Illustration

Marie Parakenings: Berliner Tiere

Inhalt:
Neben aktuell 104.757 Hunden und 3,63 Millionen Menschen leben in Berlin auch rund 20.000 Wildtierarten – Arten, wohlgemerkt, nicht Exemplare! Ganz genau zählen konnte nämlich noch niemand so richtig. Fakt ist aber, dass sich nicht nur die menschlichen Bewohner*innen an die Lebensbedingungen der Hauptstadt angepasst haben. Vom Spatz, der sein Nest mit Zugarettenstummeln polstert, zur Bahnhofsmaus, deren Verdauungssystem sich an Dönerfleisch angepasst hat… Es gibt einfach tierisch viel zu entdecken in einer Stadt wie Berlin. (Klappentext)

Rezension:
In einer der grünsten Hauptstädte Europas tobt das Leben und zieht jedes Jahr mehr und mehr Menschen an. Doch nicht nur die werden in Berlin heimisch, auch viele Säugetiere, Vögel und Insekten haben sich inzwischen an das Großstadgewusel angepasst. Andere, ebenfalls eine Komponente zu uns Zweibeinern, kämpfen dagegen mit Lärm, Verkehr, Abfall oder den Auswüchsen der menschlichen Bauwut. Doch wer lebt alles zwischen Tempelhofer Feld und dem Betriebsgelände Südbahnhof, Wannsee und Tiergarten, Alexanderplatz und Regierungsviertel?

Welche Szenen spielen sich da tagtäglich beinahe unbemerkt von uns ab? Und welche Strategien haben unsere tierischen Mitbewohner entwickelt, um zwischen U-Bahngleisen, Verkehr und historischen, wie modernen Gebäuden zu überleben? Die Gestalterin und Illustratorin Marie Parakenings hat sich ihrer Heimatstadt angenommen und führt uns durch den Großstadtdschungel.

Dabei ist von Beginn an klar. Eine solche Zusammenstellung kann nur unvollständig sein und eine subjektive Auswahl. Zu viel gibt es einfach zu entdecken, wenn man mit offenen Augen und einer gewissen Neugier durch die Straßen geht. Dennoch wird nach Art eines Lexikons auf die Fauna Berlins eingegangen, die überraschend vielfältig ist. Von bekannten Bewohnern wie Waschbär und Wildschwein ist da die Rede, von Singvögel, deren Rufe lauter sind als die ihrer in der Wildnis lebenden Verwandten, um im Menschenlärm bestehen zu können, aber auch von Gelbwangenschildkröte und Goldfisch, deren erste Exemplare ehemalige Haustiere gewesen sein dürften.

Eine Doppelseite bleibt da für jeden Vertreter seiner Art, welcher mit einer wunderschönen Illustration vorgestellt wird und einem zahlenmäßigen Faktum, bei dem einem teilweise so ganz anders wird. 275 Kilogramm Taubenkacke z. B. regnet es täglich in Berlin und Nebelkrähen richteten 2014 am Berliner Hauptbahnhof Schäden im Wert von 11.000 Euro an. Aus Langeweile. Abgerundet wird die Erläuterung dieser Anekdoten im Anschluss mit stichpunktartigen Fakten und einem kleinen Tierknigge, Hinweise für Naturbanausen und Stadtkinder.

Der etwas flapsige Ton, der im Buch angeschlagen wird, passt dabei ganz gut zum Gehabe der menschlichen Bewohner, wirkt beim Lesen jedoch stellenweise etwas fehl am Platz. Ansonsten hat man hier jedoch ein amüsantes Nachschlagewerk, dessen Inhalte sich hintereinander weg lesen lassen oder einfach häppchenweise zwischendurch. Danach sieht man Fuchs und Co. mit anderen Augen und geht vielleicht etwas aufmerksamer durch die Stadt. Wenn das erreicht ist, ist schon viel gewonnen.

Autorin:
Marie Parakenings wurde 1993 in Berlin geboren und ist eine Gestalterin und Illustratorin. Sie arbeitet in diesem Bereich mit einem Fokus auf soziale Themen und der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und hat inzwischen für mehrere Städte entsprechende Naturguides veröffentlicht.

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Birge Tetzner: Fred bei den Wikingern

Inhalt:
Irgendwo an einem Fjord in Dänemark lebte vor vielen, vielen Jahren der Wikingerjunge Ivar. Der Tag, an dem Fred zu ihm kommt, ist für Ivar ein trauriger Tag: Odin hat seinen Vater nach Walhall geholt – und das Dorf hat keinen Anführer mehr. Ivar muss ein schweres Erbe eintreten.

Wie soll er jemals ein so großer Krieger werden, wie sein Vater es war? Fred wird Ivar ein treuer Freund. Doch als der streitsüchtige Jarl Eirik sich rüstet, Ivars Dorf anzugreifen, brauchen die beiden schnell einen guten Plan. Fast ein Jahr bleibt Fred bei den Wikingern. Er hört die nordischen Sagas von Odin, Thor und Loki. Er lernt den Bootsbauer Harald kennen und erfährt von ihm, wie die Wikinger ihre schnellen Langschiffe bauten. Er trifft den grimmigen Knut (den er lieber nicht getroffen hätte) und die Seherin Thorbjörk. Bevor ein Jahr vergangen ist, warnt sie ihn, muss er die Wikinger wieder verlassen haben. Sonst wird es ihm nicht mehr gelingen. (Klappentext)

Rezension:
Nach Dänemark soll es gehen, doch als Freds Opa seinem Enkel mit auf die Reise nimmt, reist dieser gleich viel weiter. Ins Wasser, durch die Zeit gefallen, taucht der Junge in der Welt der Wikinger wieder auf, wo er doch eigentlich nur einen Ausflug auf einem nachgebauten Wikingerschiff unternehmen wollte. Ivar, dem Sohn des im Kampf gefallenen Stammesführers zum Geschenk gemacht, freundet dieser sich mit ihm an, als die Dorfgemeinschaft vor einer entscheidenden Auseinandersetzung steht. Nicht nur für Fred, der so das Leben und die Sagen der Wikinger kennenlernt, wird diese zu einer großen Herausforderung werden.

Buchtrailer zu „Fred bei den Wikingern“, von Birge Tetzner. (Quelle: Youtube ultramar media)

Das neu überarbeite Kinderbuch von Birge Tetzner entführt seine jungen Lesenden wieder einmal in ein spannendes Reiseabenteuer durch die Geschichte. Dabei ist diese vieles. Abenteuergeschichte, eine Erzählung über Freundschaft, Mut, Vertrauen und Gemeinschaft, zugleich jedoch auch Wissensvermittlung, wie sie spannender nicht sein könnte, ohne erhobenen Zeigefinger.

„Fred bei den Wikingern“ wirkt dabei auf mehreren Ebenen. Da wäre zunächst einmal die Geschichte selbst, die nicht nur mit den wunderbaren kräftigen Illustrationen von Karl Uhlenbrock aufwarten kann, sondern Protagonisten folgen lässt, die man sich sehr gut vor dem inneren Auge vorstellen kann. Mit den beiden Hauptfiguren, die man einfach nur gerne haben mag, kann sich die Zielgruppe wunderbar identifizieren. Junge Lesende dürften sich ernst genommen fühlen.

Ernste Fragestellungen, manchmal fast philosophische, werden hier auf Augenhöhe verhandelt und doch leicht verständlich vermittelt. Diesen müssen sich Fred und sein neuer Freund Ivar stellen, wie auch den erwachsenen Protagonisten, die ihrerseits mit Ecken und Kanten versehen sind und den fremden Jungen nach und nach in die Gemeinschaft aufnehmen und ihre Welt erklären. Passend zu den einzelnen Kapiteln wechselt das Erzähltempo. Man kann sich das gut als Hörspiel (was auch existiert) vorstellen. Eine sehr lebendige Sprache lässt sowohl Protagonisten und Landschaftsbilder vor dem inneren Auge entstehen.

Man fiebert mit Fred und den Wikingern mit. Werden diese den gefürchteten Jarl Eirik besiegen? Und wird Fred einen Weg finden, wieder in seine Welt zu gelangen? Letztere Frage schwingt immer mit, gleichzeitig möchte man jedoch mehr über die Welt der Wikinger erfahren. Auch das funktioniert sehr gut mit der Lektüre. Immer wieder gibt es an den Seitenrändern gut aufbereitete Wissenstexte, die verständlich formuliert sind. Autorin und Illustrator merkt man dabei viel Liebe zur Recherche und zum Detail an. Das beginnt mit der beinahe exakten Darstellung des Wikingerschiffmuseums Roskilde, bis hin zu den unterstützenden Informationstexten, die, als wäre das nicht schon genug, auch noch durch ein umfangreiches Glossar anhängt, welches ebenfalls kindgerecht aufbereitet ist.

Als spannende Abenteuergeschichte, Wissensvermittlung oder einfach nur zum Vorlesen, in die Illustrationen versinkend funktioniert „Fred bei den Wikingern“, dessen Hauptprotagonist in anderen Werken schon in die Eiszeit oder ins alte Rom hinein gereist ist, auch über die Zielgruppe hinaus. Und das ist einfach wunderbar.

Hier gehts zum Wikingerschiffsmuseum Roskilde: Hier klicken.

Autorin:
Birge Tetzner ist Kunsthistorikerin, Autorin und Sprecherin. Sie spricht Reportagen, erstellt Interviews und verfasst Nachrichten, ist Autorin für Museen, Ausstellungen und Kinder(hörbüchern. Im Verlag ultramar media erscheinen von ihr Bücher und Hörbücher für Kinder.

Illustrationen:
Karl Uhlenbrock ist Illustrator und Designer für Kinderbücher, Museen und Unternehmen.

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Sibylle Berg/Julius Thesing: Mein ziemlich seltsamer Freund Walter

Inhalt:
Lisa ist nicht besonders glücklich. Sie glaubt, sie sei selber schuld daran, dass keiner sie mag. Sie könnte vielleicht einen Außerirdischen als Freund haben. Einen, der freundlicher wäre, als die Menschen um sie herum. An einem Mittwochabend im November landet tatsächlich ein Ufo hinter ihrem Haus. Ein Außerirdischer steigt aus. (Klappentext)

Rezension:

Immer wieder versuchen sich Schreibende abseits ihrer üblichen Pfade, zunehmend auch im deutschsprachigen Raum, wo das Durchbrechen, zumal unter Klarnamen immer noch schwierig zu sein scheint. Warum auch immer? Um so schöner, wenn es denn gelingt, vor allem mit einer Geschichte, an der man alles einfach nur liebhaben mag und man den Machern ihre Begeisterung einfach abnimmt.

Sibylle Berg erzählt im vorliegenden Werk eine Geschichte über Freundschaft und Mut, über Zusammenhalt und davon, dass sich Dinge auch zum Positiven ändern können. Selbst, wenn man nicht mehr daran glaubt. Und vor allem hat sie eine wichtige Botschaft für ein junges Lesepublikum. Auch du kannst Dinge bewirken, ändern und auch, wenn manches trostlos und nicht einfach erscheint, bist du nicht schuld. Etwas, was uns gegenüber Kindern oft genug verloren geht, dies ihnen zu versichern.

Das verpackt sie in eine phantastische Geschichte a la Alf, eines Außerirdischen, nur halt ohne Fell, der in diesem Falle auf der Erde von seiner Reisetruppe praktisch vergessen wird, der auf Lisa trifft, einem kleinen Mädchen, die mit ihrem Interessen und Wissen aneckt, sich täglich vor einer Gruppe Jugendlicher auf den Schulweg ducken muss und Eltern hat, die sich scheinbar nicht wirklich für sie interessieren.

Stoff genug für eine kleine Erzählung, in der der Außerirdische mit seltsamen Namen, der von Lisa der Einfachheit halber Walter genannt wird, ein wirklicher Freund und Helfer ist.

Sybille Berg durchbricht Klischees und zeigt, wie toll moderne Geschichten für Kinder sein können, ohne den erhobenen Zeigefinger stets vor Augen zu haben und doch augenöffnend zu sein. Eine Geschichte, deren beider Hauptcharaktere man einfach liebgewinnen muss, zudem wunderbar visualisiert.

Die witzigen comichaften Illustrationen von Julius Thesing durchbrechen den Text und lockern auf. Fast fühlt man sich da an „Gregs Tagebuch“ erinnert, nur ist diese Erzählung noch mehr zum Zusammenlesen oder gar erstes Selbstlesen geeignet. Für die Zielgruppe sicher genau die richtige Mischung und der einen oder anderen Frage, die sich manches Kind stellen dürfte.

Es ist nichts negatives hier dran zu entdecken, viel mehr wünscht man sich von mehr Schreibenden den Sprung ins kalte Wasser mit Geschichten für die ehrlichste Zielgruppe, die es gibt. Sibylle Berg ist dies gelungen. Und wer weiß schon, vielleicht besucht gerade irgendwo ein Außerirdischer die Erde und hilft einem Kind, an sich zu glauben und über sich hinaus zu wachsen.

Autorin:
Sybille Berg wurde 1962 in Weimar geboren und ist eine deutsch-schweizerische Schriftstellerin. Sie veröffentlichte über 30 Theaterstücke und 18 Romane, zahlreiche Anthologien und Hörspiele. Ihre Arbeit wurde in über dreißig Sprachen übersetzt. Für ihren Roman „GRM – Brainfuck“ erhielt sie den Schweizer Buchpreis, sowie für ihr Werk 2020 den Grand Prix Literatur. 2024 wurde sie in das EU-Parlament gewählt.

Illustrationen:
Julius Thesing, 1990 geboren, hat an der Münster School of Design Illustration studiert. 2020 schloss er sein Bachelor-Studium mit seinem viel beachteten Comicroman-Debüt »You Don’t Look Gay« ab. Er arbeitet als festangestellter Designer und freiberuflicher Illustrator in Münster.

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Entengrütze und der Geruch von Erdbeeren

Mit den Fingern streiche ich vorsichtig über das Papier, erfahre Glätte und Unebenheiten, an einer Stelle ist das Papier rauh. Ich reibe vorsichtig zwei Finger aneinander, und verbinde fortan einen neuen Geruch mit Büchern, der so zuvor noch nicht mit ihnen in Verbindung stand. Der Duft von frischen Erdbeeren steigt mir in die Nase, ein Gefühl von Sommer kommt auf, doch schaue ich durch das Fenster sehe ich das Wetter unschlüssig, öffne ich das Fenster kommen mir die Gerüche (und der Lärm) der Straße entgegen. Ich wohne inmitten der Stadt.

Der Sommer existiert plötzlich nur noch auf den Papier.

Ein Kinderbuch aus Lettland ist es, was dieses Hin und Her auslöst. Geschrieben hat es die Autorin Lote Vilma Vitina, auch die liebevollen Illustrationen stammen von ihr. Erschienen ist „Der kleine Dichter und der Duft“, in der deutschen Übersetzung von Lil Reif bei Mirabilis. Der Dichter folgt einer Wolke nach draußen, Gerüche inspirieren ihn. Die mich in den Sommer versetzende Erdbeere duftet tatsächlich. Im Vorsatzpapier ist sie zu finden.

Im Frankfurter Ostpark geht es nicht ganz so idyllisch zu. Enten und Nilgänse sind sich nicht grün, da kann noch so viel Entengrütze für alle vorhanden sein. Missgunst bestimmt den Tag. Schnell geraten die schöne Gans Nilgül und der schlaue Enterich Hausen zwischen die Fronten ihrer Vogelscharen. Es wäre doch einfacher für alle, an einem Strang zu ziehen. Nur, wie zusammenfinden, wenn vermeintliche Unterschiede als kaum zu überwindende Barrieren erscheinen? Doch Freundschaft und Zusammenhalt können viel bewirken.

Liebevoll illustriert von Viktoria Wagner erleben „Nilgül und Hausen“ in der Geschichte aus der Feder von Riccarda Gleichauf dieses große Abenteuer. Und alle kleinen Leser und Leserinnen (oder allen, denen diese wunderschöne Geschichte vorgelesen wird) können sich nicht nur an den Ententeich träumen, die beiden Hauptfiguren laden auch zum Singen ein. Drei Lieder, abrufbar bei Youtube oder per QR-Code runden Text und Bild ab. Dieses Kinderbuch ist interaktiv, im besten Sinne.

Geschichten für die Kleinsten, interaktiv oder haptisch erlebbar, so lieb, dass ich keine Sterne-Bewertung, sondern einfach nur beide Bücher allen ans Herz legen möchte, die gerne ihre oder andere Kinderbuchregale sinnvoll auffüllen möchten. Wer kann schon etwas gegen dönerfutternde Enten sagen oder Erdbeeren?

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Bernhard Kegel: Ausgestorbene Tiere

Inhalt:
Quagga, Elfenbeinspecht, Koalalemur und Riesenalk: Wer weiß heute noch, wie diese Tiere aussahen, wo sie lebten, wie sie klangen – ja dass sie überhaupt existiert haben? Anhand von historischen Illustrationen erinnert dieses Buch an die Schönheit von fünfzig ausgestorbenen Tierarten und verbindet biologisch und naturgeschichtlich Wissenswertes mit anekdoten und Kuriosem. Eindrücklich führt es uns auf diese Weise die Verluste vor Augen, die die Tierwelt bereits erlitten hat, und bewahrt heutzutage unbekannte Spezies vor dem Vergessen. (Klappentext)

Rezension:

Unser Planet unterliegt ständigen Veränderungen, damit auch die auf ihm existierende Flora und Fauna. Massenaussterben, wie dass der Dinosaurier oder globale klimatische Veränderungen, unterstützt von Ausbrüchen gewaltiger Vulkane, deren Asche für längere Zeit den Himmel über weite Strecken verdunkeln konnte, gab es schon immer und infolge dessen wandelte sich auch das biologische Gefüge auf unserer Erde.

Arten kamen und gingen. Wer sich nicht kurzfristig anpassen konnte, verschwand von der Bildfläche und hinterließ eine Lücke, die entweder frei blieb oder durch eine andere Tierart besetzt wurde. Tatsächlich ist jeder Art nur eine begrenzte Zeit auf unserem Planeten vergönnt, doch dass derzeitige immer schnellere Voranschreiten vom Verschwinden verschiedener Tierarten, hat oftmals nur eine Ursache, uns Menschen.

Der Biologe Bernhard Kegel hat stellvertretend fünfzig von ihnen aufgelistet und so geholfen, sie vor dem Vergessen zu bewahren. Er erzählt, wie es zum Verschwinden des Falklandfuchses kam, des Japanischen Seelöwens oder des Tasmanischen Beutelwolfs und beschreibt, wann eine Art eigentlich als ausgestorben gilt, wie Wissenschaftler versuchen, die Letzten ihrer Art zu retten oder auf der Suche, nach vielleicht doch überlebenden Populationen einer lang nicht mehr gesichteten Spezies, sich begeben.

Der Autor zeigt zudem auf, wie fragil manche Arten in Abhängigkeit voneinander existieren und was dies für extrem bedrohte bedeutet, was die Forschung jedoch auch mit Rückzüchtung oder Gentechnik versucht, zu erreichen.

Das so entstandene Lexikon, welches nur einen winzigen Ausschnitt der Thematik zeigen kann, ist ausreichend um zu verdeutlichen, was bereits verloren ging und was wir, geht das Aussterben der Arten, von uns befeuert, im gleichen Tempo voran, noch zu verlieren drohen.

Der erhobene Zeigefinger bleibt dabei stecken, vielmehr setzt Bernhard Kegel den ausgewählten, von unserem Planeten verschwundenen Arten und ihren letzten Vertretern, wie etwa Lonesome George, der letzten Pinta-Riesenschildkröte, die 2012 auf Galapagos starb, ein würdevolles Denkmal. Er beschreibt ihre Entdeckung und zugleich ihren Untergang. Historische Illustrationen, von Menschen, die noch nicht wussten, dass sie Arten portraitieren, die einmal nicht mehr existieren würden, ergänzen diesen Band.

Das Aussterben geht derweil weiter voran. Zahlreiche Insekten sind heute kaum mehr zu hören, die uns noch vor wenigen Jahrzehnten umschwirrten. In einigen Städten verschwinden gar „Allerweltstiere“ wie der Sperling. Doch zeigt der Autor, dass es auch Hoffnung gibt. So manche Art wird durch intensiven Schutz und speziell ausgerichteten Aufzuchtprogrammen vor dem Schicksal vieler anderer bewahrt.

Doch, eines wird beim Lesen dieses ansonsten sehr nüchtern gehaltenen Bandes schnell klar. Die Liste ausgestorner Tiere ist lang und wird täglich größer, ohne dass viele Arten genauer erforscht oder beschrieben sind. Wir sind dafür verantwortlich, denn zu viele andere Arten hätten es ebenso verdient, hier ebenso aufgeführt zu werden.

Autor:

Bernhard Alexander Kegel wurde 1953 geboren und ist ein deutscher Autor. Zunächst studierte er Chemie und Biologie an der Freien Universität Berlin, danach war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. 1991 arbeitete er mit Freiland- und Laboruntersuchungen zur Wirkung u. a. von Herbiziden. Seit 1996 ist er zudem schriftstellerisch tätig und Autor mehrerer biologischer und ökologischer Sachbücher, 1993 veröffentlichte er zudem seinen ersten Roman.

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Kurzblick: Poetisiert Euch.

Wieder einmal ist es Zeit für einen Beitrag der Kategorie „Kurzblick“. Hier erscheint alles, was sonst nicht recht in irgendeine andere Kategorie passen möchte, was einer anderen Form bedarf oder wozu der Schreibende noch nicht allzu viel Vergleichsmaterial in der Hinterhand hält. Heute soll es dabei um einen kleinen Independent-Verlag gehen, der seit 2005 ganz im Zeichen von Lyrik und Illustration steht.

Wie ist es mit euch? Lyrik, das war der Part im Unterricht, mit den man sich eine gute Note zu Schulzeiten holen konnte, wer keine Probleme hatte, Texte auswendig zu lernen, aber auch dieser, der manchen von uns zu Fall brachte, wenn es um die ausführliche Interpretation ging. Wehe dem, man folgte der Meinung einschlägiger Lehrbücher oder -personen nicht und hatte irgendetwas in der Argumentation übersehen.

Lyrik ist jedoch schon immer mehr gewesen, als das starre Entlanghangeln und Festhalten an Formen. Das kann man natürlich tun, doch darf sie natürlich dazu dienen, den Gedanken freien Lauf zu lassen, zum Nachdenken anzuregen, Perspektiven zu gewinnen und einfach einmal zu zeigen, was mit Sprache möglich wird, wenn man sie nutzt. Der Text ist das eine, die haptische Form ist das andere. Die Gründer und Schreibenden des Verlagshaus Berlin bringen beides überein.
Dabei entstehen Werke, in denen man sich verlieren kann, wenn man es zulässt.

Lea Schneider, z. B., lebte einige Zeit in China und wirkt als freie Übersetzerin, Autorin und Lyrikerin, bringt ihre Gedanken zum Reich der Mitte in ihrem Lyrik-Band „made in china“ zum Ausdruck. Durchstreift werden sechs Orte, die alle pulsieren, voller Leben sind, von der Vergangenheit zehren, sie nicht loslassen können und doch unaufhaltsam voranschreiten, der Zukunft entgegen. Der Spagat, den die Bewohner von Beijing, Shanghai oder Hong Kong machen, täglich, zwischen alter Tradition und Geschichte und chinesischer Interpretation eines modernen Staats kommt dabei zum Tragen. Wie viel wissen oder was glauben wir zu wissen, über China, deren Städte sich zu gleichen scheinen, und doch ganz verschieden sind?

„made in china“, Gedichte von Lea Schneider, Illustrationen von Yimeng Wu
Edition Belletristik im Verlagshaus Berlin
Seiten: 108, ISBN: 978-3-945832-38-7

Odile Kennel begibt sich dagegen auf die Suche nach einem Gefühl. Was ist Lust? Worin besteht die überhaupt? Worauf kann man Lust haben, was bewirkt sie, wo durch wird sie ausgelöst? Können Texte, kann Sprache Lust bereiten? Sind Wörter körperlich? Mit der Sprache nach ihrem Lusthorizont suchend, im Rahmen der im Verlag herausgegegebenen Edition Poeticon sucht die Autorin, findet nicht, findet doch. Auch hier, man muss sich darauf einlassen, man muss sich den Text erschließen, auf sich wirken lassen.

„Lust“ von Odile Kennel
Edition Poeticon im Verlagshaus Berlin
Seiten: 48, ISBN: 978-3-945832-47-9

Inzwischen gibt es mehrere dieser Reihen, die auf Entdeckung durch uns Lesende warten. Wem dies nicht genügt, kann vom Verlagshaus Berlin auch die Lyrik abonnieren. Kurzum: Poetisiert Euch.

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Charlie Mackesy: Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Meer

Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Meer Book Cover
Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Meer Charlie Mackesy Ullstein/List Erschienen am: 28.02.2020 Seiten: 128 ISBN: 978-3-4713-60217 Übersetzerin: Susanne Goga-Klinkenberg

Inhalt:

Ein Junge und ein Maulwurf begegnen einander, ein Fuchs und ein Pferd schließen sich den beiden an. Gemeinsam gehen sie gegen die Einsamkeit an, gegen die Traurigkeit und die Angst. Aus den ungleichen Gestalten werden Freunde, die einander bestärken und füreinander da sind. (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Was soll man schon sagen, über diese Art Coffee Table Bücher, die selbst nicht viele Worte beinhalten, in denen man dennoch versinkt? Antoine de Saint-Exupery hat es vorgemacht, sein Werk, seine Zeichnungen vom kleinen Prinzen ist inzwischen zu einem Klassiker avanciert. Der Ausspruch: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“, ist als gefügeltes Wort in aller Munde.

https://www.instagram.com/p/CDEtHV6K60U/?igshid=1ub78v1assvjb
Ein paar Eindrücke aus dem Werk.

Dergleichen könnte auch mit diesem vorliegenden Werk von Charlie Mackesy passieren. Ja, es ist ihm sogar zu wünschen. Die Zeichnungen mit dem auf das Wesentliche reduzierenden Pinselstrich tragen das Werk, sowohl im Bildmaterial, Farbgebung als auch in der Schrift. Der Text ist limitiert. Die Wirkung ist ungleich größer.

„Manchmal fürchte ich, ihr merkt, dass ich gewöhnlich bin“, sagte der Junge. „Um geliebt zu werden, musst du nicht außergewöhnlich sein“, sagte der Maulwurf.

Charlie Mackesy: „Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd“

Die Geschichte ist schnell erzählt. Vier ungleiche Protagonisten mit all ihren Ängsten und Schwächen, Unzulänglichkeiten, begegnen einander. Die verschiedenen Charaktere schließen Freundschaft und gehen einen Weg gemeinsam. Wohin, ist nicht wichtig. Der Weg, die Freundschaft, der Zusammenhalt ist das Ziel. Gemeinsam ist man stärker, doch auch aus Schwächen kann Stärke erwachsen.

„Eine unserer größten Freiheiten liegt darin, wie wir auf Dinge reagieren.“

Charlie Mackesy: „Der Junge, der Maulwurf, der Fuchs und das Pferd“

Mackesy lässt sich schnell lesen, doch die Zeichnungen laden ein, der Autor im Vorwort ausdrücklich dazu, zu verweilen, zwischen den Seiten zu springen und sich darin zu verlieren. Dem kommt man gerne nach. Zu schnell lieb gewinnt man den Jungen und seine ungleichen Begleiter. Mit diesen lacht man, seufzt, wird nachdenklich, melancholisch oder glücklich.

Eindrücke sagen hier mehr als Worte. Das Werk muss man in den Händen halten, sich anschauen, um die Wirkung zu verstehen und die Faszination des Rezensenten. Ein Kleinod, was im Bücherregal verbleiben wird, immer wieder zum Hervorholen, um das Positive aus den Zeichnungen, dem Text hervorzuholen und den Tag in einem anderen Licht zu sehen. Und das ist doch auch mal schön, oder?

Autor und Zeichner:

Charlie Mackesy ist Künstler und Illustrator, lebte in Südafrika und Amerika, derzeit in Brixton und zeichnete Cartons für diverse Zeitungen und Zeitschriften, gestaltete Bücher für den Verlag Oxford University Press. In Galerien stellt er seine Werke aus. Die aktuelle Arbeit von Mackesy ist hier zu sehen: https://www.charliemackesy.com/

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