Missbrauch

Antonio Scurati: Das Kind, das vom Ende der Welt träumte

Das Kind, das vom Ende der Welt träumte Book Cover
Das Kind, das vom Ende der Welt träumte Antonio Scurati Rowohlt Taschenbuch Erschienen am: 16.07.2010 Seiten: 352 ISBN: 978-3-644-00731-4 Suse Vetterlein

Inhalt:

Ein Kind träumt vom Ende der Welt. Es wandelt im Schlaf, spielt mit Feuer – und niemand hat eine Erklärung dafür. Dreißig Jahre später ist das Kind zum Mann geworden und erlebt einen neuen Albtraum: In seiner Heimatstadt bricht Panik aus, als mehrere Erzieher, Lehrer und Priester des Kindesmissbrauchs verdächtigt werden.

Die heile Welt vieler Familien zerbricht, denn immer mehr Eltern entdecken an ihren Kindern verstörende Symptome. Doch dann bringt die Aussage einer Mutter im Gerichtssaal die Wendung. (Klappentext)

Rezension:

Verstörend ist das Schlafwandeln des Sohnes für die Eltern, genau so wie Gerüchte, die Jahre später die Runde machen, eine ganze Stadt verschrecken.

Der Protagonist, wie der Autor selbst, inzwischen erfolgreicher Professor an einer angesehenen italienischen Universität, sieht wie Gerüchte und Unterstellungen plötzlich zu Aussagen werden und eine ganze Stadt überrollen.

Danach ist nichts mehr, wie es war. Jede Familie ist von Missbrauchsvorwürfen in irgendeiner art und Weise betroffen, jedes Kind zeigt die Symptome eines Opfers. Zumindest deuten Eltern, Medien und Medien dies so. Jeder Erwachsene ist gleichzeitig verdächtig genug, Täter zu sein.

Der Autor, anfangs nur als Journalist inbolviert, versinkt immer Tiefer im Strudel der Ereignisse, kommt auch immer näher dem Geheimnis seiner Kindheit. Und ist sich plötzlich nicht mehr sicher, ob er selbst Opfer war und schon Täter ist.

Antonio Scurati zeigt in seinem Roman, wie erdrückend ein Gerücht oder Anfangsverdacht zum Selbstläufer werden kann und wie schnell die Klimaveränderung von Aussagen das Leben der Menschen beeinflussen kann.

Er stellt die Rolle der Medien ebenso eindrucksvoll dar, wie die Rolle von wahren und gefühlten Tätern, ebenso wie die der Opfer, die oft genug aus dem Blickfeld geraten, wenn sich alles auf die Suche und Identifikation der Täter konzentriert.

Dies gelingt dem Autor in einem Wechsel kurzer Kapitel. Einerseits aus der Perspektive des verstörten schlafwandelnden Kindes, andererseits eines Mannes, der die Ereignisse auf sich zukommen sieht, aber nicht verhindern kann, von ihnen verschluckt zu werden.

Der Leser selbst wird von Zeile zu Zeile hineingesogen, gleichsam im erwähnten Strudel und kann sich kaum mehr darauß befreien. Scurati ist ein beeindruckendes, unbedingt lesenswertes Werk gelungen, zumal in Zeiten, wo Missbrauchsskandäle in Kirche und Heimen die Runde machten.

Das Buch erschien erstmals 2010 in Deutschland, ein Jahr zuvor im Mutterland der katholischen Kirche. Eine besondere Form der Verarbeitung der Ereignisse, die nichts verschönt oder negiert, sondern zeigt, was eine Nachricht bei den Menschen hervorbringt.

Autor:

Antonio Scurati wurde 1969 in Neapel gebohren und lehrt an der IULM-Universität Mailand. Er koordiniert dort das Forschungszentrum für Kriegs- und Gewaltsprachen. Seine Romane wurden in mehrere Sprachen übersetzt und ausgezeichnet. Unter anderem bekam er den Premio Mondello und den Premio Campiello für seine Werke.

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Chai Pinit: Bangkok Boy

Bangkok Boy Book Cover
Bangkok Boy Chai Pinit Weltbild Erschienen am: 01.01.2016 Seiten: 223 ISBN: 978-3-8289-3293-7 Übersetzer: Bernhard Liesen

Inhalt:

Chai Pinit war ein ganz normaler thailändischer Junge – bis er von einem Lehrer sexuell missbraucht wurde. Verzweifelt, voller Scham und Selbstekel geriet er in einen entsetzlichen Sumpf von Sucht und Prostitution.

Doch mit Hilfe guter Freunde und ungeahnter innerer Kraft gelang ihm der Weg zurück aus den Rotlichtbezirken von Bangkok und Pattaya. Der Weg zurück ins Leben. Eine Geschichte voller Kraft, Hoffnung und Lebensmut. (Klappentext)

Rezension:

Wie eine Rezension beginnen, ohne über das verkorkste Leben, welches in dieser Halbbiografie beschrieben wird,. zu richten? Gebnau das tut man nämlich unweigerlich, wenn man Chai Pinits “Bangkok Boy” liest. Kopfschüttelt begleitet man den Autor schon bei den Beschreibungen seiner verwöhnten Kindheit, die schon vor dem eigentlichen fanal des Missbrauchs durch einem Lehrer die unheilvolle Zukunft erahnen lässt.

Anders als der Klappentext vermuten lässt begann das Abrutschen des Autoren in den Dreck der Gesellschaft, man kann es wohl so formulieren, schon schleichend im zarten Jugendalter vor der Begegnung mit besagten Lehrer. Aus dem Sumpf sollte Chai Pinit Jahre lang nicht herausfinden.

Es ist eine merkwürdige abstoßende, aber seine Geschichte, die uns der Autor hier vorlegt. Darin beschrieben all der Abschaum, der durch zwielichtigen, gar nicht gut zu heißenden Tourismus gefördert wird und aus dessen Sumpf kaum jemand unbeschadet herausfindet, so er einmal darin versunken ist.

Pinit beschreibt eine Fülle von abstoßenden Situationen, für die er teils selbst die Schuld trägt, die Erkenntnis kam beinahe zu spät, teils aber auch nicht alleine bewältigt hätte. Dies aber so detailliert und erdrückend, dass es schon als Leser an manchen Stellen kaum zu ertragen ist. Oft genug muss man das Buch zuseite legen, oft genug inne halten und durchatmen. Um dann wieder der nächsten Episode im Leben des Autoren folgen zu können.

Erdrückend erzählt er uns von der Schattenwelt seines Lebens und der berüchtigten Metropolen Bangkok und Pattayas, um so bewundernswerter, wie er letztendlich aus diesen Sumpf herausgefunden hat. Dieser Mann hat mehr als neun Leben, doch ist ihm klar, dass ein weiteres wohl nicht mehr zur Verfügung steht.

Darum dieses Buch, welches als Biografie, Aufarbeitung und Verarbeitung von Erlebnissen gelten kann, die dramatischer nicht sein könnten. “Bangkok Boy” über ein Leben am untersten Rand der Gesellschaft, nahe dem Tod inmitten von Alkohol, Drogen und Sex aber auch über fast zu späte Einsichten, Wendungen und Schicksalsschläge und dem Weg zurück ins Leben.

Autor:

Chai Pinit wurde in einem Dorf in der nordostthailändischen Provinz Sisaket als ältester Sohn einer wohlhabenden und angesehenen Familie geboren. Nach Missbrauch durch einem Lehrer rutschte er in einem Sumpf aus Alkohl, Sex und Drogen und arbeitete als Gogo-Boy in Bangkok und Pattaya. Inzwischen lebt er mit Frau und Kindern in Bangkok und arbeitet als Reiseleiter. Dies ist sein erstes Buch.

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