Reisebericht

Stephan Orth: Couchsurfing 6 – Couchsurfing in der Ukraine

Inhalt:
Stephan Orth hat den Krieg Russlands gegen die Ukraine von Beginn an intensiv miterlebt. Durch seine ukrainische Freundin Julija verbindet ihn ein besonderes Band mit dem Land. Wie sieht der Alltag der Menschen aus, die geblieben sind, was lässt sie durchhalten? Und was hat das alles mit uns zu tun? Mit diesen Fragen reist er Tausende Kilometer zwischen Kyjiw und Kramatorsk, zwischen Charkiw und den Karpaten. Er wohnt bei den Einheimischen, ist beeindruckt von ihrem Mut. Und liefert uns einen packenden Bericht über das Leben im Ausnahmezustand, die Macht starker Geschichten und eine große Liebe. (Klappentext)

Rezension:
Die Form des Reisens bestimmt den Zugang zu den Menschen vor Ort. Beim Couchsurfing ist die Ebene eine ganz persönliche. Den geschützten Raum eines Hotels, eines Rückzugsortes gibt es nicht, ist man doch immer bei Einheimischen zu Gast. Der Journalist Stephan Orth nutzt dies, um Länder zu erkunden, die ganz andere Bedingungen, etwa aufgrund ihrer politischen Systeme, aufweisen, als wir diese aus West- und Mitteleuropa kennen. Ohne die Machthabenden, deren Meinung man nicht unbedingt teilt, zu unterstützen. Wie sieht dies jedoch aus, wenn diese Unternehmung noch eine weitere persönliche Ebene bekommt? Nicht nur dies möchte Stephan Orth erfahren, als er von der ukrainischen Hauptstadt aus das Land im Krieg erkundet.

Die ungewöhnliche Reisereportage beginnt zunächst mit einer philosophischen Frage. Darf man ein Land im Krieg überhaupt bereisen? Was macht es mit den Menschen dort, die womöglich traumatisiert sind und sich drängenderen Herausforderungen stellen müssen, als einem Journalisten Unterkunft zu gewähren, von dessen Wirken sie vielleicht nicht unmittelbar, vielleicht überhaupt nicht profitieren werden? Ist es zu vertreten, gegenüber Freunden und Familie, gegenüber sich selbst, sich selbst in Gefahr zu bringen, sich dorthin zu begeben, wo man die Kontrolle komplett aus der Hand geben muss? Und wurde nicht eh alles schon beobachtet, erzählt und aufgeschrieben? Und wie beginnt man überhaupt einen Text mit solcherlei Brisanz?

Der Autor nimmt zunächst die KI zu Hilfe. ChatGPT ist ja schließlich in aller Munde. Im literarischen Bereich wird über die Nutzung geradezu heftig diskutiert. Und scheitert dann am Eingangstext, humorvoll und mit zwinkernden Auge. Also doch der Feldversuch? Kontakte werden über die Couchsurfing-Plattform geknüpft, angeschrieben. Wenn die KI keinen ordentlichen Text zustande bringt, stellt sich ja wieder die Frage, darf, kann, soll man das? Rückmeldungen aus der Ukraine sind da positiv und die Koffer schnell gepackt. Zudem lebt doch die Freundin in der ukrainischen Hauptstadt. Einen Rückzugsort gäbe es also. Doch, was ist ein Rückzugsort der ebenso wie alle anderen Orte im Land zur Zielscheibe werden könnte?

Und so bereist Stephan Orth von dort aus sternenförmig das Land und trifft ständig auf Gegensätze. Innerhalb einer Stadt ist es da möglich, irgendwo Rotwein zu trinken, während einige Viertel weiter, Lücken zwischen Plattenbauten klaffen. Resultate und Mahnmale des letzten Raketenangriffs. Wie gehen die Menschen mit diesem Wechselbad um? Mit Verlust, der unterschwelligen Anspannung? Welche Unterschiede ergeben sich da im Osten zum Westen des Landes, von Nord nach Süd? Der Autor fragt nach und entdeckt Durchhaltewillen, Lebensfreude, Verlust und Hoffnung, Menschen, die sich engagieren, die Pläne und Träume haben oder einfach nur kämpfen, da sie schlicht keine andere Wahl haben.

Wie prägt dies das Bild der Ukrainer im Land? Was dringt davon nach außen? Was müssen vor allem wir uns vergegenwärtigen, wenn wir über den Krieg, Waffenlieferungen oder die Aufnahme von Flüchtlingen sprechen? In seiner Reisereportagae fängt Stephan Orth diese Fragen ein und stellt einzelne Punkte heraus, woraus sich neue Fragen ergeben? Schnell wird klar, der Konflikt ist so komplex wie vielschichtig. Wenn er zum Beispiel nach den Reaktionen der Menschen hierzulande gefragt wird oder er sich die Kommunikation mit seinen Kontakten aus Russland in Erinnerung ruft, wenn also Linien des Konflikts plötzlich in der eigenen WhatsApp-Liste zu Tage treten.

Im vorliegenden Sachbuch kommt dies alles zur Sprache. Nichts wird ausgespart, zudem diesmal auch die persönliche Komponente von Freundschaft und Beziehung hinzu kommt. Das ergibt ein vielschichtig komplexes Puzzle. Immer wieder werden Gegensätze herausgestellt, um zu zeigen, dass eben nichts so einfach ist, wie uns dies aus- und inländische Populisten weißmachen möchten, dass der größte Fehler jedoch ist, nichts zu tun. Dieser andere Blickwinkel ist erhellend.

Kurzweilig in klaren Sätzen weiß Stephan Orth Geschichten zu erzählen, ohne dass dies eine voyeuristische Komponente hätte. Vielmehr einfühlsam versucht der Journalist zu ergründen, worin die Ukrainer ihren Mut und Durchhaltewillen nehmen. Durchsetzt immer wieder mit Fotos, einen großen Farbbildteil und, wie in seinen anderen Reportage-Büchern auch, mit einer stilisierten Landeskarte, ist so eine lesenswerte Reportage von einem Land im Ausnahmezustand entstanden. Alle sollten sie lesen.

Autor:
Stephan Orth wurde 1979 in Münster geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Zunächst studierte er Anglistik, Wirtschaftswissenschaften in Wuppertal, anschließend Journalismus in Brisbane, Australien. Von 2007-2008 absolvierte er ein Volontariat bei Spiegel Online und arbeitete anschließend als Redakteur. 2012 begab er sich auf eine Inlandeis-Expedition nach Grönland und veröffentlichte 2015 seinen Reisebericht „Couchsurfing im Iran“. Seit 2016 ist er freiberuflicher Autor. Stephan Orth lebt in Hamburg.

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Thomas Edler: Reisebus & Pflaumenmus

Inhalt:

Jahre nach der Matura ergibt sich für die beiden Freunde Hannes und Thomas die Gelegenheit, mit einem Reisebus von Indien nach Europa zu fahren. Die Gelegenheit, aus dem Alltag auszubrechen, ist ein großes Abenteuer, doch schon bei der Einreise nach Pakistan kommt es zu Schwierigkeiten, die den gesamten Trip infrage stellen. Wenn sie es innerhalb der nächsten Tage schaffen, über die Grenze zu gelangen, waren alle Vorbereitungen umsonst.

Unterwegs auf einer Transitroute, die seit jeher Europa mit Asien verbindet, begegnen die beiden Freunden verschiedenen Kulturen, Menschen und Geschichten aus längst vergangenen Tagen. (abgewandelter Klappentext)

Rezension:

Es ist eine dieser Gelegenheiten, die sich nur selten im Leben, vielleicht nur einmal, ergibt und so ergreifen zwei Freunde die Chance, zwischen den Kulturen zu reisen. Ihr Weg führt sie entlang einer alten Handelsroute, späteren Hippie-Trail, in umgekehrter Richtung vom rastlosen Indien wieder zurück in die Heimat nach Österreich. Unterwegs mit einem VW Bus, kommen sie mit den Menschen ins Gespräch, Einheimische und andere Reisende, lassen sich deren Geschichten erzählen und spüren einer Vergangenheit nach, die auch heute noch Tempo und Empfindungen der durchquerten Regionen bestimmt.

Den modernen Reisebericht muss der Spagat gelingen, sowohl einerseits jene mitzunehmen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, nicht zu verklären oder in Klischees zu versinken, das Fernweh wecken und die Faszination der beteiligten Akteure zu transportieren. Nichts ist schlimmer als mit rosaroter Brille zu erzählen und dabei ein Publikum zu verlieren oder gar überhaupt nicht zu gewinnen.

Eventuell kennt jeder die eine oder andere Erzählung, gar längere Foto- oder Videovorführungen im Bekanntenkreis, die im Grunde nur für den jeweils Beteiligten Erinnerungen wecken, jedoch für andere eher den Stellenwert einer Hintergrundberieselung innehaben. Dieses Phänomen lässt sich nicht selten auf Texte übertragen. Thomas Edler gelingt in seiner Mischung aus Reportage und Bericht jedoch der Drahtseilakt, die Faszination herüberzubringen und sehr einnehmend von seinem großen Abenteuer zu erzählen.

Zum einen ist da der Bericht über die Fahrt selbst und die Schilderung von Begegnungen entlang des Weges, die ergänzt werden durch Blenden in die Geschichte der bereisten Orte, sowie Einblicke den Alltag der Menschen heute. Ergänzt durch rein informative Absätze, durchmischt mit Kuriosa von landestypischen Gerichten bis hin zur Teppichkunde, ist mit „Reisebus & Pflaumenbus“ das Porträt einer Reise gelungen, die man gerne nachverfolgt, zumal anhand von Fotos und der obligatorisch abgedruckten Routenkarte.

In ruhiger Tonalität erzählt Thomas Edler von einer Reise voller Unwägbarkeiten und faszinierenden Begegnungen, welche auf Gegenseitigkeit beruhen. Wohltuend hebt sich der positive Blick auf Gegebenheiten und Unterschiede hervor, immer im Vertrauen, dass der Reisetrip schon irgendwie vorangehen wird, schließlich ist man auf geschichtsträchtigen Routen unterwegs und das Gefährt hat ja den Weg in die andere Richtung auch ohne größere Probleme gemeistert.

Kurzweilig wirken die einzelnen Kapitel, in denen der Autor von den einzelnen Reiseabschnitten erzählt. Diese nehmen so ein, dass man sich gut vorstellen kann, diese Reise oder zumindest einzelne Teilstücke dieser selbst einmal nachzuvollziehen und ein Stück von dieser Faszination der beiden Freunde mitzunehmen, zumal ein gewichtiger Teil des Trips durch Länder folgt, von denen uns hier sonst nur bestimmte Bilder erreichen. Alleine deshalb schon ist dieser Bericht empfehlenswert. Entlang der einstigen altertümlichen Handeslrouten herrscht noch immer geschäftiges Treiben und lassen sich noch Abenteuer erleben.

Auch sprachlich schafft es „Reisebus & Pflaumenmus“ den Bogen zwischen Bericht und Informativen zu schlagen, wenn sich auch abschnittsweise einzelne Sätze das eine oder andere Mal wiederholen. Das kann jedoch auch meinen Lesegewohnheiten geschuldet sein, ist ohnehin nur ein Abzug in der B-Note, schließlich liegt der Fokus bei dieser Art von Reportagen auch woanders. Tatsächlich wünsche ich mir mehr solche Texte, die die Faszination für andere Länder und Kulturen wecken, dabei einen Rundumblick versuchen und Lust darauf machen, selbst Abenteuer zu erleben.

Autor:

Thomas Edler wurde 1971 geboren und ist ein österreichischer Projektmanager und Autor. Zunächst studierter er in Granz Betriebswissenschaften, bevor er im Bereich der erneuerbaren Energien tätig wurde. Nebenher schreibt er Texte über die Schulzeit und über das Reisen, versucht diese mit kulturellen Erfahrungen und historischen Gegebenheiten zu verbinden. In „Reisebus & Pflaumenmus“ erzählt er von seinem 2008 mit einem Freund unternommenen Trip von Indien nach Österreich.

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Nils Straatmann: Auf Jesu Spuren

Inhalt:

Der Theologiestudent Nils Straatmann reist mit einem alten Schulfreund in den Nahen Osten, um der Route des historischen Jesus zu folgen: vom vermeintlichen Geburtsort Bethlehem bis auf den Hermon an der syrisch-libanesischen Grenze. Voller Neugier erkundet er, was von den Ideen des einstigen Erlösers im Heiligen Land geblieben ist, und räumt mit weitverbreitetem Halbwissen auf. Und als er bei Beduinen auf Harry Potter trifft, am Lagerfeuer im Golan die Gefechte jenseits der Grenze hört und beim Barbier im Westjordanland für einen Spion gehalten wird, ist klar, dass dies keine Reise auf den Spuren der Vergangenheit bleiben wird. (Klappentext)

Rezension:

Bereits vor ein paar Jahren schon einmal veröffentlicht, hat jetzt der brisante Reisebericht von Nils Straatmann eine Neuauflage erfahren. Damals Theologiestudent begab sich der Autor mit einem Freund einmal kreuz und quer durch das Heilige Land. Israel und Palästina wollten beide erkunden, genauer gesagt, die Wirkungsstätten und Stationen des historischen Jesus‘ oder das, was man heute dafür hält. Was haben die Orte heute noch für eine Bedeutung? Wie viel ist von den ursprünglichen Ideen geblieben, zumal in einer konfliktbeladenen Region, deren Kontroversen heute kaum mehr zu entwirren sind? Nils Straatmann suchte den Kontakt und das Gespräch, um Antworten zu bekommen. Zurück kam er mit vielen Fragen.

Als ich mich auf diese Reise vorbereitete, dachte ich, ich würde mich mit Jesus und seiner Geschichte als etwas Vergangenem beschäftigen. Ich hätte nicht gedacht, wie gegenwärtig das alles ist, wie politisch. Nach unseren Erfahrungen […] ist eine naive, leichte Sicht auf die Region nicht mehr möglich. Wir haben so viele Ungerechtigkeiten gesehen und es ist zu ahnen, dass diesen Ungerechtigkeiten andere Ungerechtigkeiten vorausgingen, die wiederum aus anderen Ungerechtigkeiten hervorgingen, deren Wurzeln wir nicht kennen. Wir dürfen nicht versuchen, sofort alles zu verstehen. Wir müssen sehen, erleben, verarbeiten. Und deshalb wird diese Reise ein ständiger Prozess sein. Vielleicht ist das bereits eine unserer größten Erkenntnisse.

Nils Straatmann: Auf Jesu Spuren

Wie beschreibt man das Erleben einer Region, die nach normalen Maßstäben kaum zu fassen ist, taucht der Nahe Osten doch oft genug nur in unserer Wahrnehmung auf, wenn einmal mehr ein Anschlag, egal auf welcher Seite des Konflikts, seine Opfer fordert? Zumal, wenn man sich eigentlich auf eine historische Dimension davor konzentrieren möchte?

Das versucht der Autor zu Beginn seiner Reise und so öffnet sich zunächst Straatmann und seinem Begleiter eine Region voller Geheimnisse und Widersprüche, die aufgeteilt nach Reiseetappen beschreibt. Immer mit den Blick auf die historischen Vorgaben versucht er das Erlebte mit dem Gelernten aus dem Theologiestudium in Einklang zu bringen, um nach und nach festzustellen, dass zum Einen einige Wirkungsstätten, ob historisch begründet oder vermeintlich, in quasi kirchliche Freizeitparks mit Eventcharakter und angeschlossenen Souvenirshops verwandelt wurden, zum anderen der politische und religiöse Konflikt zwischen Israel und Palästina alle anderen Fragen des Lebens dort überlagert.

Die Menschen von Nablus scheinen gut und gütig zu sein, doch eine unterschwellige Spannung liegt in der Luft. Misstrauen und Frist. Die Stadt drängt nach Leben und scheitert an ihren Grenzen. Zu viele Leute auf zu wenig Platz mit zu wenig Möglichkeiten. Ein Sinnbild des Landes.

Nils Straatmann: Auf Jesu Spuren

So überlagern auch die Fragen des Heute schnell die des eigentlichen Reisegrundes. Wer hier also eine hauptsächlich historisch-religiöse Spurensuche vermutet, wird enttäuscht werden, auch wenn sich Straatmann das sicherlich auch zu Beginn seines Trips anders vorgestellt hat. Stattdessen bekommt man einen messerscharfen Blick, wie Religion heute ist bzw. sein könnte und was der Konflikt mit den Menschen gerade dort macht, die oft im Kleinen sehr pragmatisch vorgehen, selbst jedoch an den Hürden der großen Politik verzweifeln.

Dieser Kontrast schält sich besonders heraus, wenn Straatmann in seinen tagebuchartigen Einträgen seine Erlebnisse wie Momentaufnahmen festhält und dem gegenüber das Denken und die Aussagen seiner Gesprächspartner stellt. Immer dann wirkt der Resebericht besonders stark, auch wenn der Autor sich zurücknimmt, um dann doch etwas über die jüngere Geschichte zu erläutern. Dabei gelang es Straatmann während der Reise vor allem, zuzuhören und in seinem Buch, sich nicht dafür oder dagegen zu positionieren, was eine Leistung ist, wo einem dieser Konflikt quasi ständig dazu zwingt.

Wie soll ein Land Frieden finden, in dem man schon mit 15 Jahren lernen muss, wie man eine Waffe zu gebrauchen hat?

Nils Straatmann: Auf Jesu Spuren

So ist „Auf Jesu Spuren“ kein klassischer Reisebericht, aber auch keine Reportage in Reinform oder aber ein Sachbuch zur Historie, eher aus letzterer heraus eine Momentaufnahme des Heute. Zudem tut hier die Entscheidung gut, sich zurückzunehmen, keine Lösungsvorschläge bieten zu wollen, aber einige Konfliktursachen zu benennen und sie dem Gegenüber zu stellen, was sich mit den Orten Jesus‘ in Verbindung und mit dessen Zielen im Einklang bringen lässt. Wer dies so liest, wird einiges für sich aus der Lektüre ziehen können. Alle anderen sollten eher zur Sekundärliteratur greifen.

Neben den Taufhemden werden abgefülltes Jordanwasser und Erde aus dem Heiligen Land angeboten. Oder Frühstücksbrettchen mit der Aufschrift: „God is my pilot. I am only the co-pilot.“

Nils Straatmann: Auf Jesu Spuren

Ergänzt wird der Bericht durch einen Fototeil und zwei Karten, einmal der Route auf einer modernen Landkarte und einmal so, wie sie ausgesehen hat, zu Lebzeiten Jesus‘. Alleine für diese Gegenüberstellung lohnt sich das schon.

Autor:

Nils Straatmann wurde 1989 in Geesthacht geboren und ist ein deutscher Autor und Poetry-Slamer. Er studierte in Leipzig Theologie und schreibt Beiträge für verschiedene Zeitungen und Magazine. 2008 gewann er die deutschsprachigen U20 Poetry Slam Meisterschaften in Zürich, 2013 die deutschsprachigen Meisterschaften in Zürich.

Ein Jahr später veröffentlichte er sein erstes Reisetagebuch. Er moderiert verschiedene Shows und Rundfunksendungen und spielt als Teil der Autoren-Nationalmannschaft des DFB. 2017 veröffentlichte er seinen Reisebericht „Auf Jesu Spuren“, der nun neu aufgelegt wurde. 2019 als Co-Autor, zusammen mit Robby Clemens „Bis ans Ende der Welt und zu mir selbst“.

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Mein Rückblick durch’s Bücherjahr 2021

Immer wieder stelle ich fest, dass gerade in, sagen wir, fordernden Zeiten, mir Bücher einen besonderen Halt geben. Mit dem Lesen einiger Seiten auf den Weg zur Arbeit oder vor Hochfahren des Büro-Laptops im Home Office starte ich in den Tag, abends auf den Nachhauseweg in der U-Bahn schaufel ich mir mit Büchern den Kopf frei und komme auf andere Gedanken. So habe ich dieses Jahr viele Bücher für mich entdecken können, mehr gelesen als etwa im Jahr 2020, erstaunlicherweise mit vergleichsweise wenigen Totalausfällen. Nur einen Abbruch hatte ich auf den Zähler. Darum soll es heute aber nicht gehen. 2021 war für uns alle anstrengend genug. daher habe ich mich dazu entschlossen, meinen Rückblick auf die Lese-Highlights des Jahres zu beschränken und die anderen Werke aus meinem Gedächtnis zu verdrängen. Wer diese sich noch einmal zu Gemüte führen möchte, den bleibt nichts übrig, als die Rezensionen zu durchstöbern. Hier soll es heute nur um die Highlights gehen. Über die Flops sprechen wir zu oft.

Eine Top 10 auszuwählen, ist mir dabei nicht gelungen, so zeige ich ganze zwanzig Bücher, die ich in positiver Erinnerung habe. Von der Belletristik bis zum Sachbuch, von der Neuerscheinung bis zur Backlistliteratur ist alles dabei. Natürlich könnte ich noch viel mehr Werke nennen, aber ihr kennt den Ausdruck: „Das sprengt den Rahmen!“. 🙂

Während Björn Stephan mich mit seinem Schreibdebüt, einem sensiblen Coming of Age Roman, überraschen konnte, entführte mich Esther Horvath gleich zu Beginn des Jahres in die eisigen Gefilde der Arktis. Sie begleitete die bis dato größte von den Forschern des deutschen Alfred-Wegner-Instituts angeführte Polarexpedition, auf dem Eisbrecher „Polarstern“ und brachte beeindruckende Fotos mit nach Hause, die sie in diesem Bildband versammelt hat. Stephan Orth nahm seine LeserInnen dagegen in ein nahezu noch unbekanntes Land. Saudi-Arabien. Immer, Auge und Auge mit Scheichs und Kamelen. Unvergessen natürlich, das Interview, welches ich mit ihm führen durfte.

Christa von Bernuths Kriminalroman „Tief in der Erde“, der auf wahre Begebenheiten eines spekatkulären Falls der bundesdeutschen Kriminalgeschichte beruht, gehört im Bereich True Crime zu meinen Highlights, wie auch Sasha Filipenko, der mit seinem Roman „Der ehemalige Sohn“ tief in die belarussische Gesellschaft Einblick nehmen lässt. Noch nie habe ich einen, über weite Strecken, so deprimierenden Roman gelesen, der jedoch sehr eindrucksvoll zu lesen ist und deshalb definitiv zu meinen Highlights zählt. Olga Grjasnowas Essay über den Nutzen von Mehrsprachigkeit war nichtminder aufschlussreich.

Genau so wie ich Olga Grjasnowas Ausführungen zur Mehrsprachigkeit empfehlen kann, möchte ich allen Natasha A. Kellys Essay über Rassismus ans Herz legen. Hier beschreibt sie, woher Rassismus kommt, wie das wirkt und wie wir dieses strukturelle Problem lösen können. Ihr Werk hatte in jedem Fall den Preis für die am schwersten zu schreibende Rezension gewonnen. So oft habe ich, glaube ich, selten, nach den richtigen Worten gesucht. Khue Pham beeindruckte mit ihrem halbbiografischen Roman einer über die Welt verstreuten, ursprünglich aus Vietnam stammenden Familie und Stefanie vor Schulte mit einer sprachlich so anspruchsvollen erzählung, die ihres Gleichen sucht.

Familiengeschichten oder Coming of Age dominierten bei mir im Bereich der Belletristik und so kann ich auch Alex Schulman „Die Überlebenden“, wie auch das Debüt von janina Hecht „In diesen Sommern“ zu meinen Highlights zählen. In beiden Romanen geht es um Kindheiten und den nicht ganz so einfachen Umgang damit, im Erwachsenenalter, während Ariel Magnus in seinem Roman „Das zweite Leben des Adolf Eichmanns“, den eben genannten wieder lebendig werden lässt, bis zu seiner Entführung und Verhaftung durch Agenten des israelischen Geheimdiensts Mossad. Spannend und erschreckend zugleich , einmal diese Perspektive einzunehmen.

Wie bekommen wir die Fragestellungen und Probleme, die sich gerade jetzt klar und deutlich zeigen, in den Griff? Wo liegen die Stellschrauben im Gesundheitssystem und unserer Gesellschaft? Was muss sich ändern, da Applaus nicht genug ist? Diese Fragen stellt der Journalist David Gutensohn und zeigt, wie Lösungen aussehen können und was in winzigkleinen Schritten schon jetzt passiert oder, wo es noch viel zu tun gibt. Frank Vorpahl entwirrt derweil Mythos und Wirklichkeit um Heinrich Schliemann und Xose Neira Vilas‘ Novelle „Tagebuch einer Kindheit in Galicien“ war genau so erschreckend, wie düster, wie hoffnungsvoll.

Der Historiker Uwe Wittstock zeigt in seinem romanhaft anmutenden Sachbuch „Februar 33 – Der Winter der Literatur“, wie schnell Kunst und Kultur von den Nationalsozialisten nach ihrer Machtübernahme vereinnahmt wurden und Schriftsteller, wie Künstler, ins Abseits gedrängt oder für ideologische Zwecke ausgenutzt wurden. Das Werk zählt wohl bei so Einigen zu den Highlights, wie vielleicht auch „Shuggie Bain“ von Douglas Stuart, eine traurigere und trostlosere Version und Mischung aus „Billie Elliott“ oder Frank McCourts „Die Asche meiner Mutter“. Fast möchte man die Hauptfigur aus den Roman herausziehen, und sie vor allem Übel der Welt beschützen.

Last, but not least. Karsten Krogmann und Marco Seng konstruierten in ihrem Sachbuch „Der Todespfleger“ die Geschichte des Krankenpflegers Niels Högel, der zum größten Serienmörder der deutschen Nachkriegsgeschichte avancieren sollte, zeigen die Mühlen der Justiz auf, eben so wie deren Schlagkraft, während Roman Deininger und Uwe Ritzer noch einmal Olympia 1972 aufleben lassen, welches so anders werden sollte, als die Spiele der Nazis 1936, und dann doch durch einen Terroranschlag in ihren Grudnfesten erschüttert wurden. Nach zwei Sachbüchern, zu guter Letzt ein wunderschöner Roman, „Heaven“, von Mieko Kawakami, über Mobbing und zarter Freundschaft.

Das waren sie nun, meine zwanzig Highlights des Jahres, die ich um noch weitere Werke hätte ergänzen können, doch lade ich euch natürlich ein, im Rezensionsverzeichnis nach Herzenslust zu stöbern, nach diesen oder nach anderen Werken, nicht nur Highlights, aber eben auch. Es hat mir wieder großen Spaß gemacht, so vielschichtig, auch für euch, zu lesen und ich freue mich auf das kommende Lesejahr, was hoffentlich genau so abwechslungsreich und spannend werden wird.

Vielleicht ist ja das eine oder andere Werk, auch für euch, dabei?

Bis zum nächsten Jahr. Nicht vergessen, wir lesen uns.

Viele Grüße,

findo.

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Alice Piciocchi/Andrea Angeli: Kiribati

Inhalt:

Die kleine Inselwelt Kiribati – 1777 von James Cook zwischen Australien und Hawaii entdeckt – versinkt infolge des Klimawandels allmählich im weiten Blau des Pazifischen Ozeans. Mit einem reich illustrierten Reisetagebuch wollen Alice Piciocchi und Andrea Angeli diese Welt ein Stück weit bewahren.

Hier sind Familien seit Generationen zu Hause, werden alte Traditionen gelebt und sind magische Rituale genauso Teil des alltags wie Satellitenfernsehen und das Internet. Das Buch erzählt von einer Reise ans andere Ende der Welt, ist ein buntes Mosaik aus Anekdoten und Erlebnissen, aufwendig gestalteten Karten, Zeichnungen und Infografiken. Ein Buch, das unsere Sehnsucht weckt und die Hoffnung, dass dieser besondere Ort auch zukünftig bestehen bleibt. (Klappentext)

Rezension:

Mehrere Atolle entlang der Datumsgrenze, die bis zu ihrer Verschiebung den Tag in zwei Teile teilte, bilden eines der letzten Paradiese dieser Erde. Noch leben dort, auf den Inseln des Südseestaates Kiribati, Menschen. Die Frage ist nur, wie lange noch? Die Welt, die einst James Cook entdeckte, zuvor jedoch bereits tausende Jahre besiedelt war, wird untergehen. Für die Umsiedlung der Bevölkerung gibt es bereits einen Plan der dortigen Regierung.

Kiribati – Eine Inselwelt versinkt im Meer (Andrea Angeli)

Doch, wie leben die Menschen dort auf den Inseln, von denen keine eine höhere erhebung hat als fünf Meter über den Meeresspiegel? Mit welchen Problemen haben sie bereits heute zu kämpfen? Was bedeutet es, isoliert und doch verbunden zu sein? Die Autorinnen Alice Piciocchi und Andrea Angeli haben eine Reise um den halben Erdball unternommen, um dies zu ergründen. Herausgekommen dabei ist ein besonderer Bericht über eine entschwindende Welt.

Der besteht aus Elemeneten verschiedener Genre. Beinahe Graphic Novel, nicht ganz Lexikon mit Elementen einer statistischen Sammlung, natürlich Reisebericht findet alle Lesenden etwas, was sie faszinieren wird. Kapitelweise werden die unterschiedlichen Fascetten des Insellebens beleuchtet, aufgelockert durch großflächige Grafiken und liebevollen Zeichnungen. Jeder beobachtung, jedem Atoll setzen die Autorinnen damit ein Denkmal und schaffen es, ohne mahnenden Zeigefinger zu beschreiben, was wir zu verlieren drohen, wenn wir nicht aufpassen.

Dabei befinden sich Piciocchi und Angeli nicht permament im Krisenmodus. Viel Zeit haben sich die beiden genommen, wenn es um die Traditionen, Flora und Faune etwa geht. Neben den Problemen wird vor allem die Schönheit und Verletzlichkeit Kiribatis in den Vordergrund gestellt. Ein Glossar der wichtigsten begriffe ergänzt dieses Werk, zudem ein Zeitstrahl um die historische Komponente. Vielleicht ist dieses Buch so, wie der Inselstaat selbst. Vielfältig, geheimnisvoll und einzigartig.

Vom Gestalterischen hat das Werk ebenso viel Wert, wie von den Informationen her, die man diesem entnehmen kann. Fortwährend kann man das lesen, ebenso umblättern, zurück schauen, innehalten, überfliegen. Zeit wird auf den Inseln Kiribatis in gewissen sinne mit anderen Maßstäben gemessen. Gleiches gilt für dieses Buch.

Autorinnen:

Andrea Angeli wurde 1984 in Brescia geboren und ist ein italienischer architekt. Seit Studium absolvierte er in Mailand, bevor er über verschiedene Stationen schließlich im Verlagswesen landete. Im Zeichnen entdeckte er das Konstruieren von Geschichten.

Alice Piciocchi wurde 1985 in Mailand geboren und studierte zunächst Industriedesign, bevor sie zu Architektur und Design verschiedene Forschungsarbeiten verfasste. Schon früh entwickelte sie eine Begeisterung für Landkarten und studierte schließlich Geografie. Ihre Beiträge erscheinen regeömäßig in diversen italienischen Zeitungen und Magazinen

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Timo Peters: Couchsailing

Inhalt:

Timo Peters hat kein Boot, so gut wie keine Segelerfahrung und kaum Geld – aber den Traum, auf einem Segelboot den Atlantik zu überqueren: Mit leichtem Gepäck macht er sich auf die Suche nach einem Kapitän, bei dem er anheuern kann. In mehreren Etappen und auf verschiedenen Schiffen geht es über den Ozean – unterwegs erwarten ihn überraschende Herausforderungen, Grenzerfahrungen und wunderliche Begegnungen. Eine unvergessliche Reise, ein unglaubliches Abenteuer! (Klappentext)

Rezension:

Spätestens seit Stephan Orth dürfte vielen der Begriff Couchsourfing geläufig sein, doch funktioniert diese Form des Reisens auch auf hoher See? Ein Platz in einer Koje gegen eine helfende Hand an Bord? Mit nur wenig Segelerfahrung, wenn man diese überhaupt so bezeichnen mag, macht sich Timo Peters auf die Suche, dies herauszufinden. Am Ende steht ein neues Leben, ein großes Abenteuer und ein Bericht über die eigentümliche Welt der Segler.

Kennzeichnend für Reiseberichte sind vor allem ausführliche Schilderungen von Begegnungen und die Beschreibung von Landschaften. Letztere beschränken sich hier zwangsläufig fast nur auf die Hafenanlagen für Segelschiffe und die Boote selbst, stellen diese doch für Wochen die ganze Welt dar. Ansonsten ist man der Natur ausgeliefert, der Willkür von Wind, Wasser und Wetter. Anfangs noch fasziniert davon, schenkt dem der Autor nach einer gewissen Zeit kaum mehr Aufmerksamkeit als er muss.

Gerade nur so viel wird zur Kenntnis genommen, wie es für den Trip über den Atlantik von Nöten ist, um so mehr fokussiert sich Peters auf die Schilderungen der Menschen um ihn herum. Schließlich stelklen diese für Wochen seine einzigen Kontakte dar. Im Notfall ist man aufeinander angewiesen. Aus dem Weg gehen kann man sich nach dem Ablegen ohnehin nicht.

Kurzweilig schreibt Timo Peters von seiner Reise, die ihm unbekannte Sichtweisen auf eine teilweise sehr eigentümliche Welt zeigt. Was macht das mit Einem, wenn man der Natur ausgeliefert ist und Menschen, denen man nie zu vor begegnet ist? Welche Schicksale kreuzen sich in den Anlagen der Marinas? Was treibt die Glücksritter, Abenteuerlustigen, Sportsegler und Sinnsuchende an, für Wochen den schwankenden Boden unter den Füßen zu suchen?

Der Autor erzählt von den kleinen Momenten des Glücks, mehr Augenblicken des Zweifels und auch jenen, in denen man nur noch funktionieren und in Bruchteilen von Sekunden die richtigen Entscheidungen treffen muss. Zu Beginn vielleicht noch etwas blauäugig, an manchen Stellen färbt zudem die rosarote Brille im Nachhinein, findet Peters dann doch immer wieder den Ausgleich, so dass auch Konflikte und Gefahren zur Sprache kommen, auf die er reagieren musste.

Für all jene, die jetzt überlegen, eine solche Reise anzutreten, es ist kein Ratgeber, aber der Autor zeigt, was ein solcher Trip mit einem macht. Wenn man daraus etwas für sich ziehen kann, ist es gut. Für alle anderen bleibt die Erkenntnis, das große Abenteuer auch heute noch möglich sind.

Autor:

Timo Peters lebt und arbeitet als freiberuflicher Journalist für diverse Zeitungen und Magazine in Norwegen. Nebenbei betreibt er den Abenteuerblog »bruderleichtfuss.com« und das Onlinemagazin „Fjordwelten„.

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Stephan Orth: Couchsurfing 1 – Couchsurfing im Iran

Inhalt:

Es ist offiziell verboten. Trotzdem reist Stephan Orth als Couchsurfer kreuz und quer durch den Iran, schläft auf Dutzenden von Perserteppichen, erlebt irrwitzige Abenteuer – und lernt dabei ein Land kennen, das so gar nicht zum Bild des Schurkenstaates passt. Denn die Iraner sind nicht nur Weltmeister in Sachen Gastfreundschaft, sondern auch darin, den Mullahs ein Schnippchen zu schlagen. (Klappentext)

Rezension:

In der westlichen Welt weiß man kaum mehr über den Iran als das, was die Hauptnachrichten berichten. Der Streit um die Nutzung von Kernenergie, das theokratisch-strenge Regime der Mullahs, Menschenrechtsverletzungen und das verbissene Durchsetzen streng religiös-bergündeter Vorschriften. Andere Themen kommen kaum bis gar nicht zur Sprache. Und so hat sich Stephan Orth aufgemacht in ein Land voller unbekannter Faktoren und muss gleich bei der ankunft am Flughafen erste Vorurteile revidieren. Er lässt sich auf die Menschen des Landes ein, fernab der Politik, die doch immer wieder in das Leben der Bevölkerung eingreift. Hinterverschlossenen Türen aber können die Iraner sie selbst sein. Und das ganz anders als es auf den ersten Blick scheint.

Mit „Couchsurfing im Iran“ hat der Autor hier keinen politischen Lagebericht geschrieben, sondern eine vielschichtige Sammlung der Eindrücke der Menschen in diesem Land. Stephan Orth zeigt auf, was selbst in einem Land möglich ist, welches von einer brutalen menschenverachtenden Diktatur beherrscht wird und wie die Bevölkerung sich wehrt. Momentan noch passiv im Privaten, doch Orth zeigt auf, dass die Vorstellungen der Iraner irgendwann dafür sorgen können, dass sich die Situation zu ihren Gunsten ändert. Der Anfang ist bereits gemacht, in winzigen Schritten.

Stephan Orth beschreibt das Leben der Menschen dort, ihren Alltag, ihre Vorstellungen und Ideen, Gedanken und die kleinen Rebellionen des Alltags, wenn sich eine Gruppe junger Iraner ewa zu Fesselspielen trifft oder Polizisten bestochen werden, damit keine Razzia der Sittenwächter wärend einer Hochzeitsfeier stattfindet, wenn Studenten von Amerika träumen oder das Kopftuch wie zufällig ein Stück verrutscht.

Es ist hier ein wunderbar positives Buch, was für ein unscheinbares düsteres Land Interesse wecken vermag. Fernab der nüchternen politischen Berichte. Der Iran ist ein relativ junges Land, die Mehrheit der Bevölkerung ist unter 40 Jahre alt und wartet nur auf eine sichere Chance aus den Zwängen und Vorgaben auszubrechen und ihr Leben und Land zu verändern. Orth zeigt, dass die Veränderung in den Köpfen bei vielen schon längst begonnen hat. Im gesamten Iran. Ein Buch über Vorurteile, die in sich zusammenfallen, ein Buch über Kontraste und vor allem über die Menschen, ihr Leben und ihre Träume.

Autor:

Stephan Orth wurde 1979 geboren und arbeitet als Redakteur im Reiseressort bei Spiegel Online. Seit 2003 ist er bereits als Couchsurfer unterwegs, hatte Besucher aus aller Welt und traf Gastgeber in mehr als dreißig Ländern. Orth ist Autor mehrerer Bücher und Reisereportagen, die mehrfach mit dem Columbus-Preis ausgezeichnet wurden.

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Stephan Orth: Couchsurfing 2 – Couchsurfing in Russland

Inhalt:

Das erste Russland-Buch ohne Bären und Balalaikas! Was ist Propaganda, was ist echt? Über keinen Teil der Erde ist die Informationslage verwirrender als über Russland. da hilft nur: hinfahren und sich sein eigenes Bild machen. Zehn Wochen lang sucht Bestsellerautor Stephan Orth zwischen Moskau und Wladiwostok nach kleinen und großen Wahrheiten. Und entdeckt auf seiner Reise von Couch zu Couch ein Land, in dem sich hinter einer schroffen Fassade unendliche Herzlichkeit verbirgt. (Klappentext)

Rezension:

So riesig das Land, so stark seine Gegensätze. Stephan Orth macht sich auf, um fernab der Politik die russische Seele zu suchen, und den Vielvölkerstaat zu erkunden. Beginnend am „Arschloch der Welt“ quartiert er sich in Tschetschenien ein, erlebt den schwierigen Alltag der Menschen auf der Krim, bei Studenten in St. Petersburg und blickt nach Japan in Wladiwostok. Wie auch schon in seinem erfolgreichen Reisetagebuch über das „Couchsurfing im Iran“ macht sich der Spiegel-Online Reporter auf, um Vorurteile vor allem für sich selbst zu widerlegen. Entstanden ist dabei ein eindrucksvolles Portrait von den Menschen des Landes.

Russische Politik und Propaganda a la RT sind das eine, die russische Bevölkerung ist das andere. Vor allem tief gespalten in ihrer Meinung zur Staatsführung. Je nach wirtschaftlicher Lage mal fern, mal näher zum Kreml. Ein Land zwischen Energie-Krise am Weltmarkt und Sanktionen aufgrund der Krim-Krise, versucht sich selbst zu finden. Stephan Orth beschreibt diesen Prozess aus nächster Nähe, reist mal hier und mal dort hin, revidiert viele seiner Vorurteile, sieht die Probleme des Landes, aber auch Menschen, die ins Gelingen verliebt sind. Mal mit, mal ohne Wodka. Aber immer mit dem Willen zum Leben. Denn, Moskau ist oft genug sehr fern. Korruption und Erfindungsreichtum dagegen nah.

Ein amüsanter Reisebericht der ganz anderen Art. Unterteilt in kurzweilige Kapitel, beschreibt der Autor seine Art zu Reisen, ihre Unwägbarkeiten und erstaunlichen Wendungen, vor allem aber die Geschichte der Menschen, die er trifft. So, dass man fast selbst geneigt ist, es ihm nachzutun. Stephan Orth erzählt, wie es ist, seine Vorurteile und bedenken über Bord zu werfen, manchmal alle Pläne kurzerhand umzuschmeißen und zu ändern und findet sie, die russische Seele, schon auf den ersten Stationen der Reise.

Und dringt immer tiefer in sie ein. Fernab der Politik zeichnet Orth auch hier wieder ein überaus positives Bild der Menschen und ihrer Trennlinie zu den Machthabern im Kreml. Die negativen Punkte a la Beeinflussung der Bevölkerung in allen Lebenslagen werden nicht ausgespart, Putin-Gegnern und Befürwortern auf den Zahn gefühlt. Privat entdeckt der Autor ein ganz anderes Russland als das, welches immer über die westlichen Nachrichtenbildschirme flimmert. Alleine dafür ist „Couchsurfing in Russland“ schon lesenswert. Und vielleicht findet ja auch der Leser die vielgerühmte russische Seele.

Autor:

Stephan Orth wurde 1979 geboren und arbeitete als Redakteur im Reiseressort bei Spiegel Online. Als Couchsurfer unterwegs, hatte er Besucher aus aller Welt und traf Gastgeber in mehr als dreißig Ländern. Orth ist Autor mehrerer Bücher und Reisereportagen, die mehrfach mit dem Columbus-Preis ausgezeichnet wurden. Für sein letztes Werk wurde er mit dem ITB-Buchaward ausgezeichnet. Er lebt und arbeitet in Hamburg.

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Stephan Orth: Couchsurfing 3 – Couchsurfing in China

Inhalt:

Er reist mit Vorliebe durch Länder mit einem schlechten Ruf: Drei Monate lang erkundet Bestsellerautor Stephan Orth China, um herauszufinden, wie die neue Weltmacht tickt. Er besucht Metropolen, die mit totaler Überwachung experimentieren, und abgeschiedene Dörfer, in denen fürs Willkommensessen der Hund geschlachtet wird. Auf seiner Reise von Couch zu Couch versucht er sich als Wettkampf-Korbflechter, tanzender Englischlehrer und Casino-Glücksritter – und lernt, welche Träume und Ängste die Menschen bewegen. (Klappentext)

Rezension:

In Zeiten, in denen die Menschen immer mehr zusammenwachsen, Grenzen aufgrund der wirtschaftlichen Globalisierung aufweichen und alte Industrienationen zunehmend ins Hintertreffen geraten, kristallisiert sich im fernen Osten eine neue Weltmacht heraus. Das Reich der Mitte, einst billige Werkbank und berüchtigt für Raukopien und Ideenklau, zudem mit Klischees belegt, gibt in Politik und Wirtschaft immer öfter den Ton an und ist in einigen technologischen Bereichen schon heute führend. Der Rest der Welt reibt sich verwundert die Augen, doch wie erleben die Menschen dort den Wandel, der einem kaum Schritt halten lässt? Stephan Orth begab sich auf die Suche nach Antworten und kehrte mit Erkenntnissen und vielen Fragen zurück.

So weit zur Thematik, erzählt der Journalist und Autor in gewohnter Manier von seiner liebsten Form des Reisens. Couchsurfing. Man stelle sein Sofa oder eine andere Schlafmöglichkeit Menschen aus aller Welt zur Verfügung und bekommt im Gegenzug selbige ebenfalls in aller Welt. So erkundete Stephan Orth bereits den Iran und Russland, bekam dabei Perspektiven eröffnet, die normalen Touristen verschlossen bleiben. Wie lebt sich der Alltag abseits der großen und kleinen Plätze, für besucher hergerichtete Sehenswürdigkeiten und wie nehmen vor allem die Einheimischen ihr Land wahr? Ganz Journalist begab sich Orth nun nach China und reiste kreuz und quer durch ein Land voller Kontraste, die größer nirgendwo sonst ausfallen.

„Das wäre wirklich nicht nötig gewesen“, sage ich dann. Nie habe ich diesen Satz so ernst gemeint.

Stephan Orth: Couchsurfing in China

Stephan Orth zu einem seiner Gastgeber, nach der Erwähnung eines besonderen Mahls ihm zu Ehren.

In kurzweiligen Kapiteln, die jeweils nach Reiseetappen und Orten gegliedert sind, schildert er die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten und die Begegnungen mit Menschen, die so unterschiedlich wie vielfältig sind. Die chinesische Polizistin etwa, die die Vorteile einer überwachten Nation sieht, es jedoch mit den Regeln der politischen Indoktrination nicht so genau nimmt, die Künstlerin, die tagtäglich förmlich gezwungen ist, die Grenzen der freiheit bis zur Zensur auszutesten oder Kapitalismus im Kommunismus. Kasinos funktionieren auch im Reich der Mitte.

Mit genauen Blick schildert er Situationen, die man hierzulande nur als Kultrschock bezeichnen kann, aber auch den technologischen Fortschritt, der dort innerhalb weniger Monate Anlauf nimmt, in unsererheimat jedoch schon in der Planungsphase stecken bleibt. Das hat alles Vor- und Nachteile, Kritik bleibt nicht aus, jedoch überwiegt das Staunen, welches Orth immer wieder antreibt, um so den Menschen auf dem Zahn zu fühlen, eine Momentaufnahme dieses Landes zu erhaschen. Das ist nicht vollkommen, ein sehr subjektiver Einblick wird hier gezeigt. Gut möglich, dass ein jeder Andere diese Eindrücke anders werten kann. Das Land ist einfach zu groß, die Gesellschaft zu schnelllebig. Was heute aktuell ist, ist morgen veraltet. Hochspannend ist es allemal.

Stephan Ort ist ins Gelingen verliebt und zeigt die Unterschiede zwischen politischen System und einem Querschnitt der Gesellschaft. Die böse Weltmacht aus den Nachrichten gibt es eben nicht nur, sondern auch Menschen unterschiedlichster Couleur, die ihren Teil dazu beitragen und ansonsten ihren Alltag bewältigen. Selbstbewusst, unsicher, arm oder reich, Anhänger des Systems, Mitläufer oder Andersdenkende. Das Reich der Mitte, so die erkenntnis, ist wandelbar und vielfältig, trotz versuchter Gleichschaltung und allgegenwertiger Kontrolle. Wer aufmerksam liest, bekommt zudem mit, wem genau das Buch gewidmet ist. Alleine dies ist für Europäer schon aufregend genug und muss der Leser selbst herausfinden. Viel Glück.

Autor:

Stephan Orth wurde 1979 geboren und arbeitete als Redakteur im Reiseressort bei Spiegel Online. Als Couchsurfer unterwegs, hatte er Besucher aus aller Welt und traf Gastgeber in mehr als dreißig Ländern. Orth ist Autor mehrerer Bücher und Reisereportagen, die mehrfach mit dem Columbus-Preis ausgezeichnet wurden. Für sein letztes Werk wurde er mit dem ITB-Buchaward ausgezeichnet. Er lebt und arbeitet in Hamburg.

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Stephan Orth: Couchsurfing 4 – Couchsurfing in Saudi-Arabien

Inhalt:

Als Saudi-Arabien erstmals Touristen einreisen lässt, packt Bestsellerautor Stephan Orth sofort sden Rucksack. Von Couch zu Couch erkundet er das Königreich und erhält Einblicke in eine verschlossene Gesellschaft, wie sie bisher keinem westlichen besucher möglich waren. er wird Zeuge eines radikalen Wandels, sieht Frauen Auto fahren und tanzt mit Zehntausenden beim Wüsten-Rave. Doch jenseits der Glitzerwelt gelten drakonische Strafen, und an der Grenze zum Jemen sind die Bomben nicht zu überhören. Stephan Orth berichtet von seiner bisher aufregendsten Reise. (Klappentext)

Bücher der Reihe:

Rezension:

Allgegenwärtig sind sie, die Fotos der Männer, die das Land beherrschen. Beim Betrachten kommen Stephan Orth, dem oft gereisten Journalisten, Zweifel. Ist Herrschern zu trauen, die ihrem Volk nicht direkt in die Augen schauen? Die Blicke des Königs und des Kronprinzen sind immer seitlich von der Kamera gerichtet.

Der Autor hat sich erneut aufgemacht, einen weiteren weißen Fleck von seiner Landkarte zu tilgen und bereist als einer der ersten Touristen überhaupt Saudi-Arabien, welches die Türen erstmals für Privatreisende öffnet und geht so gleich auf die Bewohner des Landes zu. Direkt in ihre Wohnzimmer. Der Kontakt zu den Menschen Saudi-Arabiens erstaunt, begeistert, macht nachdenklich und erweitert den Blick über den Tellerrand.

Wo sonst hat man noch dieses Gefühl, schon am Flughafen in eine völlig fremde Welt einzutauchen und doch beschleicht sie den übermüdenden Reisenden schon beim Betreten fremden Bodens. Saudi-Arabien war für reine touristische Reisen ein bisher weißer Fleck auf den Karten, die Nachrichten, die es aus diesem Land in die westlichen Medien schaffen, zumeist nicht positiv. Nur vorsichtig wird er versucht, dieser Spagat zwischen Mittelalter und Moderne. Die Herrscherfamilie lässt die Bevölkerung ein wenig atmen, um selbst um so fester auf dem Wüstenschiff, aus Öl und Religion gebaut, zu sitzen.

Ansteigende Nummern blinken auf, er hat eine Gebetsapp installiert, das digitale Äquivalent zu einer Gebetskette. Als er das gerät wegpackt, hat er 561 geschafft, als Gesamtzahl wird 29037 angezeigt. Da sage noch mal einer, der Islam sei nicht in der Lage sich zu modernisieren.

Stephan Orth: Couchsurfing in Saudi-Arabien

Stephan Orth begnügt sich nicht damit, vom entfernten Standpunkt des Hotelbuchenden, Kulissen zu betrachten. Als Couchsurfer sucht er den privaten Kontakt, übernachtet in Wohnzimmern und nimmt ein Stück Alltag seiner Gastgeber mit. Die zeigen die Orte und berichten von Änderungen, die sie mal freudig, mal kritisch betrachten. Die Nuancen der Vorsicht, sie entgehen dem Journalisten nicht. Das Land mag einen modernen Anstrich verpasst bekommen, die Herrscher sind absolut und allgegenwärtig.

Von Ort zu Ort nimmt uns der Autor mit auf seine Reise, berichtet vom Frust, wenn mal wieder ein Gastgeber abgesagt hat, was gegen Ende ob des auch Saudi-Arabien sich näherndem Virus‘ häufiger vorkommt, von saudischen Influencern und davon, welche Freiheiten im neuen Wüstenstaat genossen werden können. Vorsichtig, nicht allzu sehr.

„Wenn eine Frau mich respektiert, dann respektiere ich sie auh“, erklärt er mir, was ganz vernünftig klingt, bis ich um eine Präzisierung bitte: „Und wie zeigt eine Frau ihren Respekt?“ „Indem sie das tut, was ich sage.“

Stephan Orth: Couchsurfing in Saudi-Arabien

Kurzweilig lesen sich die einzelnen Kapitel, die nach den jeweiligen Reiseabschnitten. Augenfällig ist Stephan Orths Beobachtungsgabe und sein Blick für Details. Die Bevölkerung hat jahrzehntelang gelernt, Kritik wohldossiert zu formulieren und gut zu verpacken. Der Autor hat gelernt, zwischen den Zeilen zu lesen und nimmt sie auf.

„Falken haben es gut bei uns. Besser als viele Menschen.“, sagt Fahad und lacht kurz über seine Worte. Dann blickt er nachdenklich auf die ordentlich aufgereihten, gepflegten Tiere, deren Augen mit Leder bedeckt sind, damit sie keinen Ärger machen.

Stephan Orth: Couchsurfing in Saudi-Arabien

Ergänzt wird das Werk, wie auch schon die vorangegangenen Reiseberichte, durch Kartenmaterial, einen eindrücklichen Fototeil und hier durch eine kleine bebilderte Vokabelliste. Touristisches Erleben einmal ganz anders, in einem Land, welches mit Touristen noch kaum Erfahrungen hat und die vom Autoren praktizierte Art des Reisens so nicht vorgesehen hat. Die Leserschaft ist eingeladen, dies aus sicherer Distanz zu erleben und, wenn Reisen wieder möglich werden, die Türen selbst einen Spalt zu öffnen.

Autor:

Stephan Orth wurde 1979 in Münster geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Zunächst studierte er Anglistik, Wirtschaftswissenschaften in Wuppertal, anschließend Journalismus in Brisbane, Australien. Von 2007-2008 absolvierte er ein Volontariat bei Spiegel Online und arbeitete anschließend als Redakteur. 2012 begab er sich auf eine Inlandeis-Expedition nach Grönland und veröffentlichte 2015 seinen Reisebericht „Couchsurfing im Iran“. Seit 2016 ist er freiberuflicher Autor. Stephan Orth lebt in Hamburg.

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