
Inhalt:
Pavel Taussig wird 1933 im slowakischen Pressburg in eine jüdische Familie geboren. Im November 1944 wird die Familie nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Pavel und seine Eltern werden getrennt. Nach mehreren Todesmärschen und seiner Befreiung im mai 1945 muss der Elfjährige für mehrere Monate in verschiedene Krankenhäuser. Anschließend trifft er Mutter und Vater in seiner Heimatstadt wieder. Die politischen Umstände des Prager Frühlings zwingen Pavel Taussig 1968 zur Auswanderung in die Bundesrepublik Deutschland. (Klappentext)
Rezension:
Welche unmenschlichen Kräfte muss, kann man mobilisieren, um zu überleben? Zumal als Kind. Pavel Taussig erzählt davon, mit Hilfe seines Tagesbuches, welches er direkt nach der Befreiung von den Nazis begann als Elfjähriger zu führen. Als Kind hatte er die Todesmärsche durch die Konzentrationslager überlebt, zu denen er und andere gedrängt wurden. Direkt nach dem Krieg war er so geschwächt, dass erst ein monatelanger Aufenthalt in verschiedenen Krankenhäusern dazu verhalf, zu Kräften zu kommen.
Davon erzählt er, der zunächst auch unter besonderen politischen Umständen relativ behütet in Bratislava aufgewachsen war. Vor der Zerschlagung der Tschechoslowakei in weiser Voraussicht kurz nach der Geburt getauft, auch die Eltern hatten sich kurz vorher taufen lassen, galt er aufgrund eines Dekretes so nicht als Volljude, was ihn bis kurz vor Ende des Krieges vor den Zugriffen, wenn auch nicht vor Ausgrenzungen schützen sollte. Erst im Jahr 1944 sollten die Gardisten, die slowakischen SS-Einheiten seine Familie verhaften und so sollte auch für das Kind Pavel ein schmerzlichs Martyrium beginnen.
Es ist eine dieser Erinnerungen gegen das Vergessen, die einem innehalten und nicht mehr los lassen. Nach der Befreiung aufgeschrieben, spürt man trotzdem all die Schmerzen und noch frischen offenen Wunden, das Grauen eben gerade so überlebt zu haben. Beim Lesen hat man das Gefühl durch die einzelnen Einträge zu raßen. Fast wirkt es so, als wollte der Autor schnell zu den Punkt des Kriegsendes gelangen, was ja auch verständlich ist. So sind diese Erinnerungen zweigeteilt. Da sind die Erinnerungen vor Kriegsende, beinahe in eine Art Rohfassung belassen. Der kindliche Blick ist unverstellt, nur auf das Notwendige ausgerichtet. Taussig hat da nicht viel ausformuliert. Sehr nüchtern wirkt die Betrachtung.
Der zweite Teil, die Schilderungen der Krankenhausaufenthalte, die Sehnsucht nach den Eltern und dem Zuhause wirken da natürlich emotionaler, wenn sich auch hier eine dichte Taktung der Einträge zeigt. Der Autor wollte erzählen, für die Nachwelt bewahren, jedoch nicht lange verweilen. Trotzdem ist die Niederschrift, ergänzt durch einen Karten- und großzügigen Fototeil wichtig, dass es sie gibt.
Es sei allen empfohlen, sie zu lesen.
Autor:
Pavel Taussig wurde 1933 in Bratislava, Tschechoslowakei, geboren und ist ein slowakischer Schriftsteller, Satiriker, Autor und Fotograf. Gleich nach der Geburt getauft, war seine jüdische Herkunft zu Hause kein Thema. Taussig wuchs in einer wohlhabenden und vollständig assimilierten Familie auf und wurde erst 1944 zusammen mit seiner Familie verhaftet. Als Kind überlebte er mehrere Konzentrationslager und Todesmärsche und wurde nach der Befreiung aufgrund von gefährlichen Magenbeschwerden und Tuberkulose in mehreren Krankenhäusern behandelt, sowie ein Jahr in der Hohen Tatra wegen Tuberkulose behandelt.
Nach einem Besuch des Gymnasiums studierte er die slowakische Sprache und Bibliothekswissenschaft und war nach einer Tätigkeit als Bibliothekar für eine Satirezeitschift tätig. In Folge des Prager Frühlings floh er mit seiner Frau nach Deutschland und arbeitete dort für eine Satirezeitschrift und war Mitgründer der Titanic. In den 1980er Jahren veröffentlichte er eine Kurzgeschichte und eine Cartoonsammlung. Für seinen Sohn übersetzte er sein Kindertagebuch, die darauf aufbauende Biografie erschien 2018 in Tschechien, vier Jahre später in Deutschland.