Rätsel

Hideo Yokoyama: 2

Inhalt:

Ein legendärer Kriminaldirektor, der sich aus dunklen Gründen weigert, seinen Posten zu räumen – und eine junge, aufstrebende Polizistin, die von einem Tag auf den anderen nicht mehr zur Arbeit erscheint. Zwei Fälle, ein Schauplatz: Japan, Polizeipräsidium Präfektur D.

Rezension:

Japan ist das Land der zwei Geschwindigkeiten. Einerseits bestimmt das Leben auf der Überholspur die Menschen, die laufen müssen, um nicht den Anschluss zu verlieren, was widerum mit althergebrachten Traditionen und längst veralteten Rollenbildern kollidiert. Ständig. In diesem Szenario siedelt Hideo Yokoyama seine beiden hier vorliegenden Kurzkrimis an und zeigt damit eine hier nahezu unbekannte Seite des Inselstaats.

Zunächst entführt uns der Autor in die Verwaltungsabteilung eines Polizeipräsidiums und setzt damit gleich zu Beginn den Fokus nicht auf den klassischen Ermittler, sondern auf den Beamten, der ein bürokratisches Problem zu lösen versucht. So trocken sich dies anhört, so ruhig entwickelt sich die Geschichte zu einem unterschwellig spannenden Szenario, welches in dieser kompakten Form allenfalls als Kriminalromannovelle zu bezeichnen ist. Die Kurzgeschichte unter dem Genre Thriller laufen zu lassen, mag eine verlegerisch durchdachte Entscheidung beruhen, ist für mich ob der stoischen Ruhe des Textes kaum nachzuvollziehen.

Andererseits fehlt mir, dies muss fairerweise erwähnt werden, der Vergleich zu weiteren Krimis und Thrillern aus diesen geografischen Raum. Die zweite Geschichte weist da ein etwas höheres Erzähltempo auf. Beide lassen sie sich jedoch flüssig lesen. Für nicht an asiatische Namen gewöhnte Augen sorgt eine Namensliste für den Überblick.

In beiden Geschichten setzt der Autor zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten mit der Lösung an. Hier kommt es sehr darauf an, wie man selbst gerne liest und wie Handlungsstränge wirken. Die Protagonisten sind feinfühlig ausgearbeitet. Eine gewisse Distanz zum Lesenden, gleichsam dem asiatischen Gesellschaftsbild nach immer funktionieren zu müssen, sich nicht in das Seelenleben hineinschauen zu lassen, ist immer vorhanden. Hier zeigt sich Yokoyama durchaus gesellschaftskritisch, auch was den Umgang mit traditionellen Rollenbildern angeht.

So ist, wer einen Krimi nach englischen oder skandinavischen Vorbild erwartet, hier falsch, doch wer gerne einmal Novellen mit gesellschaftskritischen Tönen liest, hier an der geeigneten Lektüre. Die Krimihandlung, die ich hier aufgrund der Kürze der Geschichten, umschiffen musste, spielt ohnehin eine nebensächliche Rolle. Zum “Antesten”, ob Schreib- und Erzählstil von Hideo Yokoyama für einem selbst geeignet sind, ist “2” jedoch passend.

Autor:

Hideo Yokoyama wurde 1957 in Tokio geboren und ist ein japanischer Autor und Journalist. Nach seiner journalistischen Arbeit begann er Kriminalromane zu schreiben, die in mehrere Sprachen übersetzt und zahlreich ausgezeichnet wurden. Sein Werk “64” wurde als bester japanischer Kriminalroman im Jahr 2013 ausgezeichnet, ein Jahr darauf erhielt er den Deutschen Krimipreis in der Kategorie International.

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Susanna Partsch: Wer klaute die Mona Lisa?

Inhalt:

Vom Diebstahl der Mona Lisa 1911 bis zum Juwelenraub im Grünen Gewölbe 2019 – dieses Buch steckt voller fesselnder und unglaublicher Geschichten. Susanne Partsch hat die spektakulärsten Kunstdiebstähle ausgewählt und erzählt von gewieften Mafia-Clans, als Polizisten verkleideten Tätern, findigen Kunstdetektiven, zerschnittenen Gemälden, besessenen Kunstliebhabern und Lösegeldforderungen in Millionenhöhe – Fälle wie aus einem Kriminalroman, die aber das Leben schrieb. (Klappentext)

Rezension:

Zum ersten Mal im Louvre-Museum in Paris zieht es die meisten Besuchenden gleich zu den Publikumsmagneten, allen voran der Mona Lisa, gemalt von Leonardo da Vinci. Heute ist dieses Gemälde geschützt durch eine davor montierte Glasscheibe und modernster Sicherheitstechnik. Besucher werden daran vorbei geschleust, dürfen nicht stehen bleiben. Das war nicht immer so. Am 21. August 1911 hing das Bild schon einmal in diesem Museum und verschwand über Nacht. Erst am nächsten Tag wurde der Diebstahl bemerkt.

Die Ereignisse um die Mona Lisa, machten sie erst zu den weltberühmten Kunstwerk, welches wir heute in ihr sehen, doch gab es auch danach und gibt es immer noch weitere Kunstdiebstähle, die die Welt bewegen. Das FBI fahndet mit einer Liste der wertvollsten verschwundenen Kunstgegenstände und auch Italien hat eine eigene Einheit bei der Polizei, die sich rein mit diesem Metier befasst, verschwinden dort, etwa aus Kirchen verhältnismäßig viele Kunstgegenstände und bleiben es, teilweise, für immer. Die Kunsthistorikerin Susanna Partsch hat sich aufgemacht, die spektakulärsten Fälle darzustellen und ihre Geschichten zu erzählen.

In anderen Werken wird Raub- und Beutekunst thematisiert. Hier konzentriert sich die Autorin auf Kunstdiebstähle in Europa, wo teilweise ganze Altäre aus Kirchen verschwinden, und Amerika. Alleine dieses Feld gibt inzwischen so viel Material her, dass man kaum alle Geschichten erzählen kann. Stattdessen wird hier eine Auswahl dargestellt und anhand kurzer Kapitel dargestellt, wie und warum so manches Kunstwerk verschwand oder welche Geschichte sich hinter dem Wiederauffinden verbarg. Schon diese auswahl zu treffen, dürfte schwer gefallen sein, mit ihrer Fachkenntnis füllt Partsch Lücken und hat damit eine sonst trockende Thematik spannend wie ein Krimi aufbereitet.

Sie erzählt die Geschichte der Werke von ihrer Entstehung bishin zum Verschwinden der Werke, beschreibt, was dies für die Museumskultur bedeutet, wo Häuser gleichsam zwischen Offenheit und Nahbarkeit, sowie Sicherheitsdenken abwägen müssen, um sich selbst vor Begehrlichkeiten zu schützen, auch müssen manchmal die Angestellten dieser Häuser etwas näher unter die Lupe genommen werden.

Eine Balance dazwischen zu finden ist ein nahezu unmögliches Unterfangen und so könnte dieses Buch auch in Zukunft fortlaufend mit neuen Fällen ergänzt werden. Einige der spektakulärsten findet man in diesem kleinen als Übersicht gehaltenen Werk.

Autorin:

Susanna Partsch wurde 1952 in bad Godesberg geboren und ist eine deutsche Kunsthistorikerin und Autorin. Nach der Schule studierte sie in den 1970er Jahren Kunstgeschichte, Ethnologier und Pädagoik in Heidelberg, wo sie 1980 promovierte. Anschließend arbeitete sie im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen am Rhein. Seit 1985 arbeitet sie alös Autorin für Kunstbücher, Monografien, Kataloge und Reisefüher (u. a.). 1998 wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Sie verfasste zahlreiche Artikel für das Allgemeine Künstlerlexikon.

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Ernö Rubik: Cubed

Cubed Book Cover
Cubed Ernö Rubik C.H. Beck Erschienen am: 17.09.2020 Seiten: 215 ISBN: 978-3-406-75572-9 Übersetzer: Andreas Wirthensohn

Inhalt:

Er war das Kultobjekt der 80er Jahre: der Zauberwürfel, auch “Rubiks Cube” genannt. Bis heute ist sein Bann ungebrochen. Jeder siebte Mensch hat mit ihm gespielt, das sind über eine Milliarde.

Unzählige Bücher sind bereits über ihn geschrieben worden. Doch einer hat bislang geschwiegen: der Erfinder, Ernö Rubik. Nun erzählt er vom Zauberwürfel und seiner Welt. Er beschreibt sein Leben mit dem Würfel, erzählt dessen Geschichte und fragt, was wir aus ihr lernen können.

In seinem zutiefst sympathischen Buch verbindet er virtuos eine Vielzahl von Themen: Bildung, Architektur, Fragen, Rätsel, Verspieltheit, Widersprüche, Schönheit: In ihm stecken die Kreativität und Weisheit eines Erfinderlebens – im Spiegel eines Objekts, das jeder kennt. (Inhaltsangabe Verlag)

Rezension:

Kaum eine Erfindung ist so untrennbar mit seinem Schöpfer verbunden, wie diese und doch kennt heute kaum jemand den Menschen hinter dem Objekt. Selbiges vermag zu faszinieren. Doch was macht den Würfel, Cube wie er liebevoll oder ernüchternd genannt wird, so besonders?

Ist es seine Starre und gleichzeitige Beweglichkeit, das Rätsel, welches dahinter steckt, der Spieltrieb, den es weckt oder steckt mehr dahinter? Ein kleines plastisches Gebilde mit großer Wirkung. Dies ist beider Geschichte.

“Cubed” ist kein Lösungsbuch für den Würfel, den wohl fast jeder schon einmal in den Händen gehalten hat. Dies wird mit den ersten Seiten klar, um so faszinierender ist das Sachbuch, welches der Ungar Ernö Rubik zu Papier gebracht hat, obwohl der laut eigener Auskunft das Schreiben eigentlich nicht besonders mag.

Viel lieber beschäftigte er sich Zeit seines Lebens kreativ oder mit Rätselspielen, und so entwickelte der Dozent für Architektur einst rein zum Selbstzweck ein Objekt, um eine fachliche Fragestellung zu verdeutlichen.

Eines Tages – ich weiß nicht mehr genau, wann und warum – ergriff eine Idee Besitz von mir: Ich fand es interessant, acht kleine Würfel so zusammen zu setzen, dass sie miteinander verbunden blieben, gleichzeitig aber einzeln bewegt werden konnten. Ich hatte nicht die geringste Vorstellung, für wen außer mir das von Interesse hätte sein können.

Ernö Rubik: Cubed

Diese Ausgangssituation war der Beginn eines beispiellosen Erfolges, der bis heute anhält und von dem aus betrachtet, sich viele Perspektiven, auch auf andere Themengebiete erschließen lassen.

Immer wieder geht es dabei um die einzelnen Fascetten der Biografie Rubiks, doch sachlich und immer noch eng verbunden mit seiner Erfindung, erfahren wir auch seine Gedanken, etwa zur Bildung und Kreativität selbst. So ist “Cubed” nicht nur das eine, sondern zugleich auch eine philosophische Betrachtung von vielem. Die Erde ist halt ein Würfel. Als Motiv Cube tauchte sie bereits auf einigen Covern verschiedener Zeitschriften auf.

Es gab Zeiten, da glaubten die Leute, ich sei der reichste Mensch in Ungarn. Und es gab Zeiten, da dachten die Menschen, ich hätte überhaupt kein Geld mehr. Ich sei einst wohlhabend gewesen, doch damit sei es aufgrund skrupelloser Menschen in meinem Umfeld vorbei. Die Gerüchte nahmen Fahrt auf. Buchstücke meiner Biografie wurden genommen und ausgestellt, als handle es sich um Tatsachen.

Ernö Rubik: Cubed

In klarer Sprache schildert der Architekt, Dozent und Erfinder seinen Weg, betrachtet die Entwicklung des Cube, die längst zum Selbstläufer geworden ist.

Rubik, für den schon die Schaffung des Objekts an sich ein Erfolg gewesen ist, gibt Informationen und Hinweise zu bisher unbekannten Stationen dieses Objektes, welches aus einem der sprachlich isoliertesten Länder Europas seinen Siegeszug um die Welt antrat. Zugleich zeigt er die Fragestellungen auf, die untrennbar mit den Würfel verbunden sind.

Unterhaltsam ist diese Objekt- und zugleich Personenbiografie geschrieben, die zudem ein philosophisches Werk und ein Stück Kunst-, wie im weitesten Sinne Architekturgeschichte darstellt. Das ist interessant genug. Lösungen gibt es anderswo. Nur, diese Ergänzung hat bisher gefehlt.

Autor:

Ernö Rubik wurde 1944 in Budapest geboren und ist ein ungarischer Bildhauer, Architekt und Designer. Als solches arbeitet er an der Hochschule für Industrielle Kunst in Budapest. Von 1971-1975 arbeitete er als Architekt, bevor er an die Mohol-Nagy-Universität als Dozent lehrte. Rubik leitete in den frühen 1980er Jahren eine Rätselzeitschrift, bevor er den Cube und andere Rätselobjekte erfand.

Er gründete die Internationale Rubiks-Stiftung, um junge Ingenieure und Designer zu fördern. 1990 wurde er Präsident der Ungarischen Ingenieursakademie. Rubik arbeitet immer noch als Architekt, auch als Designer von Videospielen, sowie innerhalb der von ihm gegründeten Stiftung.

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