Politik

Deutsche Bundesbank: Geld und Geldpolitik

Geld und Geldpolitik Book Cover
Geld und Geldpolitik Deutsche Bundesbank (Hrsg.) Gedruckt durch: DZB ISBN: 978-3-86558-998-9 Klappenbroschur Neuauflage: 15.10.2019

Inhalt:

Ohne Geld funktioniert eine moderne Volkswirtschaft nicht, doch was ist das überhaupt? Wie entsteht Geld, was wird als Geld angesehen und warum? Wie kommt es in den Umlauf und warum ist stabiles Geld so wichtig? Welche Rolle spielen die Deutsche Bundesbank oder die Europäische Zentralbank?

Wie steuert man den Geldfluss und welche Entscheidungen müssen für einen kontinuierlichen Geldkreislauf getroffen werden? Wie nimmt die Bundesbank darauf Einfluss? Was sind sind ihre Aufgaben?

Wie funktioniert das Banken- und Finanzystem? Welche Rolle spielt der Euro, das Eurosystem und was ist das, die europäische Geldpolitik? Das vorliegende Sachbuch klärt diese und andere spannende Fragen, rund um unser Geld? (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Geld alleine macht nicht glücklich, aber es beruhigt ungemein, wenn man welches hat. Den Auspruch kennt, so oder in ähnlicher Form, wohl jeder. Spätestens, wenn’s darum geht, beim nächsten Einkauf sich zwischen Produkten anhand unterschiedlicher Preise oder überhaupt bei Konsum- und anderen Gütern zu unterscheiden.

Tatsächlich hat unser Geld eine lange und aufregende geschichte, die heutigen Verflechtungen, die damit einher gehen, machen Geld und Geldpoltiik jedoch für den Laien kaum verständlich. und das in einer Zeit, die so unbeständig ist, dass es um so wichtiger ist, welche Rolle das spielt, was wir als Geld bezeichnen.

Mit diesem Sachbuch zeigt die Deutsche Bundesbank, dass das, was so kompliziert und verklausuliert oft übermittelt ist, auf einfachen und verständlichen Grundlagen beruht.

Kostenfrei zur Verfügung gestellt, kann man das leicht verständliche Sachbuch von der Bundesbank direkt beziehen und zieht daraus einen Mehrwert für sich, der einen mit Sicherheit durch den Wirtschaftsunterricht und auch sonst hilft. Nicht ohne Grund wird das Buch deutschlandweit an Schulen mit wirtschaftlicher Ausrichtung verwendet. Aber auch so, wer Interesse hat oder sich weiterbilden möchte, kann seinen Nutzen ziehen.

In kurzen und verständlich formulierten Kapiteln werden dennoch hoch detailliert die Grundlagen der Aufgaben der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank dargestellt, sowie Geld und Geldpolitik in all ihren Zusammenhängen gezeigt. Wirtschaft ist hochspannend, gerade weil es jeden Einzelnen von uns betrifft.

Natürlich hat dieses Format so seine längen, was aber rein an der Thematik liegt. So ist es kein Buch zum Nebenher lesen, jedoch ein gutes Nachschlagewerk und Lehrbuch für alle, die verstehen wollen.

Augfgelockert durch Grafiken und Tabellen werden anfangs komplizierte Themen verständlich gemacht. Farblich hervorgehobene Merksätze und am Ende eines jeden Kapitels abgedruckte Zusammenfassungen erhöhen die Lesbarkeit und den Zugang zu einem an sich trockenen, so aber gut fassbaren Sachverhalt.

Intensiv damit beschäftigt, lässt scih ein Mehrwert für Prüfungen, den Unterricht an sich, für Wiederholungen und zur Vertiefung feststellen, für die jenigen, die in der Thematik drinstecken aber auch für Leser, die eine klare und eindeutige Einführung bekommen möchten.

Herausgeber:

Die Deutsche Bundesbank ist die Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland mit Hauptsitz in Frankfurt/Main. Sie ist Teil des Europäischen Systems der Zentralbanken und gehört zur mittelbaren öffentlichen Verwaltung. Sie hat die Stellung einer Obersten Bundesbehörde, ist politisch unabhängig. Ihre Aufgaben sind im Bundesbankgesetz geregelt.

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Maia Szalavitz: Clean – Sucht verstehen und überwinden

Clean - Sucht verstehen und überwinden Book Cover
Clean – Sucht verstehen und überwinden Maia Szalavitz mvg Verlag Erschienen am: 11.09.2017 Seiten: 416 ISBN: 978-3-8688-28504 Übersetzer: Martin Rometsch

Inhalt:

Alkohol, Drogen, verschreibungspflichtige Medikamente, Sex, Glücksspiel, Pornografie oder das Internet – heute gibt es mehr Menschen denn je, die von einer Sucht betroffen sind. Doch trotz der hohen medialen Aufmerksamkeit beruhen unser Erklärungsansatz und unsere Therapiemethoden auf veralteten Ideen und Annahmen.

Mit ihrem New York Times-Bestseller bietet Maia Szalavitz einen Denkansatz, der Sucht völlig neu definiert. Sie widerlegt, dass Süchtige ein »kaputtes Gehirn« oder eine »Suchtpersönlichkeit« haben, und betrachtet Süchte stattdessen als Entwicklungsstörungen.

Indem wir Sucht auf diese Weise betrachten, können wir nicht nur die Fehler herkömmlicher Therapiemethoden erkennen, sondern finden auch bessere Alternativen.

Es sind die persönlicheGeschichte, die Familie, Freunde, die Kultur sowie Chemikalien in der Umwelt, die eine Sucht auslösen. Wenn wir verstehen, wie diese Faktoren zusammenspielen und die Krankheit ausgelöst haben, liegt darin auch der Schlüssel zur Heilung. […] (Verlagstext)

Rezension:

Was wäre, wenn Drogen nicht mehr verteufelt, sondern, wie in Ansätzen in Neuseeland oder in den Niederlanden als Produkt der Gesellschaft und Bestandteil des menschlichen Lebens angesehen werden würde?

Was wäre, wenn wir uns darauf konzentrieren würden, Drogensüchtige nicht mehr als „nur“ krank oder gar kriminell einzustufen, sondern als individuelle Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten, als Personen mit Potential, denen man nur verschiedene Alternativen anbieten muss, zu denen sie nicht gezwungen werden dürfen, sondern, aus denen sie selbst wählen können, mit Setzung individueller Ziele?

Was wäre, wenn Therapien nicht mehr auf Zwängen bassieren würden, sondern auf Wertschätzung des Individuums?

Maia Szalavitz, selbst jahrelang drogensüchtig, engagiert sich für eine moderne Drogenpolitik, die sich auf die neuesten Forschungsergebnisse stützt, noch immer viel zu zögerlich angewandt wird, während die restriktive Politik der Kriminalisierung seit Jahrzehnten die verlierer unserer Gesellschaft produziert.

Herausgekommen dabei ist ein interessanter Denkansatz, den es zu diskutieren gilt.

In „Clean – Sucht verstehen und überwinden“, beschreibt die Autorin, gestützt auf eine breite Quellenlage aus Forschungsberichten und gesammelten Erfahrungen von Süchtigen, nicht zuletzt ihrer eigenen, Zusammenhänge des Gehirns und daraus entstehende Folgerungen. Wie entsteht Sucht? Was ist das überhaupt?

Kann Sucht erlernt, und im besten Falle wieder umgelernt werden? Welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischend en chemischen prozessen im Gehirn eines Autisten und eines Süchtigen? Kann letzterer von dessen Erfahrungen profitieren?

Wo wirken heute noch gesellschaftliche Schranken so, dass sie die Sucht, worin auch immer sie besteht,. eher fördern als therapieren? Ist Therapie überhaupt ein richtiger Ansatz oder sollten wir uns hier nicht die Grundsätze moderner Pädagogik zu Eigen machen?

Aufgelockert durch ihre persönlichen Erfahrungen gelingt es der Autorin selbst schwierige Zusammenhänge für Laien verständlich zu erklären und die Welt der Süchtigen für „Gesunde“ verständlich zu beschreiben.

Sachbücher in diesem Bereich haben oft den Nachteil entweder zu kompliziert oder zu einseitig zu bleiben, und wenn ein Überblick gegeben wird, ist dieser so grob, dass man darauf nichts weiter aufbauen kann. Ganz anders dieses Sachbuch, welches Szalavitz mit viel Engagement für die Thematik verfasst hat.

Gestützt auf einem breiten wissenschaftlichen Fundament argumentiert sie für mehr Menschlichkeit und Positivität im Umgang mit Suchtkranken, speziell im Bereich Drogen und gibt neue Denkansätze, über die es sich zu diskutieren lohnt.

Selbst, wer nicht mit allen Thesen der Autorin übereinstimmt, wird zukünftig über die Betroffenen anders denken als zuvor. Gesellschaftlich hat der in „Clean – Sucht verstehen und überwinden“, beschriebene Ansatz noch keine Mehrheit, findet aber aus guten Gründen auf der ganzen Welt im wissenschaftlichen, medizinischen und therapeutischen Bereich immer mehr Anhänger.

Ansätze dafür sind in einigen Städten Amerikas, in Skandinavien, Neuseeland oder den Niederlanden bereits vorhanden und werden immer weiter ausgebaut.

Das Plädoyer von Maia Szalavitz stützt dies und steht ein für Mut, überholte Behandlungssysteme zu durchbrechen und einem freundlicheren Umgang mit den Betroffenen, diesen eine neue Chance zu geben.

Trotz Längen, in diesem Bereich eines der Bücher, welches man auf den Schirm haben sollte.

Autorin:

Maia Szalavitz ist eine der führenden amerikanischen Journalistinnen, in der Theamtik Sucht udn Drogen. Ihre Arbeiten erscheinen dabei in der New York Times und im Scientific American.

Sie war 2015 und 2016 Soros-Justice-Stipendiatin und erhielt von der amerikanischen psychologischen Gesellschaft, der Allianz für Drogenpolitik und dem amerikanischen College für Neuropsychopharmakologie wichtige Preise für ihre Arbeiten über Neurowissenschaft und Sucht.

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Christoph Marx: Mugabe – Ein afrikanischer Tyrann

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Mugabe – Ein afrikanischer Tyrann Christoph Marx C.H. Beck Erschienen am: 29.08.2017 Seiten: 333 ISBN: 978-3-406-71346-0

Inhalt:

Robert Mugabe ist der ewige Diktator. Seit 1980 regiert er Simbabwe, das sich unter seiner Herrschaft von der Schweiz Afrikas in ein Armenhaus verwandelte. Die Korruption blüht, die Opposition wird unterdrückt. Sehr viel Blut klebt an seinen Händen.

Ungeschönt und anschaulich erzählt Christoph Marx das Leben dieses ebenso intelligenten wie skrupellosen Diktators, dem vom Anfang an jedes Mittel recht war, um seine alles überschattende Machtgier zu stillen. (Klappentext)

Rezension:

Ein unbekannter Fleck auf der Landkarte, zumindest für Nichtafrikaner, bildet sicherlich der direkte Nachbar Südafrikas. Während das Land am Kap nach dem Ende des Apartheidregimes sich zum wirtschaftlichen Tiger des Kontinents entwickelte, mit allen Stärken und Schwächen natürlich, macht Simbabwe anhaltend mit Negativschlagzeilen von sich reden.

Die Korruption blüht bis in die höchsten Ebenen, die Bevölkerung wird massiv unterdrückt, Folter und Gewalt sind an der Tagesordnung, Hunger und Krankheiten und eine am Boden liegende Infrastruktur (so überhaupt vorhanden) tun ihr Übriges. Wie konnte es dazu kommen?

Wie konnte ein Land mit allen Chancen und Möglichkeiten, nach der Übergabe der Macht durch die britischen Kolonialherren, sich zum Brennpunkt des südlichen Afrikas verwandeln und zum Symbolbild menschlichen Versagens werden?

Diesen Fragen geht Christoph Marx nach. Der anerkannte Historiker entwirft die Biografie dieses eigentlich faszinierenden Landes und analysiert den Werdegang eines Mannes, der vom Hoffnungsträger zum Totengräber wurde.

Robert Mugabe, einst Lehrer, nutzt Zufälle und Chancen und erlangt schließlich die volle Macht im Staate, setzt seine Vorstellungen von Politik um, die nur darauf abzielten, die absolute Kontrolle zu erlangen und erhalten, und steigt damit in eine Riege von Tyrannen auf, die ihres Gleichen suchen.

Wie konnte ein unerfahrener, anfangs unpolitischer und sehr intellignter Mensch, sich zum Despoten und Fanal eines ganzen Volkes entwickeln? Welche Mechanismen und Eigenheiten Simabwes nutzte Mugabe, um politische Gegner unter Kontrolle zu halten oder auszuschalten?

Warum waren oder sind die Regierungen der Weltgemeinschaft lange blind vor den Brutalitäten eines über die Jahre aufgebauten Terrorregimes und was kommt eigentlich nach Mugabe? Gibt es eine Zukunft für Simbabwe?

Christoph Marx‘ Analyse und Biografie spart nicht an Kritik und ist dabei sehr detailliert. Auf zahlreichen Quellen aufbauend und mit einer genauen Kenntnis der Situation in der Vergangenheit und Gegenwart zeichnet er den Weg Mugabes nach, der bezeichnend ist und stellt die Folgen in allen Facetten dar.

Da davon ausgegangen werden muss, dass dem gemeinen Leser die Ausgangssituation für Simbabwe und Mugabe selbst, nahezu unbekannt ist, wird diese kleinteilig, nie langweilig beschrieben.

Personengeschichte in ihrer spannensten Form, die zeigt, wie persönliche Ereignisse das Schlechteste im Menschen hervorbringen und sogar eine ganze Nation ins Unglück stürzen können.

Mugabes Bilanz, zeigt der Historiker, ist niederschmetternd. Die Biografie zeigt ihn, der Jahre lang als Hoffnungsträger gehandelt wurde, in einem kritischen und realistischeren Licht, welches man sich unbedingt vor Augen führen muss.

Der Diktator wird bald, mindestens biologisch bedingt, abtreten müssen. Kämpfe um seine Nachfolge sind längst entbrannt. Christoph Marx räumt schon jetzt mit so einigen geschönten Bildern auf und zeigt Mugabe, wie er zu dem wurde, was er ist. Ein afrikanischer Tyrann, nichts anderes.

Autor:

Christoph Marx wurde 1957 in Landau in der Pfalz geboren und ist ein deutscher Historiker. Er studierte Geschichte und Musikwissenschaft in Freiburg, sowie in Südafrika und promovierte im Jahr 1987. 1996 folgte die Habilitation, seit 2002 ist er Professort für Außereuropäische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen.

Schwerpunkte seiner Arbeit bildet die Geschichte der Apartheid in Südafrika, sowie die Kolonialgeschhichte Afrikas und die Geschichte Simbabwes. Er ist Mitglied der Vereinigung der Afrikawissenschaften in Deutschland, sowie Autor und Mitherausgeber für mehrere Fachpublikationen im Bereich seiner Forschungsgebiete.

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György Dalos: Der letzte Zar

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Der letzte Zar Rezensionsexemplar/Sachbuch C.H. Beck Verlag Seiten: 231 Hardcover ISBN: 978-3-406-71367-5

Inhalt:

„Was? Wie?“, fragte der Zar – und instinktiv schützte er mit einer Hand die Zarin, mit der anderen den Zarewitsch. Dann wurde das Feuer eröffnet. Jekaterinburg, 17. Juli 1918, zwei Uhr morgens.

In der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 1918 wurde Zar Nikolaus II. mit seiner Frau und der gesamten Familie von einem Kommando der Tscheka in Jekaterinenburg ermordet. Der Alptraum aller Monarchien, der sich in Aufständen, Verschwörungen und Attentaten schon angedeutet hatte, war Wirklichkeit geworden. In dieser historisch fundierten, lebendigen Darstellung wird deutlich, wie das beständige politische Versagen der Romanow-Dynastie den revolutionären Prozess befeuert hat, den der letzte Zar nicht mehr aufhalten konnte. […] (Verlagstext)

Rezension:

Mit Schüssen endete die über dreihundert Jahre alte Dynastie der Romanows und die Herrschaft von Nikolaus II., der sein Amt einst ebenso glücklos angetreten hatte, wie es endete. An der Macht durch seinen Vater nie herangeführt, eignete er sich nicht dazu, dass höchste Amt des Russischen Reiches auszufüllen, zögerte in politischen und familiären Entscheidungen, was zu damaliger Zeit auf Gleiches hinaus lief und führte die letzte absolute Monarchie Europas in ihren Untergang.

Die Tragik eines Menschen, zu dem die Rolle eines Gutbesitzers mehr gepasst hätte, als die des letzten Zaren, skizziert in einer Kurzbiografie. György Dalos hat sich diesem Projekt angenommen. Der ungarische Historiker und Publizist György Dalos hat hier den Versuch gestartet, kurz und präzise etwas zu beschreiben, was an sich langen und ausführlichen Erklärungen bedarf.

Informationen, wie eines zum anderen führte, wie das Herrschaftssystem der Romanows bröckelte und welche Einflussfaktoren sonst noch zum Zusammenbruch und scheitern führten, werden gnadenlos zusammengefasst. Wichtige Inhalte oder alleine die Tragweite des Laufs dieser Tage gehen verlorenoder kommen zu kurz. Gut und verständlich geschrieben ist diese Biografie eines besonderen Zeitabschnitts zwar, dies hilft jedoch wenig.

Mehr als einen kleinen, unvollständigen Überblick, bekommt man nicht. Der Ausschnitt aus der Biografie Nikolaus II., hätte winziger nicht gewählt werden können.

Als weiteres Ergänzungswerk braucht man dalos nicht zu lesen. Wer aber noch nie etwas von den Romanows gehört hat, sich noch nie damit beschäftigt hat, dem genügt „Der letzte Zar – Der Untergang des Hauses Romanow“, um sich einen Überblick zu verschaffen, der in die Thematik einführt.

Für diese Leser ist es verständlich und sehr kurzweilig beschrieben, für andere, die schon etwas mehr Hintergrundwissen besitzen, lohnt sich diese Kurzbiografie jedoch nicht. Zu wenig neue Informationen, zu wenig neue Schlussfolgerungen, zu knappe Analysen.

Da gibt es andere Werke, die lohnender scheinen.

Das ist zwar nicht unbedingt Dalos‘ Problem, alleine daran krankt die Fokussierung auf Personen in der geschichtlichen Betrachtung. Schade aber, dass der Historiker immer knapp und nicht ausführlicher wird. Dabei gäbe es so viel zu erzählen. das historische Quellenmaterial ist üppig, angefangen von den Tagebüchern der Mitglieder der Zarenfamilie selbst, bis hin zum Protokoll der Ermordung eben dieser.

Für einen ersten Überblick ist dieses Werk jedoch gut genug gelesen zu werden, jedoch nicht zu vergleichen mit den Werken eines Sebag Montefoire oder einer Historikerin wie Elisabeth Heresch, die sich schon asuführlicher mit der Zarenfamilie auseinander gesetzt hat. Beim Titel jedenfalls, erwartet man viel mehr als das, was man bekommt. Mehr Seiten hätten dem Genüge getan.

Autor:

György Dalos wurde 1943 in Budapest geboren und ist ein ungarischer Schriftsteller und Historiker, Dalos wuchs bei seinen großeltern auf, da sein Vater 1945 an den Folgen des Arbeitslagers starb, in dass man ihn wegen der jüdischen Herkunft der Familie verbracht hatte.

Von 1962 an studierte er Geschichte in Moskau unf arbeitete anschließend als Museologe in Budapest. 1964 erschien sein erster Gedichtband. Nach Verhängung eines Berufs- und teilweisen Publikationsverbotes war er dann als Übersetzer tätig. 1977 gehörte er zu den Gründern der demokratischen Oppositionsbewegung in Ungarn und 1988/89 war er Teil der östdeutschen Untergrundzeitschrift „Ostkreuz“.

2004 wurde sein Buch „Ungarn in einer Nussschale“ veröffentlicht. Seit 1987 lebt er als freier Publizist in Wien und Berlin, schreibt für Zeitungen und Rundfunksendern. Seine Bücher erscheinen weltweit übersetzt, in mehreren Sprachen.

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Michel Houellebecq: Unterwerfung

Unterwerfung Book Cover
Unterwerfung Michel Houllebecq Dumont Seiten: 272 Taschenbuch Seiten: 978-3-8321-6359-4

Handlung:

Unterwerfung beschwört ein Frankreich herauf, in dem eine autoritäre muslimische Partei schleichend die Macht übernimmt – auf demokratischen Weg und mit Hilfe der intellektuellen Elite.

Schonungslos und mit großer erzählerischer Kraft zeigt Michel Houellebecq in seinem bislang wohl kontroversesten Roman, wie sich die Menschen freiwillig in ein System fügen, das alle Grundwerte der westlichen Welt verneint. (Klappentext)

Rezension:

Schreckensszenario, Schwarz-Weiß-Denken, populistische Denke, Provokation. Als Michel Houellebecqs Roman zunächst in Frankreich erschien, überschlugen sich die Kommentatoren der Feuilletons im Kulturbetrieb.

Beschrieben wird eine nicht allzu ferne Zukunft, in der ein Muslim Präsident eines laizistischen Frankreichs wird und innerhalb von Monaten das Land nach seinen Glaubensvorstellungen ausrichtet.

Plötzlich sieht man in der Stadt der Liebe Frauen nur noch verhüllt, Schulen und Universitäten ohne islamischer Ausrichtung werden zu Einrichtungen zweiter Klasse, in den Zügen gibt es ein muslimisches Menü und mehrmals täglich ruft, nicht mehr vereinzelt, der Muezin zum Gebet.

Zudem ist es auch in Frankreich nun erlaubt, mehrere Ehefrauen zu haben. Während dieser Umwälzungen begleiten wir den Literaturprofessor Francois, der nicht konvertieren will und daher seine universitäre Laufbahn beenden muss, durch die sich wandelnde Welt, die anhand der Gegensätze zu zerbrechen droht. Auch ihm stellt sich bald die Frage, ob es nicht besser ist, den islamischen Glauben anzunehmen. Wie wird er sich entscheiden?

Die Geschichte kommt nur langsam ins Rollen und tritt dann auf der Stelle. Ein Vorankommen ist nicht erkennbar, wenn auch einige Abschnitte durchaus an erzählerischen Tempo zulegen. Houellebecq hält dies aber nicht durch, zum Leidwesen des Lesers.

Dabei bürgen Handlung und darin befindliche Protagonisten durchaus Potential. Wie gerne hätte man noch mehr über die gesellschaftlichen Umwälzungen erfahren?

Wie viel Spannung hätte die Reduzierung der privaten Befindlichkeiten, insbesondere der Hauptfigur, gebracht? So aber bekommt der Leser eine noch nicht ganz reife Geschichte, die zwar viel über literarische Klassiker der Franzosen philosophieren, dem gemeinen Leser aber unbefriedigt zurücklässt.

Das Szenario wiederum ist strittig und unrealistisch, könnte jedoch von den Populisten der Welt missbraucht werden.

In einer Zeit wohlgemerkt, in der der Front National in die französische Nationalversammlung eingezogen und Le Pen dem höchsten Staatsamt so nahe wie noch nie ist, überall in Europa Rechtsverdreher (Sic!) in die Parlamente finden oder teilweise Regierungsbeteiligung erlangen.

Fünfzig Seiten mehr Beschreibungen des gesellschaftlichen Wandels hätten gereicht, um die Mängel dieses Romans auszugleichen. So aber bleibt „Unterwerfung“ nicht nur ein mittelmäßig interessantes Gedankenspiel, sondern auch der Eindruck einer nicht vollständigen und zu Ende erzählten Geschichte.

Autor:

Michel Houellebecq wurde 1958 geboren. Nach der Schule arbeitete er u.a. als Informatiker bei einem Beratungsunternehmen, wechselte später ins Landwirtschaftsministerium und schrieb zu dieser zeit schon an seinem ersten Roman, diverse Gedichte und Kurzgeschichten.

2015 erschien sein Roman „Unterwerfung“ an dem Tag, an dem ein terroristischer Anschlag auf das satiremagazin „Charlie Hebdo“ stattfand, unter dessen Zeichnern er einen Freund hatte, der dabei ums Leben kam.

Darauf hin brach Houllebecq die Bewerbung seines Romans ab und zog sich weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Einige Monate später nahm er jedoch wieder einige Auftritte wahr.

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Francois Durpaire: Die Präsidentin

Die Präsidentin Book Cover
Die Präsidentin Francois Durpaire (Autor) Graphic Novel Verlag: Jacoby Stuart Hardcover Seiten: 160 ISBN: 978-3-946593-12-6

Handlung:

Niemand soll sagen können, er habe davon nichts gewusst.

In seiner Graphic Novel schildert François Durpaire die ersten 200 Tage von Marine Le Pen im Elysée-Palast, nachdem sie am 7. Mai 2017 in der Stichwahl gewonnen hat. Sie geht sofort ans Werk: 1. Rückkehr zum Franc; 2. NATO-Ausstieg; 3. Schließung der Grenzen; 4. sofortige Ausweisung aller »illegalen« Ausländer; 5. Arbeitsplätze nur noch für Franzosen; 6. Finanzielle Austrocknung der öffentlich-rechtlichen Sender.

Die Folgen sechs Monate nach Le Pens Amtsantritt: Ausländische Investoren meiden das Land, die Kaufkraft ist eingebrochen, die Arbeitslosigkeit in die Höhe geschnellt, und alle Bürger werden vom Geheimdienst bespitzelt … François Durpaire betont: »Ich als Historiker weiß, dass autoritäre Parteien eher dazu neigen, ihre Radikalität im Wahlkampf zu verbergen.

Um ihr dann, einmal im Amt, freien Lauf zu lassen.« Im Europa von heute bliebe eine derartige Entwicklung eines Landes nicht ohne Folgen für die anderen Nationen. Und als wäre das nicht genug, ist dieses Schreckensszenario nicht nur in Frankreich denkbar – ein hochaktuelles Buch für ganz Europa. (Verlagstext)

Das deutsche Vorwort stammt von Ulrich Wickert.

Zeichnungen:

Bis auf das farbige Cover sind alle Zeichnungen in Schwarz-Weiß-Ton gehalten. Dabei wechselt das Format der einzelnen Zeichnungen und die Menge der abgebildeten Szenen je nach Brisanz, Schärfe und gezeigter Situation. Die Schrift ist teils sehr klein gehalten. Viel Text ergänzt die Schärfe der Thematik,

Einordnung:

Dies ist der erste Teil einer Reihe. Der zweite wurde bisher noch nicht ins Deutsche übersetzt.

Rezension:

Der Front National galt lange Zeit als abschreckendes Beispiel, doch rechte und populistische Parteien sind überall in Europa auf den Vormarsch. Während Michel Houllebecq mit seinem Roman „Unterwerfung“ das Szenario der Machtübernahme eines muslimischen Präsidenten vorweg nimmt, zeigen Francois Durpaire und Farid Boudjellal die für Frankreich realere Gefahr.

Die Wahl Marine Le Pens zur Präsidentin der Republik. Komplett düster gehalten, in Schwarz-Weiss-Grau, beobachtet der Leser eine Familie von Immigranten, die fassungslos die Verkündung der Ergebnisse der Wahlen vor dem Fernseher verfolgt und darauf beschließt, politisch aktiv zu werden.

Nicht, wie einst die Großmutter in der Bewegung der Resistence mit dem Gewehr, sondern mit der Macht des Wortes. Sie schreiben einen Blog, wissend um die drohende Gefahr, denn Marine Le Pen lässt ihrem Wahlkampf Taten folgen. Taten, die nicht nur für Frankreich, sondern auch für Tariq, Stephane und ihre Freunde Folgen haben werden.

Das Parteiprogramm des Front National analysierend, haben der Historiker und der Zeichner ein faszinierend erschreckendes Portrait dessen geschaffen, was mit Frankreich passiert, wenn es Le Pen und ihrer Partei gelingt, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen den Sieg zu erringen.

Der Austritt aus EU; Euro und NATO sind da noch die geringsten Punkte, viel schlimmer werden die Auswirkungen für die Wirtschaft und die Freiheit der Franzosen sein. Der Dreiklang Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit wird umgekehrt in ein totalitäres System, dessen Grausamkeiten sich wie ein Damokles-Schwert über die Republik erheben und bald nicht nur Immigranten in den Abgrund reißen.

So realitätsnah, wie möglich, beschrieben, zeigt dieses Comic noch viel besser, was nicht nur mit Frankreich, sondern auch in jedem anderen Land Europas passiert, wenn nicht nur Euro-Skeptiker sondern gleich die Rechten die Macht erlangen.

So könnte Marine Le Pen durchaus ersetzt werden, durch eine nicht näher genannte AfD-Politikerin und Frankreich durch Deutschland. Der Effekt wäre gleich. Eine Graphic Novel als letztes Mahnmal, zumindest seine Leser, nachdenklich zu stimmen und über die nächsten anstehenden politischen Wahlen nachzudenken.

Denn, wenn sich dieses Szenario bewahrheitet, könnten es die letzten sein, die einigermaßen geordnet und demokratisch im Mutterland der modernen Demokratie ablaufen werden. Doch, FN-Wähler werden die beiden wohl nicht erreichen, hoffentlich jedoch ein paar Nichtwähler, deren Nichtstimmen sonst den Rechten in die Hände spielen würden.

Denn am Ende gilt es, nicht nur mit Federstrich und Texten einen Wahlsieg der Populisten zu verhindern, sondern ihre Vorstellungen zu verhindern Wirklichkeit werden zu lassen. Am Ende der Geschichte, auf deren Fortsetzung wir in Deutschland, noch warten müssen, steht nicht nur Frankreich vor einem Scherbenhaufen, sondern auch Le Pen selbst. Das Szenario weiter gesponnen, so darf man erwarten, wird in der Fortsetzung jedoch nicht besser.

Ein erschreckendes gut gezeichnetes Szenario, im doppelten Sinne, welches auf- und wachrütteln kann und dies auch soll. Grundlage alleine, eine Analyse der Auswirkungen des Parteiprogrammes der franzöischen Rechten, wenn diese es umsetzen.

Das kann und darf niemand wollen, weshalb es nahezu Pflicht ist, sich mit den Alternativen zu beschäftigen, die allesamt besser sind als das, was uns erwartet. Nicht nur in Frankreich, sondern eben überall. Für Leser mit Brille mag es auf Dauer anstrengend sein, die Winzschrift von Text zu verfolgen (es ist derer viel), die detaillierten harten Zeichnungen entbehren jeder Freundlichkeit eines normalen Comics.

Doch lohnt es sich in die Handlung einzutauchen um eine solche zu verhindern.

Autor:

Francois Durpaire wurde am 14. August 1971 in Wien geboren und ist promovierter Historiker. Sein Spezialgebiet ist Bildung und kulturelle Vielfalt der Vereinigten Staaten von Amerika und Frankreich. Zu diesen Themen berät er regelmäßig Rundfunk- und Fernsehsender.

Seit 2013 ist er Dozent für Erziehungswissenschaften an der Universität Cergy-Pontoise, vorher veröffentlichte er zusammen mit Olivier Richomme eine der ersten nicht-englischsprachigen Biografien über US-Präsident Obama, dessen Sieg er in Frankreich als eine der ersten Kommentatoren voraussagte.

Von 2009 bis 2016 war er Mitglied des Nationalen Komitees Frankreichs zur Erinnerung an die Geschichte der Sklaverei. 2013 unterstützte er zudem eine Initiative von Immigranten für das Erlangen von Wahlrechten in Frankreich, ein Jahr zuvor die Präsidentschaftskampagne von Aurelien Tricot.

Zeichner:

Farid Boudjellal wurde 1953 in Toulon geboren und ist ein französischer Comicautor und Zeichner. Er stammt aus einer algerischstämmigen Familie, wuchs aber in Südfrankreich auf. Mit acht Jahren erkrankte er an Kinderlähmung.

Nach Schule und Universität veröffentlichte er 1978 erstmals Comicstrips in verschiedenen Magazinen, worauf bald sein erstes Album erschien. Seine hauptthemen sind Migration, Behinderungen und der Nahostkonflikt. In Deutschland verwendete Henryk M. Broder eines seiner Zeichnungen als Cover für „Die Irren von Zion“.

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Riad Sattouf: Der Araber von morgen

Der Araber von morgen - 1 Book Cover
Der Araber von morgen – 1 Serie: Der Arber von morgen Graphic Novel Knaus Seiten: 148 ISBN: 978-3-8135-0666-2 Knaus

Inhalt:

Arabischer Frühling, Umsturz in Lybien und Krieg in Syrien. Als Reaktion darauf greift der französische Zeichner und Filmemacher Riad Sattouf zum Stift und erzählt von seiner Kindheit in der arabischen Welt: Ein blond gelockter Junge, Sohn einer Französin und eines Syrers, wächst in Lybien und Syrien auf. Die wahre Geschichte vom blonden Araber im Land der Diktatoren stürmte in Frankreich die Bestsellerlisten wie zuvor nur Marjane Satrapis „Persepolis“.

Bücher der Reihe:

Gestaltung und Einordnung:

Es handelt sich hierbei um eine Graphic Novel, ein in einem bestimmten Zeichenstil auf hochwertigen Papier gedruckten Comic mit Klappenbrochure-Einband. 

Tonangebend sind hier die Farben Rot, Grün und Gelb, die jeweils die Kapitel kennzeichnen, die in der arabischen Welt spielen, wehrend die europäischen „Episoden“ kontrastreich in blauen Ton gehalten sind. 

Die Kapitel, die in Syrien oder Lybien spielen sind wesentlich kantiger gezeichnet. „Der Araber von morgen“ ist Auftakt zu einer Triologie, von derer in Frankreich schon der zweite Teil erschienen ist.

Rezension:

Graphic Novels sind spätestens seit „Persepolis“ ein beachtetes Phänomen, gelingt es doch Verlagen mit einer qualitativ besseren Aufmachung auch Erwachsene von Comics zu überzeugen (zu einem viel höheren Preis) als es die üblichen Heftchen-Varianten je könnten. 

Und auch hier muss man zwischen qualitativ guten und schlechteren Geschichten unterscheiden. 

Riad Sattouf’s gehört zweifellos zur ersten Kategorie. Er erzählt in Comic-Form seine Lebensgeschichte bzw. die seiner Kindheit, die zwiespaltiger, verwirrender nicht hätte sein können. 

Aufgewachsen in zwei verschiedenen gegensätzlichen Kulturen nimmt uns der Zeichner mit auf eine Reise, die in Frankreich beginnt bald schon aber den Blick auf Lybien und Syrien lenkt. 

Anfangs aus der Sicht eines unbefangenen Kleinkindes, später aus der eines Beinahe-Schülers. Ohne zu werten, nur eben aus diesem Blickwinkel zeigt Sattouf die Widersprüche im damaligen arabischen Alltag auf, in dem mehr noch als heute traditionelles Gedankengut auf städtische Moderne traf und die Vermischung noch nicht allzu groß war. 

Er erzählt von Alltagssituationen, unfertige Häuser, bestechlichen Polizisten, Frauenbildern und die Kunst trotzdem unbefangen aufgewachsen zu sein. Irgendwie. Die Geschichte nimmt mal den Focus auf die Mutter, mal auf den Vater oder anderen Verwandten, bleibt dabei immer in ihrer kindlichen Sichtweise, die zwar schon die Widersprüche des Vaters wahrnimmt aber noch nicht einordnen kann.

Oder die Mutter, die den Kulturschock nur äußerlich zu verkraften scheint und erst am Ende nach einer Reihe von Fehlschlägen gegen die Pläne ihres Mannes aufbegehrt, für immer in Syrien leben zu wollen. Ein kontrastreiches Portrait einer Familie in einer ebenso vielvältigen Welt, in der der Leser die Beobachterperspektive einnimmt.

Die Geschichte dabei ist ernst, trotzdem fassbar und aufgrund der Bilder um einiges klarer als wenn sie per Text vorliegen würde. Wobei man Buch und Graphic Novel nicht vergleichen kann. 

Man will auf jeden Fall mehr von Riad Sattoufs Kindheit erfahren, wenn man diese gelesen hat, sehr schön gestaltet, und so freue ich mich jetzt schon, sollten Teil 2 und 3 auch ins Deutsche übersetzt werden.

Autor:

Riad Sattouf wurde 1978 in Paris geboren und ist Comic-Zeichner und Filmemacher. Aufgewachsen in Lybien un Syrien kehrte er mit 13 Jahren nach Frankreich zurück und studierte Animation. Er avancierte in Folge dessen zu einem der bekanntesten Comic-Künstler seines Landes.

Von 2004 bis 2014 zeichnete er für das Satire-Magazin Charlie Hebdo und wurde unter anderem mit dem Prix Rene Goscinny ausgezeichnet. Den bekam er für seinen Erstlingsfilm „Jungs bleiben Jungs“. Mit seiner Familie lebt und arbeitet er in Paris.

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Michael Brenner: Israel – Traum und Wirklichkeit des jüdischen Staates

Israel - Traum und Wirklichkeit des jüdischen Staates Book Cover
Israel – Traum und Wirklichkeit des jüdischen Staates Michael Brenner C.H. Beck Erschienen am: 21.01.2016 Seiten: 288 ISBN: 978-3-406-68822-5

Inhalt:

Juden waren über Jahrhunderte verfolgte Außenseiter. Die Gründung des Staatsollte endlich eine ganz normale Heimat für sie schaffen. Doch heute sieht sich der jüdische Staat selbst in der Rolle des misstrauisch beobachteten Außenseites.

Michael Brenner erklärt, wie es dazu kommen konnte. Er verwebt auf meisterhafte Weise die politische und gesellschaftliche Entwicklung Israels mit der Geschichte seiner Selbstentwürfe, Träume und Traumata. Nur wer diese Tiefendimensionen kennt, kann das große kleine Land, das immer wieder die Welt in Atem hält, wirklich verstehen. (Klappentext)

Rezension:

Über kaum ein anderes Land wird im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl und Flächengröße so unverhältnismäßig viel berichtet, wie über Israel, ist dieser Staat doch ein künstlich geschaffenes Gebilder in einer schon damalig existierenden Konfliktregion, was nicht gerade zum Frieden unter den bereits dort lebenden Menschen beigetragen hat.

Hinzu kommt, dass die Menschen inner- wie außerhalb immernoch eine Definition für dieses Land suchen, was die Welt in Atem hält. Wie definiert sich die Heimstätte der juden? Was ist das überhaupt? Welche Religion sollte die Religion spielen?

Basis sein für eine Gesellschaft oder eher lose Werte-Orientierung? Wer ist Israeli, wer nicht, wer ist jüdischer Staatsbürger und wer kann dazu werden? Welche Rechte und Pflichten hat welche gesellschaftliche Gruppe in diesem Mittelmeer-Anrainerstaat und wo liegen die Grenzen? Geografisch, politisch, gesekllschaftlich, religiös und überhaupt?

Diese Fragen führten unter den jüdischen wie auch nicht-jüdischen Gruppen auf der ganzen Welt immer wieder zu Diskussionen undunüberbrückbaren Streitigkeiten, die heutzutage wieder zu Spannungen führen, die Israel um seine Zukunft bangen lassen.

Ideologische und religiöse Grabenkämpfe werden zwischend den Nachfahren der Holocaust-Überlebenden in In- und Ausland geführt. Immer wieder bestimmen Fragen über Einwanderer, Auswanderer, Rückkehrer und Juden in Israel selbst und der Welt sowie so die Wahlkämpfe und Regierungskoalitionen israelischer Politiker und am Ende bleibt nur eines.

Der israelische Staat sieht sich als besonderer Staat, der normal sein will, ein „klein Albanien“ unter den Ländern der Erde, es aber nicht sein kann, da sein Volk schon seit jeher eine Sonderrolle hat.

Und damit ist schwer umzugehen. Für Juden, Israelis und für den Rest der Welt schwer zu verstehen und kaum zu lösen. Michael Brenner erklärt hier eindrucksvoll, warum gerade Israel nicht zu begreifen ist aber uns immer wieder faszinieren und gleichzeitig erschrecken vermag.

Warum dieser kleine Staat, der kum so groß ist wie das Bundesland Hessen, in nahezu jeder gesellschaftlichen und politischen Frage vor einer Zerreißprobe steht und die Zukunft des hochtechnologisierten Landes gerade heute auf dem Spiel steht.

Wer Israel verstehen möchte, wird dieses Buch mit Gewinn lesen, hat am Ende jedoch mehr Fragen auf der Zunge, die sich Israel stellen muss, soll dieses Land auch weiterhin eine Existenzberechtigung haben.

Wohlgemerkt, diese stellen heute nicht zuletzt die jüdische Bevölkerung selbst infrage, deren Dreh- und Angelpunkte im Spannungsfeld zwischen dem säkularem Tel Aviv, dem religiösen Jerusalem, dem politischen Washington D.C. und der wieder anziehenden Metropole Berlin liegen.

Michael Brenner greift dies auf, verlangt dem Leser Konzentration und Denkvermögen ab und stößt einen gesellschaftlichen Diskurs an, der von den Juden geführt werden muss. Nur dann hat Israel seine Berechtigung und eine Chance, weiterhin den Stellenwert zu halten, den das Land in der Welt heute einnimmt.

Autor:

Michael Brenner wurde 1964 in Weiden geboren und wuchs als sohn zweier Shoa-Überlebenden in Bayern auf. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Jüdische geschichte und Kultur an der Universität München und Direktor des Center vor Israel Studies an der American University in Washington D.C.

Seit 2009 ist er ordentliches Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und wurde 2014 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Er veröffentlichte zahlreiche Publikationen zum Thema Jüdische Geschiche, u.a. „Kleine Jüdische Geschichte“, im Jahr 2008.

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Anne-Laure Bondoux: Die Zeit der Wunder

Die Zeit der Wunder Book Cover
Die Zeit der Wunder Anne-Laure Bondoux Übersetzung: Maja von Vogel Carlsen Taschenbuch Seiten: 189 ISBN: 978-3-551-31285-3

Inhalt:

Koumail ist Franzose, so hat seine Ziehmutter es ihm erzählt. Zusammen fliehen sie vor den Kriegswirren des Kaukasus nach Frankreich, ins Land der Menschenrechte. Dabei hat er ein klares Ziel: seine Mutter wiederfinden. Eine lange Odyssee liegt vor ihm, doch Koumail verliert nie den Mut – und auch nicht den Glauben an das Glück. (Klappentext)

Rezension:

Ein junger Mann sitzt in der Abflughalle eines Flughafens und zieht einen Brief aus der Tasche und seinen Pass. Und erinnert sich. An seine Vergangenheit, seine Kindheit.

Koumail ist 12 Jahre alt als er auf der Flucht von der französischen Polizei aufgegriffen wird und hat für sein Alter schon eine Menge erlebt. Der Junge kennt nichts anderes als Chaos, Krieg, Hunger und die Ungewissheit, wie der nächste Tag sein wird, doch eigentlich sollte ihn das nicht schrecken.

Denn, eigentlich heißt er ja Blaise, Blaise Fortune und ist Bürger der französischen Republik. Doch, seine Kindheit liegt in den Kriegswirren des Kaukasus, eine Region, die man nicht verstehen kann, die er nicht verstehen muss, so seine Ziehmutter Gloria, die sich um ihn kümmert, ihn antreibt und Hoffnung gibt, dass sich eines Tages alles ändern wird, wenn sie es schaffen vor den Milizen zu fliehen.

Dann ist Gloria plötzlich verschwunden und er allein. Zum ersten Mal hat Koumail/Blaise das Gefühl, von seinem Glück in Stich gelassen worden zu sein. Eine anrührende geschichte von brutaler Aktualität ist das, was uns hier Anne-Laure Bondoux vorlegt. Eine Geschichte, die für Kinder und Jugendliche geschrieben wurde, um die Problematik begreifbarer zu machen. Falls das überhaupt möglich ist.

Und sie spricht ein Thema an, welches in den Debatten über Flüchtlingszahlen, Quoten und Unterkünften untergeht und mehr Beachtung finden muss. Egal welcher Konflikt, egal wer die Flüchtlinge sind, am meisten leiden Kinder darunter, die viel zu schnell erwachsen werden müssen und um ihre Unbekümmertheit betrogen werden.

Weil die Erwachsenen Konflikte auf ihren Rücken austrägt. Und so gibt es dann auch immer Kinder, die Eltern verlieren, die nur Krieg kennenlernen und gar unbegleitet flüchten müssen. In der Hoffnung, dass sich ihrer jemand annimmt. Auf der Flucht und irgendwann im fernen Zielland.

Traumatisch und nichts beschönigend, aus Kinderaugen, schildert Anne-Laure Bondoux ein Kinderschicksal, wie es sich zu allen Zeiten, in allen Krisenregionen der Welt abspielen könnte. Ja, gerade jetzt hundertfach abspielt. Und jetzt. Und jetzt. Und in Zukunft.

Dieser kleine Roman ist eine Mahnung an die Erwachsenen, was sie mit ihren Konflikten gerade den jungen Menschen auf dieser Welt antun und ein Fingerzeig auf die Scharfmacher, die zu gern Zahlenspiele und Schreckenszenarien durchspielen, den einzelnen Menschen dahinter nicht sehen. Eine Mahnung, einmal inne zu halten und mehr „Zeit der Wunder“ zu zulassen, gerade die Jüngsten unter den Flüchtlingen aufzunehmen und willkommen zu heißen.

Der Schreibstil lässt flüssiges Lesen zu, ist einfühlsam und ehrlich. Nichts wird beschönigt. Bondoux lässt aber dem Protagonisten den Glauben an eine bessere Zukunft und dem Leser das Gefühl, dass es wichtig ist, nie aufzugeben und immer zu hoffen.

Ein Roman zu einer schwierigen Thematik und dennoch überwiegend positiven Grundstimmung, bei der man nicht umhin kann, den Protagonisten Koumail/Blaise ins Herz zu schließen. Zwar weiß man schon am Anfang die Lösung, doch der Weg Koumails ist hier das Ziel und um so beeindruckender dargestellt.

Natürlich ist es eine erfundene Geschichte, doch sie findet so oder ähnlich praktisch täglich statt. Sollte nicht dafür gesorgt werden, dass diese einen positiven Ausgang finden?

Autorin:

Anne-Laure Bondoux wurde am 23. April 1971 in Box-Colombes, Frankreich, geboren und ist eine französische Schriftstellerin. Sie studierte Moderne Literaturwissenschaften und arbeitete seit 1996 für verschiedene Literatur-Fachzeitschriften.

Seit 2000 ist sie selbstständige Autorin und setzt sich für die Förderung von Lesen und Schreiben bei verhaltensauffälligen Kindern ein und veranstaltet für diese Schreibwerkstätte. Ihre Werke wurden mehrfach übersetzt und vielfach ausgezeichnet.

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Alastair Bonnett: Die seltsamsten Orte der Welt

Die seltsamsten Orte der Welt Book Cover
Die seltsamsten Orte der Welt Alastair Bonnett C.H. Beck Erschienen am: 15.12.2015 Seiten: 296 ISBN: 978-3-406-67492-1 Übersetzer: Andreas Wirthensohn

Inhalt:

Spätestens seit Google Earth ist die Welt bis in den letzten Winkel erforscht und vermessen. Es gibt keine unbekannten Orte mehr, keine unberührten Eilande, nichts mehr zu entdecken – oder etwa doch? Alastair Bonnett stellt in diesem Buch faszinierende und außergewöhnliche Orte vor, die unsere Vorstellungen von der Welt gehörig durcheinanderbringen.

Sie tauchen auf und unter, wie die Inseln im Gangesdelta, verschwinden von Satellitenbildern, wie Sandy Island vor

der australischen Küste, oder verstecken sich unter Gebüsch und Gestrüpp, das alle Spuren überwuchert, wie auf der britischen Halbinsel Arne.

Unterhaltsam und leichtfüßig werden Orte wie Bir Tawil in Ostafrika beschrieben, die partout keine Nation haben will, oder Orte, die scheinbar zu zwei Nationalstaaten gleichzeitig gehören. Berichtet wird von versteckten Labyrinthen, unterirdischen, verlassenen oder überbauten Städten ebenso wie von ihrer historischen Entwicklung.

Lehrreich, aber nicht belehrend führt Bonnett durch geographische Kuriositäten und zeigt, dass auch für den heutigen Menschen das Entdecken nie aufhört. (Verlagstext)

Rezension:

Der Mensch hat nahezu alles vermessen und katalogisiert, eingeordnet und bestimmt, was auf der Erde existiert. Dennoch gibt es weiße Flecken, die es zu entdecken gilt und über die es sich nachzudenken lohnt. Orte, auftauchen um wieder zu verschwinden, Orte, die zu zwei Staaten gleichzeitig gehören, die kein Staat haben will, Orte, die nur vorrübergehend existierend oder gar nicht an der Oberfläche, sondern nur direkt darunter.

Alastair Bonnett widmet sich diesen geographischen Kuriositäten, ob nun von der Natur oder vom Menschen geschaffen und nähert sich diesen in philosophischer Betrachtung, was anders gar nicht machbar wäre. Er lässt uns nachdenken, über unsere gewöhnliche Definition von Orten und Grenzen, an selbigen, die alle Regeln zu kippen scheinen und schrieb mit seinem Buch nicht nur eine Hommage an eben diese sondern auch an die Menschen, die das Ungewöhnliche in ihren Alltag integrieren müssen, da sie dort leben.

Ich habe etwas anderes erwartet, keinesfalls eine derartige Herangehensweise, sondern eine mehr sachliche, die über diese Orte, eine überdies willkürliche aber interessante Aufzählung, berichtet. Dennoch gefiel mir, was ich gelesen habe. Schön, das ganze mal aus einem Blickwinkel zu betrachten, den ich so nicht angedacht habe.

Zudem schärft es auch ein Blick für Orte, über die man sich ansonsten nie Gedanken machen würde und gibt Anstoß, das nächste Mal die Landkarte genauer zu betrachten oder gar einige solcher Orte vielleicht selbst zu besuchen. Was ich mir z.B. im Falle Baarle-Naussaus und Baarle-Hertongs auf jeden Fall vornehmen werde.

Insgesamt hat mir diese Betrachtung sehr gut gefallen, wenn sie auch etwas ungewöhnlich war und ich gerne mehr über die Orte und ihre Geschichte, so sie eine haben, und über die Menschen, die dort leben, erfahren hätte. Trotzdem ist Bonnetts Denkanstoß dazu geeignet, alltägliche Definitionen neu zu justieren, dort, wo sie nicht mehr funktionieren und alleine das ist ein großer Pluspunkt, genau so wie die ungewöhnliche Aufzählung verschiedenster geografischer Kuriositäten.

Zu guter Letzt, nur weil sich das hier lohnt, auch einen Blick auf Cover und Umschlaggestaltung. Kein normaler Papierumschlag, sondern schon etwas fester, von der Struktur her wie ein dünneres Wackelbildchen. Nur ohne Wackeln.

Fasst sich ganz anders an, ist gewöhnungsbedürftig. Manche werden wohl das Gefühl bekommen, daran fest zu kleben, wenn sie den Umschlag vorher nicht abnehmen. Es ist eine Sache der Gewohnheit. Überdies wunderschön und sehr detailliert gestaltet, passend zur Thematik des Buches und zum Spezialgebiet des Autors. Ein Schmuckstück unter den Sachbüchern.

Insgesamt, eine Leseempfehlung von mir. Am besten selbst an einem ungewöhnlichen Ort.

Autor:

Alastair Bonnett ist Professor of Social Geography an der Universität Newcastle uund Autor zahlreicher wissenschaftlicher Werke und Herausgeber der psychogeographischen Zeitschrift „Transgressions: A Journal of Urban Exploration“. Er lebt in Newcastle upon Tyne in England.

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