Autor: Christian Baron
Titel: Ein Mann seiner Klasse
Seiten: 284
Biografie/Rezensionsexemplar
Hardcover
Erschienen am: 31.01.2020
ISBN: 978-3-546-10000-7
Verlag: claassen
Inhalt:
Christian Baron erzählt die Geschichte seiner Kindheit, seines prügelnden Vaters und seiner depressiven Mutter. Er beschreibt, was es bedeutet, in diesem reichen Land in Armut aufzuwachsen. Wie es sich anfühlt, als kleiner Junge männliche Gewalt zu erfahren.
Was es heißt, als Jugendlicher zum Klassenflüchtling zu werden. Was von all den Erinnerungen bleibt. Und wie es ihm gelang, seinen eigenen Weg zu finden. Ein Buch über das Leben und Sterben, das nacheifern und Abnabeln, das Verdammen und Verzeihen. (Klappentext)
Rezension:
Deprimierender geht es kaum, möchte man meinen, so man den Buchdeckel aufgeschlagen und die ersten Zeilen gelesen hat. Schon ist man versunken, in die Kindheitsbiografie des Einen, der sich Stück für Stück aus Elend und Verzweiflung, vor allem aber aus prekären Familienverhältnissen und Armut herausgekämpft hat.
Christian Baron erzählt kompromiert vom Aufwachsen im Armutsviertel von Kaiserslautern, vom gewalttätigen Vater und einer überforderten Mutter.
Wenig hoffnungsvolles, dafür viel Trostlosigkeit über weite Strecken, aus der Sicht des Kindes und eines Erwachsenen, der es geschafft hat, den allem zu entkommen, irgendwie jedoch auch für immer damit verbunden bleibt.
Der Autor erzählt aus der Beobachtungswarte des Kindes heraus, welches die Perspektivlosigkeit seiner Eltern gepachtet zu haben scheint, dessen Ankämpfen dagegen sämtliche Erwachsene kritisch sehen. Viel ist es nicht, was den Jungen aufrecht hält, und doch gibt es sie, die Strohhalme, nach denen er greift.
Einfühlsam und detailliert beschreibt er die zahllosen Kämpfe gegen die Vorurteile von Jugendämtern, Familienmitgliedern, Klassenkameraden und Lehrern, aber auch die kurzen Momente des Glücks. Davon gibt es wenige. Sie sind rar gesät.
Zeile für Zeile arbeitet der Autor das Elend und die Verzweiflung heraus. Wer etwas Optimistisches lesen möchte, ist hiermit auf weite Strecken falsch bedient. Doch, nach und nach, zeigt sich das Glück, tritt die Pro-Seite gegenüber den Contras mehr hervor.
Der Weg des Protagonisten, des Autoren selbst scheint auf einem frühen Foto von ihm mit seinen Geschwistern vorgezeichnet. Eine kritische Sozialstudie über eine Kindheit in einer abgehängten Stadt, in der Trostlosigkeit der Verlorenen in den 1990er Jahren, zwischen Krankheit und Tod, verfehlter oder nicht vorhandener Liebe und Alkoholismus.
Der Leser wird dazu verdonnert, mit zu leiden, sich jedoch mit den Protagonisten, der der Autor ist, und umgekehrt, freuen, bleibt schließlich nachdenklich zurück.
Wie ist es, in einem reichen Land wie Deutschland in Armut aufzuwachsen? Chancenlos zu sein, wo sich viele Chancen bieten? Aus vorbestimmten Verhältnissen auszubrechen, dabei sich immer mehr von seiner Familie zu entfernen?
Christian Baron ist diesen Weg gegangen und erzählt davon, wie es ist, aufzusteigen und doch immer ein Mann seiner Klasse zu bleiben. Diese kritische Sozialstudie in Romanform lässt seine Leser so schnell nicht los. Alleine dafür lohnt sie sich.
Autor:
Christian Baron wurde 1985 in Kaiserslautern geboren und ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Nach der Schule studierte er Politikwissenschaft, Soziologie und Germanistik. Anschließend arbeitete er als Redaktuer bei der Zeitung Neues Deutschland, wo er im Feuilleton für’s Theater verantwortlich war.
Aktuell schreibt er für die Wochenzeitung Der Freitag. 2019 veröffentlichte er ein autobiographisches Essay über die Gewalt seines Vaters gegen die Mutter, woraus ein Buch erwuchs, welches im Jahr 2020 veröffentlicht wurde. Ein Mann seiner Klasse.