Panorama

Yadegar Asisi: Panoramen von 2003 – 2017

Inhalt:

Die Panorama-Werkschau dokumentiert die monumental-immersiven Rauminstallationen von Yadegar Asisi, die in der Zeit zwischen 2003 und Anfang 2017 realisiert wurden. Umfangreiche Textbeiträge und ausführliche Bildstrecken zu den Panoramen sowie zu Asisis Vorarbeiten – Zeichnungen, Skizzen, Aquarelle oder Gouachen – geben einen intensiven Einblick in die Entstehung der Panoramen, den unterschiedlichen künstlerischen Ansatz und die Motivation für das jeweilige Projekt. Alle Panorama-Werke sind in Gänze über mehrere Seiten abgebildet. Bis Anfang 2017 realisierte Projekte: EVEREST, ROM 312, DRESDEN IM BAROCK, AMAZONIEN, PERGAMON, DIE MAUER, LEIPZIG 1813, DRESDEN 1945, GREAT BARRIER REEF, ROUEN 1431, LUTHER 1517, TITANIC (Klappentext)

Rezension:

Die Erfindung der Eisenbahnen und der Siegeszug der Kinos versetzten den großformatigen Bildpanoramen für lange Zeit einen Todesstoß. Plötzlich konnten die Menschen all die Orte mit eigenen Augen sehen, für die zuvor Bilder, Gemälde und Modelle herhalten mussten. Mit Bewegtbildern ließen sich sogar ganze Geschichten erzählen. Kaum jemand interessierte sich danach noch für die 360-Grad-Bilder, die zuvor Szenarien zeigten, die beeindruckten.

Diese hatten eine lange Geschichte vorzuweisen. Schon im Zeitalter der Aufklärung gab es Menschen, die etwa mit Modellen von Städten, aus Holz gefertigt, umher reisten, um zu zeigen, was die meisten Menschen mangels Mobilität nie zu sehen bekamen. Erst Jahrhunderte später wurde, mit Hilfe von Fotografie, Digitalisierung und Malerei die Kunstform der Darstellung in Panoramen wieder aufgegriffen. Einer, der es in dieser Disziplin zur Meisterschaft gebracht hat, ist der in Berlin lebende Künstler und Architekt Yadegar Asisi. Inzwischen sind seine Werke in ganz Deutschland, aber auch z. B. in Frankreich zu sehen und Publikumsmagnet schlechthin.

Der vorliegende Bildband zeigt eine Werkschau, von den ersten Panoramen Asisis, die die Öffentlichkeit zu sehen bekam. In Leipzig war dies das Bergpanorama Mount Everest bis ins Jahr 2017. In diesem Jahr zeigte das Team um den Künstler das Wrack der titanic, als Erinnerung an Größenwahn und Vermessenheit der Menschen gegenüber der Natur. Kurzweilig sind die Einführungstexte zu den jeweiligen Panoramen, die mit Skizzen ergänzt, vorgestellt werden.

Aufklappbar ist das entgültige Panorama zu sehen. Schöne Erinnerung für ehemalige Besucher, Vorfreude schaffend, für kommende Werke, die auf sich warten lassen. Asisi verrät, die Erschaffung eines solchen Panoramas nimmt mehrere Jahre Zeit in Anspruch. Besucher in Städten, wo Panoramen etwa in alten Gasometern gezeigt werden, dürfen also gespannt sein, was da kommen mag.

Mehr ist das nicht. Mehr braucht es nicht. Man erfährt nicht viel, kann sich jedoch in die Fotos verlieren und sich erinnern. An anderer Stelle wird man wohl mehr über die eigentliche Arbeit des Künstlers erfahren können, etwa auf dessen Website oder bei Besuchen der Panoramen selbst, die jede für sich auf andere Art und Weise beeindrucken. Davon wissen etwa Berliner, Wittenberger, Leipziger oder Dresdener ein Lied zu singen.

In Leipzig etwa kann man erfahren, dass zunächst innerhalb der Bevölkerung nicht an die Anziehungskraft eines einfachen die Besucher:Innen umgebenden Bildes geglaubt wurde, sich jedoch ganz schnell ein neuer Publikumsmagnet etablierte. Wer dann ein Asisi-Panorama sich angesehen hat, weiß auch, warum.

So geben dieser und andere Bildbände einen Einblick in Beeindruckendes, erinnern an Besuche der Panoramen oder machen einen solchen schmackhaft. Die Texte sind in deutscher und englischer Sprache abgedruckt. Einziger Kritikpunkt vielleicht, man müsste sich mit weiteren Panoramen immer wieder einen neuen Bildband zulegen, der die vorhandenen ergänzt. Oder man kauft gleich eine Dauerkarte für seine Lieblings-Panometer.

Links:

Yadegar Asisi Homepage
Asisi Panoramen
Zeichnen mit Yadegar Asisi

Autor:

Yadegar Asisi wurde 1955 in Wien geboren und ist ein deutscher Künstler, Architekt und ehemaliger Hochschullehrer. Seine Kindheit verbrachte er in Halle/Saale und Leipzig und studierte dann von 1973-1978 an der Technischen Universität Dresden architektur. Nachdem er aufgefordert wurde, die DDR zu verlassen, folgte ein Studium der Malerei an der Hochschule der Künste in Berlin, welches er 1984 abschloss. Danach erhielt er dort einen Lehrauftrag für perspektivisches Zeichnen.

1991 war er Gastprofessor für Architektur. Er gewann bei Architekturwettbewerben mehrere Preise und wandte sich in den 1990er Jahren den Panoramen zu, welche er seit 2003 kreierte und öffentlich ausstellte. Inzwischen sind die großformatigen Darstellungen in mehren Städten Deutschlands und Frankreichs zu sehen. Weitere Panoramen, die zumeist im Wechsel gezeigt werden, sind geplant. Asisi lebt in Berlin.

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Ulrike Ulrich: Während wir feiern

Während wir feiern Book Cover
Während wir feiern Ulrike Ulrich Piper/Berlin Verlag Erschienen am: 06.07.2020 Seiten: 272 ISBN: 978-3-8270-1408-5

Inhalt:

Ein einziger Tag. Symbolisch aufgeladen. Während die einen feiern, kämpfen andere um die Existenz. In ihrem kaleidoskopartig aufgebauten Roman erzählt Ulrike Ulrich klug, anspielungsreich und mit großem Witz von dem, was hier und jetzt passiert, und davon wie auch kleine Entscheidungen unsere Leben und die der anderen beeinflussen. (Klappentext)

Rezension:

Wie in jedem Jahr feiert die deutsche Sängerin Alexa am Abend des Schweizer Nationalfeiertages ihren Geburtstag mit einer Dachparty, leider noch ohne Einbürgerungsbescheid. Doch, in diesem Jahr scheinen sich die Ereignisse schon vorher zusammen zu brauen und schließlich zu überschlagen.

So beginnt der zunächst ruhig erscheinende Roman, der quasi einer Zustandsbeschreibung der in die Schweiz Eingewanderten gleicht und das nicht zu knapp. Einwanderung, Einbürgerung, Heimat ist das große Thema, Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Ulrike Ulrich legt mit klaren Worten den Finger in die Wunde der Diskussion, zeigt die Ungleichbehandlung verschiedener Suchender auf und verwebt die Handlungsstränge bis hin zu einem großen Finale.

Sprachlich fein gearbeitet, wechseln sich schnelle stakkatohafte Sätze mit langsamen beschaulichen Abschnitten ab, die im Perspektivwechsel die Geschichte um Alexa und ihres Bekanntenkreises erzählen. Die Hauptprotagonisten sind vielschichtig ausgearbeitet, mit all ihren Grautönen und Problemen, die nicht zu kurz abgehandelt werden und doch die Lesenden nicht über Gebühr strapazieren.

Aufhänger dabei ist das traditionelle Guggisberglied, ein Schweizer Volkslied, welches das Thema des sich stetig drehenden Mühlrads zum Ausdruck bringt, welches sich wiederum auf die einzelnen Handlungsstränge übertragen lässt.

Interpretation des Guggisberglieds von Stephan Eichner.

Eigentlich hat er am meisten Angst davor, dass es wächst, wenn er davon spricht. Dass es größer wird. Und es könnte gut sein, dass sie es größer machen wird. Dass ihr Blick, ihre Fragen, ihre Art, damit umzugehen, dazu beitragen werden, dass er es nicht mehr kontrollieren kann. Und was dann?

Aus Ulrike Ulrich „Während wir feiern“, Berlin Verlag, 272 Seiten, ISBN: 978-3-8270-1408-5.

Der Roman selbst ist durch Absätze und Leerzeilen, Perspektivwechsel gegliedert, lässt sich so auch ohne Kapiteleinteilung leicht in kurze Abschnitte gliedern und leicht lesen. Zwar wechseln sich schnell und langsam zu lesende Abschnitte ab, dies passt jedoch zu den jeweilig erzählenden Protagonisten. Deren Handlungsstränge bauen logisch aufeinander auf, laufen erst getrennt und werden nach und nach verknüpft.

Ulrike Ulrich lässt Welten und Sichtweisen aufeinander prallen, zeigt, wie unsere Entscheidungen das Leben anderer Personen beeinflusst und dass jede Feier zu einem „Tanz auf den Vulkan“ werden kann, zumal man die Gedanken der Hauptprotagonistin ganz leicht auf die Autorin selbst übertragen kann. Ähnlicher Hintergrund, Migrationsgeschichte, Sozialisierung.

Der Erzählstil lässt dies vermuten, auch ihre gegenteiligen Ansichten zu den rechten Rändern der Gesellschaft, die es auch in der Schweiz mit ihrer direkten Demokratie gibt. So ist dieser Roman ein Stück Literatur, welches die Frage in den Mittelpunkt stellt, welche Entscheidungen wir treffen wollen und warum, mit der Aufforderung den Einfluss dieser auf andere Leben zu überdenken und zu hinterfragen.

Wer nicht so weit denkt, findet dabei immer noch eine schöne, lesenswerte Geschichte, im heutigen Zürich spielend. Und das soll ja nicht unansehlich sein.

Autorin:

Ulrike Ulrich wurde 1968 in Düsseldorf geboren und ist eine schweizerisch-deutsche Schriftstellerin. Zunächst studierte sie Germanistik, Kunstgeschichte und Kommunikationswissenschaft, bevor sie im Bereich Kommunikationslinguistik arbeitete. Nach Aufenthalt in Wien, lebt sie seit 2004 in Zürich. Sie schreibt Prosa, Lyrik, Drehbücher, Kolumnen und Hörspiele, ist zudem als Herausgeberin für Anthologien tätig.

Die Autorin, die 2004 ihr erstes Buch veröffentlichte, ist Mitglied des Schriftstellerverbandes „Autorinnen und Autoren der Schweiz“, sowie des Deutschschweizer PEN-Zentrums. Ulrichs Werke wurden mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit den Walter-Serner-Preis im Jahr 2010.

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