Inhalt:
Rebiya Kadeer zählte einst zu den reichsten Frauen im Reich der Mitte. Nach einer beispiellosen Karriere begann sie schließlich, ihren politischen Einfluss zu nutzen und sich für die Rechte ihrer uigurischen Landsleute einzusetzen, einer muslimischen Volksgruppe im Nordwesten Chinas, die von Peking ihre religiösen, kulturellen und wirtschaftlichen Grundrechte einfordert. Damit wurde sie zur meistgehassten Frau des Regimes, das Gegner gnadenlos verfolgt, foltert und tötet.
Die chinesische Führung rächte sich an ihr und sperrte Rebiya Kdeer für fünf Jahre ins Gefängnis, wo sie Zeugin von Folter, Vergewaltigungen und Hinrichtungen wurde. Nachdem sich Menschenrechtsorganisationen aus der ganzen Welt für ihre Freilassung aus dem Gefängnis eingesetzt hatten, durfte sie in die USA ausreisen, wo sie ihren leidenschaftlichen Kampf für freiheit und Menschenrechte weiterführt. Ihr bewegtes Leben ist spannender als jeder Roman. (Klappentext)
Rezension:
Lange leugnete die chinesische Führung die Existenz der Internierungslager, deren Innenleben der raren Erzählungen Überlebender direkt der Hölle entsprungen zu schienen. Als sich aufgrund von Satellitenbildern deren Bestehen nicht mehr leugnen ließ, sprach die Kommunistische Partei beschönigend von Bildungsstätten, doch die Realität im Reich der Mitte sieht anders aus.
Im modernsten Überwachungsstaat werden jene unterdrückt, die es wagen könnten, den Führungsanspruch Pekings zu hinterfragen, allen voran Minderheiten, deren bloße Existenz schon als Bedrohung angesehen wird. D
Doch während die Bedrohung der Tibeter nicht zuletzt durch ihr religiöses Oberhaupt, des Dalai-Lama immer wieder in den Blick der Weltöffentlichkeit gerät, tut dies die Unterdrückung der im Nordwesten Chinas lebenden Uiguren erst seit kurzen. Die Journalistin Alexandra Cavelius hat mit der Menschenrechtsaktivistin, der Uigurin Rebiya Kadeer mehrfach gesprochen. daraus entstanden, ist dieses Werk.
Es erzählt die Lebensgeschichte dieser beeindruckenden Frau, deren außergewöhnliche Persönlichkeit schon von den Eltern so gesehen und in diese Richtung gefördert wurde. Kadeer erzählt von einem Leben zwischen den Kulturen und für ein Volk, ihre Erfolge, die sie zu einer angesehenen Person innerhalb der Region machten, wo sie lebte, aber auch in Gefahr brachten und schließlich zu Fall.
In beeindruckenden Bildern schildert sie die negativen Auswirkungen einer Geopolitik, die einem brutalen Eroberungsfeldzug gleicht und zusammengehalten wird, u. a. durch Folter und Gewalt, die sie am eigenen Leib erdulden musste, beginnend mit ihrem Aufwachsen, wirtschaftlichen Erfolgen und schließlich dem versuchten Brechen ihrer Persönlichkeit, was ihren Peinigern glücklicherweise nie vollständig gelang.
Beim Lesen stockt der Atem, ob der nächsten Schikane, des nächsten Rückschlags, aber auch vor einem nahezu unerschütterlichen Mut, der seines Gleichen sucht. Zunächst noch optimistisch, ihren Platz suchend, mehren sich die negativen Schläge, die bald keine Auswege mehr zulassen und schließlich in den Abgrund führen.
Die beiden Autorinnen legen dabei den Fokus auf dem Weg Kadeers in China und zeigen, wie ein System die unter ihm lebenden Menschen frisst. Die Gliederung orientiert sich dabei anhand der verschiedenen Lebensabschnitte Kadeers, ein Bildteil zeigt Fotos von wichtigen Lebensstationen. Nur eine geografische Karte ist nicht vorhanden, welche noch eine zusätzliche sinnvolle Ergänzung gewesen wäre.
Einfach zu lesen ist dies nicht. Der Text erfordert unbedingte Konzentration und Aufmerksamkeit, ob der gesellschaftlichen Befindlichkeiten, der Nuancen familiärer und kultureller Traditionen etwa, die aus heutiger Sicht einige Entscheidungen und Reaktionen Kadeers seltsam erscheinen lassen oder zumindest wagemutig.
Die Geschichte von Rebiya Kadeer und damit auch die Unterdrückung einer einst stolzen Volksgruppe muss unbedingt bekannter werden, in sofern ist Cavelius‘ Buch eines dieser modernen Werke gegen das Vergessen, die noch mehr Aufmerksamkeit verdienen.
Wer die Unruhe beim Lesen nicht scheut, wird hier bleibende Eindrücke erhalten.
Ausschnitt eines externen Interviews aus dem Jahr 2015: https://www.youtube.com/watch?v=ceJ5RjM1QjY , hier 2009: https://www.youtube.com/watch?v=pw2U1304IFE
Autorinnen:
Rebiya Kadeer wurde 1946 im Gebirge von Altay, im ehemaligen Ostturkestan geboren und ist Chinas bekannteste Menschenrechtlerin. Seit 2005 lebt sie im amerikanischen Exil und setzt sich dort für ihre uigurischen Landsleute ein. Sie wurde bereits mehrfach für den Friedensnobelpreis nominiert.
Alexandra Cavelius ist freie Autorin und Journalistin und schreibt für verschiedene zeitungen und Magazine. Auf Basis mehrerer Interviews entstand in Zusammenarbeit mit Sayragul Saytbay deren Biografie „Die Kronzeugin, sowie das Sachbuch „Die China-Protokolle“.