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Marie Fredriksson: Listen to my heart – Meine Liebe zum Leben

Listen to my heart - Meine Liebe zum Leben Book Cover
Listen to my heart – Meine Liebe zum Leben Marie Fredriksson/H. v. Zweigbergk Verlag: edel Erschienen am: 21.11.2016 Seiten: 239 ISBN: 978-3-8419-0488-1

Inhalt:

Mit Roxette hat Marie Fredriksson die Bühnen der ganzen Welt erobert, ein wahres Märchen, das ihr nach einer entbehrungsreichen Kindheit zuteil wurde. Doch dann stellt ein tödlicher Gehirntumor allen Erfolg in den Schatten und reduziert das Leben wieder auf das Wesentliche.

Seit nunmehr 15 Jahren kämpft Marie gegen den Krebs und vor allem gegen die Spätfolgen der Krankheit, die sie zuletzt zwangen sich für immer von der Bühne zu verabschieden.

“Listen to my heart”, ist eine Geschichte von großer Liebe, von Trauer, großen Erfolgen und Rache am Schicksal – der Liebe zum Leben sei Dank. (Klappentext)

Rezension:

Erfolgsstorys außerhalb der schwedischen Eurovisionsgeschichte kann man an einer Hand abzählen. Im musischen Bereich sind sie rar gesät, die Ausnahmetalente, die den Sprung nach Europa und den Rest der Welt schaffen.

Die schwedische Band Abba gehörte dazu und in jüngerer Zeit, inzwischen auch wieder mehrere Jahrzehnte her, schaffte Roxette den Sprung auf die internationale Bühne. Ein Leben zweier Musiker, ihrer Freunde und Familien für die Musik.

Immer skandalfrei, immer in Bewegung und immer mit neuen krativen Ideen für in Erinnerung bleibende Auftritte. Eine Band, auf die sich mehrere Generationen einigen können. Dreh- und Angelpunkt des Erfolgs war Marie Fredriksson, die sich von schwierigen finanziellen Familienverhältnissen ihren Traum erkämpfte, für die Musik und die Bühnen dieser Welt zu Leben.

Mit Hilfe der schwedischen Journalistin Helena von Zweigbringk veröffentlichte Fredriksson ihre Geschichte, deren schwerster Schicksalsschlag, ein Tumor im Jahr 2002 fast ihr Ende bedeutet hätte. Doch Marie Fredriksson nahm den Kampf auf und siegte. Aus Liebe zum Leben.

Künstlerbiografien, zumal von heutigen selbst ernannten Stars, haben oft genug keine tiefere Ebene und bleiben oberflächlich. Die meisten dieser Bücher bringen ein paar Anekdoten und kuriose Fakten hervor, zumehr lassen sich die Schreiber, ob nun der künstler selbst oder ein Ghostwriter nicht herab.

Das Buch von Marie Fredrikkson ist anders. Die Journalistin Helena von Zweigbergk hat die Sängerin mehrere Monate begleitet und Interviews geführt. Mit Marie, ihren Freunden und Bekannten, mit der Familie und Wegbegleitern einer schwedischen Erfolgsstory.

Herausgekommen ist ein beeindruckendes Portrait eines angeschlagenen aber nicht unbesiegten Menschen, welche nicht aufgegeben hat, in einer Situation, in der es jeder verstanden hätte. Nein, dass Bühnentalent kämpft für sich und ihre Freunde um ihr Leben als sie die schlimmste aller Diagnosen trifft. Ein Hirntumor, der fast das Ende bedeutet.

Natürlich ist dieses Büchlein vor allem für die Fans von Roxette, von Marie und Per, interessant, zumal wegen der Fakten und der Hintergrundgeschichte der Entstehung der Band. Aber es gibt auch Mut, für sich zu kämpfen, wenn alles aussichtslos erscheint und kaum Hoffnung mehr besteht.

Kurze Kapitel, in denen man den Eindruck hat, in denen die Sängerin aus ihrem Leben und vom Kampf gegen den Krebs erzählt wechseln sich ab mit den Eindrücken von Zweibringks, die ihr beim Niederschreiben und bei der Entstehung des Buches geholfen hat.

Für die Fans, die Marie Fredrikssons nur alles Gute und Glück wünschen können, dürfte so der Abschied von der Band leichter fallen. Alleine ihre Songs werden im Gedächtnis bleiben. Eine kleine großartige Biografie über ein beeindruckendes Leben.

Roxette “Listen to your heart”.

Autorinnen:
Helena von Zweigbergk wurde 1959 in Stockholm geboren und ist eine schwedische Autorin, Journalistin und Filmrezensentin. Nach der Schule studierte von Zweigbergk an der Universität Stockholm und erlangte erstmals in den 1990er Jahren Bekanntheit durch das schwedische Radioprogramm Spanama.

Ihr erstes Buch veröffentlichte sie 2001, welches vier Jahre später auch ins Deutsche übersetzt wurde. 1994 arbeitete sie zusammen mit der Journalistin Cecilia Bodström an einem Reportage-Buch über Prostitution. Zudem schrieb sie mehrere Filmrezensionen für eine schwedische Tageszeitung, sowie Kinderbücher.

Schwerpunkt ihrer schriftstellerischen Arbeit sind heite Menschen, die um ihre eigenen Standpunkte kämpfen. Als Journalistin arbeitete sie vor allem für die Zeitung Expressen und war von 2006-2007 als Programmleiterin einer schwedischen Fernsehshow. Sie lebt mit ihrer Familie in Stockholm.

Marie Fredriksson wurde 1958 in Össjö geboren und ist eine schwedische Musikerin. International bekannt wurde sie als Bandmitglied von Roxette. Nach dem Studium an der Musikhochschule Svalöv erhielt Fredriksson mit ihrer Band MaMas Barn einen Plattenvertrag, erzielte damit jedoch nur mäßige Erfolge.

1984 begann sie ihre Solokarriere und gründete zwei Jahre später mit Per Gessle die Band Roxette. Zunächst nur in Schweden erfolgreich, gelang 1989 der weltweite Durchbruch mit dem Hit “The Look”.

Mehrfach erhielt sie die goldene Schallplatte und wurde als beste Sängerin Schwedens ausgezeichnet. Mehrere Tourneen rund um den Globus folgten. Im September 2002 wurde bei Fredriksson ein Hirntumor diagnostiziert

Nach überstandener Krankheit feierte sie 2009 ihr Comeback. 2016 gab die Band entgültig ihren Abschied bekannt, mit der Begründung Fredriksson habe aufgrund der Spätfolgen nicht mehr die Kraft für die Auftritte. Sie starb am 9. Dezember 2019.

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Patrick Ness: Sieben Minuten nach Mitternacht

Sieben Minuten nach Mitternacht Book Cover
Sieben Minuten nach Mitternacht Roman cbj Verlag Hardcover Seiten: 216 ISBN: 978-3-570-15374-1

Inhalt:
Das Monster tauchte kurz nach Mitternacht auf. Wie das bei Monstern eben üblich ist. Conor war wach, als es kam. Er hatte einen Albtraum gehabt. Na gut, nicht irgendeinen. Den Albtraum. Den einen, den er in letzter Zeit ziemlich oft hatte. Den mit der Finsternis und dem Wind und dem Schrei. Den mit den Händen, die er irgendwann nicht mehr festhalten konnte, egal, wie sehr er sich bemühte. Den, der immer damit endete, dass… (Klappentext)

Rezension:
Wenn man die Spreu vom Weizen trennt, bleibt von der ursprünglichen Menge nur ein kleiner Teil zurück. So ist es auch mit den zahlreichen Veröffentlichungen, die Jahr für Jahr den Büchermarkt erobern und gerade Patrick Ness ist hier mit einem wahrhaft faszinierenden und wunderschönen Juwel zu finden. “Sieben Minuten nach Mitternacht” ist eigentlich ein Kinder- oder frühes Jugendbuch, sprengt aber alle Altersgrenzen und kann ebenso gut von Erwachsenen gelesen werden. Zu Grunde liegt eine erschütternde und berührende Geschichte.

Die eines Jungen, der Angst vor der Angst hat, sich dieser zu stellen und daran zu zerbrechen. Die eines Monsters, welches Conor, so der Name des dreizehnjährigen Protagonisten, fordert und zugleich auf ihn achtet. Die, einer Familie, die schon längst am Boden liegt und die letzten Züge der Verzweiflung erlebt. Patrick Ness hat sich als Autor die undankbarste Aufgabe vorgenommen, das Werk eines anderen zu beenden.

Siobhan Dowd konnte ihre Geschichte, die schon in Entwürfen existierte, nicht mehr schreiben, da sie vorher von ihrer Krankheit besiegt wurde und so hat der Verlag Ness die Verantwortung übertragen, eine Geschichte zu schreiben, die Dowd gefallen hätte. Eine unmögliche Aufgabe, die in den falschen Händen gelegt, nur schiefgehen kann. Ness aber ist der Kunstgriff gelungen, seinen Respekt vor der Autorin mit seinen eigenen Ideen und schriftstellerischen Talent zu verbinden. das merkt man in jeder Zeile.

Jede Zeile, die uns den Protagonisten näher bringt und begleiten lässt auf den Weg zu seiner Wahrheit. Diese ist emotional und geht unglaublich nahe. Der Leser leidet mit Conor, dessen Charakter und Beklemmung. Schüchternheit und Angst wunderbar herausgearbeitet wurde. Ein Sympathie-Träger, mit den man weinen möchte, den man halten möchte. Man selbst stürzt jedoch mit ihm in die Abgründe der Angst, einen geliebten Menschen zu verlieren. Vielleicht die größte persönliche Katastrophe, die man erleiden kann.

Der Autor zwingt mit seiner Geschichte, sich mit einer schwierigen Thematik auseinander zu setzen. Für Kinder, die dies lesen, gibt er Berührungspunkte, Erwachsene werden daran erinnert, dass man nie zu alt ist, sich vor diesen Moment zu fürchten. Eine Meisterleistung, ein unglaublicher Spagat.
Vollkommen aber machen die Zeichnungen Nesss’ bzw. Dowds Roman, den man, dank flüssiger Schreibweise und kurzer Kapitel sowie faszinierender Geschichte, nur so wegliest.

Schwarz-Weiß-Bilder, die mal wie Kohlezeichnungen wirken, mal wie Aquarelle mit modernen grafischen Elementen und alleine für sich besonders sind, die Seiten aber zu einem wahrlichen Eye-Catcher machen. Dieses Kleinod der Literatur sollte man schon besitzen, alleine um es im Regal zu haben. Wer aber eintaucht in die Geschichte, sich von den Zeichnungen vereinnahmen lässt, erlebt einen wunderbaren Roman, der es verdient hat, in Ehren gehalten zu werden.

Eine ernste Thematik so anspruchsvoll und dennoch nicht hochtrabend mit erhobenen Zeigefinger zu verarbeiten, ist hier gelungen. Zu viele andere Bücher aus diesem Bereich sind einfach nur schlechter. Eine Wohltat für den, der diesen Roman liest. Vielleicht sogar um sieben Minuten nach Mitternacht?

Autoren/Zeichner:
Siobhan Dowd wurde 1960 in London geboren und ging nach dem Abitur an die Universität Oxford, wo sie studierte. Danach arbeitete sie als Redakteurin für PEN International und als freischaffende Autorin. 2006 veröffentlichte sie ihren Debütroman, der mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurde. Nach drei Jahren Krankheit verstarb Dowd 2007 an Brustkrebs.

Patrick Ness wurde 1971 in Alexandria, Virginia, geboren und ist ein amerikanisch-britischer Journalist und Schriftsteller.Er studierte Englische Literatur an der Universität von Südkalifornien und erstellte nach seinem Abschluss Gebrauchsanweisungen und Formschreiben für eine Kabelfirma. Seit 1999 lebt er in London und arbeitete seit dem an seinem ersten Roman. Er unterrichtete Kreatives Schreiben, arbeitete für eine Tageszeitung als Rezensent. 2014 hielt Ness eine vielbeachtete Rede zu den gesellschaftlichen Anforderungen für Autoren von Kinder- und Jugendliteratur, selbst veröffentlichte er Kurzgeschichten seit 1997.

Im Jahr 2011 vollendete er die Geschichte “Sieben Minuten nach Mitternacht” von Siobhan Dowd, die 2007 an Brustkrebs verstarb. Beide Autoren hatten sich nie getroffen, jedoch für den selben Herausgeber gearbeitet. Zum gleichnamigen Film, der 2017 erscheint, schrieb er das Drehbuch. Für seine Werke erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.

Jim Kay illustriert seit 2015 die Bücher der Harry-Potter-Reihe und arbeitet darüber hinaus für Film, Verlage und Fernsehen.

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Michael Schulte-Markwort: Burnout-Kids

Burnout-Kids  Book Cover
Burnout-Kids Michael Schulte-Markwort Knaur Erschienen am: 01.03.2016 Seiten: 269 ISBN: 978-3-426-78815-8

Inhalt:

Sie sind einfach fertig. Sie müssen perfekt gestylt sein für den Auftritt in der Klasse. Die Noten müssen sowieso stimmen. Nach Schulschluss wartet schon der Trainer, dann die Klavierlehrerin.

In der Summe ist dieser Druck auf unsere Kinder unerträglich, denn sie unterwerfen sich fast völlig freiwillig dem Diktat unserer Leistungsgesellschaft – und leiden unter den Folgen.

Der erfahrene Kinder- und Jugendpsychiater Professor Michael Schulte-Markwort diagnostiziert täglich Burnout bei Kindern. Er fordert deshalb von unserer Gesellschaft eine Antwort auf die Frage: “Was für Kinder wollen wir?” (Klappentext)

Rezension:

Kinder sind keine Tyrannen, wie es uns einige Ratgeber klarmachen wollen, auch sind nicht alleine die Eltern oder die zunehmende Digitalisierung unseres Lebens daran schuld, dass immer mehr Kinder den Anforderungen unserer Gesellschaft, ihrer Familien oder an sich selbst nicht mehr genügen und einfach “ausbrennen”.

Tatsächlich ist Burnout, eine Krankheit, die inzwischen in der Erwachsenenwelt anerkannt wird, bei Kindern und Jugendlichen angekommen. Immer mehr auch im Grundschulalter, wo der Leistungsdruck beginnt und von da an immer größer wird.

Bis einige von unseren Kindern nicht mehr können und sich in einer Spirale aus Enttäuschung, Misserfolgen und Depressionen befinden. Der Psychosomatiker Michael Schulte-Markwort berichtet in “Burnout-Kids” über eine erst in den letzten Jahren entstehende Patientengruppe und darüber, wie er dieser begegnet und sie behandelt.

Herrlich unaufgeregt sieht er das Positive und das Potential jedes einzelnen Kindes und Jugendlichen und schlägt individuelle Wege ein, um die Jungen und Mädchen aus ihrer Depression herauszuholen und neue Wege aufzuzeigen, die Herausforderung Alltag zu meistern.

Und das mit einer ebensolchen Vielzahl an Behandlungsmethoden auf Augenhöhe seiner Patienten.

Michael Schulte-Markwort, der inzwischen seine Patientenbriefe direkt an die Kinder und Jugendlichen richtet und nicht mehr an die Eltern, hat hier einen verständlichen Ratgeber vorgelegt, der es Laien leicht begreiflich macht, was die Ursachen, so unterschiedlich die Patienten sind, für eine Erschöpfungsdepression, einem Burnout sind und warum schon die Kleinsten davon betroffen sind.

Anhand von Fallbeispielen berichtet er von seinem Alltag mit den Patienten, stellt klar, wie der Weg vom Erstbefund über die Diagnose, die Ursachensuche und die Behandlung funktioniert.

Er betont dabei immer wieder, dass nicht ein Faktor als Auslöser dieser Krankheit eine Rolle spielt sondern viele zusammenwirken müssen, damit ein Burnout entsteht und ebenso vielfältig dagegengesteuert werden muss.

Michael Schulte-Markwort macht den Eltern Mut, Hilfe, die es so vor Jahren noch nicht gegeben hat anzunehmen und ihre Kinder therapieren zu lassen, argumentiert für das Agieren direkt mit den Kindern selbst und ist überzeugt davon, dass jedes Anzeichen für Burnout bei Kindern einer schnellstmöglichen Behandlung bedarf.

“Burnout-Kids” richtet sich direkt an den Leser, an die Mütter und Väter derer, von denen sie denken, dass sie den Alltag, die Verquickung von Schule und Privatleben, von digitalen Alltag und Familienwahnsinn nicht mehr standhalten können und zeigt Wege, wie es uns gelingen kann, Burnout-Kids zu verhindern oder, wenn schon passiert, ihnen zu helfen.

In klarer, deutlicher und verständlöicher Sprache ist Michael Schulte-markworts für den Laien geeignet, ein Wegweiser zu sein, der nicht von oben herab geschrieben ist und auch sich nicht auf bestimmte Phänomene des Alltags einschießt, die die Erwachsenen wohlgemerkt selbst geschaffen haben.

Denn keineswegs sind Kinder z.B. Schuld an der zunehmenden Techni- und Digitalisierung unserer Gesellschaft, am Druck unseres Schulsystems oder an Ursachen innerhalb der Familiengeschichte und den Lebensmodellen heute (z.B. Scheidungsfamilien).

Kein Wunder, dass der Druck für manchen Kleinen einfach zu groß wird. Michael Schulte-Markwort nimmt dabei nicht in Anspruch einen “goldenen” richtigen Weg gefunden zu haben, er möchte aber eine Diskussion anstoßen, die das Leben vieler Kinder hoffentlich zum Positiven hin verändert.

Es ist daher zu hoffen, dass dieses Buch (und inzwischen sein Nachfolge-Buch “Super-Kids”) viele Leser findet, die mit Kindern zu tun haben, denn sie sind es wert sich damit auseinander zu setzen. Hoffen wir, dass es gelingt.

Autor:

Michael Schulte-Markwort wurde 1956 in Osnabrück geboren und ist ein deutscher Kinder- und Jugendpsychiator, sowie Universitätsprofessort. Er ist ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpychosomatik in Hamburg-Eppendorf, sowie leitender Arzt der entsprechenden Abteilung im Altonaer Kinderkrankenhaus.

Er gilt als Experte für erschöpfungsdepressionen imk Kinder- und Jugendalter: Er studierte nach der Schule Humanmedizin und Philosopgie in Marburg und Kiel und erhielt 1987 seine Approbation zum Arzt, 1991 promovierte er und war 1992-1996 Oberarzt in der Klining für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Medizinischen Universiät Lübeck.

Nach diversen Stationen erhielt er den Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychosomatik am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Er hat zahlreiche wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Publikationen veröffentlicht.

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Anna Maria Sanders: Ich dreh gleich durch!

Ich dreh gleich durch! Book Cover
Ich dreh gleich durch! Anna Maria Sanders Gütersloher Verlagshaus Erschienen am: 25.04.2016 Seiten: 304 ISBN: 978-3-579-08633-0

Inhalt:

Max, 11 Jahre alt, lebhaft, quirlig, impulsiv, planlos, vergesslich, eine richtige Nervensäge, aber auch ein äußerst liebenswerter Zappelphilipp – ein Kind mit ADHS.

Wie mag sich ein solches Kind in seinem Alltag mit all dem Chaos fühlen? In diesem Buch kommt zum ersten Mal ein ADHS-Kind selbst zu Wort. Max erzählt witzige Episoden aus seinem Leben.

Er lässt uns lachen, weinen und nachdenklich sein und verhilft uns durch seine entwaffnende Offenheit zu einer Riesenportion Verständnis und Gelassenheit. Auch diejenigen, die mit ihm zu tun haben, schreiben sich in einem erfrischenden Perspektivwechsel ihre liebe Not mit dem Energiebündel von der Seele. (Klappentext)

Rezension:

Ich halte nichts davon, Probleme mit Ratgeberbüchern zu lösen, die aufgrund ihrer Fülle und Lösungsansätze Probleme nicht lösen, sondern eher dazu beitragen, noch mehr zu verwirren. Dieses Buch hier aber, ist anders.

Erstmals wird in Tagebuchform aus der Sicht eines von ADHS betroffenen Kindes dessen Alltag beschrieben, der nicht nur für seine Umgebung, Eltern, Klassenkameraden und Lehrer äußerst anstrengend ist, sondern eben auch für Max.

Der Elfjährige, der völlig uncool zu seinem Geburtstag ein Tagebuch geschenkt bekommt, beginnt sich den Alltagsfrust von der Seele zu schreiben und bringt dabei allerhand witzige, traurige und nachdenklich machende Begebenheiten zur Sprache, ebenso wie seine Eltern, sein Großvater, seine schreckliche Tante und die Lehrerschaft, die die Mutter mit E-Mails ob der Schandtaten ihres Sohnes bombardieren und oft nicht wissen, wie umgehen mit dem kleinen Energiebündel.

Und nach und nach beginnen alle Seiten die jeweils andere zu verstehen. Max lernt sich selbst besser kennen, seine Eltern verlassen sich nicht allein auf Bücher oder aber wohlmeinende, kontraproduktive Verwandte, sondern vor allem auf Liebe, Einfühlungsvermögen, ihre erprobten Nerven und Intuition.

Nach und nach lernt man den Jungen einfach nur lieben und versteht, dass gerade Kinder mit solch einem Handicap ganz besonders sind.

Literarisch natürlich ist dieses Buch kein großer Wurf. Muss es auch nicht sein. Der Ansatz ist es, welcher diesen Ratgeber, der keiner sein will, so interessant macht. Warum nicht einfach einmal einen Betroffenen, zumal noch Kind, selbst zu Wort kommen lassen?

Gerade im Bereich ADHS, welcher von kontroversen debatten bestimmt und überdies noch nicht zur Gänze erforscht ist, eion radikaler Neuversuch, dieses Syndrom zu betrachten.

Die Autorin lässt dabei die Erfahrungen aus der Erziehung ihres jüngsten Sohnes, der ebenfalls an ADHS leidet, mit einfließen, sowie aus diversen medizinischen Studios und, ja, auch Ratgeberbüchern vor allem wissenschaftliche Betrachtungen mit einfließen.

Die Lösung aber findet sie selbst, ohne Medikamente, die sie laut ihrer Homepage aber auch nicht verteufeln will, denn sie können eine mögliche Lösung sein. Je nach dem. Schließlich muss jeder Fall individuell betrachtet werden. Allein, bei Max helfen andere Dinge.

Dieses Buch soll all jenenen Mut machen, die unter ADHS leiden oder mit Betroffenen einen oft sehr viel schwereren Alltag meistern müssen als die meisten von uns. Es ist auch jenen zu empfehlen, die vielleicht nicht direkt aber in der Verwandtschaft oder als Lehrer und Erzieher mit ADHS-Kindern zu tun haben.

Einen solchen Einblick können viele Fachbücher so nicht bieten und viele Lösungsansätze sind zu stark fokussiert, ohne dass äußere vom Tellerrand zu betrachten. Gespickt mit fachlichen Informationen, Erläuterungen zum realen Vorbild von Max Bergmann und den Tagebucheinträgen, die sich zum teil aus dem real Erlebten der Autorin, ihres Sohnes und der Familie speisen, ist dieses Buch unglaublich wertvoll und jedem zu empfehlen.

“Ich dreh gleich durch!”, sollte zur Pflichtliteratur aller Eltern und Betroffenen werden, die mit ADHS in Berührung kommen. Am Ende ist Verständnis der Weg zum Ziel.

Autorin:

Anna Maria Sanders wurde 1961 geboren und lebt verheratet mit ihrer Familie in Salzburg. Nachdem sie 1980 die Schule mit dem Abitur abgeschlossen hat verbrachte sie mehrere längere Aufenthalte in den USA und studierte in Salzburg Germanistik.

Sie arbeitete als Sprachlehrerin und beschäftigt sich seit der Geburt ihres zweiten Sohnes mit ADHS, worüber sie 2014 begann ihre Erfahrungen mit den Familienalltag eines ADHS-Kindes aufzuschreiben.

Die Autorin: http://www.anna-maria-sanders.com/autorin/

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Manuela Kuffner: Mogli – Der Kampf um mein wunderbares Kind

Mogli - Der Kampf um mein wunderbares Kind Book Cover
Mogli – Der Kampf um mein wunderbares Kind Manuela Kuffner Knaur Erschienen am: 03.08.2012 Seiten: 348 ISBN: 978-3-426-65483-5

Inhalt:

Aljoscha erklimmt die höchsten Bäume und rennt barfuß durch den Wald. Seine Lieblingsplätze sind nah am Himmel, doch sein Paradies ist voller Gefahren. Denn der Junge, der von seiner Familie liebevoll Mogli genannt wird, ist schwer krank.

Durch eine seltene Form der Epilepsie verlor er als Dreijähriger Sprache und jedes Empfinden für Angst oder Schmerz. Seitdem bewegt er sich furchtlos durch eine Welt, deren Bedrohungen er nicht erkennt.

Und das Leben von Aljoschas Mutter hat nur noch den einen Inhalt: „Ich muss meinen Sohn vor sich selbst schützen, jeden Tag, jede Stunde.“ Doch es gibt Hoffnung: Mit Einsetzen der Pubertät könnte sich Aljoschas Zustand deutlich bessern … (Verlagsseite)

Rezension:

Wenn Aljoscha, Mogli genannt, wieder einmal einen seiner Anfälle hat, hat seine Mutter keine ruhige Minute. Ständig muss sie aufpassen, dass ihr sohn nicht ohnmächtig wird oder bei einem seiner Wutanfälle Mitmenschen nicht verletzt, Dinge kaputtmacht oder durcheinander bringt.

Und dann, am Abend, wenn ihr Sohn schläft, versucht Manuela Kuffner wenigstens für ein paar Stunden zur Ruhe zu kommen um genug Energie für den folgenden ebenso stressigen Tag zu sammeln. Eine Aufgabe, die ihr immer schwerer fällt, doch ein Mogli fordert und seine Mutter ist bereit um ihn zu kämpfen.

Diese Geschichte macht Mut. All jenen, die mit unterschiedlichen harten Schicksalschlägen zu kämpfen haben, aus denen selbst erprobte Mediziner keinen Ausweg wissen und denen, die tatgtäglich mit dem Besonderen zu kämpfen haben.

Was hier meint, die Abweichung von dem, was allgemein als normal betrachtet wird. Und dabei kann man nur den Hut ziehen, vor dieser Frau, die sich in aller Öffentlichkeit rechtfertigen muss, wenn ihr Sohn zum wiederholten Male Läden, Straßenfeste und “ruhige” Ferienorte aufmischt, ohne etwas dafür zu können.

Manuela Kuffner gibt in ihrem Buch einen eindrucksvollen Blick in ihre Welt und die ihres Sohnes, die durch ein äußerst seltenes Krankheitsbild bestimmt wird. Man mag es sich nicht vorstellen, wie es ist, auch nur einen Tag unter diesen Anforderungen zu verbringen, immer nur auf eine Besserung des Zustandes hoffen zu können und stattdessen immer wieder Rückschläge zu erleben.

Der Leser fragt sich zunehmend imm er mehr, woher die Frau bloß die Kraft nimmt, dies durchzustehen, ihren Sohn nicht aufzugeben oder in ein Heim abzuschieben, wo andere längst kapituliert hätten. Man erfährt es auch nicht.

Die Autorin weiß es oft genug selbst nicht. Sie berichtet ungeschönt von ihrer verzweiflung, von immer neuen ärztlichen Versuchen, ihrem Sohn zu helfen, vom Zerbröseln ihrer sozialen Kontakte, selbst das Auseinanderbrechen Ihrer Ehe durch die Krankheit ihres Kindes und die Vernachlässigung des Erstgeborenen, da Aljoscha alle Aufmerksamkeit braucht, die seine Eltern ihm geben können.

Stellenweise möchte man schreien, kommen einen die Tränen, wird mit seinen Gefühlen hin und her geworfen, um dann in ruhigen Momenten das Durchhaltevermögen der Frau zu bestaunen. Ein wunderbares Buch, welches den Anstoß geben kann, Menschen die von der Norm abweichen, mit anderen Augen zu betrachten.

Vielleicht gelingt es ja den einem oder anderen Leser, daraus Kraft für sich und andere zu ziehen. Dann hätte Manuela Kuffner mehr erreicht als nur, sich ihre Geschichte und die Ihres Sohnes von der Seele zu schreiben. Ein starkes Buch unter den Erfahrungs-/Lebenshilfeberichten, ehrlich und ungeschönt.

Autorin:

Manuela Kuffner wurde 1961 geboren und lebt mit ihren Söhnen im Allgäu. Ihr jüngster Sohn Aljoscha leidet am Landau-Kleffner-Syndrom. Diese seltene Form der Epilepsie führt innerhalb weniger Tage nach Ausbruch zu einer völligen Wesensveränderung. Aljoscha besucht heute eine Förderschule für Gehörlose

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