Rezension

Andreas Petersen: Die Moskauer

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Die Moskauer Andreas Petersen S. Fischer Erschienen am: 13.03.2019 Seiten: 361 ISBN: 978-3-397435-5

Inhalt:

Die DDR war vor allem in den ersten Jahrzehnten geprägt von Paranoia und Denunziation. Die Gründergeneration um Pieck und Ulbricht hatte einst in Moskau die Jahre des Terrors überlebt, in denen Stalin mehr Spitzenkader der KPD ermorden ließ als Hitler. Angst und Verrat wurden Normalität.

Ab 1945 setzten sich die „Moskauer“ im Machtstreben um die Führung in der sowjetisch besetzten Zone durch. Zweifel und Fragen waren nicht erwünscht. Die „Moskauer“ hätten sich sonst ihrer eigenen Verstrickung stellen müssen. Im neuen werdenden Staat setzten siee die gleichen Methoden ein, denen sie fast alle Jahre zuvor zum Opfer fielen. Das Stalintrauma und seine Folgen, analysiert von Andreas Petersen. (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Die Geschichte der DDR begann schon Jahre vor der Gründung mit einer Gruppe von Kommunisten, die sich vor den Nazis in die Sowjetunion flüchten konnten und in den Jahren des Exils versuchten, eine Machtbasis für einen späteren Neuanfang zu schmieden. Mit Hilfe der Sowjets gelang dies auch später, doch der Weg zur Macht war für Ulbricht, Pieck und andere weder von vornherein klar vorgezeichnet, noch sicher.

Stalin, der im eigenen Land mit den Jahren unter immer größeren Verfolgungswahn litt, ließ Hunderttausende seiner Landsleute, offiziere des Militärs und selbst der Geheimdienste ermorden, schreckte auch nicht vor der Ermordung der Exilanten zurück.

Hunderte KPD-Mitglieder wurden deportiert, gefoltert und ermordet. So viel zur bekannten Geschichte. Doch, wie prägte das die Führungsriege der KPD und welche Auswirkungen hatte dies später auf das eigene Herrschaftsverhalten nach dem Krieg? Andreas Petersen hat Einblick genommen in Tagebücher, Archive und Berichte. Herausgekommen dabei ist ein minutiös gezeichnetes Sachbuch.

Leider auch ein schwer zu lesendes. Dieses Kapitel deutscher und auch russischer Geschichte ist alleine von der Thematik her sehr interessant, zumal noch nicht alle Archive geöffnet und ausgewertet sind und es noch ganz wenige Zeitzeugen gibt, die davon berichten können. In sofern hätten „Die Moskauer“ interessant und spannend beschrieben werden können, das werden und das Formen der Gründergeneration der DDR.

Warum dieses absolute Machtstreben, Denunziation und Aushorchen selbst unter politischen Gleichgesinnten und die Schaffung eines Klimas der Angst, welches über den Tode Stalins noch hinaus wirkte? Warum löschte der Diktator selbst seine künftigen verbündeten einst beinahe selbst komplett aus? Weshalb setzten die DDR-Oberen diese Politik unter anderen Vorzeichen, obwohl selbst einst Betroffene, in ihrem eigenen Staat fort?

Ein Stoff, wie gemacht für einen Politkrimi, jedoch unglaublich reich an Fakten und Statistiken, die auch durch persönliche Geschichten fassbar gemacht werden können. Alleine mit letzteren geht der Autor jedoch allzu sparsum um, so dass am Ende ein schwer zu lesender, für den Laien kaum aufzunehmender Text übrig bleibt, der mehrmals gelesen werden muss, um verinnerlicht zu werden.

Was hängen bleibt, sind Längen und einzelne Fakten. Persönlichkeitsgeschichte, die sonst in solchen Werken den Leser bei Stange hält, ist rar gesät. das funktioniert nur ungenügend, zumal man praktisch gezwungen ist, Absätze wiederholend sich zu Gemüte zu führen und langsam zu lesen.

Vielleicht dachte der Autor beim Schreiben eher an sein sonstiges Zielpublikum? Im Regelfall sind das Studenten. Für’s Fach sind „Die Moskauer“ jedenfalls nach meinem dafürhalten mehr geeignet, als jetzt für den Laien, der sich mit Geschichte beschäftigen und sich diesem bestimmten Kapitel mal von einer etwas anderen Sicht aus nähern möchte.

Als populärwissenschaftliches Werk funktioniert es nicht, was schade ist, denn die zahlreichen Quellen, die auf eine intensive Recherchearbeit schließen lassen, verknüpft mit einzelner Personengeschichte, hätten anders aufbereitet interessanter wirken können. So aber ist die Thematik nicht greifbarer geworden. Schade.

Autor:

Andreas Petersen wurde 1961 in Köln geboren und ist ein deutscher Historiker. Nach der Schule studierte er Osteuropäische Geschichte an der Universität Zürich und war Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin. Als Dozent für Zeitgeschichte wirkt er an der Fachhochschule Nordwestschweiz und ist zudem Gründungspräsident des Forums für Zeitzeugen in Aarau. Er schreibt für Tageszeitungen und Zeitschriften, pendelt zwischen Berlin und Zürich. Er ist Herausgeber und Autor mehrerer sachgeschichtlicher Werke.

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Nicoletta Giampietro: Niemand weiß, dass du hier bist

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Niemand weiß, dass du hier bist Nicoletta Giampietro Piper Erschienen am: 01.03.2019 Seiten: 416 ISBN: 978-3-492-05918-3

Inhalt:

Der zwölfjährige Lorenzo soll bei seiner Tante in Siena unterkommen, bis der Krieg vorüber ist. Die Toskana gilt als sicher. Mit seinem neuen Freund Franco träumt Lorenzo vom glorreichen Triumph des faschistischen Italiens. Doch die Begegnung mit Daniele bringt seine Überzeugungen ins Wanken. Daniele ist Jude. Als die Stadt schließlich von den Deutschen besetzt wird, schweben er und seine Eltern in großer Gefahr. Und Lorenzo trifft eine folgenreiche Entscheidung. (Klappentext)

Rezension:

Es gibt Romane, deren Geschichten verschwinden, sobald man den Buchdeckel zugeklappt hat und andere, die bleiben und nachwirken. Zur letzteren Sorte gehört „Niemand weiß, dass du hier bist“ von Nicoletta Giampietro. Das Debüt der italienischen Autorin erzählt die Geschichte des kleinen Lorenzo, der vor den Kriegswirren des Zweiten Weltkrieges in Afrika ins vermeintlich sichere Italien zu Verwandten gebracht wird und dort mit seinem neuen Freund Franco vom Siegeszug des Faschismus träumt.

Zunächst ist alles noch aufregend, auch wenn erste Anzeichen von der Grausamkeit und Bedingungslosigkeit auch den Kinderaugen des Zwölfjährigen nicht entgehen. Jüdische Mitschüler verschwinden aus dem Unterricht, immer schwieriger wird es, an Lebensmittel zu kommen, die Tante eckt mit allzu freier Meinungsäußerung an.

Im Szenario einer Kleinstadt, Siena, in der Toskana konzentrieren sich die Auswirkungen des Krieges. Viel packt die Autorin hinein. An historischen Gegebenheiten orierentierent, an realen Personen nur leicht angelehnt, hat sie einen Aufarbeitungsversuch eines Stückes italienischer Geschichte geschaffen, der fasst zu vergessen werden drohte.

Zunächst die Protagonisten, in deren Zentrum der anfangs zwölfjährige Lorenzo steht. Aufgewachsen in Tripolis, ist er der wache Charakter, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird. Zugleich außenstehender Beobachter und Beteiligter trägt der Protagonist die Geschichte.

Detailliert zeigt die Autorin den Zwiespalt auf, in dem Lorenzo sich befindet, vor allem in den gegensätzlichen Freundschaften, einerseits zum gleichaltrigen Franco, dessen Familie vom Faschismus profitiert, er selbst ist ganz der Ideologie verfallen, andererseits im späteren Verlauf zu Daniele, der nur knapp dem Unheil der Deportation entgeht. Beide Freundschaften bringen Lorenzo, auf die eine oder andere Art und Weise, in Gefahr.

Immer wieder fallen dabei bezeichnende Sätze, wie dieser:

Ich war an einem sicheren Ort gebracht und zurückgelassen worden. Aber Kriege sind unberechenbar. Und sichere Orte auch.

Nicoletta Giampietro: Niemand weiß, dass du hier bist

Die Geschichte entfaltet eine Sogwirkung, zunächst nur leicht, mit zunehmender Seitenzahl immer stärker, der man sich nicht entziehen kann. Dazu trägt ein kontinuierlicher Spannungsbogen bei und die Tatsache, dass die Autorin möglichst viele Themen gezielt untergebracht hat.

Zwar nur haarscharf an der Überfrachtung vorbei, sind auch die Nebenfiguren so detailliert gezeichnet, dass sie fassbar werden, allen voran Figuren wie Matteo oder Zia Chiara, die durchaus zur Identifikation taugen. Lorenzo steht irgendwo dazwischen. Auch thematisch macht es Giampietro ihren Lesern nicht leicht. Geschont wird niemand.

Es werden die Auswirkungen des Krieges auf den Alltag, das Denken und Handeln der Partisanen, der Mitläufer und der Täter behandelt, aber auch dort immer wieder gezeigt, dass jede Geschichte zwei seiten hat, eine großer Stärke des Romans, unterstützt durch sprachlich wunderbare Bilder.

… fast verschmolzen mit der Wand, zitternd wie ein Pappelblatt im Wind, schmutzig und mit riesigen, angsterfüllten Augen, …

Nicoletta Giampietro: Niemand weiß, dass du hier bist

Geschichtliche Aufarbeitung kennen wir von deutscher, niederländischer oder von polnischer Seite, dieser Roman zeigt einen Versuch etwas Unfassbares fassbar zu machen aus italienischer Sicht. So gelungen, habe ich selten etwas gelesen und kann diesen Roman nur jeden Interessierten ans Herz legen.

In klarer verständlicher Sprache und nicht allzu langen Kapiteln verfolgt die Autorin das Handeln ihres Protgonisten über mehrere Jahre, in denen Lorenzo einen Prozess des zu schnellen Erwachsenwerdens durchmachen muss. Leben, damit der andere überlebt, dabei einen klareren Blick bekommen. Vielleicht kann man es so zusammenfassen?

Emotional, nicht kitschig, beschreibt die Autorin Lorenzos Weg und zeigt im Nachwort auf, welchen realen Gegebenheiten einzelne Elemente der Handlung und Beschreibungen entlehnt sind. Gerade dies macht „Niemand weiß, dass du da bist“ zu einem unglaublich starken Roman, dessen Geschichte sich so oder ähnlich tatsächlich hätte abspielen können. Manche Szenen sind der Realität entlehnt.

Wer diesen Roman liest, wird dies mit zunehmend offenen Mund tun und viel Stoff zum Nachdenken bekommen. Eine Geschichte mit Nachhall, die ihres Gleichen sucht, gegen das Vergessen und für das Erinnern. Eine unbedingte Empfehlung.

Autorin:

Nicoletta Giampietro wurde 1960 in Mailand geboren und wuchs in einer italienisch-französischen Familie auf. Sie studierte nach der Schule Politikwissenschaften und geschichte in Mailand und Tübingen, zog 1986 nach Deutschland. Seit 1995 lebt sie in mainz, nach Stationen in Köln und Rotterdam. Sie spricht mehrere Sprachen. „Niemand weiß, dass du hier bist“ ist ihr erster Roman.

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Riad Sattouf: Der Araber von morgen – 4

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Der Araber von morgen – 4 Serie: Der Araber von morgen Graphic Novel Penguin Verlag Seiten: 280 ISBN: 978-3-60102-9

Inhalt:

Der Zeichner Riad Sattouf erzählt in dieser als Graphic Novel gehaltenen biografischen Reihe „Der Araber von morgen“ vom Aufwachsen zwischen der europäischen und der arabischen Welt. Der Leser begleitet Riad von Kindheit an durch die Heimat seiner Mutter, Frankreich, und des Landes seines Vaters, Syrien. In Band 4 erzählt Riad Sattouf von seinem leben als Teenager.

Seine Eltern leben sich immer mehr auseinander und streiten nur noch. Die Differenzen zwischen den Kulturen lassen die Risse zwischen ihnen immer größer werden. Riads Vater, einst arabisch modern, wird immer konservativer und entwickelt einen radikalen Plan. Währenddessen hat Riad mit den typischen Problemen eines Teenagers zu kämpfen. Schließlich kommt es zum großen Knall. (eigene Inhaltsangabe)

Bücher der Reihe:

Rezension:

Die Abstände zwischen dem Erscheinen der einzelnen Bände wurden mit Fortschreiten der Geschichte größer. Alleine, es hat sich gelohnt. Nun liegt ein neues Puzzleteil der hochinteressanten und künstlerisch brisanten Biografie von Riad Sattouf vor, der zuvor schon mit drei Bänden seine Leser begeistern konnte. Der Autor und Zeichner erzählt hierbei, wie gewohnt, aus seinen Erinnerungen heraus, episodenhaft vom Aufwachsen zwischen den Welten.

Zur Erinnerung, Sattouf stammt aus der Beziehung einer Französin und eines Syrers und lebte entsprechend zwischen den Kulturkreisen, kennt den Nahen Osten seiner Kindheit, sowie die Widersprüche, die sich daraus aus Begegnungen und Erlebnissen in Frankreich für ihn bildeten. Im Zentrum, immer dabei, Riads Familie.

Im vorliegenden Band, den man erst nach den anderen gelesen haben sollte, erzählt Sattouf von seinen Teenager-Jahren, die er vorwiegend in Frankreich verbrhhcte. Der einst so aufgeklärte Vater wendet sich immer mehr der Religion zu und verliert sich im Glauben an autoritäre Regime des Nahen Ostens, allen voran Saudi Arabiens und des Iraks unter Sadam Hussein, entfernt sich dabei immer mehr von seiner Frau, die zusehen muss, wie ihr das Familienleben entgleitet.

Selbst über Länderdistanzen streiten sich die Eltern zunehmend, wobei sein Vater einen immer größeren Spagat zwischen seinen Vorstellungen eines Familienlebens wahrnimmt, aber nicht wahrhaben will, Riads Mutter zwischendurch gegen eine schwere Krebserkrankung zu kämpfen hat. Als wäre das nicht genug, kommen für Riad die üblichen Probleme eines Heranwachsenden hinzu.

In diesem Band zeigt der Zeichner, wie er langsam die kindliche sicht auf die Geschehnisse ablegte und durch den Blick eines hinterfragenden Jugendlichen ersetzte. Distanzen und Differenzen werden sichtbarer, die Signalfarben, in denen die einzelnen Szenen gefärbt sind, gewinnen hier nochmals an Bedeutung.

Ein bestimmender Federstrich gibt den Stil vor und lässt die Protagonisten, Riad und dessen Familie, lebendig werden. Blau steht dabei für das Leben in Frankreich, helles Rosa und kontrastreiches Grün für Syrien, Rot für den eskalierenden Konflikt.

Von letzterem gibt es viele in diesem Band, in kürzeren Abständen als in den vorherigen. Harmonie, auch Melancholie, fast nur in den Szenen, in denen sich der Vater abwesend zeigt. Riad Sattoufs Erinnerungen führen den Leser derweil durch den Ersten Golfkrieg und der Ausweglosigkeit des Teenagers, der erkennen muss, dass die Beziehung seiner Eltern auf verlorenen Posten steht, ophne selbst sich in den Gruppen der Jugendlichen einordnen zu können. Egal, welcher Kulturkreis.

Es ist eine besondere Graphic Novel, die hier biografisch erzählerisch wirken kann und auf einen großen Knall am Ende zusteuert, der zudem kein größerer Cliffhanger hätte werden können. Dass funktioniert erstaunlich gut, wobei durch die ausufernde Seitenanzahl hier erstmals auch wirklich störende Längen entstanden sind, von denen man hofft, im nachfolgenden Band bitte verschont zu bleiben.

Wer jedoch die vorangegangenen Schriften und Zeichnungen mochte, wird dies auch mit Band 4 der Reihe tun, die zumindest einen größeren Spannungsbogen aufweisen kann, wie es nur eine Graphioc Novel in diesem Falle vermag, zumal viele Kinder zwischen den Kulturkreisen diese inneren Konflike in ähnlichen Varianten kennen dürften. Riad Sattouf versucht dies in seinen Zeichnungen zu verarbeiten. Mit „Der Araber von morgen – 4“ ist es ihm ein weiteres Mal gelungen.

Autor:

Riad Sattouf wurde 1978 in Paris geboren und ist ein französischer Comicautor, Zeichner und Filmregisseur. Bekannt wurde er durch seine Reihe „Der Araber von morgen“, in der über seine Kindheit in Libyen und Syrien berichtet, sowie durch mehrere Filme. Seine Kindheit verbrachte er zwischen den Ländern des Nahen Ostens, bevor er als Jugendlicher nach Frankreich zurückkehrte.

Nach seinem Abitur besuchte er die Schule für angewandte Künste in Nantes, studierte später Animation an der Ecole des Gobelins in Paris. Von 2004-2014 zeichnete er für das Satiremagazin Charlie Hebdo, von 2014 an arbeitete er an eine Comicserie, die als Fortsetzungsgeschichte in einer französischen Zeitschrift, später als Buch erschien. Er erhielt den Rudolph-Dirks-Award 2017 und den Max-und-Moritz-Preis, ein Jahr darauf. Sattouf lebt und arbeitet in Paris.

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Alexander Oetker: Zara & Zoe – Rache in Marseille

Zara & Zoe - Rache in Marseille Book Cover
Zara & Zoe – Rache in Marseille Rezensionsexemplar/Thriller Droemer Taschenbuch Seiten: 328 ISBN: 978-3-425-30715-1

Inhalt:

Ein Zwilling, der keine Regeln brechen darf.

Ein Zwilling, der keine Regeln kennt.

Zusammen kämpfen sie gegen erbarmungslose Terroristen.

Gesetz und Gewalt – vereint in zwei Schwestern. Die eine Cop – die andere Mafiosa.

Um eine Katastrophe zu verfindern, müssen sie die Rollen tauschen.

Ihr Kampf gegen fanatischen Terror wird zum epischen Showdown zwischen Gut und Böse.

(Klappentext)

Rezension:

Thriller, die von der ersten Seite an, ein schnelles Tempo vorlegen, haben es zumeist in sich, so auch das vorliegende Szenario von Alexander Oetker. Der Frankreichkenner, Journalist und Schriftsteller entführt den Leser nach Marseille, in die Tiefen der Banlieues, grauer Vorstädte, die sich längst jeder staatlichen Kontrolle entzogen haben, Korruption, Drogenhandel und Terrorismus ihre Brutstätten haben.

Im vorliegenden Band ermitteln die scharf gezeichneten Protagonisten, die Europol-Beamten Zara von Hardenberg und ihr Kollege Isaakson. Was zunächst wie ein Mord mit Anhängsel aussieht, entwickelt sich jedoch schnell zu einem Fass ohne Boden. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, für den Zara ihre ärgste Feindin einspannen muss. Ihre eigene Schwester.

So viel zur Handlung, von der man mehr nicht verraten sollte, die jedoch durchaus trägt und einen kontinuierlichen Spannungsbogen praktisch garantiert. Rasant geschrieben, hat der Autor hier genau das richtige Maß zwischen den wichtigen Details und unwichtigeren Geplänkel gefunden. Positiv auffallend ist dabei, dass alle Protagonisten verschiedene Fascetten aufweisen. Das reine Gut-Böse-Schema gibt es nur auf den ersten Blick.

Auch Orts- und Milieubeschreibungen gehören zu den Pluspunkten des Autoren. Man nimmt dies dem Autoren ab und verliert sich in die Gluthitze der Stadt am Mittelmeer, die anscheinend mehr Schatten- als Sonnenseiten vorzuweisen hat. Nichts rät eher ab, doerthin zu reisen, als dieser thriller. Kurze und prägnante Kapitel laufen in wechselnder Perspektive einem Showdown entgegen, der einen großen Knall schon früh erahnen lässt.

Dort wird es indes kritisch. Gerade das Endszenario kann ich dem Schriftsteller nicht abnehmen. Zu unglaubwürdig, zu schnell und zu kurz erzählt. Was am Anfang noch funktioniert, reicht mit Fortschreiten der Seitenzahl nicht aus, um gerade ständige Krimileser bei Stange zu halten und zu überzeugen. Die Geschichte wirkt dann wie ein Fernsehfilm, den man mal gesehen, dann jedoch schnell wieder verdrängt hat.

Das ist schade, da viele Themen aufgegriffen werden, die man detailliert hätte verarbeiten können. Die Chancenlosigkeit in den Vorstädten, Radikalisierung, Terrorismus, organisierte Kriminalität, das Drogenmilieu, Mafiabande, um nur einige zu nennen. Das wird alles angeschnitten und im Schnelldurchlauf zusammengefügt, reicht jedoch nicht. Vielleicht hätte man sich hier auf weniger konzentrieren, dies jedoch ausfühlicher verarbeiten können.

Im letzten Viertel fehlt der Biss, jedoch würde ich gerne mehr über die einzelnen Protagonisten erfahren und damit weitere Fälle lesen. Gegen den Auftakt als Reihe, hätte ich nichts. Dann könnte der Autor diese Schwächen mit einer stärkeren Fortsetzung wettmachen.

Autor:

Alexander Oetker wurde 1982 geboren und ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er begann Sozial- und Politikwissenschaften zu studieren und beendete dies jedoch nicht, arbeitete v on 1998 bis 2000 freiberuflich für die Berliner Zeitung. Danach arbeitete er für die Mediengruppe RTL und war von 2005-2007 Berlin-Korrespondent.

Von 2008 an, leitete er das Westeuropa-studio und berichtete für RTL/n-tv/Vox aus Paris. Seit 2012 ist er politischer Korrespondent in Berlin. 2017 erschien sein erster Kriminalroman. Oetker schreibt unter eigenen Namen, sowie unter Pseudonym und lebt mit seiner Familie in Berlin.

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Reinhard Kuhnert: In fremder Nähe

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In fremder Nähe Reinhard Kuhnert Mirabilis Verlag Erschienen am: 22.02.2019 Seiten: 272 ISBN: 978-3-9818484-9-6

Inhalt:

Elias Effert ist Theatermann. Stückeschreiber, Regisseur und Liedermacher und feiert in der DDR große Erfolge, bis er zu sehr mit seinen Texten aneckt. Der Geschasste verlässt die DDR, nur einer holt ihn in Westberlin ab. Joachim, Chef eines Westberliner Theaters, will helfen.

Doch, Elias ist skeptisch, nach und nach stellen sich jedoch erste Erfolge ein. Effert erlebt aber auch die Zweifel und Schwierigkeiten, ein Westler zu werden. Eine Welt wurde ihm fremd, die andere wird nie ganz nah. Nach Jahren öffnet sich für Elias ein völlig unerwarteter Weg. (eigene Inhaltsangabe).

Rezension:

Wenn man den Umschlagstext und die Inhaltsangabe eines großen Verkaufsportals auf diese art und Weise zusammenfasst, könnte man fast den Eindruck bekommen, man hätte es hier mit einer spannenden und wendungsreichen Thematik zu tun, wird aber gleichsam auf den ersten Seiten enttäuscht werden. Und die gehören schon zu den spannendsten, welche der Künstlerroman zu bieten hat.

Geschrieben hat ihn Reinhart Kuhnert, der hier als Theatermensch seine eigene Biografie verarbeitet hat und von den Schwierigkeiten erzählt, zwischen Tür und Angel, in diesem Fall zwischen Ost und West zu leben und nirgendwo so richtig anzukommen.

Und genau das passiert zunächst auch mit den Leser. Vielleicht liegt es daran, dass mir das bewusste Erleben der DDR- und Wendezeit fehlt, jedenfalls ist das anfangs noch verständliche Verhalten und Denken des Hauptprotagonisten, welches ihn zu einer durchaus wandelbaren und interessanten Figur hätte machen können, mir sehr schnell gehörig auf die Nerven gegangen. Diese ständigen Selbstzweifel, das Jammern wird mit der Zeit so unerträglich, dass es auch nicht hilft, dass man aufgrund des Erzählstils geradezu durch die Seiten fliegt.

Zu nennen sind die beiden Hauptfiguren, Effert zum einen und zum anderen Kramert, die gleichsam gegensätzliche Pole ihrer Orientierung bilden, denen man jedoch beide gegen eine Ziegelmauer stoßen möchte. Fast möchte man beiden Protagonisten zu schreien, man kann sich aber auch anstellen.

Ansonsten bewegt sich außer der dahinplätschernden Handlung nicht viel. Sinnsuche, vielleicht nicht ohne Sinn aber ohne Ergebnis und irgendwie habe ich das von diesen Roman erwartet. War dann vielleicht auch ein Fehler von mir.

Interessant ist die Verschmelzung der Geschichte des Autors mit der seines Protagonisten. Hier erweißt sich das Reale wieder einmal spannender als die gesponnene Geschichte. Kuhnert hat selbst eine Dissidentenbiografie vorzuweisen und ging in den 1980er jahren in den Westen, musste als Künstler praktisch von Null auf starten, verarbeitete mit diesem Roman wahrscheinlich all die Gedanken, die ihn seither begleiteten.

Er verwendete dafür reale Texte, die er selbst für verschiedene Theaterbühnen schrieb und legte sie seinen Protagonisten in den Mund oder in der Füllertinte. Solch einen Kniff zu verwenden ist stark. Um so bedauerlicher, dass Kuhnert nicht mehr daraus gemacht hat als diesen Roman, der mich fragend zurücklässt und farblos erscheint.

Vielleicht wirkt die Geschichte anders, wenn man selbst eine ähnliche Biografie aufweisen kann oder zumindest der Generation des Autoren angehört oder dessen Berufsgruppe? Mir fehlte leider der Zugang.

Autor:

Reinhard Kuhnert ist Schauspieler, Regieassistent und Regisseur und arbeitete an verschiedenen Theatern in der DDR, später in Westberlin und im Ausland.. Bis 1983 wirkte er als erfolgreicher Dramatiker in Ostberlin, bevor er nach zunehmenden Konflikten mit der Zensur und den folgenden Rauswurf aus den Schriftstellerverband der DDR nach Westberlin übersieltelte.

Er schreibt Stücke für Theater, Funk und Fernsehen aber auch Romane und Gedichte.Von 1994 bis 2007 lebte er in Galway/Irland und war dort Gastdozent der dortigen Universität, sowie 2006 an der Universität und dem Victorian College of Arts Melbourne. Er erhielt 1999 den Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlins und 2017 die Goldene Schallplatte.

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Julia Finkernagel: Ostwärts (1)

Inhalt:

Wenn nicht jetzt, wann dann? Was passiert, wenn eine Managerin ihren Job an den Nagel hängt, den Rucksack schultert und bis in die hinterste Mongolei reist? In Rumänien wird sie fast von Peter Maffay überfahren, dafür genießt sie in Georgien Gastfreundschaft 2.0 (Promille). Sie gerät in die Fänge des russischen Geheimdienstes, isst Suppe auf Tadschikisch (ohne Löffel!) und versucht sich als kirgisische Schwiegertochter in der Sommerjurte. Ach ja – und dreht darüber mit ihrem Kameramann eine launige TV-Serie. Alles zum ersten Mal.

Ein wunderbar geistreiches wie humorvolles Buch über echte premieren, die ein oder andere Panne und das große Glück vom Unterwegs-Sein. (Klappentext)

Bücher der Reihe:

Julia Finkernagel: Ostwärts 1 – Ostwärts oder wie man mit den Händen Suppe isst, ohne sich nachher umziehen zu müssen

Julia Finkernagel: Ostwärts 2 – Immer wieder Ostwärts oder wie man in der Transsibirischen Eisenbahn duscht, ohne seekrank zu werden

[Einklappen]

Rezension:

Bei Filmen bin ich immer vorsichtig, wenn der Trailer die Höhepunkte vorwegzunehmen scheint, bei Büchern geht es mir mit Klappentexten ebenso, wobei da die Wahrscheinlichkeit irgendwie höher zu sein scheint, dass sich die beschriebene Geschichte vollkommen anders entwickelt. Diese Inhaltsangabe klang witzig und genau nach dem, was heute im Internet zahlreich angeklickt wird. Spontane Reiseerlebnisse für den Moment festgehalten, nur eben in Buchform. Und es funktioniert.

Julia Finkernagel hat eigentlich als Managerin am Frankfurter Flughafen gearbeitet, bevor sie sich ein Sabbatjahr nahm und seit dem für den MDR in die verschiedensten Winkel der Erde reist. Mit Kamera- und Tonmann gilt es, die Geschichten der Menschen zu ergründen, die dort leben und die Zuschauer zu Hause in fremde Welten zu entführen. Alltag mal anders und immer darauf bedacht, spontane Ereignisse mitzunehmen. Keine Reisereportage im klassischen Sinn. So entpuppte sich „Ostwärts“ zu einem der erfolgreicheren Formate des MDR.

Doch, wie waren die Anfänge und wie lernte Julia Finkernagel, wie Fernsehen funktioniert? Dies und natürlich ihre kuriosen Erlebnisse in den Ländern, die sie als erstes bereiste, beschreibt sie mit humorvollen Blick in ihrem Buch „Ostwärts oder wie man lernt, mit den Händen Suppe zu essen, ohne sich nachher umziehen zu müssen“ und reiht Kuriositäten, Erlebnisse und Menschen so aneinander, dass man das Gefühl hat, die Autorin auf der Reise zu begleiten, zudem Erlebnisse zu erfahren, die es nie schafften, gesendet zu werden.

Nichts ist statisch oder faktenlastisch, als Reiseführer ist das Buch nicht zu gebrauchen, eher als Erfahrungsbericht, den man trotzdem einiges für sich mitnehmen kann. „Krieg und Frieden“ taugt zum Beispiel nicht nur als Lektüre, sondern auch (Bücherfreunde festhalten!) als Toilettenpapier, wenn man nichts anderes hat und wenn man Hunger hat, ist man Plov.

Schriftstellerisch ist der Reisebericht, der in kurzweiligen und übersichtlichen Kapiteln über Polen, der Slowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, bis nach Georgien, Russland, Kirgistan, Tadschikistan, Usbekistan und in die mongolische Steppe wird, zwar kein großer Wurf, aber um so amüsanter und nachdrücklicher zu lesen. Reisen erweitert schließlich den horizont und warum nicht einmal ein eher etwas ungewöhnliches Ziel in seine To-do-Liste aufnehmen?

Wie funktioniwert Fernsehen und wie leben die Menschen fernab touristischer Standardrouten in dennoch reiseinteressanten Ländern? Wie viel Promille muss man bekommen, um eine georgische Tischrunde zu überstehen und warum wechselt der Tee in Tadschikistan mehrfach das Gefäß, bevor er getrunken wird? Dies alles und noch viel mehr, mit Appetit auf bulgarischen Schopska-salat und, na ja, eben Plov im Reisebericht der etwas anderen Art, auch wenn man wissen möchte, wie man in der weiten Steppe Pipi macht, ohne gesehen zu werden. Na dann, gute Reise.

Autorin:

Julia Finkernagel ist eine deutsche Moderatorin, Drehbuchautorin, Redakteurin und Drehbuchautorin. Nach der Schule studierte sie zunächst Kommunikationsdesign und arbeitete am Frankfurter Flughafen im Bereich der Planung des flugbetriebes. 2007 nahm sie sich ein Sabbatjahr und bereiste die Welt.

Auf die Berichte, die sie zunächst per E-Mail versendete, wurde der MDR aufmerksam, so begann die Geschichte der Dokumentationsreihe „Ostwärts – mit den Rucksack der Sonne entgegen“, die bis 2014 gesendet wurde. Seit dem arbeitet sie zudem als producerin für verschiedene Fernsehformate und wurde 2011 zudem für ein Qualifizierungsprogramm für Filmschaffende ausgewählt. 2016 war Finkernagel Mitglied der Jury der Biberacher Filmfestspiele. Dies ist ihr erstes Buch.

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Maxim Leo: Wo wir zu Hause sind

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Wo wir zu Hause sind Maxim Leo Kiepenheuer & Witsch Erschienen am: 14.02.2019 Seiten: 368 ISBN: 978-3-462-05081-3

Inhalt:

Wenn vier Menschen um einen Tisch sitzen, dann ist Maxim leos Berliner Familie schon fast vollständig versammelt. Die vielen anderen Leos, die in den 30er-Jahren vor den Nazis flohen, waren immer fern, über den ganzen Erdball verstreut. Zu ihnen macht er sich auf, nach England, Israel und Frnkreich, und erzählt ihre unglaublichen Geschichten.

Die von Hilde, der Schauspielerin, die in London zur Millionärin wurde. Die von Irmgard, der Jura-Studentin, die einen Kibbuz in den Golanhöhen gründete. Die von Ilse, der Gymnasiastin, die im französischen Untergrund überlebte. Und die ihrer Kinder und Enkelkinder, die jetzt nach Berlin zurückkehren, in die verlorene Heimat ihrer Vorfahren. (Klappentext)

Rezension:

In Interviews mit Schriftstellern fällt öfter der satz, am besten schreibe man über das, was man kennt. Doch, schon bei der eigenen Familiengeschichte wird es schwierig, ist sie doch etwas, was meist episodenhaft in den Köpfen einzelner Familienmitgleider herumgeistert und zumeist nicht tiefgehender erläutert wird. Wer wagt es schon, alte Wunden aufzureißen, genauer nachzufragen?

Wie wirken sich Entscheidungen, die einzelne Familienmitglieder Generationen zuvor getroffen haben, auf ihre Nachfahren aus und gibt es so etwas, wie ein kollektives Familiengedächtnis? Maxim Leo meint ja, und begibt sich auf Spurensuche quer über den Erdball zu den Wurzeln seiner Familie.

Die Geschichte seiner Familie ist vor allem in der beginnenden Verzweigung der 30er-Jahre die Geschichte von Frauen, denen besonderes abverlangt wurde in besonderen Zeiten. Der Autor führte Interviews mit den Nachfahren, Kindern und Enkeln und findet sich plötzlich wieder im Strudel der Geschehnisse, die die Familie quer über den Erdball verteilten und nur ein paar Leos in Berlin zurückließen. Die Stadt, in der alles ihren Anfang nahm.

Einfühlsam und emotional müssen die langen Gespräche gewesen sein, die Maxim Leo mit unzähligen Mitgliedern geführt haben muss und so spürt er minutiös seiner eigenen Vergangenheit nach oder dem, was heute noch nachwirkt. Das ist beeindruckend und macht nachdenklich, aber auch Lust, die eigene Familiengeschichte mal etwas näher zu betrachten, mal etwas tiefgehender zu hinterfragen.

Ungemein spannend beschreibt er die Besonderheit der Zeit, der seine Vorfahren ausgesetzt waren, aber auch, dass die drei Frauen, deren Kinder, Enkel und Urenkel, heute in Wien, Haifa, London und im ländlichen Frankreich zu Hause sind, nicht zum Opfer werden wollten, sondern für sich und ihre Nachkommen ums Überleben gekämpft haben.

Er vollzieht die Geschichte nach und die Erkenntnis, dass wir vielleicht weniger selbst entscheiden als in unserem kollektiven Gedächtnis festgelegt ist, folgt auf den Fuße. Bleibt die Frage, warum man jemand anderes Familiensagen sich zu Gemüte führen sollte? Ganz einfach, weil Familie eben das ist, was man sich nicht aussuchen kann, was bleibt und was wir zu dieser machen. Zudem ist es interessant zu erfahren, wie ähnlich und doch verschieden sich manche Biografien verhalten und dass eben nicht alles so „warm und selbstverständlich“ ist, wie es zunächst scheint.

Autor:

Maxim Leo wurde 1970 in Ost-Berlin geboren und ist ein deutscher Journalisst, Drehbuchautor und Schriftsteller. Nach einer Ausbildung zum Chemielaboranten holte er 1990 das Abitur nach und studierte zunächst Politikwissenschaften an der Freien Universität Berlin, sowie in Paris. Er war Nachrichtenredakteur bei RTL und seit 1997 ist er zudem Redakteur bei der Berliner Zeitung.

2002 bekam er für seine Arbeit den Deutsch-Französischen Journalistenpreis, 2006 den Theodor-Wolff-Preis verliehen. Er ist Autor mehrerer Spaß-Bücher, sowie 2011 eines biografischen Werkes, wofür er 2011 den Europäischen Buchpreis erhielt. 2018 erschien mit „Wo wir zu Hause sind“ ein weiteres biografisches Buch. Leo schreibt Drehbücher für die Serie „Tatort“ und lebt mit seiner Familie in Berlin.

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Veit Etzold: Staatsfeind

Staatsfeind Book Cover
Staatsfeind Rezensionsexemplar/Thriller Droemer Taschenbuch Seiten: 461 ISBN: 978-3-426-30668-0

Inhalt:

Was wäre, wenn: Der ehemalige KSK-Soldat Iwo Retzick wird von seinem alten Kameraden Philipp kontaktiert, der als Politiker Karriere macht. Philipp braucht Iwos Hilfe bei einem Vorhaben, das die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland für alle Zeiten verändern soll. Was sich da zwischen Dubai, Berlin und New York zusammenbraucht, ist so ungeheuerlich, dass es selbst Iwos schlimmste Albträume übersteigt. Doch die Verschwörung reicht bis in die allerhöchsten kreise von Finanzwesen, Politik und Sicherheitsdiensten, und wenn Iwo sie stoppen will, muss er sich entscheiden: Opfere ich mich selbst, oder opfere ich alle anderen? (Klappentext)

Rezension:

In Zeiten, in denen die Demokratie von mehreren Seiten der Gesellschaft auf den Prüfstein gestellt wird, nicht nur im benachbarten oder weiter entfernten Ausland, sondern auch hier im deutschsprachigen Raum kommt dieses Szenario gerade recht. Zum dreißigsten Jahrestag des Mauerfalls soll in Deutschland, vorbereitet durch Terrorakte ein Umsturz geschehen, der die Welt aus den Angeln heben soll.

So zumindest der Plan. Fortan soll es wieder zwei deutsche Staaten unterschiedlicher Prägung geben und die Welt, so wie wir sie kennen, nicht mehr existieren. In mitten dieses Szenarios befindet sich plötzlich, mehr als ihm lieb ist, der zweifelnde und unzufriedene ehemalige KSK-Soldat Iwo Retzick, der bald darauf sich entscheiden muss, zu welcher Seite er gehören möchte. Doch, wie er sich auch entscheidet, wird er den Showdown aufhalten können?

Es ist das Szenario eines politischen Albtraumes oder, besser formuliert, politischen Erdbebens, welches uns der Autor hier aufzeigt und in Teilen vielleicht nicht einmal so unrealistisch ist.

Wie viel Wert ist uns heute noch die Demokratie als Staatsform, unsere Sicherheit gegenüber freiheitlichen Grundsätzen und an welchen Ecken und Enden beginnen die offensichtlichen sicherheitstechnischen Fehler der Entscheidungen unserer Politiker einen Weg in die falsche Richtung einzuschlagen? Stellt sich der Leser diese Fragen, einhergehend mit allen Folgen, ist man von der Variante Etzolds nicht einmal so weit entfernt.

Detaillier ausgearbeitet, lernt man nach und nach die Protaqgonisten der verschieden agierenden Seiten kennen. Es gibt hierbei kein absolut Gutes und Böse, sondern zahlreiche Grautöne, die gegeneinander ankämpfen, um mal in Farben zu sprechen. Das ist sehr schön gemacht, zumal man so die Handlung aller Beteiligten nachvollziehen kann, auch und gerade die des Antihelden.

Der Autor stellt in kurzweiligen Sätzen die Zusammenhänge eines großen Spiels um Macht und Intrigen dar, so dass es einem kalt über den Rücken laufen wird. Kurze Kapitel und zahlreiche Cliffhanger runden die Geschichte ab, so dass sich „Staatsfeind2 schon nach wenigen Seiten zu einem Pageturner mit kontinuierlichen Spannungsbogen entwickelt, der sich in einem großen Knall entlädt.

Als Essenz bleiben die Fragen, was für eine Gesellschaft wollen wir? Was müssen wir dafür tun? Wo sind rote Linien, die wir nicht überschreiten dürfen oder wo wir verhindern müssen, dass andere sie überschreiten? Sehr schön dargestellt und verpackt in einer spannenden Geschichte, die zudem Anknüpfungspunkte bietet zu anderen Romanen des Autoren, den man danach einen kritischen Blick auf das sicherheitspolitische Geschehen in Deutschland unterstellen darf.

Den Buch zugrunde liegen nach eigenen Angaben Recherchen und Befragungen von Sicherheitskräften, die ein eher schlechtes Bild über deren eigenen Zustand zeichnen, was man auch dem vorliegenden Thriller entnehmen kann. Hoffen wir nur, dass dieses Szenario so oder so ähnlich nie Wirklichkeit werden wird.

Autor:

Veit Etzold wurde 1973 in Bremen geboren und ist ein deutscher Schriftsteller. Nach einer Ausbildung studierte er zunächst in Oldenburg, London und Barcelona und promovierte 2005 im Bereich Medienwissenschaften. Er arbeitete für Medienunternehmen, Banken und Unternehmensberatungen, sowie in der Management-Ausbildung. Seit 2010 veröffentlicht er zudem Romane und Thriller, sowie Sachbücher zum Thema -Storytelling-. Als Unternehmensberater integriert er die Erkenntnisse der Thrillerstrategie in die Geschäftswelt, etwa in Bezug auf Veränderungsprozesse durch die Methodik des Storytelling darzustelleb, Er ist Professor an der Hochschule Aalen und lebt mit seiner Familie in Berlin.

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Michael Tsokos: Paul Herzfeld 1 – Abgeschlagen

Inhalt:

In einem Kieler Park werden ein toter nackter Mann und eine zerstückelte Frauenleiche entdeckt. Rechtsmediziner Paul Herzfeld ist überrascht, welche mysteriösen Reaktionen dieser Fall auslöst: Professor Schneider, Herzfelds Vorgesetzter, legt sich schon zu Beginn der Obduktion auffällig schnell auf eine Machete als Tatwaffe fest, während der Sektionsassistent vor lauter Nervosität kaum seine Arbeit verrichten kann.

Und dannkommt der Hausmeister des Instituts auch noch einem brisanten Geheimnis auf die Spur. Daraufhin stellt Herzfeld eigene Nachforschungen an und bringt sich und seine Familie in größte Gefahr. (Klappentext)

Bücher der Reihe:

Michael Tsokos/Sebastian Fitzek: Paul Herzfeld – Abgeschnitten (Stand Alone)

Michael Tsokos: Paul Herzfeld 1 – Abgeschlagen

Michael Tsokos: Paul Herzfeld 2 – Abgefackelt

Michael Tsokos: Paul Herzfeld 3 – Abgetrennt

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Rezension:

Es scheint immer mehr so zu sein, dass Crossover zu verschiedenen alltagstauglichen Berufen Bücher geschrieben werden und diese damit besonders gut funktionieren. Das merkt der Leser z.B. an Sebastian Fitzeks „Amokspiel“, einen Thriller, den man durchaus als Anspielung auf die Radiozeit des Bestseller-Autoren verstehen könnte, aber auch an die True-Crime-Werke von Michael Tsokos, Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner, der bereits mit seiner Figur Fred Abel, einen weiteren erfolgreichen Quasi-Ermittler auf das Parkett der Buchhandlungen gebracht hat.

Nun jedoch, an das gemeinsame Werk „Abgeschnitten“ anknüpfend, welches der Autor zusammen mit Fitzek geschrieben hatte, ein gelungener wahrscheinlicher Auftakt zu einer neuen Serie.

Handelnder Hauptprotagonist ist Paul Herzfeld, den der Leser über sehr kurze Kapitel, die schnell aufeinander folgen, begleitet. Fachlich versiert und scharfsinnig bearbeitet der Kieler Rechtsmediziner seine Fälle, erstaunt jedoch als sich sein Vorgesetzter allzu leicht auf die Mordwaffe festlegt. Wie kann das sein? Zweiter Handlungsstrang, zumindest zu Beginn und zugleich Aufmacher des Thrillers ist die Geschichte eines freikommenden Mörders, welcher alleine dazu dient, die Handlung ins Rollen zu bringen.

Das funktioniert zunächst gemächlich. Sehr ruhig wird der Leser anfangs durch die Handlung geführt. Schnell ist ausgemacht, wer auf welche Seite steht. Für meinen Geschmack ein wenig zu schnell. Mit zunehmender Seitenzahl gewinnt die Geschichte dann jedoch an Tempo, der Spannungsbogen steigt kontinuierlich an und steuert gezielt auf ein großes Finale im verschneiten Schleswig-Holstein zu.

So viel zum Inhalt. Mehr darf und kann man jedoch auch nicht verraten. faszinierend sind die Details rechtsmedizinischer Arbeit, die Michael Tsokos in seine Werke, hier besonders stark, einfließen lässt. Fasst möchte man mitraten, wie viel von der Handlung wirklich wahr sind und welche fachlichen Anekdoten ihn zu diesem Thriller inspiriert haben.

Diese Gedankenspiele sind es, welches die Leser bei der Stange halten, auch die gute Ausarbeitung der Charaktere und gelungene Beschreibung der Arbeit im Obduktionssaal zeichnen sich verantwortlich für das gewisse Etwas. Wer allerdings Brutalität oder allzu blutige Szenen nicht lesen kann, sollte die Finger vom Buch lassen. Nur so als warnung.

Natürlich hat das Werk auch Schwächen, aber das liegt meines Erachtens daran, dass eben Michael Tsokos‘ Arbeit nicht hauptberuflich das Schreiben ist, sondern das Ergründen von Todesursachen, auch wenn dies nur einen kleinen Teil der Rechtsmedizin darstellt. In sofern sind Wortwiederholungen oder schwächere Formulierungen, die man vielleicht bei „hauptberuflichen“ Thriller-Autoren nicht durchgehen lassen würde, verzeihlich.

Legt euch also auf den Sektionstisch und taucht ein in ein mörderisches Szenario des winterlichen Kiel. Nicht nur für Schleswig-Holstein-Fans eine packende Geschichte. Nur eines gilt laut Danksagung übrigens als sicher. Paul Herzfeld wird uns voraussichtlich noch öfter begegnen.

Autoren:

Michael Tsokos wurde 1967 in Kiel geboren und ist ein deutscher Rechtsmediziner und Professor an der Charite in Berlin. Er leitet seit 2007 das dortige Institut für Rechtsmedzin, gleichzeitig das Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin in Berrlin-Moabit. Zudem ist er Leiter der Gewaltschutzambulanz der Charite.

1998-99 nahm er an der Exhuminierung und Identifizierung von Leichen aus Massengräbern des Bosnienkrieges und im Kosovo teil, 2004-05 war er im Auftrag des Bundeskriminalamtes zur Identifizierung der Tsunami-Opfer in Thailand täig. Er ist Autor mehrerer Fachzeitschriften, populärer Sachbücher und Mitautor mehrerer Thriller. Seit 2014 ist er Botschafter des Deutschen Kindervereins. Tsokos lebt mit seiner Familie in Berlin.

Wolf-Ulrich Schüler arbeitet als Journalist bei BILD, wurde 1980 geboren und lebt mit seiner Familie in Berlin.

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Christian Hardinghaus: Die Spionin der Charite

Die Spionin der Charite Book Cover
Die Spionin der Charite Christian Hardinghaus Europaverlag Erschienen am: 08.02.2019 Seiten: 240 ISBN: 978-3-95890-237-4

Inhalt:

Lily Kolbe, ehemalige Sekretärin des weltbekannten Chirurgen Ferdinand Sauerbruch zerreißt wütend die Zeitung, als erneut an das Hitler-Attentat und den Widerstand um Stauffenberg erinnert wird, die Welt aber nichts vom Widerstand einer kleinen Gruppe bekannt ist, die sich innerhalb der Berliner Charite zu Kriegszeiten gebildet hatte.

Die acht Mitglieder hatten sich geschworen, ihre Aktionen geheim zu halten, doch jetzt will Lily ihr Schweigen brechen. Sie wendet sich an Eddie Bauer, einem Journalisten, erzählt ihre Geschichte, und bringt damit einen Stein ins rollen, der die Geister der Vergangenheit weckt. Plötzlich wird Lily von längst vergessenen Feinden bedroht, auch der Journalist verhält sich merkwürdig. Wen kann sie noch trauen? (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Es liegt in der Natur der Sache, dass ich mich schwer tue, wenn historischer Stoff ins Fiktionale übersetzt wird und aus wahren Begebenheiten eine Geschichte gestrickt wird. Tatsächlich bin ich jetzt kein Fan von historischen Romanen, zumal, wenn ich die Hintergründe der wahren Begebenheit kenne.

In sofern war es ein Fehler, das Sachbuch zur Thematik zuerst gelesen zu haben und erst dann den Roman, dennoch liegt mit „Der Spionin der Charite“ von Christian Hardinghaus im Europaverlag nun ein würdiges Äquivalent zum Sachbuch vor, welches der gleiche Autor über den Chirurgen der Charite, Ferdinand Sauerbruch, geschrieben hat.

Der Handlungsort des Romans ist dann auch im Wesentlichen die berühmte Klinik selbst, doch zunächst geht es etwas weniger weit zurück in die Vergangenheit. Der Leser erlebt Lily Kolbe, als wiederholt über das Attentat des 20. Juli 1994 berichtet wird. Es ist Jahrestag des selben und die ehemalige Sekretärin des oben erwähnten Chirurgen ärgert sich darüber, dass niemand vom ebenso mutigen Widerstand der Mitarbeiter der Klinik weiß.

Natürlich selbst schuld, da sich die Mitglieder des kleinen „Donnerstagclub“ geschworen hatten, niemanden etwas von ihren Aktionen zu sagen, doch in Lily brodelt es. Sie beschließt, den Journalisten Eddie Bauer zu kontaktieren und ihm ihre Geschichte zu erzählen. Doch, die Vergangenheit holt sie schneller ein als ihr lieb ist. Bald weiß sie nicht mehr, wen sie noch trauen kann. Auch Bauer verhält sich zunehmend merkwürdig.

Dies ist das Grundgerüst der Geschichte, die in größeren Abständen zwischen den Zeiträumen und damit auch der Handlungsebene wechselt. Mehr sei zum Inhalt jedoch auch nicht verraten. In kurzweilig einschlägigen Kapiteln schreitet die Handlung voran. Erst langsam, dann mit zunehmenden Tempo. Die Hauptprotagonistin gewinnt mit zunehmender Seitenzahl an Tiefe. Wahrheit und fiktion wurden hier, Zeile für Zeile, gekonnt miteinander verwoben.

Die Wendung zum Ende hin ist logisch, erfolgt aber gefühlt etwas zu abrupt. Das funktioniert, wenn man das Sachbuch „Ferdinand Sauerbruch und die Charite – Operationen gegen Hitler“ noch nicht gelesen und sich allgemein mit der Geschichte zu wenig beschäftigt hat. Anderenfalls verliert sich ein wenig die Wirkung, die der Autor erzielen wollte.

Hier hätten der Geschichte noch zwanzig bis fünfzig Seiten mehr gut getan, um die Lücke zu füllen, was aber durchaus anders sein kann, wenn man zuerst dieses Werk und dann das Sachbuch liest. Diesen kleinen Abstrich muss ich hier machen, kann jedoch ansonsten eine Empfehlung aussprechen für die, die gerne neuzeithistorische Romane lesen und etwas über ein wenig bekannteres Kapitel der deutschen Geschichte erfahren bzw. sich erst einmal da herantasten möchten. Es funktioniert.

Autor:

Christian Hardinghaus wurde 1978 in Osnabrück geboren und ist ein deutscher Historiker, Schriftsteller und Fachjournalist. Nach seinem Studium der Geschichte, Literatur- und Medienwissenschaft (Film und TV) promovierte er an der Universität Osnabrück im Bereich Propaganda- und Antisemitismusforschung.

Im gleichen Jahr absolvierte er den Lehrgang Fachjournalismus an der Freien Journalismusschule. 2016 erwarb er zudem den Abschluss für das gymnasiale Lehramt in den Fächern Deutsch und Geschichte. Er ist Autor zahlreicher Sachbücher und Romane. Hardinghaus lebt in Osnabrück.

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