Planet

Emilie Aubry/Frank Tetart: Die Welt der Gegenwart

Inhalt:

Vom Ukrainekrieg über den Nahostkonflikt bis zur Krise in der Sahelzone, von der Grenzfrage und der gesellschaftlichen Spaltung in den USA bis zu Chinas Griff nach der Vorherrschaft im Indopazifik – die Macher der ARTE-Sendung „Mit offenen Karten“ Emilie Aubry und Frank Tetart führen uns in ihrem einzigartigen Atlas überall dorthin, wo im 21. Jahrhundert die entscheidenden Konflikte über Land, Ressourcen und die Zukunft der Demokratie stattfinden. Sie durchstreifen die Kontinente und berichten von den wichtigsten geopolitischen Umwälzungen der Gegenwart. (Klappentext)

Rezension:

Die Konfliktlinien unserer Zeit sind so vielfältig wie herausfordernd und vor allem allgegenwärtig. Überall auf unserem Planeten sehen sich wir Menschen damit konfrontiert, egal ob eine politisch heraufbeschworene Krise, bereits lang anhaltende Auseinadersetzung zwischen Interessensgruppen dem zu Grunde liegt oder der Klimawandel die Existenz ganzer Staaten in Frage stellt.

Die Macher der Informationssendung „Mit offenen Karten„, die regelmäßig auf Arte sich geopolitischen Fragen widmet, haben mit „Die Welt der Gegenwart“ eine Übersicht des Ist-Standes rund um den Globus geschaffen. Zwei Jahre später liegt dieser nun seit 2024 in der deutschen Übersetzung vor.

Gerade, wenn es um sehr dynamische Geschehnisse geht, wie sie gegenwärtige Konflikte nun einmal bieten, ist dies herausfordernd und problematisch zugleich, zudem wenn aus einer so komplex vernetzten Welt wie der unseren Beispiele zunächst herausgefildert werden müssen. Eines ist nämlich gleich zu Beginn der Lektüre klar, eine vollständige Übersicht ist nicht möglich, doch Emilie Aubry und Frank Tetart kommen mit ihrer Zusammenstellung einer nach, die umfangreichen Informations- und Erkenntniswert bietet.

Schon der Blick ins Inhaltsverzeichnis offenbart, dass sich die Autoren den herausfordernsten der Konflikte pro Erdteil vorgenommen haben, diese in sehr kompakter Form darzustellen. Nach Kontinenten gegliedert, wird in kompakter Form etwa auf die poltische Änderung an der brasilianischen Staatsspitze eingegangen, ebenso auf deren Auswirkungen im Zusammenhang mit den Abholzungen des dort befindlichen Regenwaldbestandes, das Machtstreben Chinas vor seiner Haustür, welches insbesondere das vorgelagerte Taiwan bedroht, veranschaulicht, ohne die historischen Hintergründe zu vernachlässigen.

Viele der im Buch beschriebenen Konflikte sind nur kurze Zeit auf den Titelseiten der großen Zeitungen und innerhalb der Hauptsendezeiten der Nachrichten zu finden gewesen, schwelen aber weiter, auch wenn das öffentliche Interesse seither abgenommen hat. Die Autoren rufen mit ihrer strukturierten Publikation eben diese wieder in Erinnerung, da die Gegenwart und unserer Umgang mit ihr erheblichen Einfluss darauf hat, was die Zukunft bringen mag.

Dabei werden Aubry und Tetart nicht, informieren nur mit ihrem sehr gut recherchierten Werk, welches zahlreiche geografische Karten beinhaltet, die die einzelnen Konfliktlinien visualisieren, wenn es etwa um die Verteilung von Bodenschätzen geht, Bevölkerungsmehrheiten oder der Sprengkraft des Arabischen Frühlings.

Jedem Abschnitt vorangestellt ist innerhalb der Kapitel die Erläuterung des Konfliktes meist anhand eines beispielgebenden Ortes. So wird etwa sehr kompakt dem Kapitel der politischen Umwälzungen in den USA, vorangestellt, an den 6. Januar 2021 erinnert, als eine Meute angestachelt durch Donald Trump, in der amerikanischen Hauptstadt Washington D.C. das Kapitol stürmte.

Das ist alles, da ausgiebig recherchiert, sehr informativ und verständlich, doch haben an der einen oder anderen Stelle die Ereignisse die Erscheinung der ersten Ausgabe in Frankreich überrollt, so dass aktualisiert werden musste, um dann gleich wieder ins Hintertreffen zu geraten. Der 7. Oktober 2023, als Kämpfer der Hamas nach Israel eindrangen und zahlreiche Menschenleben forderten, ist Bestandteil der vorliegenden Ausgabe. Donald Trump als wiedergewählter Präsident noch nicht. Je nach dem sollte man also zusehen, möglichst die aktuelle Auflage zu erwischen, vorausgesetzt eine Aktualisierung wird fortgeführt.

„Die Welt der Gegenwart – Ein geopolitischer Atlas“, in der Übersetzung von Anna und Wolf Heinrich Leube ist aber auch so die Sammlung erstklassiker journalistischer Informationsvermittlung, die aus der großen Masse an Sensations- und Katastrophenjournalismusartikeln hervorsticht. Ohne das man den Blick auf alle beteiligten Akteure zu verlieren oder einen derer zu vernachlässigen droht.

Alleine um den Blick zu schärfen, lohnt sich die Lektüre, die einem mehr als nachdenklich zurücklassen wird.

Autoren:

Emilie Aubry wurde 1975 in Paris geboren und ist eine französische Journalistin und Moderatorin. Nach ihrem Studium begann sie 2001 beim Fernsehkanal des französischen Parlaments und präsentierte die Fernsehnachrichten. Danach leitete sie mehrere Debatten im Zusammenhang von Vorwahlen. Im Jahr 2007 interviewte sie die französischen Präsidentschaftskandidaten.

Seit 2009 moderierte sie auf Arte das Magazin Global Mag. Weitere Formate folgten, u. a. auch das Literaturmagazin La Cite du Livre. Seit 2017 ist sie Chefredakteurin des Magazins „Mit offenen Karten“, sowie Moderatorin einer Radiosendung auf France Culturel.

Frank Tetart studierte Internationale Beziehungen und promovierte anschließend in Geopolitik. Er war viele Jahre Berater der Sendung „Mit offenen Karten“ und unterichtet an Sekundarschulen, sowie an der Universität Paris 1. Er ist Autor mehrerer Atlanten.

Emilie Aubry/Frank Tetart: Die Welt der Gegenwart Weiterlesen »

Sibylle Berg/Julius Thesing: Mein ziemlich seltsamer Freund Walter

Inhalt:
Lisa ist nicht besonders glücklich. Sie glaubt, sie sei selber schuld daran, dass keiner sie mag. Sie könnte vielleicht einen Außerirdischen als Freund haben. Einen, der freundlicher wäre, als die Menschen um sie herum. An einem Mittwochabend im November landet tatsächlich ein Ufo hinter ihrem Haus. Ein Außerirdischer steigt aus. (Klappentext)

Rezension:

Immer wieder versuchen sich Schreibende abseits ihrer üblichen Pfade, zunehmend auch im deutschsprachigen Raum, wo das Durchbrechen, zumal unter Klarnamen immer noch schwierig zu sein scheint. Warum auch immer? Um so schöner, wenn es denn gelingt, vor allem mit einer Geschichte, an der man alles einfach nur liebhaben mag und man den Machern ihre Begeisterung einfach abnimmt.

Sibylle Berg erzählt im vorliegenden Werk eine Geschichte über Freundschaft und Mut, über Zusammenhalt und davon, dass sich Dinge auch zum Positiven ändern können. Selbst, wenn man nicht mehr daran glaubt. Und vor allem hat sie eine wichtige Botschaft für ein junges Lesepublikum. Auch du kannst Dinge bewirken, ändern und auch, wenn manches trostlos und nicht einfach erscheint, bist du nicht schuld. Etwas, was uns gegenüber Kindern oft genug verloren geht, dies ihnen zu versichern.

Das verpackt sie in eine phantastische Geschichte a la Alf, eines Außerirdischen, nur halt ohne Fell, der in diesem Falle auf der Erde von seiner Reisetruppe praktisch vergessen wird, der auf Lisa trifft, einem kleinen Mädchen, die mit ihrem Interessen und Wissen aneckt, sich täglich vor einer Gruppe Jugendlicher auf den Schulweg ducken muss und Eltern hat, die sich scheinbar nicht wirklich für sie interessieren.

Stoff genug für eine kleine Erzählung, in der der Außerirdische mit seltsamen Namen, der von Lisa der Einfachheit halber Walter genannt wird, ein wirklicher Freund und Helfer ist.

Sybille Berg durchbricht Klischees und zeigt, wie toll moderne Geschichten für Kinder sein können, ohne den erhobenen Zeigefinger stets vor Augen zu haben und doch augenöffnend zu sein. Eine Geschichte, deren beider Hauptcharaktere man einfach liebgewinnen muss, zudem wunderbar visualisiert.

Die witzigen comichaften Illustrationen von Julius Thesing durchbrechen den Text und lockern auf. Fast fühlt man sich da an „Gregs Tagebuch“ erinnert, nur ist diese Erzählung noch mehr zum Zusammenlesen oder gar erstes Selbstlesen geeignet. Für die Zielgruppe sicher genau die richtige Mischung und der einen oder anderen Frage, die sich manches Kind stellen dürfte.

Es ist nichts negatives hier dran zu entdecken, viel mehr wünscht man sich von mehr Schreibenden den Sprung ins kalte Wasser mit Geschichten für die ehrlichste Zielgruppe, die es gibt. Sibylle Berg ist dies gelungen. Und wer weiß schon, vielleicht besucht gerade irgendwo ein Außerirdischer die Erde und hilft einem Kind, an sich zu glauben und über sich hinaus zu wachsen.

Autorin:
Sybille Berg wurde 1962 in Weimar geboren und ist eine deutsch-schweizerische Schriftstellerin. Sie veröffentlichte über 30 Theaterstücke und 18 Romane, zahlreiche Anthologien und Hörspiele. Ihre Arbeit wurde in über dreißig Sprachen übersetzt. Für ihren Roman „GRM – Brainfuck“ erhielt sie den Schweizer Buchpreis, sowie für ihr Werk 2020 den Grand Prix Literatur. 2024 wurde sie in das EU-Parlament gewählt.

Illustrationen:
Julius Thesing, 1990 geboren, hat an der Münster School of Design Illustration studiert. 2020 schloss er sein Bachelor-Studium mit seinem viel beachteten Comicroman-Debüt »You Don’t Look Gay« ab. Er arbeitet als festangestellter Designer und freiberuflicher Illustrator in Münster.

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Sibylle Berg/Julius Thesing: Mein ziemlich seltsamer Freund Walter Weiterlesen »

Anthony Bale: Reisen im Mittelalter

Inhalt:

Ob Pilgerinnen oder Kaufleute, Ritter, Mönche oder Spione – die Leidenschaft für das Reisen packte die Menschen bereits im Mittelalter. Getrieben von Fernweh und Abenteuerlust die einen, auf der Suche nach religiöser Erleuchtung oder Ruhm auf dem Kreuzzug die anderen. Für alle war der Weg lang und gefährlich, gute Vorbereitung und Reiseführer mit Tipps für Rast und Übernachtung und Hinweisen auf Gefahren waren unerlässlich.

Anthony Bale nimmt uns mit auf eine Reise nach Nürnberg und Aachen, nach Paris und Rom, in das von Touristen bevölkerte Venedig und nach Rhodos. Wir erkunden Konstantinopel und Jerusalem und gelangen bis in die sagenhaften Länder der Amazonen, Riesen und Fabelwesen, nach China, Äthiopien und Indien. Ein farbiges Panorama der mittelalterlichen Welt, gesehen durch die Augen derer, die sie bereisten. (Klappentext)

Rezension:

Als Martin Behaim, Kaufmann und Seefahrer, einen der ersten europäischen Versuche präsentierte, die ganze Welt auf einem physischen Globus darzustellen, war dieser bereits überholt, doch konnte sich damit Nürnberg als prosperierender Handelsplatz präsentieren. Heute noch erhalten und im Germanischen Nationalmuseum von Nürnberg zu besichtigen, zeigt der Globus uns die mittelalterliche Welt als Produkt dieser besonderen Konstellation von Zeit und Ort. Ein Blick darauf offenbart die Sicht auf die Welt, in der die Menschen schon damals im regen Austausch zueinander standen. Der Historiker Anthony Bale folgt ihren Spuren und nimmt uns mit auf eine ebenso spannende, wie abenteuerliche Zeitreise.

Entlang historischer Reiseberichte entfaltet der Autor eine Welt, in der Reisen noch mit Abenteuer verbunden, dennoch nicht weniger durchorganisiert war, als heute. Auf unterschiedlichen Pfaden und Handelsrouten begegnen wir dabei Menschen, die Handel trieben und zu einer der ersten Vernetzungen der Welt beitrugen, Pilger, Missionare, Ritter und Kämpfer für ihren Glauben und entdecken die ersten Touristen, die nur für sich selbst unterwegs waren und dabei auf allerhand Erstaunliches stießen.

Damals, so erfahren wir, in den nach Routen und Zielen unterteilten Kapiteln, war Reisen mit zahlreichen Schwierig- und Unwägbarkeiten verbunden. So konnte eine Flaute auf See die Menschen zum Innehalten zwingen, Brief und Siegel eines Königs jedoch dabei helfen, Grenzen zu überwinden. Der Historiker zeigt anhand zahlreicher Beispiele die sich verändernden Sichtweisen Fremder auf Gegenden und Orte, die sie bereisten, aber auch, dass Reiseberichte von damals immer eine Mischung aus Wahrheit und Fiktion, sowie politischer und religiöser Standpunkte waren.

Anhand gleichsam philosophischer Überlegungen erläutert Bale Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Reiseetappen damals und heute. Warum reisen wir? Was macht dies mit uns? Welche Ziele haben wir? Was bleibt nach der Reise selbst? Die Gedanken dazu bilden das tragende Konstrukt nebst zahlreicher historischer Überlieferungen für dieses spannende Sachbuch, welches zudem nicht nur die Sichtweise damaliger Reisenden erläutert, sondern auch jener, die sie besuchten. Dabei bleibt Bale nicht eurozentrisch verhaftet, erläutert auch das Unterwegssein aus anderen Teilen der Welt heraus.

Spannend vermischen sich historische Reiseberichte, philosophische Überlegungen, die ergänzt werden mit einer ausführlichen Quellenangabe und Personenregister zu einem bunten Portrait des Unterwegssein in damaliger Zeit. Auf den Spuren von venezianischen Kaufleuten wie Marco Polo, ehrwürdigen Mönchen und doch zahlreichen Frauen wie Margery Kempe, für die das Reisen noch ganz andere Herausforderungen bereithielt, bewegt sich dieses kurzweilige Sachbuch, welches sprachlich schön, sowohl von an der Historie als auch am philosophischen Aspekt des Reisens Interessierten gelesen werden kann.

Autor:

Anthony Bale wurde 1975 geboren und ist ein britischer Historiker. Er lehrt Mittelalterstudien am Birkbeck College der University of London und erhielt 2011 den Philip Leverhulme Prize für herausragende junge Wissenschaftler. 2019 war er Fellow der Harvard University. Für sein Buch ist er den Routen mittelalterlicher Globetrotter gefolgt.

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Anthony Bale: Reisen im Mittelalter Weiterlesen »

Lisa Kaltenegger: Sind wir allein im Universum?

Inhalt:

Haben Sie gewusst, dass es in unserer Galaxie Milliarden potenziell lebensfreundliche Planeten gibt? Die Wissenschaft ist näher dran als je zuvor, das Rätsel um Leben im All zu lösen. Lisa Kaltenegger, die international gefragte Astrophysikerin und Astronomin aus Österreich, begibt sich in diesem Buch auf Spurensuche nach Super-Erden, Felsplaneten und Habitablen Zonen. Sie präsentiert Ergebnisse aktueller Forschung auf unterhaltsame Weise und erklärt, unter welchen Umständen außerirdisches Leben möglich ist. (Klappentext)

Rezension:

Unendliche Weiten, faszinierende Tiefen. Der Blick ins All vermag zu faszinieren. Mit immer größeren Teleskopen gelingen immer detailreichere Einblicke und atemraubende Entdeckungen. Viele Geheimnisse des Weltraums beginnen wir gerade erst zu entschlüsseln. Die Antwort auf die spannendste Frage jedoch, die zum ersten Mal vor mehr als eintausend Jahren dokumentiert wurde, steht noch aus. Sind wir allein im Universum? Gibt es Leben außerhalb der Erde? Der beste Beweis für Leben im All sind schließlich wir. Grund genug für die österreichische Astrophysikerin Lisa Kaltenegger, sich auf Spurensuche zu begeben. Von dieser erzählt sie in ihrem nun aktualisiert vorliegenden und vielschichtigen Sachbuch.

Und sie beginnt vor unserer eigenen Haustür, mit der Entstehung unseres Sonnensystems und der Erde, die als Vergleichsmaterial für ernsthafte Forschungen dienen, fernab aller Verschwörungstheorien. Dabei kommt unser Platz im Weltall zur Sprache, ebenso die Rolle von Licht und die Kategorisierung von Planeten, welche zusammen die Faktoren festlegen, nachdem eine Suche nach wie auch immer gearteten Leben überhaupt beginnen kann.

Hoch komplexe Themen erläutert die Autorin sehr anschaulich, so dass dies auch ohne Vorwissen zu begreifen ist, immer wieder aufgelockert durch beinahe comichafte, jedoch dadurch leichtgängige, die Sachverhalte verdeutlichende Zeichnungen. Vom Kleinen angefangen wagt sich die Autorin dabei mit uns Lesenden immer weiter in das Weltall hervor und zeigt, wie dieses Wissen den Wissenschaftler:innen heute hilft, Suchmethoden nach Planeten zu entwickeln und anzuwenden, auf denen Leben möglich sein könnte.

Wie diese funktionieren wird danach ebenfalls erläutert, bevor danach der Themenkomplex eröffnet wird, wie Leben überhaupt beginnen kann und welche Welten die Forschung bisher ins Auge hat fassen können. Entgegen der hoch komplexen Inhalte, sind die Kapitel sehr kurzweilig und kompakt aufgemacht, ohne wichtige Faktoren dieser hochspannenden Suche zu unterschlagen. Lisa Kaltenegger ist es gelungen, nicht allzu viel Fachsprache zu verwenden, ihre Leserschaft dennoch ernst zunehmen.

So wird der neueste Stand der Forschung auch Laien verständlich gemacht, im inneren des Buchrückens findet sich zudem eine der Thematik zu Grunde liegenden Sternenkarte und illustriert die bisherigen Forschungsergebnisse. Rundum ein gelungenes Sachbuch, welches allen Sternen-Fans zu empfehlen ist, die eine Aneinanderreihung von Fakten zugänglich aufbereitet vorfinden werden, ohne ins allzu Trockene abzurutschen oder schlimmer, von einem Schwarzen Loch verschlungen zu werden. Abzüge in der B-Note bringt allerhöchstens das Lektorat, welches den einen oder anderen Tippfehler übersehen hat. Eventuell werden diese jedoch bis zur nächsten Auflage entdeckt, genau so wie Lisa Kaltenegger und ihrem Team noch die Entdeckung vieler möglicher Erden zu wünschen ist.

Autorin:

Lisa Kaltenegger wurde 1977 in Kuchl bei Salzburg geboren und ist eine österreichische Astronomin und Astrophysikerin. Ihr Forschungsgebiet ist die Entdeckung von Exoplaneten, Exomonden und Supererden. Zunächst studierte sie u. a. Technische Physik, Astronomie und Japanisch, arbeitete als Übersetzung, bevor sie das Studium der Astronomie mit Diplom abschloss. 2002 schloss sie ebenfalls das Studium der Technischen Physik mit Spezialisierung auf Biophysik und Biomedizin ab, bevor sie 2004 in Graz promovierte.

Kaltenegger arbeitete zunächst für die Europäische Weltraumorganisation ESA, bevor sie an die Harvard University wechselte und war zudem an verschiedenen Instituten als wissenschaftliche Mitarbeiterin oder Leiterin tätig. Seit 2009 arbeitet sie für die NASA und ist außerdem außerordentliche Professorin an der Cornell University. Sie ist Mitgründerin des dortigen Carl Sagan Institute. Lisa Kaltenegger beschäftigt sich mit der Modellierung und Charakterisierung von Atmosphären um erdähnliche Planeten und deren Wechselwirkungen mit der Planetenoberfläche und war an der Entdeckung mehrerer Planeten beteiligt, die sich in der habitablen Zone befinden.

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Lisa Kaltenegger: Sind wir allein im Universum? Weiterlesen »

Christian Linker: Boy from Mars

Inhalt:

Im Jahr 2099 lebt der dreizehnjährige Jonto mit seinem Großvater auf dem Mars. Als Opa Ben stirbt, muss Jonto sich auf den Weg zur Erde machen, zu seiner Mutter, die er seit zwölf Jahren nicht gesehen hat. Im Gepäck hat er das Tagebuch seines Opas voll rätselhafter Andeutungen auf eine spektakuläre Erfindung. Angeblich soll es eine Superwaffe zum Schutz des Klimas sein. Neugierig begeben Jonto und seine neuen Freunde sich auf die Suche danach. Doch sie sind nicht die Einzigen, die Interesse am Supergenerator haben … (Klappentext)

Rezension:

Das vorliegende Jugendbuch von des deutschen Autoren Christian Linker entführt uns in eine nicht allzu ferne Zukunft. Im Jahr 2099 leben Menschen nicht nur auf der Erde, auch der rote Planet ist besiedelt. In Kolonien auf den Mars leben die Pioniere und bauen dort eine neue Gesellschaft auf, nachdem die Zurückgebliebenen dabei sind, die Folgen der gerade erst beendeten Klimakriege zu überwinden. Jonto kennt kein anderes Leben als unter den Kuppeln der Marskolonien. Der Dreizehnjährige liebt seinen Großvater, mit dem er Wanderungen auf den Kratern des Planeten unternimmt und den populären Sport Gravity Dunk.

Doch als sein Opa stirbt, muss er zurück, zu seiner Mutter, die er, wie auch den Planeten Erde, nur von Bildern kennt, ohne zu ahnen, dass das größte Abenteuer ihn noch bevorsteht. Eines, welches das Leben aller verändern könnte.

In einer Mischung aus moderner Zukunftsvision und Abenteuerroman folgen wir den jungen Protagonisten Jonto auf seiner Reise zur Erde, die dort in ein rasantes Abenteuer mündet. Der Dreizehnjährige hadert dabei zunächst mit sich selbst und den Gegebenheiten, denen er zunächst nichts entgegensetzen kann und gibt damit eine perfekte Identifikationsfigur ab, wie auch die Erzählung selbst aus eine Aneinanderreihung vieler Punkte besteht, die Jugendliche beschäftigen. Der Schriftsteller Christian Linker hat damit eine interessante Mischung geschaffen, sowohl die Konfrontation mit der harten Realität der Welt der Erwachsenen darzustellen, als auch die Ängste und Befürchtungen der jungen Generation in Bezug auf Klimaveränderungen und dem Leben in der Zukunft aufzunehmen.

Ohne unlogische Brüche funktioniert die Erzählung, derer wir in kompakten Kapiteln folgen, die Vision eines Autoren, der ein Szenario erschaffen hat, dem man gerne folgen möchte, zudem immer auch ein Hauch optimistischen Untertons mitschwingt. Dazu tragen die Figuren bei, deren Weg und Handlung nachvollziehbar gestaltet ist, welche schnell Konturen bekommen. Hier ist klar, wer Sympathieträger ist. Positiv ist aber zu erwähnen, dass auch die Gründe für das Handeln der Antagonisten glaubwürdig dargestellt werden. Das erzeugt einen Sog, den man sich nicht entziehen kann. Die Ausgestaltung dieser Welt, sowohl des roten als auch des blauen Planeten, wirkt mit jeder einzelnen Zeile.

Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht des Hauptprotagonisten, der erkennen muss, dass die Zukunft der Menschen in der Vergangenheit zu suchen ist und dabei mehr als einmal vor schwierigen Entscheidungen gestellt wird, die zu groß wirken für einen Dreizehnjährigen, selbst wenn einem eine Digi-Linse zum Durchblick verhilft. Linker hat seine Figur mit Ecken, Kanten, der rastlosigkeit und gelegentlichen Stimmungsschwankungen versehen, auch das macht Jonto zu einem glaubwürdigen Protagonisten.

Der Roman wirkt in sich schlüssig, die Welt greifbar. Linkers Stärken liegen nicht nur in der Ausgestaltung seiner Figuren, auch Landschaftsbeschreibungen erzielen ihre Wirkung. Actionreiche Szenen fühlen sich beim Lesen an, einstweilen wie im Film, trotzdem gibt es in „Boy from Mars“, auch sehr ruhige, einfühlsame Momente, die die Erzählung komplettieren.

Christian Linker hat mit diesen Roman für Jugendliche einen spannenden Einstieg in die Welt der Dystopien geschaffen, zugleich Ankerpunkte zu so vielen anderen Genres und einen sympathischen Protagonisten, dessen Weg mit seinen Freunden in diesem wirklich gut ausgestalteten Stand Alone man gerne verfolgt. Und vielleicht muss sich eines Tages wirklich ein Junge auf den Weg vom Mars zur Erde machen und dabei alles verändern.

Autor:

Christian Linker wurde 1975 in Leverkusen geboren und ist ein deutscher Jugendbuchautor. Zunächst studierte er Theologie in Bonn und arbeitete freiberuflich als PR-Redakteur und als Bildungsreferent in der außerschulischen Jugendbildung. Einige Jahre war er in Köln als hauptamtlicher Diözesanvorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend tätig. Sein erstes Buch erschien 1999. Sein Roman „RaumZeit“ wurde 2003 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Die Bücher wurden teilweise für das Theater adaptiert. Es folgte 2018 der Jugendbuchpreis Goldene Leslie.

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Christian Linker: Boy from Mars Weiterlesen »

Empfehlung: Ozeane – Die große Bild-Enzyklopädie

Seit jeher sind wir Menschen fasziniert von den Meeren, deren Kräfte wir fürchten und im Laufe der Geschichte gelernt haben, für uns zu nutzen. Ob als Rohstoff- oder Nahrungslieferant, zur Energieerzeugung, die Ozeane als Bestandteil des Wasserkreislaufs sind die Grundlage allen Lebens. Hier entstand es, bevor es den Sprung an Land wagen konnte. Ein Blick unter die Oberfläche offenbart dabei noch immer erstaunliches. Der Großteil der Ozeane ist weitgehend unerforscht, doch lasst uns faszinierende Lebewesen am Rande brodelnder Unterwasservulkane entdecken, Räuber, die in den dunklen Weiten der Tiefsee mit Leuchten Partner sowie Beute anlocken, Haie, die des Nachts durch Riffe streifen. Unsere Ozeane sind voll mit Superlativen, hier lebt das älteste Tier der Welt, hier das größte Säugetier unseres Planeten.

Von der faszinierenden Welt der Korallenriffe bis zum Leben an den Polarmeeren. Steckbriefe erklären sowohl biologische als auch geografische Gegebenheiten.
(Quelle: Dorling Kindersley)

Für diese vorliegenden Enzyklopädie wurden nun die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse bildgewaltig aufbereitet. Niemand geringeres als Fabien Cousteau, der Enkel des berühmten Tiefseeforschers führt uns in die Welt des Wassers ein, deren Grundlagen und Zusammenhänge verständlich und anschaulich erklärt werden. Aktuelles Wissen gepaart mit historischen Fakten, zahlreichen Grafiken und über 2000 Fotografien und ein umfangreicher Kartenteil eröffnen uns Einblicke in diesen faszinierenden Naturraum, machen uns dessen Kräfte und Gegebenheiten verständig. Seite für Seite lernen wir zudem ihre faszinierenden Bewohner kennen, deren Vielfalt und Schönheit, jedoch auch wie fragil deren Welt inzwischen geworden ist, durch unseren Rohstoff- und Energiehunger, unseren Müll und der durch unserer Lebensweise beeinflussten Änderung des Klimas.

Großformatig und qualitativ hochwertig ist dies ein umfangreiches Nachschlagewerk, welches Groß und Klein zum Stöbern und darin versinken einlädt. Umfassende Informationsbreite und tiefe Sachkenntnis werden anschaulich vermittelt. Hier werden alle, je nach Interesse, neues Wissen daraus ziehen und anderes vertiefen können. Nicht nur das rechtfertigt den Preis, haben die Autor:innen und beteiligten Wissenschaftler:innen verschiedenster Fachgebiete dazu beigetragen, dass von der Qualität und Wirkung mehr ist als eine bloße BBC-Dokumentation in Papierform vorliegt, sondern ein Grundlagenwerk, welches seines Gleichen sucht. In sofern möchte ich hier nicht werten, fünf Sterne sind hier zu wenig, was ja ohnehin für die meisten Werke dieser Art gilt, sondern nur empfehlen. Ein Blick hinein genügt, um zu wissen, warum.

Pflanzen und Tiere in und am Rande der Ozeane, ausführliche Erklärungen und umfangreiches Kartenmaterial zum Überblick. (Quelle: Dorling Kindersley)

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Empfehlung: Ozeane – Die große Bild-Enzyklopädie Weiterlesen »

Empfehlung: Bill Nye (u. a.) – Das Universum

Lonely Planet macht am Horizont nicht Halt und legt den ersten und einzigen Reiseführer für das Universum vor, basierend auf aktuellen Daten der NASA. Er führt hinaus zu den Planeten des Sonnensystems und dann vorbei an Exoplaneten, neugeborenen Sternen, Überbleibseln von Supernovas, Superclustern und anderen Phänomenen bis an den Rand des beobachtbaren Universums. (Klappentext)

Diesen sehr speziellen Reiseführer möchte ich euch nicht vorenthalten und einmal außerhalb der Wertung vorstellen. Wo gibt es das schon? Einen Reiseführer quer durchs Universum, der uns über unser Sonnensystem hinaus in unendliche Weiten führt. Ich jedenfalls, kenne nichts vergleichbares. Natürlich gibt es Lexika, Nachschlage- und Übersichtswerke, sicher auch sehr gute Fachliteratur für jene, die sich damit etwas näher und professioneller beschäftigen möchten, aber ein Werk, was für fachlich Versierte ebenso wie für Laien interessant ist, welches sich hintereinander weg oder wie ein Lexikon lesen lässt, mit dieser Thematik, habe ich so noch nicht gesehen. Reich bebildert, kenntnisreich ist dieses Werk wie alle Reiseführer des Verlags aufgebaut, wenn auch sehr umfangreich, so doch leicht zu lesen. Es wundert mich eigentlich, dass der Reiseführer nicht auf der Website des Verlags zu finden ist (oder sich von mir nicht finden lässt, was es wahrscheinlich eher trifft). Auch Fachbegriffe (Was ist eine Astronomische Einheit?) werden verständlich erklärt.

Leider habe ich keine Verlagsbilder auf den entsprechenden Seiten gefunden, um euch hinein schauen zu lassen, also kann ich euch nur bitten, einmal selbst in diesen Reiseführer zu schauen, wenn der euch über den Weg läuft und ihr ihn in eurer Buchhandlung findet. Es lohnt sich auf alle Fälle.

Der virtuelle Spendenhut

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann freue ich mich über eine virtuelle Spende. Vielen lieben Dank.

Empfehlung: Bill Nye (u. a.) – Das Universum Weiterlesen »

Richard Powers: Erstaunen

Inhalt:
Wie kann eine Familie in einer unberechenbaren Welt überleben?

Vater und Sohn allein: Der hochbegabte Robbie mit Asperger-Zügen kann den Tod der Mutter nicht verwinden. In der Schule unverstanden, will er die Mission seiner Mutter vollenden: Er malt Plakate und demonstriert auf den Stufen des Kapitols, um die Natur zu retten.

Der verzweifelte junge Vater will ihm mit ungestümer Liebe alles geben. Als Astrobiologe sind ihm die Sterne nah, und auf Wanderungen entdecken sie, dass die Wunder vor ihren Füßen liegen und sie einander brauchen. Doch was geschieht, wenn die Welt schneller endet, als unsere Zukunft beginnt? (Klappentext)

Rezension:

Gleich zu Beginn ist die Verzweiflung zu spüren, die dem Protagonisten zu schaffen macht, beschäftigt sich der Wissenschaftler Theo mit nichts weniger als der Frage nach der Entstehung des Lebens in den unendlichen Weiten des Alls. Mit seinem Team entwickelt er Modelle um sich dem Unbegreiflichen zu nähern und scheitert doch schon im Kleinen, in seinen eigenen vier Wänden.

Dort, zu Hause, bringt ihn sein neunjähriger Sohn an Grenzen. Robbie ist anders als Kinder seines Alters, begreift schneller, hoch intelligent, unverstanden von einem System, in das er sich nicht einordnen lässt, traumatisiert vom frühen Tod seiner Mutter.

Das Leben der beiden nun auf sich Gestellten ist in eine Sackgasse geraten. Nur Wanderungen in der Natur und gedankliche Reisen auf die Planetenmodelle Theos helfen, dem Alltag zu bewältigen, während sie dem Abgrund auf Erden immer näher kommen.

Richard Powers stellt die großen Fragen. Wie auch sein Kollege Jonathan Safran Foer legt er die Finger in die offenen Wunden Amerikas und zeigt die Spaltung Amerikas anhand der Themen auf, denen wir uns alle stellen müssen.

Welche Welt wollen wir unseren Kindern und Kindeskindern hinterlassen? Gibt es eine Zukunft oder müssen wir uns dem Unvermeidlichen fügen? Sollten wir nicht einmal den vermeintlich Schwächsten unsere Aufmerksamkeit schenken, denen zuhören, die sich nicht in einem System einfügen können oder es wollen?

„Dad. Ich enwickle mich zurück. Das spüre ich.“

Richard Powers: Erstaunen

Verpackt wird dies in einem dicht geschriebenen Roman, der nur oberflächlich eine durch Gedankenspiele aufgelockerte Erzählung ist, eine Coming-of-Age-Geschichte, zugleich eine, in der der Vater bereit ist, alles für seinen unverstandenen Sohn zu geben, ohne ihn selbst wirklich begreifen zu können.

Es ist auch zugleich ein Zustandsbericht Amerikas, dessen Gräben schier unüberwindbar scheinen, zwischen Ideologie und Vernunft, Kurzsichtigkeit und langfristigen Denken.

Der Autor lehnt seine Protagonisten an reale Personen an, ohne sie konkret zu benennen, doch weiß jeder mit dem Lesen der ersten Zeilen, wer wann gemeint ist, wer die Vorbilder für den tönenden Politiker darstellt oder der Jugendlichen, die zum Gesicht des Kampfes um die Zukunft für ihre Generation wird.

Kapitelweise reiht Powers die großen Fragen unserer Zeit aneinander, lässt die klare Sicht des Kindes mit der der Erwachsenen aneinander prallen, bringt jeden Hoffnungsschimmer zum Verglühen, gleichsam den sterbenden Sternen im Weltall.

„Dad, ich vermassle dir dein ganzes Leben.“

Richard Powers: Erstaunen

Kunstvoll verwebt er Gesellschaftskritik mit Darstellungen der Wissenschaft und politischem Zeitgeschehen, positioniert sich dabei so klar, dass sofort ersichtlich ist, wer die Leserschaft in seinem Heimatland sein wird, wen er, wenn überhaupt nur oberflächlich erreichen wird.

Hierzulande ist „Erstaunen“ eine vielschichtige Geschichte voller Hoffnung, viel mehr Verzweiflung, Tragik und der Bitte, wenigstens es zu versuchen, zu verstehen, was schier unbegreiflich scheint.

Glaubwürdig erscheinen dabei die handelnden Protagonisten, der Wissenschaftler, der um den Erhalt seines Projektes kämpfen muss, gleichzeitig den Spagat zwischen beruflichem Erfolg und privaten Leben versucht, der Sohn, der begreift, dass er anders ist als der Schnitt seiner Altersgenossen und zugleich erste vorpubertäre Konflikte austrägt und eine Gesellschaft, die an die Grenzen dessen gerät, was den Kitt zusammenhält, wobei auch der Autor nicht umhin kann, eine zu sehr amerikanische Sichtweise durchscheinen zu lassen.

Sprachlich ist das nicht immer der große Wurf, doch Powers schafft es, seine Leserschaft versinken zu lassen, gleichwohl dazu anzuraten ist, dies sich nicht unbedingt zu Gemüte zu führen, wenn man sich selbst in einem tieferen Loch befindet.

Autor:

Richard Powers wurde 1957 geboren und ist ein US-amerikanischer Schriftsteller. Zunächst studierte er Physik, wechselte dann zu Literaturwissenschaften, um anschließend als Programmierer zu arbeiten. Im Jahr 1985 veröffentlichte er seinen ersten Roman, nahm später eine Lehrtätigkeit an der University of Illinois at Urbana-Champaign an und schrieb an weiteren Werken, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde.

2019 wurde „Die Wurzeln des Lebens“ zum Wissensbuch des Jahres ausgezeichnet. Zehn Jahre zuvor hatte er eine Gastprofessur an der Freien Universität zu Berlin inne. Kennzeichen seiner Werke sind die Verarbeitung naturwissenschaftlicher und philosophischer Themen. Powers lebt in den USA.

Richard Powers: Erstaunen Weiterlesen »

Alastair Bonnett: Die allerseltsamsten Orte der Welt

Die allerseltsamsten Orte der Welt Book Cover
Die allerseltsamsten Orte der Welt Alastair Bonnett C.H. Beck Verlag Erschienen am: 14.02.2019 Seiten: 268 ISBN: 978-3-406-73441-0 Übersetzer: Andreas Wirthensohn

Inhalt:

Eines haben die sehr verschiedenen Orte, von denen Alastair Bonnett in seinem neuen Buch berichtet, gemeinsam: Sie lassen uns darüber staunen, welche Geheimnisse in unserer durchkartierten Welt noch zu entdecken sind.

In der Arktis gibt das zurückweichende Eis nie von Menschen betretene Inseln frei, der Likouala-Sumpf im Kongo wartet bis heute auf eine geographische Erfassung, Städte wie Hongkong oder Sao Paulo verlieren buchstäblich ihre Bodenhaftung. Doch das Allersonderbarste, so die feste Überzeugung des Autors, ist fast immer vor der eigenen Haustür zu finden. (Klappentext)

Rezension:

Kaum mehr weiße Flecken gibt es auf unseren Welt. Sämtliche Gegebenheiten werden von Satelliten erfasst und von jedem Ort der Welt können die Menschen in die Ferne schweifen, ohne das heimische Wohnzimmer verlassen zu müssen. Was mit Flugzeug oder Schiff erreichbar ist, zu Fuß erkundet werden kann, liegt nahe. Nicht-Orte, so scheint es auf den ersten Blick, gibt es nicht mehr. Die zeit der großen und kleinen Entdeckungen und damit verbundenen Abenteuer ist vorbei.

Auf den zweiten Blick aber, kann man sich jederzeit und überall vom Gegenteil überzeugen. Alöastair Bonnett, der schon für sein erstes Buch die grenzen des geographischen Raumes erkundet und erweitert hat, begab sich erneut auf Spurensuche, weltweit. Er erkundet erschreckende Utopien und begibt sich auf die Suche nach Geisterstraßen, die nur auf Stadtplänen zu finden sind, nicht aber in der Realität.

Inseln, die auftauchen und wieder verschwinden, besucht er ebenso, wie Städte, deren Oberschichten sich neue Ebenen abseits des Straßenpflasters erschließen. Fußgängerbrücken als gescheiterte architektonische Projekte werden in Augenschein genommen, sowie gewollte Nicht-Orte, die das Entsetzen der Bevölkerung hervorrufen.

In kurzweiligen Kapiteln erläutert der Autor seine Faszination für das Nahbare und Augenscheinliche, lässt den Leser fortan mit einem genaueren Blick auf seine Umgebung zurück. Geografie ist längst nicht nur der faltbare Stadtplan, sondern ein spannender Blickwinkel, aus dem sich Orte betrachten und einordnen lassen. Bonnet wagt den Versuch, Probleme aufzuzeigen, Chancen zu sehen und sieht das Besondere im Selbstverständlichen.

Eine große Stärke dieses kleinen Sachbuches, welches sich sowohl in einem Rutsch, trotz einiger Längen, als auch häppchenweise lesen lässt. Und vielleicht sucht man bei seinem nächsten Städtetrip, auch vor der eigenen Haustür geht das, so der Autor, nach diesen und anderen, dann gar nicht mehr so seltsamen Orten und erschließt sich so seine ganz eigene Landkarte. Die gilt es schließlich zu füllen. Weiße Flecken aber, dies macht der Autor uns bewusst, werden bleiben. Ohne sie wäre die Welt jedoch nur halb so interessant.

Autor:

Alastair Bonnett ist Professor of Social Geography an der Universität Newcastle uund Autor zahlreicher wissenschaftlicher Werke und Herausgeber der psychogeographischen Zeitschrift „Transgressions: A Journal of Urban Exploration“. Er lebt in Newcastle upon Tyne in England.

Alastair Bonnett: Die allerseltsamsten Orte der Welt Weiterlesen »