rundfunksendungen als Fenster zum Westen nutzten, teilweise penibel Listen führten, wann welche Titel gespielt wurden und sich so ein Stück Ausbruch aus dem Alltag schufen, noch bevor die Mauer fiel.

Der Autor stellt jedoch auch ein bedeutendes Stück journalistischer Entwicklungsgeschichte dar, eben so interessant, wie auch wie er sich zukünftig die Rolle der Öffentlich-Rechtlichen, des Rundfunks und überhaupt des Eurovison Song Contests vorstellt, dem er, wie er selbst feststellt, eigentlich ein eigenes Buch widmen könnte. Dieser sehr ausführliche Streifzug, nicht nur durch die Musik, macht viel Freude, diese zu verfolgen, zudem Peter Urban es vermeidet, gezielt offene Wunden zu suchen und die noch einmal zu erweitern. Auch das ein Kennzeichen des Werks, allen Personen, die in seiner Beschreibung vorkommen, zollt er respekt.

So sind es eben nicht nur „Erinnerungen an mein Leben mit der Musik“, sondern viel mehr als das.

Autor:

Peter Urban wurde 1948 in Bramsche geboren und ist ein deutscher Journalist, Musiker und Radiomoderator. Nach der Schule studierte er zunächst in Hamburg Anglistik, Soziologie und Geschichte, bevor er 1977 über Texte anglo-amerikanischer Populärmusik promovierte. Seit 1973 arbeitet er für den Norddeutschen Rundfunk zunächst frei, später fest angestellt. Zudem verwirklichte er diverse Musikprojekte als Musiker und Komponist. 1988 übernahm er eine Stelle als Redakteur der Musikredaktion des NDR.

Von 1995 bis 1988 war er als Station-Voice von NDR 2 tätig, ab 2003 Redakteur für mehrere Sendungen von NDR Info. Ab 1997 kommentierte er den Eurovision Song Vonetst, war verschiedener Weise auch Juror, z. B. 2012 beim Jewrovision in München. 2013 ging er als Redakteur in Rente, arbeitet jedoch als freier Mitarbeiter weiterhin für den NDR. 2023 kommentierte er zum letzten Mal den Eurovision Song Contest.

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Empfehlung: Angela Merkel – Was also ist mein Land?

Was also ist mein Land?

„Ein Land, im dem alle miteinander immer neu lernen. Ein Land, in dem gerade auch die erfahrung von Umbrüchen in familiären Biographien, in dem die Anstrengung, aber auch das Glück, das es bedeuten kann, neu anfangen zu müssen oder zu dürfen, als eine Erfahrung anerkannt wird, die uns gemeinsam Zuversicht und Stärke gibt.“

Drei Reden von Angela Merkel über die Themen ihrer Zeit als Kanzlerin:
Die spezifisch deutsche Verantwortung, die Erfahrung der wiedervereinigung und den Umgang mit Migration. (Klappentext)

Das Amt des Bundeskanzlers oder, in ihrem Falle, der -kanzlerin, ist der härteste Job, den der Politikbetrieb in Berlin zu vergeben hat. Unter Strom und ständiger Beobachtung, immerwährend Kritik ausgesetzt, gezwungen oft auch sehr unpopuläre Entscheidungen zu fällen, die sich nur schwer erklären lassen und erst später zeigen, ob sie durchdacht gewesen sind oder nicht. Das Urteil wird zumeist jedoch bereits vorher gefällt. In Umfragen und Wahlen.

Was bleibt, sind Bilder und Reden.

Auch die erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik hielt derer einige, Wegmarken und Zeichen setzend. Manchmal das einzig Mögliche. Unabhängig davon, was man von Angela Merkels Politik und ihrem Wirken halten mag.

In diesem Büchlein sind der Reden drei versammelt, ausgewählt durch den Verlag, eine Rede zum Tag der Deutschen Einheit, die sie in Halle/Saale hielt, einmal die zur Flüchtlingspolitik, von der vor allem ein Drei-Wort-Satz im Gedächtnis blieb und ihre Rede vor dem israelischen Parlament, der Knesset.

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Bernd Kaufholz: Der Mörder wohnt im selben Haus

Inhalt:

„Oberkommissar ehrenhalber“ Bernd Kaufholz ermittelt wieder! die zehn Fälle aus dem ehemaligen Bezirk Halle trugen sich zwischen 1978 und 1988 zu. Neun der recherchierten Straftaten waren Tötungsverbrechen, beginnend mit der Ermordung einer Frau in Dessau, deren Leiche erst nach Tagen in der Elbe im damaligen Kreis Burg angeschwemmt wurde. Der Mord an einer jungen Frau in Wittenberg 1986 endet zwanzig Jahre später mit dem Suizid des Täters in der Haftanstalt von Cottbus-Dissenchen. Warum ein Mörder zweimal zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt werden konnte, schildert der Fall aus Weißenfeld 1987.

Eine Ausnahme bildet der Fall des „Klo-Königs“ von Halle, der mit seinen zehn Pachttoiletten mehr als eine halbe Million DDR-Mark in die eigene Tasche wirtschaftete. In gewohnt brillanter Weise rekonstruiert der Autor die Kriminalfälle, die zu DDR-Zeiten für große Unruhe in der Bevölkerung sorgten, und begleitet die Ermittlungsarbeit der Kriminalisten bis hin zur Urteilsverkündung. (Klappentext)

Rezension:

Nichts ist, wie es scheint und so standen auch die Kriminalisten zu DDR-Zeiten vor manch verzwickten Rätsel, um den Angehörigen der aufgefundenen Opfer Klarheit zu verschaffen und, in den meisten Fällen, die Täter zu überführen. Der Autor und Journalist Bernd Kaufholz hat sich nun zehn neue Fälle vorgenommen und rekonstruiert diese, vom Begehen der Tat bis hin zur Urteilsverkündung, manchmal auch darüber hinaus. Und so liegt hier ein weiterer Band kompakten True Crimes vor, dessen Bandbreite von der Beziehungstat bis hin zur Wirtschaftskriminalität reicht.

Zehn Fälle stellt der Autor in sehr nüchterner Sprache vor und beschreibt deren Verlauf mitunter in einer manchmal zu kompakten Form. Gerade bleibt genug Zeit in einem Fall einzutauchen, bekommt man bereits die Auflösung serviert, um so gleich zum nächsten Fall zu springen. Ergänzend dazu, Fotografien aus den Ermittlungsarchiven, die das Geschehen veranschaulichen und das Grauen unterstreichen.

Der Tonfall, in dem erzählt wird, wirkt in etwa so, als würde man direkt die zur damaligen Zeit angelegten Akten lesen, doch reichen die Auswirkungen der beschriebenen Taten mitunter bis in die heutigen Tage. Der Autor erzählt jeden Fall, so weit möglich zu Ende, auch wie mit Urteilen umgegangen, mitunter gehändelt wurde, über die Wendezeit hinweg. Und das ist an manchen Stellen fast noch spannender zu lesen. Die manchmal doch sehr trockene Sprache gewinnt dann an Dynamik, gleichwohl aufgrund der Kompaktheit durchgehend nicht wirklich Längen entstanden sind.

Der Eine oder Andere, wer in unmittelbarer Umgebung des Geschehens oder zumindest in der betroffenen Region gelebt hat, mag sich an bestimmte Dinge im Dunstkreis der Ermittlungen erinnern, heute wohl nur, wenn eine gewisse Legendenbildung stattgefunden hat, doch auch sonst ist dieses Dokument durchaus interessant. Wie funktionierte damals Ermittlungsarbeit? Wo stieß diese, schon aufgrund damals noch nicht verfügbarer Kriminaltechniken, wie sie heute zur Verfügung stehen, an ihre Grenzen? Alleine schon für diese Details, wenn sie auch in überschaubarer Anzahl daherkommen, lohnt sich die Lektüre.

Intensive Recherche ist dem Autoren nicht in Abrede zu stellen, genau so wie den Umgang mit Personen, die teilweise heute noch unter uns sind, auch verkneift sich Kaufholz jeden sensationsheischenden Kniff. Dennoch fehlt es vielfach an Ausführlichkeit, Tiefe, das sehr kompakte Beschreibung nimmt viel von den Spannungsmomenten, die typische True Crime Lektüre eigentlich hat. Wer jedoch Unaufgeregtes sucht, fast berichtsmäßig oder lokalhistorisches Beschreiben, der fährt mit dieser Auswahl gut.

Autor:

Bernd Kaufholz wurde 1952 in Magdeburg geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Zunächst studierte er Maschinenbau, darauf hin Journalistik und war ab 1977 als Redakteur der Mageburger „Volksstimme“ tätig. Ab 1993 arbeitete er als Chefreporter und berichtete aus Kriegs- und Krisengebieten der Welt. Er veröffentlichte mehrere Bücher zu kriminalistischen Fällen aus Mitteldeutschland.

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Ina Conzen: Pablo Picasso

Inhalt:
Pablo Picasso (1881-1973) gehört zu den bedeutensten Künstlern des 20. jahrhunderts. Fantasievoll und experiementierfreudig hinterließ er ein atemberaubend umfangreiches OEuvre in nahezu allen Medien. Bis heute fasziniert die stilistische Wandelbarkeit seiner Werke, aber auch deren spannende Verankerung in Picassos Biografie. Souverän und kenntnisreich zeichnet Ina Conzen im vorliegenden Band Leben und Werk dieses Ausnahmekünstlers nach. (Klappentext)

Rezension:

Reduziert auf Schwarz-, Weiß- und Grautöne wirkt das Wandbild nur auf den ersten Blick als eine wirre Kombinationen aus Formen und Symbolen, doch erschließt es sich nach und nach den Betrachtenden. Es symbolisiert die Schrecken des Krieges und gilt bis heute als bedeutenstes Werk des spanischen Künstlers Pablo Picasso. „Guernica“, welches dieser im Auftrag für die Weltausstellung 1937 unter den Eindrücken des Spanischen Bürgerkriegs anfertigte, ist heute in Madrid zu sehen, doch nicht nur dieses Werk ist im kollektiven Gedächtnis geblieben. Die Konservatorin und Autorin Ina Conzen hat sich auf Spurensuche begegeben. Entstanden ist dabei ein mehr als eindrucksvolles Porträt.

Wer mit relativ wenig Aufwand kompaktes Überblickwissen erlangen möchte ist mit Bänden der vorliegenden Reihe gut bedient. Das gilt für viele Themen, eben auch für die Kunst und so reiht sich nun dieses Bändchen mit ein, in welchem ein bedeutender Ausnahmekünstler beleuchtet wird. Diese Formulierung aus dem Klappentext darf man ruhig wörtlich nehmen, wenn gleich sich die Autorin sehr nüchtern der Biografie und dem Werk Picassos nähert. Sie verfolgt die Spuren dessen, der als Porträtmaler began und später die Grenzen des Künstlerischen Schritt für Schritt erweiterte, sich mitunter selbst zum Objekt seiner Betrachtung machte, von dessen Kindheit an. So gelingt ein eindrucksvoller Rundumblick.

Nicht immer ist das zugänglich. Zwar lockern hier mehrere Bildteile den Text auf, doch sollte man sich zuweilen schon auskennen mit verschiedenen Stilrichtungen der Kunst, die Laien zunächst kaum etwas sagen werden. Was ist das besondere an dem Punkt, wenn Picasso den Bereich des Gegenständlichen verlässt, um ins Surrealistische und Kubistische zu wechseln, um dann später wieder sich einer anderen Form des Gegenständlichen zu widmen? Diesen Zugang muss man sich selbst zusammenrecherchieren. Nicht an jeder Stelle ist hier ein Text für Laien gelungen, wenn man auch mit mehr Wissen aus der lektüre herausgeht, als man eingestiegen ist.

Die Autorin hangelt sich entlang der Perioden künstlerischen Schaffens Picassos, welcher dankenswert die Interpretationen gleich mitgeliefert hat, zuweilen für seine Zeitgenossen unverständlich, die teilweise fassungslos der Tatsache ins Auge sehen mussten, dass für scheinbar einfache Pinselstriche Millionen hingeblättert wurden. Schon zu Lebzeiten war der Künstler mehr als erfolgreich.

Im Privaten unruhig, blieb auch Picassos Kunst immer in Entwicklung. Auch mit den damaligen neuen Medien, der Fotografie, des Films experimentierte er ausgiebig. Auch diesen Aspekt seines Schaffens analysiert die Autorin mit Kennerblick, zeigt jedoch auch, dass Picasso nicht nur von Pinsel, Farbe oder Modellierung etwas verstand, sondern auch von Selbstvermarktung. Alle Aspekte werden in kompakter Form zueinander ins Verhältnis gesetzt, woraus sich ein Gesamtbild für die Lesenden ergibt, welches dazu einlädt die Werke Picassos einmal näher zu betrachten, sich damit zu beschäftigen. Ina Conzen lässt dabei jedoch nicht auch die Widersprüchlichkeiten der Charakterzüge Picassos außer Acht, gibt sich zuweilen kritisch, doch immer auch fasziniert von der Künstlernatur, die für jene, die mit ihm zu tun hatten, nicht immer ganz einfach gewesen sein muss.

Vielleicht ist genau dieser Band nicht unbedingt geeignet, in Leben und Werk Pablo Picassos einzusteigen. Zuvor sollte man zumindest einige von der Anschauung her kennen und vielleicht eine Idee der Grundzüge verschiedener künstlerischer Stile besitzen. Dann kann man sich dieser Lektüre annehmen und sie mit Gewinn sich zu Gemüte führen. Vorher wird man jedoch mehr als einmal über bestimmte Begrifflichkeiten stolpern. Später jedoch ergibt sich ein anderer Blick und dann erschließt sich auch die nüchterne faszination Ina Conzens für Pablo Picasso, der nicht nur mit „Guernica“ ein Werk für die Historie geschaffen hat.

Autorin:

Ina Conzen war bis 2021 Hauptkonservatorin für Kunst der Klassischen Moderne an der Staatsgalerie Stuttgart.

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Thomas Seiterich: Letzte Wege in die Freiheit

Inhalt:

Sommer 1940. Die deutsche Wehrmacht besetzt das Elsass, aber es gibt Widerstand: In der Straßburger katholischen Pfarrei St. Jean gründen sechs französische Pfadfinderinnen eine Untergrundfluchthilfe für Regimegegner, Juden, Kommunisten, Militärs. Sie erkunden geheime Wege über die Vogesen und retten viele Menschenleben. Bevor die Gestapo sie 1942 aufgreift, bringen sie ungefähr 500 Menschen in Sicherheit. Thomas Seiterich hat sich auf Spurensuche nach diesen beeindruckenden Frauen des Widerstands gegen das nationalsozialistische Regime begeben und mit den letzten Zeitzeuginnen gesprochen. (Klappentext)

Rezension:

Jenseits der Grenze wird er nun immer häufiger diskutiert, das Gewicht und die Rolle der Frauen in der Resistance, des französischen Widerstands gegen die Deutschen während der Besatzung des Landes im Zweiten Weltkrieg. Deren Wirken war vielfältig, doch auch dort noch vergleichsweise wenig wahrgenommen, spielt er in der hießigen Betrachtung der Historie unterhalb der Wahrnehmungsschwelle.

Der Autor und Soziologe Thomas Seiterich hat sich nun der Thematik angenommen, um dieses beinahe vergessene Stück Geschichte auch einem deutschen Publikum zugänglich zu machen. Dabei entstanden ist ein umfassendes Porträt sechs beeindruckender Frauen, die mit ihren Taten ihr Leben riskierten, um das anderer zu retten.

Beleuchtet wird die düstere Zeit der deutschen Besatzung des Elsass, zunächst mit den daraus resultierenden Auswirkungen und der Rolle der Kirche in dieser Region, im Gegensatz zum übrigen Frankreich. Der Autor folgt dem Zusammenfinden der Frauen, ebenso den Entschluss, viele Menschenleben durch persönlichen Einsatz zu retten und zeigt auf, wie diese Art des Widerstands auch im Zusammenspiel mit der damals dort lebenden Bevölkerung funktioniert hat.

An manchen Stellen liest sich das zuweilen wie ein Krimi, was die Thematik bedingt, doch verliert der Autor nie seinen fachlichen Blick. Einige Zeilen lassen doch sehr den theologischen Hintergrund von Thomas Seiterich durchscheinen, damit auch seinen Zugang zur Gedankenwelt der von ihm beleuchteten Frauen, doch driftet die Betrachtung nie ins allzu Religiöse ab. Die Gefahr hier eine theologische Abhandlung anhand eines positiven Beispiels sich hier zu Gemüte führen zu müssen, worauf man bei Klappentext und Kurzbiografie durchaus kommen könnte, ist nicht gegeben. Stattdessn ergänzt der Autor unser Geschichtsbild um einen weiteren wichtigen Aspekt gegen das Vergessen.

Nüchterne Absätze oder gar Kapitel erzeugen einige Längen, doch holt der Autor die Lesenden immer wieder zurück, mit einem dann doch sehr kompakten Stil, der wichtiges auf den Punkt bringt. Nur ein relativ überschaubarer Zeitraum wird in diesem Sachbuch besprochen und immer wieder das Handeln der Frauen im Kontext der Geschehnisse eingeordnet. Vorausgegangen sind dem zahlreiche Gespräche mit zum Zeitpunkt der Entstehung des Buches noch lebenden Zeiitzeugen und Zeitzeuginnen, sowie das durchforsten von Archivmaterial, soweit vorhanden.

Warum wurde bisher noch nicht mehr über diesen Aspekt der, ja auch französisch-deutschen Geschichte gesprochen? Thomas Seiterich würdigt sehr gelungen die Frauen, die so unzählige Menschenleben retteten und dabei am Ende selbst in die Fänge eines mörderischen Regimes gerieten. Man will sich das alles nicht vorstellen, die Beschreibungen lassen jedoch sehr genaue Bilder entstehen von Schauplätzen. Wie ist es, plötzlich vor Stacheldraht einer streng bewachten Grenze zu stehen, im Verhör oder in einer Zelle auf die Vollstreckung eines Todesurteils zu warten, wie das Erkunden neuer Fluchtwege? Diese Beschreibungen werden hier gut transportiert.

An der einen oder anderen Stelle hätte man formulierungstechnisch durchaus vor Veröffentlichung noch feilen dürfen und hoffentlich, vor weiteren Auflagen, noch den einen oder anderen Rechtschreib- und Grammatikfehler ausgebessert. Das hält sich in grenzen und stört nicht so sehr im Lesefluss, wie vielleicht die eine oder andere Länge. Über allem und positiv steht das Aufgreifen eines hier nur selten diskutierten Aspekts der Geschichte und natürlich dem nun gesetzten schriftlichen Denkmal dieser Frauen. Wer also seinen Blick über den sonst üblichen Tellerrand hinaus erweitern möchte, sei die Lektüre dennoch empfohlen.

Autor:

Thomas Seiterich studierte Geschichte, Soziologie und Theologie in Freiburg, Fribourg und Jerusalem, sowie Frankfurt. Er ist Herausgeber der „Frankfurter Hefter“ und war von 1980 bis 2020 Redakteuer der kritisch-linkschristlichen Zeitschrift „Publik Forum“. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher. Seiterich lebt in Ulm.

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Uwe Neumahr: Das Schloss der Schriftsteller

Inhalt:

Wohl nie waren so viele berühmte Schriftsteller und Reporterinnen aus aller Welt unter einem Dach versammelt wie in Nürnberg 1946. John Dos Passos und Erika Mann, Erich Kästner und Martha Gellhorn, Willy Brandt und Markus Wolf: Sie kamen, um zu berichten – von den Gräueln des Krieges und des Holocaust, die dort vor Gericht verhandelt wurden. Sie wohnten und schrieben auf Schloss Faber-Castell, diskutierten, tanzten, verzweifelten, tranken. Uwe Neumahr erzählt ihre Geschichte in seinem aufregenden und bewegenden Buch. (Klappentext)

Rezension:

In den Abgrund blickend, saß die Welt 1946 in Nürnberg zu Gericht, wo die noch Lebenden der ehemaligen NS-Führungsriege sich verantworten mussten, für die Auswirkungen ihrer Politik und Entscheidungen, die zum Krieg führten und in die Verbrechen des Holocausts mündeten. Das Unfassbare in Worte fassen, eine Sprache dafür zu finden und der Öffentlichkeit vor Augen zu führen, oblag den zahlreichen Journalisten und Schriftstellern, die den Prozessen beiwohnten, gänzlich oder zeitweise.

Im Gerichtssaal den einstigen Tätern gegenüber sitzend, danach im von den Alliierten eingerichteten Presse-Quartier auf Schloss Faber-Castell zu versuchen, dies zu verarbeiten und in Worte zu fassen. Der Germanist Uwe Neumahr erzählt ihre Geschichte.

Als im Februar 1933 das NS-Regime auch gegenüber den Kulturschaffenden seines Landes die Macht zementierte, ahnten wenige, dass die Welt nur Jahre später in Trümmern liegen und zu Gericht sitzen würde über die Führungsriege eines Staats, der Millionen Menschenleben forderte. Über diesen Beginn berichtet Uwe Wittstock in seinem viel beachteten literarisch wirkenden Sachbuch. Das Ende, an dem zu einem kleinen Teil die gleichen Protagonisten Anteil nahmen, wird nun in diesem Werk in den Blick genommen.

Anders als Uwe Wittstock hangelt sich jedoch Uwe Neumahr nicht entlang eines Zeitstrahl, sondern beschreibt das Unwirkliche anhand von Personenkonstellationen, die schon für sich selbst genommen so besonders sind, wie der Prozess selbst, ob zu der geschilderten Zeit, davor oder erst viel später.

Das Geschehen der Verhandlungen, im Gegensatz zur allgemeinen Wahrnehmung war es anzahlmäßig nie nur ein einziger Prozess, gibt den Rahmen vor, ein sehr sonderbares Stück Geschichte einmal aus einem anderen Blickwinkel aufzuzeigen, der heut abseits der bekannten Bilder fast vergessen ist. In sich kompakt und geschlossen wirken die Kapitel, die zusammen einer Linie folgen und in der sich der Autor vor allem auf einzelne Biografien und der dadurch beeinflussten Wahrnehmung fokussiert.

So wurde der Prozess nicht nur von den Journalisten der verschiedenen Herkunftsländer unterschiedlich aufgenommen, auch abseits aller Ideologie oder Geografie gab es in der damaligen journalistischen Betrachtung durchaus ausgemachte Unterschiede. Wie wurde der Prozess etwa von den wenigen anwesenden weiblichen Journalistinnen gesehen? Wie schauten sei auf Angeklagte, Kläger und Richter? Wie schauten die Schreiberlinge auf das Leben und Wirken ihrer Konkurrenz? Gab es Unterschiede in der Betrachtung zwischen ausländischen und den wenigen anwesenden deutschen Journalisten?

Wie gestalteten sich und wirkten Verwerfungslinien im journalistischen Arbeiten während oder in Folge der Prozesse? Der Autor folgt diesen und geht der unterschiedlichen Betrachtungen von John Dos Passos oder Martha Gellhorn auf dem Grund, beschreibt die Wahrnehmungen von Erika und Golo Mann oder etwa Willy Brandts und Markus Wolf, deren Biografien sich dort zum ersten Mal kreuzen sollten.

Diese Vielfalt macht dieses Sachbuch zu einer aufwühlenden und zugleich spannenden Lektüre, die innerhalb einer besonderen und sehr sensibel anzufassenden Thematik gut recherchiert weitere Besonderheiten herausschält. Es liegt dabei in der Natur des Textes, dass einzelne Längen durchzuhalten sind, aber durch die relativ kurz gehaltenen Kapitel fällt dies nicht weiter ins Gewicht. Die Perspektive wechselt nicht nur zwischen den einzeln beleuchteten Personen, die Dynamik kommt immer wieder durch das jeweilige Gegenüber zustande.

Diese Art und Weise Geschichte nicht kalenderartig zu erzählen, sondern indirekt über die sie zur damaligen Zeit erlebenden Personen schafft einen sehr besonderen Zugang. Zugleich ist es ein Sachbuch, welches dadurch innerhalb der Bücher gegen das Vergessen einfach heraussticht. Diese Perspektivensammlung gibt es bisher so zu selten. Gestützt auf zahlreiche Quellen und einer Fülle an Archivmaterial hat Uwe Neumahr eine Lektüre geschaffen, die zugleich einer Vielfalt an journalistischen und schriftstellerischen Arbeiten ein Denkmal setzt, die damit ebenso gewürdigt und manchmal kritisch betrachtet werden muss, wie die Vorgänge, denen Kästner und andere beiwohnten.

Über die eine oder andere dort beleuchtete Person lohnt es sich dabei durchaus ein wenig Grundwissen in der Hinterhand zu haben. Die Lektüre lädt jedoch ein, selbstständig ergänzend zu recherchieren, so dass man selbstständig noch viel mehr Informationen zusammentragen kann. Wenn man denn möchte. Auch ohne bekommt man jedoch ein umfassendes Bild über jene, die sich einer fast unlösbaren Aufgabe gegenüber sahen.

Uwe Neumahr würdigt an der einen und beleuchtet kritisch an anderer Stelle. So ausgewogen möchte man mehr davon lesen. Das was da ist, lohnt sich.

Autor:

Uwe Neumahr wurde 1972 geboren und ist ein deutscher Schriftsteller und Literaturagent. In Tübingen und Pisa studierte er zunächst Literaturwissenschaft, promovierte in Köln und war Mitarbeiter der Forschungsstelle zur spanischen Renaissance der Universität Kiel. Danach arbeitete er als Lektor, sowie als Literaturagent, seit 2013 in München, wo er zahlreiche nationale und internationale Autor:innen vertritt. Er ist Autor mehrerer Sachbücher, u. a. einer Biografie über Cervantes, die 2015 erschien.

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Wolfgang Benz: Allein gegen Hitler

Inhalt:

Am 8. November 1939 explodierte im Münchner Bürgerbräukeller eine Bombe. Eigentlich hätte sie Adolf Hitler töten sollen, während er gerade eine Rede hielt. Wenn dieser Plan aufgegangen wäre, hätten der Zweite Weltkrieg und mit ihm die Weltgeschichte einen völlig anderen Verlauf genommen. Doch der „Führer“ verließ vorzeitig den Saal und kam mit dem Leben davon. Dieses Buch erzählt die Geschichte des Mannes, der die Tat ganz allein plante und ausführte: Johann Georg Elser. (Klappentext)

Rezension:

Die Rekonstruktion dieser Biografie ist schwierig. Schriftliche Zeugnisse liegen kaum vor. Nur von ihrem Endpunkt gibt es ein Protokoll, ausgerechnet von einem Verhör durch Hitlers berüchtigter Gestapo. Diese konzentrierte sich auf die Tat natürlich an sich, versuchte Hintermänner, Auftraggeber zu finden. Nur, die gab es nicht. Aus moralischem Empfinden und Selbstverständnis heraus, handelte Johann Georg Elser, konstruierte eine Bombe samt Zündmechanismus und platzierte sie im Bürgerbräukeller.

Um Georg Elsers Anschlag am 8. November 1939 beurteilen zu können, muss man die Anstrengungen betrachten, die andere mit dem gleichen Ziel […] unternommen haben. Insbesondere müssen die Möglichkeiten in den Blick gefasst werden, die den Angehörigen traditioneller, gesellschaftlicher Eliten Kraft ihrer Verbindungen, ihrer Position, ihrer Profession und Professionalität zur Verfügung standen bzw. gestanden hätten. Zur moralischen Dimension des Entschlusses, den Tyrannenmord zu wagen, kamen die technischen und logistischen Probleme der Ausführung …

Wolfgang Benz: Allein gegen Hitler – Leben und Tat des Johann Georg Elser

Ein Zufall verhinderte den Erfolg. Doch wer war der Mann, dessen Aktion im Gedenken an den Widerstand gegen Hitler heute so oft schmählich vernachlässigt wird? In wie weit lassen sich seine Lebensstationen nachvollziehen und was veranlasste ihm zu handeln, wo andere nichts taten? Zuletzt auch, wie gestaltete sich das Gedenken im Nachkriegsdeutschland, von 1945 bis heute.

Wolfgang Benz, Antisemitismusforscher, begab sich auf Spurensuche. Entstanden ist eine, der mageren Quellenlage geschuldete, kompakte aber beeindruckende Dokumentation der Biografie eines Menschen, der nicht wegschauen konnte. In der Reihe Bücher gegen das Vergessen wird so eine wichtige Lücke gefüllt, die mit dem Anschlag im Münchner Bürgerbäukeller selbst beginnt, um dann die einzelnen biografischen Stationen kapitelweise nachzuvollziehen.

Der Autor belässt es jedoch nicht dabei und ordnet den Lebensweg immer auch in den Kontext des gesellschaftlichen und politischen Gefüges ein, der jeweiligen Region, die den jeweiligen biografischen Abschnitt beeinflusst, zugleich die familiäre Situation Elsers. So entsteht aus mehren Facetten ein nachvollziehbares und sehr eindrückliches Gesamtbild, welches vor allem die Nachbetrachtung und Bewertung kritisch beleuchtet, ansonsten jedoch sehr sachlich bleibt.

Die schwierige Recherche und darauf aufbauende Rekonstruktion ist beeindruckend zu lesen. Benz versteht es, dem Menschen Johann Georg Elser gerecht zu werden und hoffentlich die Aufmerksamkeit zu verschaffen, die dieser posthum verdient, auch über die Region Süddeutschland hinaus. Nicht nur für geschichtlich Interessierte eine wichtige Lektüre.

Autor:

Wolfgang Benz wurde 1941 geboren und ist ein deutscher Historiker. Von 1990 bis 2011 lehrte er an der Technischen Universität Berlin und leitete das zugehörige Zentrum für Antisemitismusforschung. Vorher war er wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut für Zeitgeschichte in München, nah eine Gastprofessor in Sydney war, lehrte jedoch auch u. a. in Wien.

1992 erhielt er den Geschwister-Scholl-Preis und en Preis Das politische Buch der Friedrich-Ebert-Stiftung. Benz gehört zu den Unterzeichnern der Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus, die eine Neudefinition und Präzisierung des Antisemitismusbegriffs vornimmt.

Er ist zudem Autor mehrerer wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher Publikationen.

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Michel Bergmann: Mameleben oder das gestohlene Glück

Inhalt:

Großartig und nervtötend, liebevoll und erdrückend, aufopfernd, aber auch übergriffig – Michel Bergmann liebt seine Mutter Charlotte und hält sie manchmal nicht aus. Und erzählt in diesem Buch, in dem er nichts und niemanden schont, die Geschichte einer eigenwilligen, starken Frau: ihre Vertreibung aus Deutschland, der Verlust fast der gesamten Familie, das Glück, ihren künftigen Ehemann wiederzufinden, und dennoch ein Schicksal, bei dem sie allzu oft ganz auf sich allein gestellt ist.

Ein bewegendes Buch über eine faszinierende Frau und Mutter. (Klappentext)

Rezension:

„Woody Allen hat gesagt: Das schlechte Gewissen ist eine jüdische Erfindung. Recht hat er.“

Michel Bergmann: Mameleben oder das gestohlene Glück

„Dafür nun habe ich überlebt.“, so oder ähnlich klingen die Vorwürfe, die sich Michel Bergmann Zeit seines Lebens anhören muss, aus dem Munde derjenigen, die ihm am nächsten stehen sollte. Das tut sie auch, doch das Leben spielte der Mutter, wie allzu vieler ihrer Generation übel mit. Geschehnisse, die lange danach noch Wirkung zeigen, in den Familien übergreifend. Der Autor schaut, Jahre nach dem Tod, zurück, sucht die Wegmarker und Wendepunkte und damit, seine Mutter mehr zu verstehen als er es zu ihren Lebzeiten konnte. Entstanden ist eine Mischung aus Romanbiografie, Familienepos, Ode und Psychogram, hart zu der Frau, die er zu seiner Hauptprotagonistin macht, aber auch sich selbst nicht schonend.

Der Filmemacher weiß sich unterschiedlicher Genre zu bedienen und setzt deren Elemente gekonnt um. Der Handlungsverlauf gleicht im Spannungsverlauf eben dem eines guten Films, während dessen er sich an den biografischen und neuralgischen Punkten des Lebens seiner Mutter entlang hangelt. Zuweilen ist das fast wie ein Krimi zu lesen, aber eben in Romanform erzählt Michel Bergmann liebevoll aus dem Leben seiner Mutter. Ihre und seine Perspektive sind die bestimmenden Elemente, die Abwechslung in diese kurzweilige Erzählung bringen. Die Kapitel sind benannt nach den einzelnen Stationen dieser bewegten Biografie, bei der man immer wieder innehalten muss. Um zu schmunzeln, laut loszulachen, auf das einem das Lachen im nächsten Moment im Halse stecken bleibt.

Erzählt wird die Geschichte der Mutter über die gesamte Lebensspanne, konzentriert auf die neuralgischen Punkte. Der Autor könnte noch viel mehr erzählen, doch beherrscht er des Berufs wegen die Kunst des Reduzierens. Auf die Leinwand kann man schließlich auch nicht alles bringen, was man gerne möchte. Überflüssige Zeilen gibt es hier auch zwischen den Buchdeckeln nicht. Dabei lässt Michel Bergmann die unterschiedlichsten Handlungsorte vor dem inneren Auge entstehen. Wir folgen der Protagonistin, deren Ansichten sich über die Jahre verhärten werden, in der Rückschau wird das Schicksal sie verbittern lassen, durch Deutschland in seiner schlimmsten, später auch in seiner besten Zeit, in die Schweiz und nach Frankreich. Wenige Worte genügen hier manchmal, um ganze Welten lebendig erscheinen zu lassen.

Hauptfiguren bilden der Erzähler selbst und seine Protagonistin, die wie zwei gegensätzliche Pole einander abstoßen, aber doch nicht ohne einander können. Diese Konstellation kommt aber auch bei den Nebencharakteren zum Tragen, doch während der Sohn mit dem Abstand der Generation das Konfliktpotenzial sieht und zu bewältigen weiß, kann sich die Mutter nicht davon befreien.

„Und die Ingredienzen dieses neuen Lebens durch Überleben haben nicht nur psychische Schäden verursacht. Sie haben Krankheiten und Todesursachen provoziert und letztlich auch die Gene verändert, die an uns weitergegeben wurden. Bis heute werden die Auswirkungen dieser schweren, lebensbedrohlichen Jahre der Schoah unterschätzt. Wir alle wären andere. Und unserer Kinder ebenfalls. Davon bin ich zutiefst überzeugt.“

Michel Bergmann: Mameleben oder das gestohlene Glück

Brüche in der Erzählung ergeben sich durch die Protagonisten selbst, nicht zuletzt durch den Erzählenden, der zwischen den Zeiten springt, um damit andere Punkte dieser Geschichte unterfüttern. Im Lesefluss selbst ist das keinesfalls störend. Es ergibt sich sogar eine gewisse Dynamik und ein Erzähltempo, welches es verhindert, dass man vollends in nicht enden wollende Melancholie hinabstürzt, aus der man nicht wieder hinausfinden würde. Dem Lesenden wachsen die Figuren mit all ihren Ecken und Kanten ans Herz. Vielleicht sollten wir alle uns die Geschichte unserer Eltern anschauen, mag man hinterher meinen, um sie zu begreifen, um sich selbst besser zu verstehen.

Der Autor weiß die Wirkung von Sätzen und sprachlichen Bildern zu nutzen, setzt sie gekonnt und nicht über die Maßen ein, setzt damit seiner Mutter, die er zur Hauptprotagonistin macht, ein Denkmal, nicht ohne dieses selbst zu hinterfragen. Immer wieder steht die Frage im Raum, was wäre wenn, um im gleichem Atemzuge beantwortet zu werden, mit: „So. Und nicht anders.“ Diesem Stil kann man sich nicht entziehen, möchte man auch nach wenigen Seiten schon nicht, trotz einer Figur, die in Teilen unnahbar, manchmal fast unangenehm bleiben wird.

„Ich lehne mich zurück, atme tief durch. Was für eine Geschichte! Meine Mutter ist aber auch schrecklich. Ich muss lachen. Ich liebe sie.“

Michel Bergmann: Mameleben oder das gestohlene Glück

Es ist ein Buch über ein Blick hinter die Fassade eines Menschen und auch die Suche des Autoren nach sich selbst. Am Ende scheint Michel Bergmann auf viele seiner Fragen Antworten gefunden zu haben. Diesen Weg zu verfolgen, durch sprichwörtlich viel zu viele und zu tiefe Täler, immer wieder aber auch Berge des Glücks, okay, das klingt jetzt kitschig, war interessant und lesenswert. Gelernt hat man am Ende auch etwas dabei und sei es nur eine ganze Reihe jüdischer Ausdrücke und Begrifflichkeiten, die Bergmann am Ende des Romans, der eigentlich eine Biografie, eine Suche und auch sonst darstellt, erläutert. Ein Text der so viel schafft, den Autoren sicherlich und nicht zuletzt, die Lesenden selbst herausfordert, den kann man nur empfehlen.

Autor:

Michel Bergmann wurde 1945 in Basel geboren und ist ein schweizerisch-deutscher Filmproduzent, Regisseur und Schriftsteller. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung bei der Frankfurter Rundschau und war anschließend als freier Journalist tätig.

Später wechselte er in die Filmbranche und arbeitet seither als Drehbuchschreiber, Regisseur und Produzent. Sein erster Roman wurde im Jahr 2010 veröffentlicht, weitere folgten, 2021 seine erster Kriminalroman. Er erhielt u. a. den Deutschen Industriefilmpreis und den New York Film Award.

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Erri de Luca: Die Stadt antwortete nicht

Inhalt:

Von seiner neapolitanischen Kindheit, von wortkargen Fischern, von der Entdeckung der Natur handeln Erri de Lucas Erzählungen; von seinen Jahren als Arbeiter auf dem Bau, seinem politischen Kampf gegen den Klassismus; von der Liebe und dem Heiligen, der Literatur und den Bergen. In seiner behutsamen Prosa lässt der große italienische Autor Erinnerungen lebendig werden und beleuchtet schlaglichtartig die Etappen eines bewegten Lebens. (Klappentext)

Rezension:

Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Wer vom Gewohnten abweicht, dem kann das ebenfalls passieren. Dies zeigt der neue Kurzroman aus der Feder von Erri De Luca, der zunächst wie gewohnt mit durch seine Kindheit biografisch angehauchten Episoden beginnt.

Hier zeigt sich der Autor in Bestform, wenn er den Staub der Erinnerung aufwirbelt und seine Klassenkameraden noch einmal einen Aufstand gegen die Lehrerschaft proben, noch bevor gesellschaftliche Revolten sich auch im südlichen Europa ihren Platz im Bewusstsein der Gesellschaft erobern. Im Gegensatz zu seinen erprobten Texten, bleibt De Luca hier jedoch nicht dabei. Es ist diesmal keine Coming of Age Geschichte, die hier mit „Die Stadt antwortete nicht“ vorliegt. Im Gegenteil, der Schreibende ist hier vom Erwarteten abgewichen und spannt den Bogen, lässt seinen Protagonisten wachsen. Protest, Wandel und Suche bestimmen dessen Leben, an dessen Ende der zurückblicken wird.

In gewohnt kompakter Form gelingt diese Sammlung von Erzählungen, die zwischen den Zeiten springen und so wirken, als hätten sie bisher für keinen Roman genügt, wie sie der Autor sonst erschafft. Es fehlt hier ein verbindendes Schlüsselereignis, die Konzentration auf einem kleinen Zeitausschnitt, was die Texte Erri De Lucas sonst so besonders macht, wenigstens ist die Tonalität unverändert. Ruhig wirkt das Erzählte, südeuropäische Gelassenheit oder die Milde des Alters, in welchem man auf Vergangenes zurückblickt.

Der Protagonist, beinahe sicher mit dem Autoren gleichzusetzen, was bei den vorherigen Romanen nicht immer ganz so klar ist, welchen Anteil der Biografie der Schreibende eingewoben hat, bleibt gleich, der erzählte Zeitabschnitt ändert sich. Beinahe scheint es, als würde man einzelne Fotos oder Zeitabschnitte in die Hand bekommen, dazu die passende Geschichte erfahren.

Das genügt, um Bilder vor dem inneren Auge entstehen zu lassen, die Gassen der italienischen Stadt am Fuße des Vesuvs, den Geruch betriebsamer Baustellen, aufgewirbelter Staub im Klassenzimmer. Große Überraschungen sucht man hier vergebens, trotz der Sprunghaftigkeit. Das Phänomen, nach Kindheit, nach Ereignissen anderer Leben zu fragen und immer wieder die gleichen Geschichten erzählt zu bekommen, die sich im Laufe der Zeit zu Familienlegenden entwickeln, kennen doch, in irgendeiner Art und Weise alle. So wirkt diese Aneinanderreihung, in die man dennoch versinkt.

Eventuell ist es vielleicht sogar klug, zuerst diesen Erzählband sich vorzunehmen und dann die anderen Geschichten, die in vielen Teilen fiktionaler und nach einem erprobten Schema geschrieben wurden. Dort kommt eher Ruhe hinein, da die Sprünge fehlen und man wird nicht sofort nach einigen Kapiteln wieder aus dem Gelesenen gerissen. Auch sind diese Texte stärker, da kleinere Zeitabschnitte ausgedehnt werden und nicht so viele Jahre auf so wenig Seiten untergebracht werden, wie in dieser Erzählung. Nichts destotrotz kommt man hiermit der Biografie Erri De Lucas wohl am nächsten, sowie einem Italien im Wandel.

Immerhin für diese Perspektive lohnt sich das dann.

Autor:

Erri De Luca wurde 1950 in Neapel geboren und ist ein italienischer Schriftsteller und Übersetzer. In zahlreichen Berufen arbeitet er zunächst und engagierte sich für Hilfslieferung während des Jugoslawien-Krieges. Autodidaktisch brachte er sich mehrere Sprachen bei, u.a. Althebräisch, womit er einige Bücher der Bibel ins Italienische übersetzte. 1989 veröffentlichte er sein erstes Buch. Im Jahr 2013 erhielt er den Europäischen Preis für Literatur, drei Jahre später den Preis des Europäischen Buches. Seine Erzählungen wurden mehrfach übersetzt. Der Autor lebt in Rom.

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Andreas Neuenkirchen: Codename – Sempo

Inhalt:

1940 ist Chiune „Sempo“ Sugihara offiziell der japanische Vizekonsul in Litauen. Tatsächlich aber spioniert er als Agent seines Außenministeriums deutsche und russische Truppenbewegungen aus. Seit seinen Lehrjahren in japanischen Kolonien ein entschiedener Gegner von Tyrannei und Unterdrückung, nimmt er sich der jüdischen Flüchtlinge an, die eines Tages beginnen, sein Konsulat zu belagern. Gemeinsam mit einem kreativen holländischen Konsul und einem profitorientierten russsischen Kommunisten heckt er einen wahnwitzigen Plan aus, ihnen mit Visa zweifelhafter Gültigkeit die freie Passage nach Japan zu ermöglichen.

Für die Juden beginnt eine aufreibende Odyssee durchs eiskalte Sibirien und über die raue japanische See in die Freiheit. Für Sugihara folgen Kriegsgefangenschaft, die unehrenhafte Entlassung aus dem Staatsdienst, Gelegenheitsjobs in Japan und Russland. Erst Jahrzehnte später erfährt er, dass sein Plan aufgegangen ist, und erst kurz vor seinem Tod wird er von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad vashem als Gerechter unter den Völkern ausgezeichnet. (Klappentext)

Rezension:

War Chiune Sigihara der japanische Schindler? Dass er seit Bekanntwerden seiner Taten immer wieder mit diesem wenig originellen Titel bedacht wird, ist so unglücklich wie verständlich. Auch ohne Vorkenntnisse hat man bei einer derart griffigen Verschlagwortung sofort eine ungefähre Vorstellung von der historischen Rolle, die ihm zukommt. Gleichwohl ist eine solche Bezugnahme auf eine andere historische Persönlichkeit auch immer eine Reduzierung.

Der japanische Schindler ist eben nicht das Original. Mit einer derartigen Größe verglichen zu werden ist einerseits sicherlich eine Ehre, klingt andererseits jedoch nach einem Trostpreis. Eine Hitparade der Holocaust-Helden wäre unschicklich, und darüber hinaus hat Chiune Sugihara es verdient, nicht nur im Schatten eines anderen geehrt zu werden.

Andreas Neuenkirchen: Codename – Sempo

Der in Japan lebende Journalist und Autor Andreas Neuenkirchen tut dies in einem recht eindrucksvollen Porträt, welches er über den japanischen Diplomaten, der durch seine Postion getarnt, eigentlich für seine Regierung die Truppenbewegung der Deutschen und der Sowjetunion ausspionieren sollte, dem jedoch per Aufenthaltsort eine bedeutende Rolle zukommen sollte, in Bezug auf die Menschen, deren Leben er rettete. Entstanden ist eine eindrucksvolle Biografie einer hier in Europa fast vergessenen, in Japan erst spät gewürdigten Persönlichkeit, ein wichtiges Werk in der Reihe der Bücher gegen das Vergessen.

Die Geschichte von Chiune Sugihara beginnt der Journalist mit einem Blick auf dessen Elternhaus, Kindheit und Jugend, die schließlich in einem Weg mündete, abseits dessen, welchen der Vater für seinen Sohn erdacht hatte. Wichtige Schlüsselmomente und Stationen werden dargestellt, um darauf später zurückzukommen und die Motivation für das spätere Handeln Sugiharas wenigstens im Ansatz zu klären.

Neuenkirchen begab sich nicht auf die Spuren eines Unternehmers, der zunächst nur günstige Arbeitskräfte für seine Fabriken brauchte, für den dann im Laufe der Zeit die menschlichen Leben einen höheren Stellenwert erhielten oder der Männer, die im Auftrag ansonsten neutraler Regierungen, wie dies etwa in Schweden der Fall gewesen ist, Verfolgte vor dem Schlimmsten bewahren sollten. Chiune Sugihara war im Auftrag der japanischen Regierung in Europa unterwegs.

Wenngleich die Rettung Tausender jüdischer Flüchtlinge die Sugiharas in Deutschland nicht in Bedrängnis bringen sollte, so dauerte es dennoch nicht lange, bis sich der Himmel über ihrem Schicksal verfinsterte.

Andreas Neuenkirchen: Codename – Sempo

Nach Lehrjahren in der Mandschurei zunächst in Moskau, später dann in Kaunas, vor allem um die Truppenbewegungen der eigentlich verbündeten Deutschen und derer Gegner auszuspionieren. Neuenkirchen hat den auslösenden Moment für eine menschliche Großtat und den Weg Sugiharas, sowie den Umgang mit dem historischen Erbe gesucht.

Für die zahlreichen Geschichte, ja für diese eine, wirkt der Text auf den ersten Blick beinahe zu kompaktm, doch Neuenkirchen wagt keine Ausschweifungen, hat sich beim Schreiben aufs Wesentliche konzentriert. Die Wirklichkeit ist spannend genug. Sie bedarf keinerlei Ausschmückung. Gestützt auf Archivarbeit, Interviews und Zeitzeugenberichten, Zeitungsartikeln verfolgt er den Weg eines außergewöhnlichen Menschen und der jenigen, deren Leben Sugihara rettete.

Als sich der Zug in Bewegung setzte, zückte Sugihara ein letztes Mal auf litauischem Boden Feder und Papier. Die letzten behelfsmäßigen Visa warf er aus dem fenster des fahrenden Zuges, in die Hände derer, die ihn laufend begleiteten, so lange es ging. Erschöpft und verzweifelt rief er: „Ich kann nicht mehr schreiben, bitte vergebt mir!“ Dann sank er in seinen Sitz und schlief sofort ein.

Andreas Neuenkirchen: Codename – Sempo

Eindrucksvoll werden einzelne Momente herausgestellt. Fast wirkt es so, als wäre man inmitten eines Dokuspiels und doch ist dies ein sehr flüssig zu lesendes Sachbuch, welches einmal einen anderen erinnerungswerten Aspekt zur Sprache bringt, als dies normalerweise der Fall ist. Ansonsten hätte man schon öfter von Chiune Siguhara gehört.

Andreas Neuenkirchen versteht es Familien- und Personengeschichte, sowie ein gesellschaftlichs Porträt miteinander zu verknüpfen, ebenso Nachwirkungen und den Umgang mit der Vergangenheit darzustellen. Ein Sachbuch, welches sich von der durch das wirkliche Geschehen verursachten Dramaturgie wie ein spannender Roman liest, ist das. Und fast genau so aufgebaut. Im forderen Teil gibt es ein Personenregister. Aber auch die Nachbetrachtungen sind sehr überlegt und kenntnisreich. Sie runden die Thematik gut ab.

Der Ausgang der Geschichte von Chiune Sugiharas Taten ist bekannt, doch noch viel zu wenig beschrieben. Dieser Text ändert das nun.

Autor:

Andreas Neuenkirchen wurde 1969 in Bremen geboren und arbeitet seit 1993 als Journalist. Zunächst zuständig für Bremer Stadtmagazine und Tageszeitungen, arbeitete er von 1998 bis 2016 als Redakteur in München. Nebenher arbeitete er als Autor für Hörspiele, Heftromane, Rundfunkreklame, Bücher und Filme. Die meisten haben Japan-Bezug. Seit 2016 lebt er mit seiner japanischen Frau und der gemeinsamen Tochter in Tokio.

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