Januar 2021

Florian Schwiecker/Michael Tsokos: Eberhardt & Jarmer 1 – Die 7. Zeugin

Inhalt:

Ein Verbrechen. Sieben Zeugen. Und kein Motiv.

Berlin-Charlottenburg, ein Sonntagmorgen wie jeder andere auch: Nikolas Nölting verlässt das haus, winkt seiner Tochter Lily noch einmal zu und schwingt sich aufs Fahrrad. Wenige Minuten später betritt er eine Bäckerei – und schießt plötzlich um sich. Ein Mensch ist tot, zwei weitere verletzt. Motiv? Fehlanzeige.

Die Tat scheint völlig sinnlos, und vor Gericht schweigt Nölting hartnäckig. Sein Anwalt, der aufstrebende Strafverteidiger Rocco Eberhardt, steht vor einem Rätsel – bis Rechtsmediziner Dr. Justus Jarmer eine überraschende entdeckung macht, die dem Fall eine völlig neue Wendung gibt. (Klappentext)

Bücher der Reihe:

Rezension:

Sobald sich der Rechtsmediziner Michael Tsokos mit anderen Schreibwütigen die Bälle zuspielt, darf man heutzutage einen rasant verlaufenden und mitunter sehr blutig-detailreichen Thriller erwarten, doch nun liegt in Kooperation mit dem Strafverteidiger und Autoren Florian Schwiecker ein eher ruhig verlaufender, dennoch spannender Krimi vor.

Die Ausgangslage ist schnell klar, tatsächlich passiert nach dem eigentlichen Moment, der schon im Klappentext ausreichend erläutert wird, zunächst nicht viel, stattdessen begeben sich die beiden Schriftsteller mit ihrer Leserschaft vor Gericht, um einen der aufsehenerregensten Prozesse Berlins zu verfolgen. Der Täter klar ersichtlich, der Tathergang sowie so, die Verurteilung sicher. Nur das Motiv fehlt, da der Hauptprotagonist beharrlich schweigt.

Dies ist Dreh- und Angelpunkt eines John Grishams würdigen Plots, der ruhig daherkommt und unterschwellige Spannung nach und nach aufbaut, die sich nur punktuell entlädt. Der Weg ist das Ziel. Darum geht es.

Schön, dass es in der Krimilandschaft Deutschlands auch einmal verhältnismäßig ohne Aufsehen funktioniert, eine Geschichte zu erzählen, in der weder die Hauptprotagonisten, noch nebenfiguren selbst eine größere Rolle spielen, sondern hier eindeutig für die Nachfolgebände vorbereitet werden.

Das Duett aus Rechtsmediziner und Anwalt muss sich erst noch finden, so bleibt im Auftaktband ersterer noch verhältnismäßig blass, gibt nur Impulse und wirkt im Gegensatz zum anderen Protagonisten noch unscheinbar.

Das funktioniert, da die geschichte trägt und sowohl rechtsmedizinische Szenarien als auch der Gerichtsprozess annähernd real dargestellt werden. Der große Showdown kommt vor Gericht viel selterner vor als es US-Serien zuweilen suggerieren.

Grundsteine für weitere Bände werden hier gelegt, in dieser bisher gelungensten Autoren-Kombi, an der Tsokos beteiligt ist, mit Luft nach Oben, die sicher noch ausgefüllt werden wird. Kurzweilige Kapitel ermöglichen ein schnelles Vorankommen, tun dem Spannungsbogen keinen Abbruch und machen neugierig auf mehr.

Ob die Art des Gerichtskrimis vorhersehbar ist oder nicht, gegen Ende wird das Motiv klar, darum geht es hier, meines Erachtens nicht. Wer liest, weiß in diesem Fall mehr als die Hauptprotagonisten selbst. Vielleicht sind wir es einfach nicht mehr gewohnt, Krimis mit diesem Aufbau zu lesen?

Autoren:

Michael Tsokos wurde 1967 in Kiel geboren und ist ein deutscher Rechtsmediziner und Professor an der Charite Berlin. Seit 2007 leitet er dort das Institut für Rechtsmedizin und das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin in Berlin-Moabit. Zudem ist er als Autor von Sachbüchern und Thrillern, oft in Kombination mit anderen Autoren tätig.Seit 2014 engagiert er sich als Botschafter des Deutschen Kindervereins.

Florian Schwiecker wurde 1972 in Kiel geboren und ist vom Beruf Strafverteidiger. 2017 erschien sein erster Thriller. Für eine Zeitung schreibt er regelmäßig eine Thriller-Kolumne. Der Autor lebt in Berlin.

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Leipzig liest nicht – Erst 2022.

Mittlerweile reagiert die überwiegende Mehrheit nur noch mit einem Schulterzucken und tiefen Seufzer, wie es eine Tageszeitung auszudrücken wusste, wenn mal wieder eine Groß-Veranstaltung abgesagt werden muss. So setzt es sich fort, was im letzten Jahr begann, die zunächst auf Mai diesen Jahres verlegte Leipziger Buchmesse findet nicht statt. Unkalkulierbar sind die Risiken, zu groß die Unsicherheiten noch. Verständlich, dennoch schmerzlich. Die Verantwortlichen hoffen auf das nächste Jahr. Wir LeserInnen auch. Was bleibt uns anderes übrig, als dieser kleine Funken Hoffnung, auf eine bessere Zeit, in der es wieder möglich sein wird, sich auch physisch zu treffen und auszutauschen.

Immerhin, es soll eine Art Ersatz online geben, verschiedene Verlage werden etwas planen, sicherlich einige Autoren und Autorinnen auch. Vieles wird auf Blogs und in den sozialen Medien passieren. Haltet also die Augen auf, auf Twitter beispielsweise oder Instagram. Der Hashtag #buecherhamstern, unter dem letztes Jahr unabhängige Verlage und Schreibende ihren Werken Aufmerksamkeit verschaffen konnten, wird sicher wieder reaktiviert werden. Auch ich möchte mich beteiligen, Beiträge beisteuern und mir etwas überlegen. Statt Messe.

Was das sein wird, weiß ich noch nicht, werde darüber rechtzeitig schreiben. Wer Ideen hat, immer her damit.

Kopf hoch, ihr Lieben. Wir stehen das gemeinsam durch. Vielleicht können wir uns alle, ich hoffe es sehr, 2022 wieder treffen. Dann wieder in Leipzig. Immerhin wäre es eine Schnapszahl.

Soll ja Glück bringen.

Euer findo.

Der virtuelle Spendenhut

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Joe Biden: Versprich es mir

Inhalt:

Im November 2014 versammelten sich die Bidens in Nantucket, um gemeinsam Thanksgiving zu feiern – eine Familientradition seit vierzig Jahren. Aber diesmal fühlte sich alles ganz anders an. Bei Beau, dem ältesten Sohn von Joe Biden, war zuvor ein bösartiger Hirntumor diagnostiziert worden, und sein Überleben war ungewiss. «Versprich es mir», bat der kranke Sohn seinen Vater. «Versprich mir, dass du klarkommst, ganz egal, was passiert.» Joe Biden gab ihm sein Wort. Das darauffolgende Jahr stellte ihn auf eine schwere Probe. (Inhaltsangabe des Verlags)

Rezension:

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind die Gräben tief und die Aufgaben, denen sich ein Präsident Biden gegenüber sieht, könnten schwieriger kaum sein. Klimaschutz, Rassismus, die Spaltung zwischen Bevölkerungsgruppen, marode Infrakstruktur, geerbte Konflikte auf unserem Planeten.

Es gibt viele Baustellen für einen Präsidenten Biden, doch der langjährige Politiker sah sich 2014 vor der bis dato wohl größten Herausforderung in seinem Leben, und die stellte sowohl seines als auch das der Familie auf dem Kopf.

Bei uns anlässlich der Wahl des Demokraten Joe Bidens zum US-Präsidenten übersetzt, erschien dieser sehr persönliche Blick in den Vereinigten Staaten bereits 2017. Die Ära Obama, an der der Politiker einen nicht ganz unerheblichen Anteil hatte, gerade vorbei, die Auswirkungen der Regierungszeit dessen Nachfolgers nicht absehbar, gibt diese Rückschau einen Einblick in das politische Denken, aber vor allem auch in den Menschen Joe Biden.

Vorliegend ist dies keine Biografie, aber eine Rückschau, fokussiert auf bestimmte Ereignisse, die das Wirken Bidens als Senator und Vize-Präsidenten prägten, als auch dessen Verständnis von Familie, zumal der Autor schon 2016 die Chance hätte ergreifen können, sich als Kandidat für die US-Präsidentschaft aufstellen zu lassen.

Detailliert erläutert Biden in dieser, nennen wir es Denkschrift, wie der Schicksalsschlag seines Sohnes ihn einerseits vorantrieb, andererseits determinierte, zumal den Trauerprozess nach dem Verlust eines geliebten Menschens. Inszenierung von Politik, wie sie im amerikanischen Raum üblich ist, hin oder her, hier erläutert der Mensch Biden seine Beweggründe und dies in einer sehr nachvollziehbaren Art und Weise.

Große Politik spielt natürlich eine Rolle, so gibt Biden Einblick in die Ausgestaltung der Rolle eines Vize-Präsidenten. Dies jetzt zu lesen, lässt ahnen, was ein Präsident Biden anders machen würde als sein Vorgänger. Das ist jedoch nicht das, was hängen bleibt. Nachhaltig ist die Beschreibung seiner Selbst als Familienmensch, der trotz vollen Terminkalenders, immer auch den Biden-Clan im Blick behält, zumal in schweren Zeiten.

Natürlich weiß der Autor um die Wirkung seiner Worte, weiß bestimmte Formulierungen einzusetzen und das ist gewollt. Wie denn auch nicht, bei einem Politiker.

Die Schrift richtete sich hier an ein amerikanisches Lesepublikum, nach Obama und hat sicher für dieses einige offene Fragen geklärt, denn weder die Krebserkrankung seines Sohnes waren vor dessen Tod groß in der Öffentlichkeit bekannt, zurecht, noch die darauf fußende Entscheidung, nicht zu diesem Zeitpunkt nach dem Präsidentenamt zu streben, wo doch viele ihn neben Hillary Clinton für einen aussichtsreichen Kandidaten, schon 2016, gehalten haben.

So ist „Versprich es mir“, ein behutsames Puzzleteil, Denkschrift, Erklräungsversuch und Ausblick zugleich, und für einige Amerikaner, ja, vielleicht auch ein Stück Hoffnung.

Autor:

Joeseph „Joe“ Robinette Biden Jr. wurde 1942 in Scranton, Pennsylvania geboren und ist ein US-amerikanischer Politiker, Mitglied der Demokratischen Partei. Von 1973 an gehörte er bis 2009 dem Senat an und war 2009-2017 Vize-Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. 2021 wurde er zum 46. Präsidenten der USA gewählt.

Das Buch wurde im Rahmen des Sachbuchmonats Januar 2021 gelesen. #SachJan21 #sachjan2021

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Jens Mühling: Mein russisches Abenteuer

Inhalt:

Fast ein Jahr lang reist Jens Mühling durch Russland und porträtiert aus ganz persönlicher Perspektive eine Gesellschaft, deren Lebensgewohnheiten, Widersprüche, Absurditäten und Reize hierzulande nach wie vor wenigen vertraut sind. Auf seiner Reise erlebt er unglaubliche Begegnungen: Eine Einsiedlerin in der Taiga, die erst als Erwachsene erfahren hat, dass es jenseits der Wälder eine Welt gibt. Ein Mathematiker, der tausend Jahre der russischen Geschichte für erfunden hält. Ein Priester, der in der atomar verseuchten Sperrzone von Tschernobyl predigt. Ihre Lebensgeschichten fügen sich zu einem faszinierenden Porträt der russischen Seele. (Klappentext)

Rezension:

Land der Verheißung. Land der Verbannung. Sibirien. Faszinierend und erschreckend ist dieser Landstrich, der für sich allein genommen immer noch der größte Staat der Erde wäre und doch ist Russland so viel mehr als nur diese Region. Der Journalist Jens Mühling begab sich erstmals im Jahre 2010, der Konflikt mit der Ukraine noch in weiter Ferne, dorthin, um die russische Seele zu erkunden.

Dieses Russland – es ist eigentlich überhaupt kein Land!

Jens Mühling: Mein russisches Abenteuer, erschienen bei mairdumont/Dumont Reise.

Die erste Station Kiew, wo die historischen Ursprünge dieses fascettenreichen Landes liegen, Tschernobyl, Moskau, St. Petersburg und dann hinaus in die unergründliche Weite. Jens Mühling spürt den Geschichten nach, die sich in seiner Schreibtischschublade in Berlin, in Form von Zeitungsausschnitten und ausgedruckten Artikeln sammelten. Auf eine Antwort folgen tausend Fragen.

Dieser vielschichtige und sehr persönliche Reisebericht wurde geschrieben und erstmals veröffentlicht, als die heutigen Konflikte mit Russland noch weit weg waren und so beschreibt der Journalist und Autor mit Blick für’s Detail seinen Versuch, die russische Seele zu ergründen. Unglaubliche Geschichten tun sich ihm auf. Hätte diese jemand erfunden, so wären sie kaum glaubwürdig, doch in diesem riesigen Land gibt es viele Realitäten. Einfühlsam näherte sich Mühling den Menschen, die aus ihrem Leben erzählen und so einen anderen Blickwinkel bieten.

Die rätselhafte russische Seele gibt es nicht.

Die russische Seele ist nicht rätselhafter

als der morgendliche Kopfschmerz

nach einem Besäufnis.

Jens Mühling: Mein russisches Abentuer, erschienen bei mairdumont/Domont Reise.

Es gibt sie noch, die unendlichen Weiten, aber auch die Dramen, die wie aus einem Buch Tolstois zu stammen scheinen. Da können auch schon einmal Jahrhunderte Geschichtsschreibung erfunden sein oder andere längst vergangenen Zeiten nachtrauern. In kurzweiligen episodenhaften Kapiteln erzählt der Autor von seinen Begegnungen, seiner Suche nach den letzten Altgläubigen etwa und dem Spagat zwischen Tradition und Moderne.

In einem, der Neuauflage angefügten Nachwort, ein nachdenkliches Fazit. Vieles hat sich verändert. Vieles, auch solche Reisereportagen, nicht zuletzt der Zugang zu den Menschen, sind schwerer geworden. So bleibt dieses Porträt eine Momentaufnahme, eines Landes, welches starr in sich ruht und sich dennoch rasant bewegt. Unbedingt lesenswert.

Autor:

Jens Mühling wurde 1976 in Siegen geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Zunächst studierte er Literatur in Norwich, England, und Berlin, bevor er für die Moskauer Deutsche Zeitung arbeitete. Als Redakteur des Berliner Tagesspiegels schreibt er seit 2005 regelmäßig über Russland und Osteuropa. 2012 erschien sein erstes Werk, welches für den Johann-Gottfried-Seume-Literaturpreis und in England für den Dolman Travel Book of the Year Award nominiert wurde. Es folgten mehrere Reisereportagen. 2020 erschien sein Bericht „Schwere See – Eine Reise rund ums Schwarze Meer“.

Dieses Buch wurde gelesen im Rahmen des Sachbuchmonats Januar 2021. #SachJan21 #sachjan2021

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Frauke Bolten-Boshammer: Diamanten im Staub

Inhalt:

Innerhalb weniger Minuten nach der Landung in Australien fasst Frauke den Entschluss, schnellstmöglich nach deutschland zurückzukehren. Die staubige Grenzstadt Kununurra ist kein Ort für eine Frau. Frauke bleibt dennoch, entschlossen, ihrem Mann Friedrich beim Aufbau eines neuen Lebens zu helfen. Drei Jahre später nimmt sich Friedrich das Leben, und Frauke bleibt allein mit den Kindern im Outback zurück. Doch mit harter Arbeit und unerschütterlicher Hoffnung erschafft sie für sich und ihre Familie ein neues Zuhause – und wird in einer der unbarmherzigsten Regionen der Erde zu einer der erfolgreichsten Diamantenhändlerinnnen Australiens. (Klappentext)

Rezension:

Wie viel Leid kann ein Mensch eigentlich ertragen? Wie viel Glück und Durchhaltevermögen benötigt man, um solches zu überstehen? Diesen Fragen muss man sich unweigerlich beim Lesen dieser, mehr als beeindruckenden, Biografie stellen. Mit „Diamanten im Staub“ legt der Verlag nicht nur die geschichte einer faszinierenden Frau auf, sondern auch eine Erzählung vom Zusammenhalt im Outback und einen Bericht von dem, was menschenmöglich ist, wenn man gezwungen ist, über sich hinauszuwachsen.

Dabei beginnt zunächst alles ganz harmlos, mit einer jungen Liebe, die Frauke Bolten, wie sie zunächst heißen wird, bis nach Australien führen wird, wo sie nacheinander gleich mehrere Schicksalsschläge erreilen werden. Doch die junge Frau gibt nicht auf, fällt, kämpft sich immer wieder aus scheinbar ausweglosen Situationen heraus. Wer im Inneren Australiens überleben und erfolgreich sein möchte, muss hart im Nehmen sein, Rückschläge wie Staub von dern Ärmeln wischen.

Das Outback kann ein schrecklich einsamer Ort sein, aber es ist auch ein Ort, an dem man Liebe finden kann, wenn man es gerade am wenigsten erwartet.

Frauke Bolten-Boshammer „Diamanten im Staub“, erschienen bei mairdumont.

Nicht nur ist es ein Bericht einer lebenslangen Reise, eine, die die ganze Familie auf immer prägen wird, im Guten, wie im Schlechten. Die Autorin weiß bescheiden und doch sehr spannend von ihrem Weg zu erzählen. Der Text ist zugleich Sinnbild für den Zusammenhalt einer eingeschworenen Gemeinschaft, für ein Pioniertun, welches heute wahrscheinlich nur noch an solch abgelegenen Orten der Welt möglich ist.

Frauke Bolten-Boshammer ist eine starke Frau, die zeigt, warum sich das Durchhalten lohnen kann, aus welchen Dingen sich Glück schöpfen lässt und dass selbst die Diamanten, die sie haben erfolgreich werden lassen, nichts gegen eine Familie sind, die trotz schwerer Schläge nie aufgegeben hat. Mit Humor und Einfühlungsvermögen erzählt die Autorin intelligent und bescheiden über ihr Leben, beschreibt, wie die Prägung einer Nachkriegskindheit ihre Zukunft beeinflusste, die Werte, welche sie an die nachfolgenden Generationen ihrer Familie weiterzugeben versuchte.

Genau so kurzweilig wie spannend lesen sich die einzelnen Kapitel. Der heutigen Leserschaft wird die eine oder andere Situation ein Stirnrunzeln entlocken, doch muss man die Entscheidungen der Autorin im Spiegel der Zeit sehen, in der sie getroffen wurden. Um so bewundernswerter ist es, was Frauke Bolten-Boshammer und ihre Familie durchleben mussten und schließlich geschafft haben. Nach dem Lesen ist nur eines sicher. Den Satz, dass etwas unmöglich ist, gibt es nicht. Die Geschichte der Unternehmerin ist der beste Beweis dafür.

Autorin:

1940 in Norddeutschland geboren, wanderte die Autorin und spätere Diamantenhändlerin im Jahr 1981 nach Australien aus, wo ihr Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb gründen wollte. Zuvor hatten die beiden bereits in Deutschland und in Simbabwe gelebt. Drei Jahre später, als die Farm in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckte, begang ihr Mann Suizid. Auf sich gestellt, mit der Hilfe von Freunden und einer neuen Liebe baute die Autorin sich ein neues Leben im Outback auf und gründete ein Diamantengeschäft. 2019 wurde sie in die Western Australian Women’s Hall of Fame aufgenommen.

Der Bericht, die Biografie wurde im Rahmen der Aktion -Sachbuchmonat Januar 2021- gelesen. #SachJan21 #SachJan2021

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Edward Brooke-Hitching: Der Atlas des Himmels

Inhalt:

In seiner reich bebilderten großen Schatzkammer der Himmelskartographie verwebt der Bestsellerautor edward Brooke-Hitching die seltsamsten Mythen und vergessenen Episoden in der Geschichte der Vermessung des himmels mit den schönsten Karten, mittelalterlichen Manuskripten und Illustrationen. Ein einzigartig schöner und aufwändig gestalteter Atlas, der uns von Aristoteles über Einstein bis zu den neuesten interstellaren Entdeckungen in das Reich der Sterne und Planeten eintauchen lässt, in dem wir aber auch Göttern und Wetterzauberern, fliegenden Seeleuten oder mythologischen Tieren und wütenden Geistern begegnen. (Klappentext)

Rezension:

Manchen Menschen gilt der Weltraum heutzutage umfassender erforscht als die Tiefen der Ozeane, doch birgt die Schwärze des Alls immer noch zahlreiche Geheimnisse, die wir wohl nie ganz entschlüsseln können werden, alleine schon aufgrund der schier unüberbrücklichen Entfernungen. Doch, was in prähistorischer Zeit begonnnen und in den vergangenen Jahrzehnten unheimlich an fahrt aufgenommen hat, wohin dies vielleicht wohl führen mag, ist erstaunlich. Edward Brooke-Hitching erzählt diese Geschichte in seinem „Atlas des Himmels“.

Nach einer intensiven Rechercheleistung, mit denen er zuletzt die großen Entdeckerfahrten aufleben lassen lassen hat, lässt der Autor nun seine Leserschaft den Blick nach Oben richten. Das Leuchten der Sterne, die als Wegweiser, der Zeiteinteilung oder religiösen Orientierung diente, vermochte die Menschen seit Jahrtausenden schon zu faszinieren.

Edward Brooke-Hitching ordnet ein, erläutert, erschließt Zusammenhänge so kompakt wie möglich, dass sowohl die jenigen auf ihre Kosten kommen, die nur rudimentäres oder längst verschüttetes Wissen aus dem Astronomie-Unterricht wieder auffrischen möchten, aber auch die LeserInnen, die die Entwicklung dieses erstaunlichen Zweiges der Wissenschaft aus neuen Perspektiven kenennlernen möchten.

Edward Brooke-Hitching: Der Atlas des Himmels, Knesebeck (Quelle)

Mit einer interessanten und abwechslungsreichen Fülle an Material verknüpft der Autor hier bekannte und unbekanntere Anekdoten, die reine Zweckbeoachtungen oder religiöse Einordnungen zu einer modernen und auch dem Leben auf der Erde nutzenden moderen Wissenschaft umwandelten. Hier leider nicht ohne Längen, wie in seinen vorherigen Werk „Der goldene Atlas“, die jedoch überschaubar bleiben, geht er bis in unsere Zeiten, in der der Mensch komerzielle Weltraumflüge in Erwägung zieht, seinen Blick bereits außerhalb dessen gerichtet hat, was aktuell erreichbar ist.

Edward Brooke-Hitching: Der Atlas des Himmels, Knesebeck (Quelle)

Mit einem Blick für kleine Details und große Zusammenhänge erzählt Brooke-Hitching jedoch nicht nur die Geschichte einer einzigartigen Entdeckungsreise über Jahrtausende, sondern auch die von Erfolgen, Irrtümern und Meilensteinen, Biografien und schafft damit eine lesbare Biografie, einen Atlas unseres Kosmos‘, für den aktuell noch eine überwiegend friedliche Zusammenarbeit funktioniert. Der Blick in den Himmel fasziniert die Menschen weltweit. Edward Brooke-Hitchings Werk könnte noch für einige Begeisterte mehr sorgen. Eine unbedingte Empfehlung.

Autor:

Edward Brooke-Hitching ist Sohn eines Antiquars und arbeitete bei mehreren Zeitungen und am Theater, bevor er einen Abschluss in Filmwissenschaft an der University of Exeter machte. Als Dokumentarfilmer gewann er mehrere Preise. Im Jahr 2016 wurde seine „Enzyklopädie der vergessenen Sportarten“ veröffentlicht. Ausgangspunkt zu seiner Recherche geografischer Phänomene war eine alte Landkarte im Familienbesitz. Brooke-Hitching sammelt Werke über englische Forscher und Entdecker und lebt in London.

Die Fotos sind dem Vorschaumaterial des Knesebeck-Verlages entnommen und dürfen nicht verändert werden, sind derem Eigentum.

Das Buch wurde im Rahmen der Aktion des Sachbuchmonats Januar gelesen. #SachJan21 ‚SachJan2021

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Julia Finkernagel: Ostwärts (2) – Immer wieder Ostwärts

Inhalt:

Die besten Geschichten beginnen mit Mut! Was passiert, wenn eine Quereinsteigerin aus Versehen beim Fernsehen landet und eine eigene Reise-Sendung bekommt? Sie packt den Rucksack! Nach dem großen Erfolg von „Ostwärts“ zieht es Julia Finkernagel noch weiter in den Osten. Nordostwärts erkundet sie das Baltikum, wo sie auf gelebte Utopien trifft. Zwischen Waldbrand und Weinbrand entdeckt sie südostwärts Montenegro und fährt schließlich frostwärts mit der Transsibirischen Eisenbahn.

Ein ebenso gewitztes wie berührendes Buch über die ungeplanten Erlebnisse auf Reisen, über Fremde, die zu Freunden, und Pannen, die zu Stories werden. Und ein Buch vom Staunen und Schmunzeln – über die anderen, aber vor allem über sich selbst. (Klappentext)

Bücher der Reihe:

Julia Finkernagel: Ostwärts 1- Ostwärts oder wie man mit den Händen Suppe isst, ohne sich nachher umziehen zu müssen

Julia Finkernagel: Ostwärts 2- Immer wieder Ostwärts oder wie man in der Transsibirischen Eisenbahn duscht, ohne seekrank zu werden

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Inhalt:

Die besten Geschichten beginnen mit Mut! Was passiert, wenn eine Quereinsteigerin aus Versehen beim Fernsehen landet und eine eigene Reise-Sendung bekommt? Sie packt den Rucksack! Nach dem großen Erfolg von „Ostwärts“ zieht es Julia Finkernagel noch weiter in den Osten. Nordostwärts erkundet sie das Baltikum, wo sie auf gelebte Utopien trifft. Zwischen Waldbrand und Weinbrand entdeckt sie südostwärts Montenegro und fährt schließlich frostwärts mit der Transsibirischen Eisenbahn.

Ein ebenso gewitztes wie berührendes Buch über die ungeplanten Erlebnisse auf Reisen, über Fremde, die zu Freunden, und Pannen, die zu Stories werden. Und ein Buch vom Staunen und Schmunzeln – über die anderen, aber vor allem über sich selbst. (Klappentext)

Rezension:

Nachdem sie zuletzt Georgien und Rumänien erkundet, die Mongolei gestreift hatte und vom russischen Geheimdienst festgehalten wurde, packte die Moderatorin Julia Finkernagel ein wenig später erneut das Reisefieber. Die ersten Folgen der eigenen Reisesendung waren beim Publikum gut angekommen, trotz oder gerade wegen mancher Pannen, und so ging es für die Quereinsteigerin erneut, mit Auftrag, darum, die Länder der Himmelsrichtung Ost zu erkunden.

Die Reise, die begann, als die Pandemie nur eine ferne Ahnung gewesen war und endete, als deren Ausmaße sich immer mehr und in immer deutlicheren Zahlen zeigten, führte Moderatorin und ihr Team zunächst durchs Baltikum, dann Montenegro und schließlich über das verwirrende Streckennetz der Transsibirischen Eisenbahn, auf dem die Züge immer pünktlich abfahren. Nur mit einer groben Planung, nicht mehr als ein paar Gedanken und Drehgenehmigungen unterwegs, trifft sie auf der an ihrer Strecke lebenden Menschen und erlebt die Reiseländer so abseits der Touristenpfade.

Einfühlsam beschreibt sie ihre Begegnungen und offenbart ihren Blick für so manches Detail, gibt Zuschauern und Interessierten zudem einen Einblick hinter die Kulissen. Wie reagiert man, wenn beim Dreh nichts so läuft, wie geplant, man bei der Kontrolle um seine Selbstbeherrschung fürchten muss oder beinahe die gesamte Kameratechnik im Zug vergisst? Wie geht man auf Tuchfühlung mit Einheimischen und wie filmt man, wenn der russische Geheimdienst dann doch wieder in körperlicher Reichweite ist?

Kurzweilig sind die Reiseabschnitte erzählt, nach denen die einzelnen Kapitel untergliedert sind, die zusätzlich einen Fototeil zur Auflockerung enthalten und nach Ländern unterteilt sind. Das erleichtert das Abschweifen. Beinahe wirkt es so, als würde man selbst reisen, sich ein Schlafwagen mit fünfzig anderen Menschen teilen oder im Baltikum auf den Spuren der „Wolfskinder“ wandeln.

Berührende Geschichte wechseln sich ab, mit lockeren Anekdoten. Stark sind die reiseschilderungen immer dann, wenn es um Alltagsdinge des Reisens gilt, vom Hickhack mit der Technik berichtet wird oder die persönlichen Geschichten der Menschen zum Tragen kommen, denen die Autorin auf ihrem Trip begegnete. Hier und da hätte vielleicht ein Müh mehr Ausführlichkeit dem Ganzen etwas besser Rechnung getragen, alles in allem, jedoch ist die Reisereportage in Buchform eine runde Sache. Julia Finkernagel nimmt sich dabei auffallend zurück, erzählt ruhig und besonnen, jedoch immer mit Augenzwinkern, was die Lektüre ungemein erleichtert.

Immer wieder interessant, eingestreute Informationen, schließlich soll man ja aus Reisen etwas für sich mitnehmen. Auch das ist „Ostwärts“. Allenfalls eine auflockernde, schön gestaltete Karte, die sonst zu unterhaltender Reiseliteratur und Berichten gehört, wird hier vermisst. Wenn es nur das ist und nicht Kameras oder Speicherkarten im Zug, ist das doch in Ordnung, oder?

Autorin:

Julia Finkernagel ist eine deutsche Moderatorin, Drehbuchautorin, Redakteurin und Drehbuchautorin. Nach der Schule studierte sie zunächst Kommunikationsdesign und arbeitete am Frankfurter Flughafen im Bereich der Planung des flugbetriebes. 2007 nahm sie sich ein Sabbatjahr und bereiste die Welt. Auf die Berichte, die sie zunächst per E-Mail versendete, wurde der MDR aufmerksam, so begann die Geschichte der Dokumentationsreihe „Ostwärts – mit den Rucksack der Sonne entgegen“, die bis 2014 gesendet wurde. Seit dem arbeitet sie zudem als producerin für verschiedene Fernsehformate und wurde 2011 zudem für ein Qualifizierungsprogramm für Filmschaffende ausgewählt. 2016 war Finkernagel Mitglied der Jury der Biberacher Filmfestspiele.

Das Buch wurde im Rahmen des Sachbuchmonats Januar gelesen. #SachJan21 #SachJan2021

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Joachim B. Schmidt: Kalmann

Inhalt:

Kalmann Odinsson ist der selbsternannte Sheriff von Raufarhöfn. Er hat alles im Griff. Kein Grund zur Sorge. Er ist ein waschechter Isländer, auch wenn sein Vater amerikaner war, und ein Original, das in den beinahe ausgestorbenen Dorf dafür sorgt, dass alles seinen Gang geht. er wuchs bei seinem Großvater auf, der ihm das Jagen beibrachte, wie man aus Grönlandhai den besten Gammelhai der Insel herstellt und auch sonst alles, was ein Mann im Leben wissen muss.

Was sich Kalmann am meisten wünscht, ist eine Frau, doch erst einmal muss er aus dem Schlamassel wieder herauskommen, in den er geraten ist, als er eines Winters eine Blutlache im Schnee entdeckte. Und wenn die Räder in Kalmanns Kopf auch manches Mal rückwärtslaufen, wendet er mit seiner naiven Weisheit alles zum Guten. Kein Grund zur Sorge. (Klappentext)

Rezension:

Island einmal nicht als Kulisse eines Thrillers oder faden Naturromans, entführt uns der auf der Insel lebende Schriftsteller Joachim B. Schmidt in das sterbende Dorf Raufarhöfn und hat dabei ein gesellschaftliches Porträt auf kleinsten Raum geschaffen.

Was Joanne K. Rowling in ihrem Roman „Ein plötzlicher Todesfall“ ausufernd erzählt, beschreibt Schmidt fasst Schmidt hier in kompakter Form und versucht dabei die Eigenarten Islands und seiner Bewohner einzufangen.

Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist Kalmann, Naturbursche und Isländer, nicht unbedingt ein Sympathieträger, aber auch nicht vollkommen anstößig, wie so viele protagonisten dieses kleinen Romans.

Der letzte Jäger des Grönlandhais, der traditionell erst von seinem Großvater, jetzt von ihm selbst, zu Gammelhai verarbeitet wird, ist eigensinnig und impulsiv, für manchen Gegenüber fast unberechenbar, sorgt jedoch mit seiner Art für einen gewissen Zusammenhalt oder aber wenigstens Zusammenspiel der bewohner des Ortes, zumal er in die unmittelbare Handlung praktisch hineinstolpert.

Landschaftliche Beschreibungen und die Überlegungen Kalmanns, die dieser über das unmittelbare Geschehen und der Dorfbewohner anstellt, sind die großen Stärken des Autoren. Diese tragen die Handlung und lassen mit fortschreitender Seitenzahl doch eine gewisse Spannung aufkommen, die jedoch an der einen oder anderen Stelle zu sehr ins Kitschige abtriftet.

Als lesende Person wird man so immer wieder aus der geschichte hinausgeworfen, um sich dann erneut einfinden zu müssen, zudem das diffuse „Krankheits“-Bild zwar vom Autoren gewollt ist, es die Sache jedoch nicht unbedingt besser macht.

Hier hätte ein wenig mehr konkretisierung, auch beschäftigung mit den Mischformen und Graustufen bestimmter medizinischer Sachen gut getan, wo doch die Grundidee für die Geschichte an sich trägt und dazu geneigt ist, übliche Erzählschemen zu durchbrechen. Vielleicht gelingt dies dem Autoren beim nächsten Roman noch ein wenig besser.

Autor:

Joachim B. Schmidt ist ein Schweizer Journalist und Schriftsteller, der zunächst eine Ausbildung zum diplomierten Hochbauzeichner absolvierte. Mit einer Kurzgeschichte gewann er einen Schreibwettbewerb und veröffentlichte erstmals 2013 seinen ersten Roman. Als Journalist und Touristenquide arbeitet er in Reykjavik, Island, wohin er 2007 ausgewandert ist. Sein Roman „Kalmann“ erschien 2020 bei Diogenes.

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Esther Horvath: Expedition Arktis – Die größte Forschungsreise aller Zeiten

Inhalt:

Die Vermessung einer schwindenen Welt – mit diesem Vorhaben brach die MOSAiC-Expedition in Richtung Arktis auf, in das Epizentrum des Klimawandels. Eingefroren im Eis driftete ein internationales Forschungszentrum an Bord der Polarstern durch das Nordpolarmeer, um die Klimaprozesse der Zentralarktis im Jahresverlauf zu untersuchen. Die eindrucksvollen Bilder der preisgekrönten Fotografien Esther Horvath dokumentieren dieses einzigartige Projekt, zeigen das Leben an Bord des Expeditionsschiffs ebenso wie das Arbeiten unter extremsten Bedingungen in den Forschungscamps auf dem Eis.

Begleitet von einem Vorowrt des Expeditionsleiters Markus Rex sowie den kenntnisreichen Beiträgen von Sebastian Grothe und Katharina Weiss-Tuider zeugt dieser Band von einem Meilenstein der Polarforschung und gibt bildgewaltige Einblicke in die größte Arktisexpedition aller Zeiten. (Klappentext)

Rezension:

Monatelange Vorbereitungen, Planungen, eine ungeheure Logistik gingen der größten wissenschaftlichen Expedition der Neuzeit voraus, die ein ganzes Jahr in eine der unwirtlichsten Gegenden unseres Planeten führen sollte. Kurz vorm Untergang der Sonne und einer monatelang währenden Polarnacht erreichen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ihr Ziel, eine Eisscholle am Rande der Arktis, an der sie das Schiff festmachen und darauf forschen möchten. Einfrieren wollen sie sich und vom vermeintlich ewigen Eis treiben lassen. Ein ganzes Jahr der Willkür dieser immer noch wenig bekannten Welt ausgesetzt.

Esther Horvath: Expedition Arktis – Die größte Forschungsreise aller Zeiten, Prestel Verlag (Quelle: Penguin Random House, Zusatzcontent)

Die Fotografin Esther Horvath hat diese wissenschaftliche Meisterleistung von Beginn an begleitet und dokumentiert. Die Vorbereitungen, die in einer unmenschlichen Logistik von Mensch und Material mündeten, bis hin zu ihrer Ablösung durch ein neues Forschungsteam, welches die Arbeit der ersten Gruppe WissenschaftlerInnen unterschiedlichster Disziplinen fortsetzen sollte. Dem Wind und Wetter ausgesetzt, beobachtet und fotografiert sie die jenigen, die dabei helfen sollen, empfindliche biologische, geologische und chemische Prozesse zu verstehen, die zum Klimawandel führen, ihre Auswirkungen auf eine vermeintlich starre Welt und erzählt dabei mit ihren Bildern mehr Geschichten als tausend Worte es je könnten.

Wie funktioniert Wissenschaft unter Extrembedingungen, wenn jede Bewegung zum Kraftakt und Kampf wird, man von einer Sekunde auf die andere auf sich auftuende Spalten im Eis oder den zuweilen neugierigen König der Arktis, den Eisbären, reagieren muss? Wie wird geforscht? Welche Antworten erhofft man sich auf derzeit noch ungeklärte Fragen und wie sieht der zwischenmenschliche Alltag auf engsten Raum aus, wo jeder sich aufeinander verlassen können muss, im Bewusstsein, eine einmalige, nie wiederkehrende Chance zur Forschungsarbeit nutzen zu können?

Esther Horvath: Expedition Arktis – Die größte Forschungsreise aller Zeiten, Prestel Verlag (Quelle: Penguin Random House, Zusatzcontent)

Esther Horvaths Foto der Bärin mit ihrem Junges ging um die Welt und gewann den World Press Award der New York Times in der Einzelkategorie Environment, doch auch abseits dessen ermöglichen die Bilder einen Blick hinter einer Pionier- und Forschungsarbeit, wie es sie wohl kaum ein zweites Mal mehr geben wird. Fast kann man die gefrorenen Finger beim Wechseln der Kamera-Akkus spüren. Der dokumentarische Blick durch die Linse konzentriert sich dabei aufs Wesentliche und vermag zu faszinieren. Wie zerbrechlich, wie schützenswert ist doch diese Welt, die so unwirklich erscheint, für unser Leben eine große Bedeutung hat, dennoch von vergleichsweise Wenigen mit eigenen Augen gesehen werden wird.

Der Bericht vom Expeditionsleiter Markus Rex, der ebenfalls veröffentlicht wurde, gibt dies in Worten wieder. Horvath dagegen lässt Bilder sprechen, mit dazu wenig begleitenden Text. Die Zusammenstellung ist gelungen, die Auswahl der Fotos muss schwer gefallen sein und mahnt, was wir dabei sind, zu verlieren, so wir nicht aufpassen. Schon jetzt ist diese Welt eine andere als noch vor zehn Jahren, der König der Arktis durch das Wirken der Menschen fernab in seiner Expedition bedroht.

Die Wissenschaftler im Auftrag des Alfred-Wegener-Institus helfen dabei zu verstehen, was derzeit mit unserem Planeten passiert. Esther Horvath hat deren Arbeit nun für alle begreif- und nachvollziehbar gemacht. Unter den Fotosachbüchern ein wertvoller und faszinierender Beitrag.

Leseprobe des Verlags:

Fotografien:

Esther Horvath wurde 1979 in Ungarn geboren und studierte zunächst Wirtschaftswissenschaft, bevor sie zu fotografieren begann und von 2005-2007 die Digitale und Analoge Fotoschule in Budapest besuchte- Bereits 2005 nahm sie erfolgreich an einem internationalen Fotowettbewerb teil, dem weitere folgten. Zahlreiche Ausstellungen begleitete sie. 2012 studtierte sie in New York Fotografie und machte ihren Abschluss in Dokumentar- und Fotojournalismus.

Seit 2015 fotografiert sie die Polarregionen der Erde und gewann den World Press Award 2020 in der Einzelkategorie Environment. Ihre Arbeit erscheint in zahlreichen fach- und populärwissenschaftlichen zeitschriften und Magazinen weltweit.

Das Buch wurde im Rahmen der Aktion Sachbuch-Januar 2021 gelesen. #SachJan2021 #SachJan21

Die Rechte der Fotos, der Leseprobe liegen bei Verlag, Autoren und Fotografin und dürfen anders nicht verwendet oder verändert werden. Das Material stammt aus dem Presse-Zusatzcontent des Verlags und kann auf der Verlagsseite eingesehen werden. (Stand: Januar 2021)

Esther Horvath: Expedition Arktis – Die größte Forschungsreise aller Zeiten Weiterlesen »