Inhalt:
Ralf Rothmann erzählt in der ihm eigenen, eindringlichen Sprache von den letzten Wochen der Kindheit, ihren leisen Schrecken und dem erhellenden Trost: »Wenn du dich für die Freiheit entschieden hast, kann dir gar nichts passieren. Nie.« (Klappentext)
Rezension:
Julian, von allen Juli genannt („Hau ab, Juli. Wir haben August.“), erlebt den letzten Sommer der Kindheit im Ruhrgebiet, in einer kleinen Arbeitersiedlung nahe der Zeche, wo sein Vater und andereKohle abbauen und ans Tageslicht befördern.
So schwer und anstrengend, wie die körperliche Arbeit der Bergleute ist, erlebt der Junge die Tage, die er wenig mit Freunden, oft alleine, verbringt. Merkt, wie seine Kindheit immer schneller ihm entrinnt und ihn in die Welt der Jugendlichen und Erwachsenen treibt.
Er sieht ihren Zwiespalt, ihre Scheinheiligkeiten, Schwierigkeiten und ihre Verlockungen, hier im Rahmen des Nachbarmädchens Marusha. Und immer wieder steht er zwischen den Stühlen, wenn er mal wieder unverschuldet in das eine oder andere Missgeschick und schließlich unter Mamas Kochlöffel gerät oder als intelligenter und künstlerisch begabter Außenseiter von seinen Freunden misstrauisch beäugt wird.
Der Zwölfjährige schlägt sich durch, nimmt alles Positive aus und schafft es, dem grauen Alltag immer wieder auch positive Seiten abzugewinnen. Der letzte Sommer der Kindheit ist ein ganz besonderer.
Sprachlich einfach geschrieben und doch sehr eindrucksvoll präsentiert Ralf Rothmann die Geschichte eines seiner bisher jüngsten Protagonisten im Rahmen seiner „Ruhrgebietsromane“, die man ruhig als eigenes Genre betrachten darf. Die Stimmung im Zechengebiet gut getroffen, nimmt man dem Autoren die Erlebnisse des Jungen ab und taucht damit auch in ein Stück deutscher Geschichte ein, die eine nicht ganz unbedeutende Rolle für dieses damals noch junge Land gespielt hat.
Die Zeilen fließen nur so dahin, der junge Protagonist ist sympathisch, sowie auch die meisten ihm umgebenden Figuren, wenn man von der psychisch angeschlagenen Mutter absieht, die ihre Kinder mit den Kochlöffel züchtigt.
Doch, insgesamt lässt der Roman den Leser nicht wirklich zufrieden zurück. Zwar ist der Abschluss der Geschichte schön, eine „runde Sache“ ist er dennoch nicht. Ein Abschlusskapitel fehlt gefühlsmäßig, was natürlich darauf hindeuten kann, dass die Reihe noch nicht abgeschlossen ist aber unabhängig davon kann man die „Ruhrgebietsromane“ wohl einzeln lesen, ohne die Vorgänger zu kennen.
So ist es zumindest hier der Fall und da tut es der eigentlich sehr guten Geschichte eben nicht gut, keinen Abschluss zu haben. Zwar kann man mit dem Ende leben aber das Tüpfelchen auf dem I, das letzte abgebaute stück Kohle, um in den Sphären des Romans zu bleiben, fehlt. Ralf Rothmanns „Junges Licht“ ist in meinen Augen unspektakulär, wobei das natürlich zu den meisten aller Kindheitssommer passt. Lesenswert ja, leider aber kein großer Wurf, der er hätte werden können.
Autor:
Ralf Rothmann wurde 1953 in Schleswig geboren und ist ein deutscher Schriftsteller. Nach Volks- und einem Besuch einer Handelsschule machte er zunächst eine Lehre als Maurer und nahm danach verschiedene Jobs an, bevor er sich 1976 in Berlin niederließ.
Dort veröffentlichte er 1984 einen Lyrik-Band. Dafür erhielt er 1986 ein Stipendium für Literatur. Sein erster Roman erschien 1991. Er lebt heute als freier Autor in Berlin, verarbeitete seine Kindheit in den sog. „Ruhrgebietsromanen“, die allesamt eine autobiografische Färbung aufweisen und erhielt zahlreiche Preise dafür. Sein Roman „Junges Licht“ wurde 2016 verfilmt.