Monica Subietas: Waldinneres

Inhalt:

Ein jüdischer Kunstsammler rettet sich mit Fluchthelfern vor den Nazis in die Schweiz, doch seine Spur verliert sich im Dickicht eines Waldes. Zurück bleibt nur sein Gehstock, darin eingerollt ein kleines Gemälde.

70 Jahre später betritt Gottfried Messmer das Foyer einer Bank in Zürich. Im Schließfach seines Vaters findet er einen echten Klimt. Wie kam sein Vater an dieses Bild? Und wo ist sein wahrer Besitzer? Gottfried muss sich einem Familiengeheimnis stellen, das weit in die Geschichte seines Landes zurückreicht. (Klappentext)

Rezension:

Als der Sohn den Nachlass seines Vaters inspiziert, den er zuvor einem jahrzehntelang unberührten Bankschließfach entnahm, stockt ihm der Atem. Eingerollt im Hohlraum eines Gehstocks findet sich ein bemaltes Stück Leinwand, kaum größer als eine Postkarte. Ein Original so scheint es, von Gustav Klimt.

Wie kam Hermann einst in Besitz dieses Gemäldes? War Gottfrieds Vater Profiteur von NS-Raubkunst? Und wie soll er den letzten Willen von Hermann erfüllen, den wahren Besitzer von „Waldinneres“ zu finden? Eine Suche auf den Spuren der eigenen Familiengeschichte und in den düsteren Kapiteln seines Heimatlandes entpuppt sich als schwierig. Und als wahrer Krimi.

So viel zur Handlung der vorliegenden kompakt gehaltenen Novelle, in der sich die spanische Kulturjournalistin Monica Subietas mit den Themen Judenverfolgung und NS-Raubkunst auseinandersetzt. Zunächst, das titelgebende Gemälde gibt es tatsächlich.

Der Maler Gustav Klimt schuf es 1881 und war mit seinen Werken einer der Künstler, deren Objekte sich später die Nationalsozialisten auf ihren Raubzügen quer durch Europa aneigneten, welche in Folge entweder in Privatarchive oder Sammlungen wiederfanden, deren Spuren sich über das Kriegsende hinaus verlor und bis dato teilweise noch immer nicht restituiert sind. Dieses Szenario gestreift hat die Autorin einen sogreichen Roman verfasst, der durchaus ein Erzähltempo erzeugt, dessen Sog man sich nicht entziehen kann.

Eingerahmt durch Zeitsprünge erleben wir die Haupthandlung in unserer Gegenwart, die zunächst unscheinbar daherkommt und mit deren Hilfe alle Figuren, auch die aus der Vergangenheit nach und nach ihre Konturen bekommen. Nicht alle gleichermaßen, vieles bleibt im Waagen. Nur langsam lüftet sich der Schleier für den Hauptprotagonisten, der sich schnell innerhalb eines Spiels findet, welches er kaum noch kontrollieren kann.

Verschiedene kurz gehaltene Perspektivwechsel tun ihr übriges dazu, der Handlung eine gewisse Dynamik zu verleihen, die jedoch an mancher Stelle nicht ganz stimmig in ruhige Fahrwasser gerät. Subietas hat hier Potential nicht zur Gänze genutzt, um so erstaunlicher ist es, dass dennoch keine unlogischen Brüche oder Wendungen existieren.

Viel mehr Ausschmückung an Details hätten einzelnen Figuren und Szenen gut getan, wobei Auslassungen an vielen Stellen dann doch funktionieren. Die Tonalität indes bleibt zumeist ruhig. Die Thematik indes ist fast ein Alleinstellungsmerkmal oder zumindest selten für eine Romanhandlung, weshalb „Waldinneres“ dennoch lesenswert ist.

Subietas‘ Stärke liegt in der Ausgestaltung ihres Hauptprotagonisten, dessen innere Zerrissenheit sich in allen Facetten der Handlung widerspiegelt, wogegen die Antagonisten nicht gänzlich der einen oder anderen Seite zuzuordnen sind. Die Autorin scheint die Zwischentöne zu lieben, was durchaus Wirkung zeigt. Auch atmosphärische Ortsbeschreibungen lassen Bilder vor dem inneren Auge entstehen und geben so der Erzählung zusätzlich Konturen. Logikfehler sind, wenn vorhanden, zu überlesen.

Das gesamte Konstrukt wirkt im Zusammenspiel mit einer überraschenden wende beinahe am Ende des Textes, der in kompakt gehaltene Kapitel aufgegliedert ist, zudem helfen die oben beschriebenen Punkte, sich dies alles vorzustellen. Auch das Grundthema trägt seinen Teil zur Spannung bei. Hier wäre dennoch etwas mehr Tiefe wünschenswert gewesen.

Der Roman „Waldinneres“ ist lesenswert und kann durchaus als Ansatz genommen werden, sich einmal mit dem Wirken Klimts sowie der verschlungenen Thematik NS-Raubkunst zu beschäftigen, die bis in unsere Zeit hineinwirkt und noch immer nicht aufgelöst wird, dank des verborgenen Teils der Kunstwelt, der Verschwiegenheit von Banken und auch dem Unwillen staatlicher Institutionen, sich mit den dunklen Flecken der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Mit ihrem Debüt stößt Monica Subietas durchaus gekonnt einen Keil hinein und damit eine Diskussion an, die viel beharrlicher geführt werden muss.

Trotz seiner Schwächen ist alleine deshalb „Waldinneres“ daher sehr lesenswert.

Autorin:

Monica Subietas wurde 1971 in Barcelona geboren und ist eine Kulturjournalistin und Autorin. Die in Zürich als Editorial Designerin tätige arbeitet in der Leseförderung und spricht mehrere Sprachen fließend. „Waldinneres“ ist ihr erster Roman.

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