Krieg

Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem

Inhalt:
Der Prozess gegen den ehemaligen SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann, der in der internationalen Öffentlichkeit als einer der Hauptverantwortlichen für die sogenannte „Endlösung der Judenfrage“ in Europa galt, fand 1961 in Jerusalem statt. Unter den zahlreichen Beobachtern war auch Hannah Arendt.

Ihr 1964 auf Deutsch veröffentlichtes Buch Eichmann in Jerusalem brachte, wie die im Jahr zuvor publizierten fünf Artikel im New Yorker, Lawinen ins Rollen: Arendts „Bericht von der Banalität des Bösen“ löst seit seinem Erscheinen bis heute weltweit Kontroversen aus – und wurde zu einem Klassiker wie kaum ein Werk zur Zeitgeschichte und ihrer Deutung. (Inhalt lt. Verlag)

Rezension:
Noch als das Blatt des Krieges sich längst gewendet hatte, rollten die Deportationszüge. Organisiert von SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann. Seine Aufgabe will er zu Ende führen. Vom Schreibtisch aus organisiert er die Fahrten in den Tod. Fünfzehn Jahre später entdeckt und entführt der Geheimdienst Mossad den Organisator des Holocausts nach Israel. Dort wird ihn 1961 der Prozess gemacht. Für die Zeitschrift New Yorker beobachtet die politische Theoretikerin Hannah Arendt den Prozess, liest den Polizeibericht. Die darauf aufbauende Artikelserie und das darauf folgende Buch werden vom Erscheinen an, kontrovers diskutiert.

Der Bericht selbst ist zunächst vor allem eines, eine Reportage über einen Prozess, der versuchte, die Taten eines Mannes im Gesamtgeschehen des Holocausts einzuordnen. Kein reines Sachbuch, frei von Meinung, verfolgt die Autorin hier die Verhandlung, die sich über mehrere Wochen hinzieht und zeigt auf, was das Gericht zu Tage gefördert hat und wo es an Grenzen stößt, wo auch die Rolle Eichmanns, im Gefüge des NS-Regimes eingeordnet werden muss. Verwaltungstechnisch und geografisch.

Daß in dieser Mordmaschine jeder auf diese oder jene Weise an einen Platz gezwungen ist, auch wenn er nicht direkt in den Vernichtungslagern tätig ist, macht das Grauen aus.

Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem

Hannah Arendt zeigt, wie der Verwaltungsmassenmörder, wie eine riesige und komplexe Bürokratie den Holocaust am Laufen hielt. Und stößt mit ihren Formulierungen und ihrer Tonalität bereits bei der Veröffentlichung so manchen vor den Kopf.

Es ist wichtig zu wissen, was an welchen Orten seinen Platz hat und was wohin gehört. In einem Strafverfahren gegen einen Nazi-Verbrecher steht nicht die Geschichte vor Gericht, weder […] des Antisemitismus noch die Geschichte der deutschen Vernichtungspolitik. Auf der Anklagebank sitzt immer noch ein einzelner, ein Mensch aus Fleisch und Blut, und nur das, was eine nachvollziehbare und benennbare Verbindung mit der Frage seiner Schuld oder Unschuld hat, ist im Gerichtssaal von Relevanz.

Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem

Nach kurzer Einleitung beschreibt sie das Werden und die Zusammensetzung des Gerichtshofs, und verfolgt sogleich die Biografie von Adolf Eichmann, über die sich auch die Verhandlungen ihren Weg bannen und versuchen, ein Bild des NS-Bürokraten zu bekommen. Hannah Arendt schildert Eichmanns erste Aufgaben als Judenreferent, zunächst für Wien und schließlich als Protokollführer der Wannseekonferenz, schildert, wie die Psyche eines sich selbst überschätzenden Theoretikers seine Karriere beeinflusste, sowie später das Prozessgeschehen.

Die einzelnen Phasen des Holocausts werden anschließend geschildert, bevor die unterschiedliche Machtfülle Eichmanns in den von den Nazis besetzten Ländern beleuchtet wird. Arendt folgt auch hier den Verhandlungen, zeigt im Anschluss wie auch die Rolle und Aufgaben eines Gerichts eingeordnet werden können, bevor nach Abschluss der Politwissenschaftler Helmut König die Debatte um Arendt selbst analysiert.

Damit geht der generelle Befund einher, dass das gesamte NS-System nicht als klassische Befehlshierarchie beschrieben werden kann, in der die nachgeordneten Instanzen immer nur das ausführen, was die übergeordneten befehlen, sondern eher als ein Durcheinander, in dem sich viele Ressorts und Institutionen darin übertrumpfen wollen, den Führerwillen […] in die Wirklichkeit umzusetzen.

Hannah Arendt: Eichmann in Jerusalem

Hierbei setzt dieser vor allem Augenmerk auf die Wortwahl Hannah Arendts. Gerade Zeitgenossen waren von der „Banalität des Bösen“ als Formulierung so wenig überzeugt wie aufgebracht über die zur Sprache gebrachte Rolle der Judenräte, die dem NS-Regime als billige Helfer ausgeliefert ihre ihnen durch die Diktatur zugedachte Rolle versahen.

Mit grausamer Effektivität. Das Nachwort istfür sich alleine schon interessant und diskutabel genug zu lesen, der Bericht Arendts noch viel mehr. Minutiös zeichnet die Beobachterin feinsinnig die Brutalität einer emotionslosen Haltung nach, die um so erschreckender wirkt, je mehr man sich das Wirken Eichmanns vor Augen führt. Sie zeigt, wie eine ganze Gesellschaft von solchen Bürokraten zum Tode von Millionen von Menschen führte, ohne dabei selbst unbedingt zum Mörder geworden zu sein.

Treffsicher zeigt sich Arendt auch in der Analyse des Gerichts, dessen Bild von seiner Aufgabe, aber auch der polittheoretischen Grenzen, in denen es agierte. So trocken wie spannend, oft mit einem beinahe ironischen, manchmal regelrecht flapsigen Ton, zeigt die Beobachterin, die sich selbst nicht zuordnen lässt, auch ein von ihren Kritikern benannter Punkt, wie Adolf Eichmann seine Rolle ausfüllte.

Man liest das einigermaßen fassungslos, spürt die Kühle dieses Mannes, welche schaudern lässt, dieses Opportunisten par excellence, neigt der Formulierung Hannah Arendts von einem „Hans Wurst“ zuzustimmen, um im nächsten Moment die kalte Berechnung des Verwaltungsmassenmörders dahinter zu erkennen. Dies beides überein zu bringen, zu verdeutlichen, ist der Autorin gelungen. Schon damals, heute wieder ist „Eichmann in Jerusalem“ ein wichtiger Zeitzeugenbericht. Vor allem aber eine Warnung.

Autorin:
Hannah Arendt ist eine politische Theoretikerin und Publizistin. 1906 in Hannover geboren, studierte sie Philosophie und promovierte, bevor sie 1933 nach Paris emigirierte, anschließend nach New York. Von 1946 biw 1948 arbeitete sie als Lektorin und als freie Autorin, sie war Gastprofessorin in Princeton und Chicago, bevor sie ab 1967 in New York lehrte. Für die Zeitschrift New Yorker beobachtete sie den Eichmann-Prozess in Jerusalem, 1961.

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Stephan Orth: Couchsurfing 6 – Couchsurfing in der Ukraine

Inhalt:
Stephan Orth hat den Krieg Russlands gegen die Ukraine von Beginn an intensiv miterlebt. Durch seine ukrainische Freundin Julija verbindet ihn ein besonderes Band mit dem Land. Wie sieht der Alltag der Menschen aus, die geblieben sind, was lässt sie durchhalten? Und was hat das alles mit uns zu tun? Mit diesen Fragen reist er Tausende Kilometer zwischen Kyjiw und Kramatorsk, zwischen Charkiw und den Karpaten. Er wohnt bei den Einheimischen, ist beeindruckt von ihrem Mut. Und liefert uns einen packenden Bericht über das Leben im Ausnahmezustand, die Macht starker Geschichten und eine große Liebe. (Klappentext)

Rezension:
Die Form des Reisens bestimmt den Zugang zu den Menschen vor Ort. Beim Couchsurfing ist die Ebene eine ganz persönliche. Den geschützten Raum eines Hotels, eines Rückzugsortes gibt es nicht, ist man doch immer bei Einheimischen zu Gast. Der Journalist Stephan Orth nutzt dies, um Länder zu erkunden, die ganz andere Bedingungen, etwa aufgrund ihrer politischen Systeme, aufweisen, als wir diese aus West- und Mitteleuropa kennen. Ohne die Machthabenden, deren Meinung man nicht unbedingt teilt, zu unterstützen. Wie sieht dies jedoch aus, wenn diese Unternehmung noch eine weitere persönliche Ebene bekommt? Nicht nur dies möchte Stephan Orth erfahren, als er von der ukrainischen Hauptstadt aus das Land im Krieg erkundet.

Die ungewöhnliche Reisereportage beginnt zunächst mit einer philosophischen Frage. Darf man ein Land im Krieg überhaupt bereisen? Was macht es mit den Menschen dort, die womöglich traumatisiert sind und sich drängenderen Herausforderungen stellen müssen, als einem Journalisten Unterkunft zu gewähren, von dessen Wirken sie vielleicht nicht unmittelbar, vielleicht überhaupt nicht profitieren werden? Ist es zu vertreten, gegenüber Freunden und Familie, gegenüber sich selbst, sich selbst in Gefahr zu bringen, sich dorthin zu begeben, wo man die Kontrolle komplett aus der Hand geben muss? Und wurde nicht eh alles schon beobachtet, erzählt und aufgeschrieben? Und wie beginnt man überhaupt einen Text mit solcherlei Brisanz?

Der Autor nimmt zunächst die KI zu Hilfe. ChatGPT ist ja schließlich in aller Munde. Im literarischen Bereich wird über die Nutzung geradezu heftig diskutiert. Und scheitert dann am Eingangstext, humorvoll und mit zwinkernden Auge. Also doch der Feldversuch? Kontakte werden über die Couchsurfing-Plattform geknüpft, angeschrieben. Wenn die KI keinen ordentlichen Text zustande bringt, stellt sich ja wieder die Frage, darf, kann, soll man das? Rückmeldungen aus der Ukraine sind da positiv und die Koffer schnell gepackt. Zudem lebt doch die Freundin in der ukrainischen Hauptstadt. Einen Rückzugsort gäbe es also. Doch, was ist ein Rückzugsort der ebenso wie alle anderen Orte im Land zur Zielscheibe werden könnte?

Und so bereist Stephan Orth von dort aus sternenförmig das Land und trifft ständig auf Gegensätze. Innerhalb einer Stadt ist es da möglich, irgendwo Rotwein zu trinken, während einige Viertel weiter, Lücken zwischen Plattenbauten klaffen. Resultate und Mahnmale des letzten Raketenangriffs. Wie gehen die Menschen mit diesem Wechselbad um? Mit Verlust, der unterschwelligen Anspannung? Welche Unterschiede ergeben sich da im Osten zum Westen des Landes, von Nord nach Süd? Der Autor fragt nach und entdeckt Durchhaltewillen, Lebensfreude, Verlust und Hoffnung, Menschen, die sich engagieren, die Pläne und Träume haben oder einfach nur kämpfen, da sie schlicht keine andere Wahl haben.

Wie prägt dies das Bild der Ukrainer im Land? Was dringt davon nach außen? Was müssen vor allem wir uns vergegenwärtigen, wenn wir über den Krieg, Waffenlieferungen oder die Aufnahme von Flüchtlingen sprechen? In seiner Reisereportagae fängt Stephan Orth diese Fragen ein und stellt einzelne Punkte heraus, woraus sich neue Fragen ergeben? Schnell wird klar, der Konflikt ist so komplex wie vielschichtig. Wenn er zum Beispiel nach den Reaktionen der Menschen hierzulande gefragt wird oder er sich die Kommunikation mit seinen Kontakten aus Russland in Erinnerung ruft, wenn also Linien des Konflikts plötzlich in der eigenen WhatsApp-Liste zu Tage treten.

Im vorliegenden Sachbuch kommt dies alles zur Sprache. Nichts wird ausgespart, zudem diesmal auch die persönliche Komponente von Freundschaft und Beziehung hinzu kommt. Das ergibt ein vielschichtig komplexes Puzzle. Immer wieder werden Gegensätze herausgestellt, um zu zeigen, dass eben nichts so einfach ist, wie uns dies aus- und inländische Populisten weißmachen möchten, dass der größte Fehler jedoch ist, nichts zu tun. Dieser andere Blickwinkel ist erhellend.

Kurzweilig in klaren Sätzen weiß Stephan Orth Geschichten zu erzählen, ohne dass dies eine voyeuristische Komponente hätte. Vielmehr einfühlsam versucht der Journalist zu ergründen, worin die Ukrainer ihren Mut und Durchhaltewillen nehmen. Durchsetzt immer wieder mit Fotos, einen großen Farbbildteil und, wie in seinen anderen Reportage-Büchern auch, mit einer stilisierten Landeskarte, ist so eine lesenswerte Reportage von einem Land im Ausnahmezustand entstanden. Alle sollten sie lesen.

Autor:
Stephan Orth wurde 1979 in Münster geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Zunächst studierte er Anglistik, Wirtschaftswissenschaften in Wuppertal, anschließend Journalismus in Brisbane, Australien. Von 2007-2008 absolvierte er ein Volontariat bei Spiegel Online und arbeitete anschließend als Redakteur. 2012 begab er sich auf eine Inlandeis-Expedition nach Grönland und veröffentlichte 2015 seinen Reisebericht „Couchsurfing im Iran“. Seit 2016 ist er freiberuflicher Autor. Stephan Orth lebt in Hamburg.

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Vera Politkowskaja: Meine Mutter hätte es Krieg genannt

Inhalt:
Am 7. Oktober 2006 wird die Journalistin Anna Politkowskaja vor ihrer Wohnung in Moskau ermordet. Es ist das tragische Ende einer jahrzehntelangen Verfolgung durch den russischen Staatsapparat. Auf einen Schlag wird Anna Politkowskaja zur weltweiten Symbolfigur für den Kampf um Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit. Bis heute gilt sie als eine der wichtigsten Kritikerinnen von Putins Russland. In diesem Buch erzählt ihre Tochter erstmals die ganze Geschichte ihrer Mutter: persönlich, bewegend und erschreckend aktuell. (Klappentext)

Rezension:

Meine Mutter war nie bequem. Weder für die russischen Behörden noch für den Durchschnittsbürger, der in einer Zeitung blättert und die Artikel liest.

Vera Politkowskaja: Meine Mutter hätte es Krieg genannt

Immer war sie Überbringerin schlechter Nachrichten, die Journalistin, die über die Wahrheit schrieb, über Soldaten, Banditen und gewöhnliche Menschen, die im Fleischwolf des Krieges gelandet waren. Sie sprach von Schmerz, Tod, zerfetzten Körpern und ahnte früh, dass sie dafür womöglich einen hohen Preis bezahlen müssen würde. Zwei Jahre nach einem Mordanschlag während eines Fluges nach Beslan wurde Anna Politkowskaja vor ihrer Wohnung schließlich ermordet. Genau an dem Geburtstag des Mannes, dessen schärfste Kritikerin sie war. Wladimir Putin.

Jahre nach den Mord, der aus westlicher Sicht bis heute nicht als vollständig aufgeklärt gilt, ist die Journalistin, die wie keine andere für den Kampf umd Wahrheit und Meinungsfreiheit in ihrem Heimatland vergessen, doch ihr Schaffen wirkt nach im Leben ihrer Kinder, deren Abstammung erneut zum Lebensrisiko wird, als Russland einen neuen Krieg vom Zaun bricht. Kurz nach Ausbruch des Ukraine-Kriegs, der in Russland nur „Spezialoperation“ genannt werden darf, sieht sich die Tochter der Journalistin gezwungen, mit ihrer Tochter außer Landes zu fliehen und beginnt zu erzählen. Vom Leben ihrer Mutter, journalistischer Größe und dem Verschwinden der Freiheit schreibt die Autorin und setzt damit Anna Politkowskaja ein Denkmal.

Die Menschen, über die in ihren Artikeln sprach, waren nicht bloß „Quellen“, flüchtige Kontakte, die ihr lediglich dazu dienten, die für ihre Arbeit notwendigen Aussagen zu sammeln. Sie nahm Anteil an ihrem Schmerz, ihrem Unglück.

Vera Politkowskaja: Meine Mutter hätte es Krieg genannt

Beginnen tut sie in der Gegenwart und spannt dabei den Bogen zur Geschichte ihrer Familie, die immer wieder aufgegriffen wird und verrät, wie Anna Politkowskaja zu den Menschen wurde, den wir kennen und lässt zudem hinter die Fassade blicken. An Kritik sparen tut sie dabei nicht, an ihrer Mutter, die die Gefahren, die eine Arbeit wie diese, in einem zunehmend autoritärer werdenden Staat mit sich bringt, durchaus richtig einschätzen konnte und dennoch bis zur physischen Erschöpfung sich Themen und Protagonisten ihrer Texte zu eigen machte, als auch an sie als Privatmensch, der nie ein einfacher gewesen ist.

Aber auch und natürlich das System, innerhalb dessen sie Journalismus in Reinform betrieb wird nicht ausgespart. Wie gestaltete sich journalistische Arbeit gegen den Strom, gegen politischen Druck, in einem Land, welches einer zunehmend gleichgeschalteten Medienlandschaft erlag? Auch dieser Frage geht Vera Politkowskaja nach, immer nach der Suche nach dem Antrieb ihrer Mutter und einer Erklärung für etwas, was nicht zu erklären ist.

Die Mehrzahl der Kollegen hatte […] eine ziemlich distanzierte, wenn nicht sogar offen kritische Haltung meiner Mutter und ihrer Arbeit gegenüber. Auch wenn sie sich nach ihrem Tod zu Lobeshymnen aufschwangen und ihre Verbundenheit beteuerten.

Vera Politkowskaja: Meine Mutter hätte es Krieg genannt

Auch wenn dies unpassend klingen mag, diese Lebensgeschichte, im Kontext des gesellschaftlichen und politischen Geschehens im Russland Politkowskajas liest sich ungemein spannend. Die Journalistin, der es immer darum ging, die Wahrheit zu beschreiben, den Menschen eine Stimme zu geben, und den Hintergründen nachzuspüren, bekommt hier klare Konturen. Eindrucksvoll werden hier die Differenzen zwischen der Privatperson und der Politkowskaja dargestellt, die die Welt kannte, aber auch, wie Journalismus unter den Druck von Extrembedingungen funktionierte. In klaren Sätzen zeigt sich der Versuch, der als gelungen zu bezeichnen ist, einem Leben nachzufühlen und zugleich, Parallelen zu sich selbst zu ziehen. Gleichwohl die Autorin einen ganz anderen Weg eingeschlagen hat.

Wie viel Druck verträgt ein Mensch? Welchen Preis verlangt die Wahrheit? Fragen, die zwischen den Zeilen gestellt werden. Andere dagegen bleiben komplett unbeantwortet. In Russland ist der Journalismus, wie ihn Anna Politkowskaja betrieben hat, die diese beantwortet hätte können, mit ihr gestorben. Mit ihren Texten und diesem Buch aber bleibt zumindest hier ihr Denkmal gewart.

Autorin:
Vera Politkowskaja wurde 1980 in Moskau geboren und ist die Tochter der weltbekannten Journalistin Anna Politkowskaja. Nach Aubruch des Ukraine-Krieges floh sie zusammen mit ihrer Tochter an einem sicheren Ort.

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Serhij Zhadan: Keiner wird um etwas bitten

Inhalt:
Erstmals seit Beginn des großen Krieges erzählt Serhij Zhadan vom Alltag seiner Leute in Charkiw, die sich in einer radikal neuen Realität zurechtfinden müssen. Lakonische, wortkarge Geschichten von untröstlicher Liebe, von Freundschaft und Tapferkeit, komisch, absurd und herzzerreißend. Eine unvergessliche Lektüre. (Klappentext)

Rezension:
Der Lehrer, der als Übriggebliebener regelmäßig im durch den Krieg beschädigten Schulgebäude nach dem rechten sieht, Schüler kommen längst keine mehr, eine Frau die aus einem Wohngebiet evakuiert werden muss, der Tanzpartner des Abiballs, der im Krankenhaus liegt … Sie alle sind Opfer, leben in der von der zerstörerischen Gewalt des Gegners gezeichneten Stadt, kämpfen mit Verletzungen, Depressionen und den Bombardierungen, die gewaltige Krater geschaffen haben.

Charkiw ist keine Stadt wie jede andere. Hier sind die Folgen des Angriffkrieges sichtbar und zu spüren. Wer noch nicht aus dem geflohen ist, was von der Stadt übrig ist, lebt mit den Folgen. Vom unwirklichen „Alltag“ der Bewohner seiner Heimat schreibt Serhij Zhadan. Kurzgeschichten, von denen jede einzelne unter die Haut geht.

Zwölf Geschichten, deren Protagonisten so unterschiedlich sind, wie die Stadt vielfältig selbst jetzt noch ist, die dem Ausmaß physischer und psychischer Gewalt trotzen, die sich kreuzen, begegnen, miteinander und doch mit sich selbst kämpfen müssen. Was macht das mit einem, wenn alles, was einst galt, in Trümmern liegt. Schon an der Oberfläche kratzen, erschüttert. Zhadans Schreibstil ist beinahe nüchtern. Er beobachtet. Manches Stück liest sich so, als müsse der Autor sich selbst vor dem Geschilderten schützen, zwingen, dies aufzuschreiben. Hinter all den Fiktionalen stecken, so ahnt man, echte Schicksale. Menschen.

In diesen kleinen Stücken, die Serhij Zhadan „Arabesken“ nennt, sind sie die Helden, alleine dadurch, dass es sie gibt, dass sie leben. In Charkiw. Ihnen, die sonst keine Beachtung finden, Nachrichtenbilder verflüchtigen sich schnell, setzt der Autor hier ein Denkmal. In knapp formulierten Schilderungen. Für einen kurzen Augenblick legt der Autor den Fokus auf eine bestimmte Szene, um dann zu der nächsten überzugehen. Ein Bürogebäude ist hier die Kulisse, im nächsten Kapitel wohnen wir einer Unterhaltung zweier im Auto bei. Der Krieg schwingt immer mit, offensichtlich, dann wieder nur als Hintergrundrauschen.

Serhij Zhadan ist selbst derzeit als Soldat in seiner Heimat tätig. Schon das ist bewundernswert. Die Geschichten dazwischen praktisch aufs Papier gebracht zu haben, die jede für sich stehen und doch unverkennbar zusammen gehören, ist mit diesem Hintergrund noch erstaunlicher. Und sicher auch ein Akt der Verarbeitung. Im Krieg ist jeder für sich allein, und doch hält man zusammen. Eine Wahl hat man nicht.

Die Protagonisten selbst sind vor ihren Hintergründen verschieden, gegensätzlich. Mit wenigen Worten gelingt es dem Autoren, Sympathien zu schaffen, sie nachvollziehbar zu machen. Mehr als die wenigen Sätze, jede Kurzgeschichte findet nur einige Seiten Platz, braucht es nicht. Die innerhalb der kleinen Versatzstücke verstreuten Skizzen, verdeutlichen das Grauen, den Schrecken, die Melancholie. Zhadan verliert sich nicht in Details, beschränkt sich auf das Wesentliche. Jeder einzelne Text scheint einem förmlich anzuspringen. Seht her, so ist es gerade für uns. So, nicht anders. Es braucht halt nicht viel, um diesen Zugang zu schaffen.

Man kann sich das alles gut vorstellen. Manches fast zu gut. Abstand halten möchte man, doch kommt man sich lesend zuweilen vor, wie ein Voyeur, ein Gaffer. Der Autor legt den Finger in die Wunde, die nicht verheilen kann. Der Krieg ist in jeder Szene allgegenwärtig. Schauplätze wie Protagonisten werden mit wenigen Worten sehr plastisch beschrieben. Manchmal muss man innehalten. Ein seltenes Schmunzeln, Lächeln bleibt sofort im Halse stecken, wenn es denn mal vorkommt.

Es mögen einige durch die Fernsehbilder abgestumpft sein, solche kleinen Alltagsbeschreibungen aber betrüben zu tiefst und lassen nicht los. Für Zhadan und all jene, die sich in den von Krieg gezeichneten Regionen und Städten aufhalten, gar an der Front kämpfen, wie muss es erst für die sein, fragt man sich während des Lesens und ahnt, dass noch viel mehr unerzählbar bleibt, da es dafür keine Worte gibt. Die wenigen, die wie diese hier gesehen werden können, sind es wert und wichtig.

Autor:
Serhij Zhadan wurde 1974 geboren und ist ein ukrainischer Schriftsteller, Dichter und Übersetzer. Nach der Schule studierte er zunächst Literaturwissenschaften, Ukrainistik und Germanistik. Er organisiert Literatur- und Musikfestivals und verfasst Rocksong-Texte. 2007 erschien sein erster Roman. 2006 wurde er mit dem Hubert Burda Preis für junge Lyrik ausgezeichnet, Zhadan war zudem Aktivist der Orangenen Revolution.

2014 schilderte er in der FASZ seine Erfahrungen der Erstürmung der Gebietsverwaltung von Charkiw, wurde dafür von prorussischen Kräften krankenhausreif geschlagen. Seine Werke wurden mehrfach ins Deutsche übersetzt, und zahlreich ausgezeichnet. 2022 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Er lebt in Charkiw und ist seit 2024 Soldat.

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Micha Lewinsky: Sobald wir angekommen sind

Inhalt:
Ben Oppenheim balanciert zwischen Ex-Frau, zwei Kindern und seiner Liebe zu Julia. er hat Rückenschmerzen und Geldsorgen, aber was ihn wirklich ängstigt, ist der Krieg in osteuropa. Getrieben vom jüdischen Fluchtinstinkt steigt er eines Morgens kurzerhand in ein Flugzeug nach Brasilien. Mitsamt Ex-Frau und Kindern, aber ohne Julia. Im Krisenmodus läuft Benn zur Hochform auf. Nur der Atomkrieg lässt auf sich warten. Ben dämmert, dass er sich ändern muss, wenn sich etwas ändern soll. (Klappentext)

Rezension:
Eine Geschichte voller Misstrauen gegen sich selbst, eingebettet im kriselnden Weltgeschehen und transgenerationalen Trauma liegt mit Micha Lewinskys Erzählung „Sobald wir angekommen sind“ vor. Der Roman führt uns vom beschaulichen Zürich einmal um den halben Globus und zeigt sehr eingängig, dass auch vermeintliche Kurzschlussreaktionen ihre Hintergründe haben und das deren Folgen gewaltig sein können.

Düster erscheint die Welt dem Protagonisten, der sich von Beginn an von allen Seiten gedrängt sieht. Der berufliche Erfolg bleibt schon länger aus, im Leben seiner Familie hat er keinen sicheren Stand, ebenso schwebend ist die Beziehung zu seiner Geliebten, zu deren Sohn er keinen rechten Zugang finden möchte. Die immer bedrohlicheren Nachrichten aus Osteuropa tun ihr Übriges.

Nur noch weg möchte Ben, der sich als Getriebener sieht, schon qua der Historie seiner jüdischen Vorfahren, deren Schicksal er bereits zu Anfang so sehr verinnerlicht hat, dass nur noch die Flucht nach vorne bleibt. Mit Kindern und Ex-Frau macht Ben sich auf nach Brasilien, wo er mit der Zeit feststellen muss, dass es leicht ist, einem geografischem Ort zu entfliehen, sich selbst und seinen Problemen jedoch fast unmöglich ist zu entkommen.

„Je schlechter es dir geht, desto lustiger bist du.“
„Danke“, sagte Ben. „Ohne deine Hilfe könnte ich das nicht.“

Micha Lewinsky: Sobald wir angekommen sind

Der temporeiche Roman, der eine Flucht auf mehreren Ebenen erzählt, behandelt wichtige Themen, ohne dabei die Hauptfigur zu schonen, die mit ihren Umgang nicht gerade nervenschonend seinen Mitmenschen und, das sei hier schon mal festgestellt, mit uns Lesenden umgeht. Transgenerationales Trauma wurde erstmals im Blick auf Überlebende der Shoah und deren Nachfahren beschrieben, nur wandelt sich dieses Getriebenensein im übertragenden Sinne für Ben zu einer selbsterfüllenden Prophezeihung.

Flucht natürlich, sagte Bens Nervensystem. Flucht, Flucht. Flucht.
Renn!, riefen die Ahnen.

Micha Lewinsky: Sobald wir angekommen sind

Die Hauptfigur tut sich bis an die Schmerzgrenze selbst leid, auch wenn der gezeichnete Gegenpart, hier die Ex-Frau, sich kaum sympathischer anstellt. Nur schütteln möchte man den gehetzt wirkenden Protagonisten, dessen Familie sich mit und wegen ihm mehrfach am Rande des Abgrundes bewegt. Alle scheinen, so sieht es Ben, nicht die Tragweite der Geschehnisse zu erfassen, machen es mit ihren Anforderungen an ihm nur noch schlimmer. Und er sieht sich folgerichtig mit den Rücken zur Wand.

Abgesehen vom weinerlichen, sich selbst bemitleidenden Hauptprotagonisten kann man auch an kaum einer anderen Figur ein gutes Haar lassen, wobei die Sympathien mit steigender Entfernung zu Ben zunehmen. Lewinsky spielt dabei mit unzähligen Grauschattierungen, die da aufeinanderprallen und mit zahlreichen Kontrasten. Letztere geben schon die Handlungsorte wieder.

Sie hatten sich so an ihre Privilegien gewöhnt, dass sie sich bedroht fühlen mussten, sobald sich etwas veränderte. Sie standen ganz oben in der Nahrungskette, aber stark waren sie dennoch nicht. Eigentlich konnten sie sich kaum noch rühren, so satt lagen sie in ihren bewachten Wohntürmen. Unfähig zu fliegen, unfähig, sich zu wehren. Sie mussten sich verbarrikadieren und bewaffnen. Mit der Kuchengabel in der Hand […]

Micha Lewinsky: Sobald wir angekommen sind

Ein Exil soll es sein, so hofft es der Protagonist, doch entpuppt sich das gewählte Ziel als Ferienort, in welchem im übertragenen Sinne all die Herausforderungen der Heimat warten. Diese Irritation im Gegenspiel zum geografischen Raum darzustellen, gelingt dem Autoren, der mit seinem Roman auch Stefan Zweig gedenkt, der seinerseits vor den Nazis ins südamerikanische Exil geflohen war und stellt Ben dem gegenüber.

Ben hatte sich die Südamerikaner immer dunkler vorgestellt. Gut gelaunt. Und im Grunde tanzend. Nun musste er sich eingestehen, dass er sein zukünftiges Zuhause vor allem von Bildern des Karnevals kannte.

Micha Lewinsky: Sobald wir angekommen sind

Die Frage, wann der richtige Moment zur Flucht ist, scheint da durch, ebenso, wann es eine unverhältnismäßige Kurzschlossreaktion wäre. Wo da der Protganist zu verorten ist, beantwortet sich schon in den ersten Kapiteln der Erzählung.

Diese ist in sich schlüssig ohne Lücken und mutet zuweilen wie ein Fernsehspiel an. Zwar sind die Handlungen nachvollziehbar, die Zeichnung des Protagonisten geht einem jedoch nicht sonderlich nahe. Gerade, wenn man sich eher rational denkend verortet. Hier ist die Figur auch gegenüber sich selbst im ständigen Widerspruch. Und da kann man wie auch immer geartete Traumta gelten lassen, im Gegensatz zum Jammertal, in dem sich Ben ständig zu befinden scheint. Schauplätze sind indes nachvollziehbar beschrieben.

Ein Roman mit einer fast unsympathischen Hauptfigur muss man mögen zu lesen. Dann aber eröffnet sich eine Erzählung, die auf so vielen Ebenen wirkt. Transgenerationales Trauma, Unsicherheiten in einer sich den Krisenherden ausgesetzten Welt, Flucht- und Schutzinstinkt hat Micha Lewinsky zu einem Dschungel nicht nur für Ben verwoben. Ob dies aber reicht, um den Wald vor lauter Bäumen am Ende des Tages zu sehen?

Autor:
Micha Lewinsky wurde 1972 in Kassel geboren und ist ein Schweizer Drehbuchautor, Regisseur und Schriftsteller. Mit seiner Regiarbeit „Herr Goldstein“ wurde er 2005 mit dem Pardino d’Oro ausgezeichnet, für sein Spielfilm-Regiedebüt erhielt er 2008 den Schweizer Filmpreis in der Kategorie Bester Spielfilm. 2022 erschien sein erstes Buch.

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Carlo Masala: Wenn Russland gewinnt – Ein Szenario

Inhalt:

März 2028: Russische Truppen erobern die estnische Kleinstadt Narwa und die Insel Hiiumaa in der Ostsee. Der Angriff auf das Baltikum hat begonnen. Jetzt rächt sich, dass Europa nach dem Ende des Krieges in der Ukraine nicht aufgerüstet hat und wichtige Fähigkeiten fehlen. Gilt Artikel 5 der NATO? Wie wird sich die Allianz entscheiden? Riskiert sie den atomkrieg?

Wir haben uns daran gewöhnt, dass am Ende alles gut ausgeht. Aber was, wenn nicht? Was, wenn Russland gewinnt? Es ist nur ein hypothetisches Zukunftsszenario, das der renommierte Politikwissenschaftler und Militärexperte Carlo Masala in seinem neuen Buch entwirft – aber es zeigt auf besonders drastische Weise, was heute auf dem Spiel steht. (Klappentext)

Rezension:

Als die Ukraine am Boden liegend einen Waffenstillstand schließen muss, der einer Kapitulation gleichkommt, gibt der russische Präsident Putin überraschend sein Amt ab und lässt eine neue jüngere Generation an die Schalthebel der Macht. Der Neue im Kreml ist im kriegsmüden Westen ein unbeschriebenes Blatt, doch in den Morgenstunden des März 2028 besetzen russische Truppen eine kleine Estland vorgelagerte Insel und eine Kleinstadt mit mehrheitlich russischsprachiger Bevölkerung, gleichzeitig mehren sich in Europa Sabotageakte.

Doch, was will Russland, welches sich zunächst nicht weiterbewegt wirklich und wie soll man darauf reagieren? Estland und die anderen baltischen Staaten fordern die Auslösung von Art. 5, den Bündnisfall des militärischen Beistandsvertrages. Nicht alle Mitglieder der NATO aber wollen das Risiko eines Krieges, möglicherweise mit Atomwaffen eingehen. Wie viel aber ist dann das Bündnis wert und was wären die Folgen?

Szenarien, Planspiele sind seit jeher Bestandteile militärischen Denkens. Einen Schritt voraus zu sein, sich auf alle Möglichkeiten und Eventualitäten vorzubereiten, um dann im Ernstfall folgerichtig reagieren zu können, ist notwendiger den je geworden. In Cyber-Kriegen werden Trollarmeen ins Feld geführt, um ganze Gesellschaften und Systeme zu destabilisieren.

Mit ihrem Auftreten stellen einige Staaten die gegenwärtige Weltordnung in Frage. Der Politikwissenschaftler und Militärexperte Carlo Masala zeigt an einer dieser Gedankenspiralen, wie viel davon abhängt, wie wir auf etwaige Bedrohungslagen reagieren und wählt einen der nächsten realistischen Ausgangspunkte. Der Angriff auf das Territorium der baltischen Staaten ist so weit weg nicht. Schon heute wird an deren Grenzen massiv aufgerüstet, während auf der anderen Seite der Zäune Russland Militärübungen abhält und sich regelmäßig versucht, in innerpolitsche Belange der Länder einzumischen, die es zu seiner Einflussspähre zählt.

Der Autor zeigt dabei in sehr komprimierter Form die politische Schrittfolge und verdeutlicht die Klaviatur, auf der Russland mit den Ängsten der Europäer zu spielen vermag, aber auch, was es bedeutet, wenn Europa nicht geeint und geschlossen handelt und vor allem, weiter es versäumt, Lücken zu schließen, die entstehen, sollte Amerika sich entgültig aus dem gemeinsamen Militärbündnis verabschieden.

In einzelnen Kapiteln verfolgen wir an unterschiedlichen Schauplätzen, die im zeitlichen Verlauf in dichter Abfolge wechseln. Klare Sätze verdeutlichen die Brisanz der Thematik, ohne die verschiedenen Perspektiven nachzuvollziehen- Am Ende ist klar, es gibt viele Verlierer, einenen scheinbaren Gewinner und einen lachenden Dritten. Und das sind weder Russland, die USA noch Europa.

Ein strategisches Planspiel, in welchem alle Akteure mit den Muskeln spielen, um das Beste für sich herauszuholen ohne das Schlimmste eintreten zu lassen, liegt hier vor und liest sich beinahe wie ein Politthriller. Nur, dass alles tatsächlich so geschehen könnte, wenn wir nicht aufpassen, ist eben das, weshalb es so wichtig ist, solche und andere Szenarien zu durchdenken und entsprechend Lehren daraus zu ziehen. Carlo Masala versucht, hier vereinfacht aber deutlich aufzuzeigen, dass sich die NATO und ihre Partner nicht länger herausreden können, wenn es um das Verteidigen unserer Freiheiten geht, auch wenn es uns nicht immer direkt betrifft.

Man möge dieses Buch sämtlichen beschwichtigenden Politikern um die Ohren hauen.

Autor:

Carlo Masala wurde 1968 geboren und ist Professor für Internationale Politk an der Universität der Bundeswehr in München und Kommentator für deutsche und ausländische Medien. Er gilt als Experte für bewaffnete Konflikte.

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Emilie Aubry/Frank Tetart: Die Welt der Gegenwart

Inhalt:

Vom Ukrainekrieg über den Nahostkonflikt bis zur Krise in der Sahelzone, von der Grenzfrage und der gesellschaftlichen Spaltung in den USA bis zu Chinas Griff nach der Vorherrschaft im Indopazifik – die Macher der ARTE-Sendung „Mit offenen Karten“ Emilie Aubry und Frank Tetart führen uns in ihrem einzigartigen Atlas überall dorthin, wo im 21. Jahrhundert die entscheidenden Konflikte über Land, Ressourcen und die Zukunft der Demokratie stattfinden. Sie durchstreifen die Kontinente und berichten von den wichtigsten geopolitischen Umwälzungen der Gegenwart. (Klappentext)

Rezension:

Die Konfliktlinien unserer Zeit sind so vielfältig wie herausfordernd und vor allem allgegenwärtig. Überall auf unserem Planeten sehen sich wir Menschen damit konfrontiert, egal ob eine politisch heraufbeschworene Krise, bereits lang anhaltende Auseinadersetzung zwischen Interessensgruppen dem zu Grunde liegt oder der Klimawandel die Existenz ganzer Staaten in Frage stellt.

Die Macher der Informationssendung „Mit offenen Karten„, die regelmäßig auf Arte sich geopolitischen Fragen widmet, haben mit „Die Welt der Gegenwart“ eine Übersicht des Ist-Standes rund um den Globus geschaffen. Zwei Jahre später liegt dieser nun seit 2024 in der deutschen Übersetzung vor.

Gerade, wenn es um sehr dynamische Geschehnisse geht, wie sie gegenwärtige Konflikte nun einmal bieten, ist dies herausfordernd und problematisch zugleich, zudem wenn aus einer so komplex vernetzten Welt wie der unseren Beispiele zunächst herausgefildert werden müssen. Eines ist nämlich gleich zu Beginn der Lektüre klar, eine vollständige Übersicht ist nicht möglich, doch Emilie Aubry und Frank Tetart kommen mit ihrer Zusammenstellung einer nach, die umfangreichen Informations- und Erkenntniswert bietet.

Schon der Blick ins Inhaltsverzeichnis offenbart, dass sich die Autoren den herausfordernsten der Konflikte pro Erdteil vorgenommen haben, diese in sehr kompakter Form darzustellen. Nach Kontinenten gegliedert, wird in kompakter Form etwa auf die poltische Änderung an der brasilianischen Staatsspitze eingegangen, ebenso auf deren Auswirkungen im Zusammenhang mit den Abholzungen des dort befindlichen Regenwaldbestandes, das Machtstreben Chinas vor seiner Haustür, welches insbesondere das vorgelagerte Taiwan bedroht, veranschaulicht, ohne die historischen Hintergründe zu vernachlässigen.

Viele der im Buch beschriebenen Konflikte sind nur kurze Zeit auf den Titelseiten der großen Zeitungen und innerhalb der Hauptsendezeiten der Nachrichten zu finden gewesen, schwelen aber weiter, auch wenn das öffentliche Interesse seither abgenommen hat. Die Autoren rufen mit ihrer strukturierten Publikation eben diese wieder in Erinnerung, da die Gegenwart und unserer Umgang mit ihr erheblichen Einfluss darauf hat, was die Zukunft bringen mag.

Dabei werden Aubry und Tetart nicht, informieren nur mit ihrem sehr gut recherchierten Werk, welches zahlreiche geografische Karten beinhaltet, die die einzelnen Konfliktlinien visualisieren, wenn es etwa um die Verteilung von Bodenschätzen geht, Bevölkerungsmehrheiten oder der Sprengkraft des Arabischen Frühlings.

Jedem Abschnitt vorangestellt ist innerhalb der Kapitel die Erläuterung des Konfliktes meist anhand eines beispielgebenden Ortes. So wird etwa sehr kompakt dem Kapitel der politischen Umwälzungen in den USA, vorangestellt, an den 6. Januar 2021 erinnert, als eine Meute angestachelt durch Donald Trump, in der amerikanischen Hauptstadt Washington D.C. das Kapitol stürmte.

Das ist alles, da ausgiebig recherchiert, sehr informativ und verständlich, doch haben an der einen oder anderen Stelle die Ereignisse die Erscheinung der ersten Ausgabe in Frankreich überrollt, so dass aktualisiert werden musste, um dann gleich wieder ins Hintertreffen zu geraten. Der 7. Oktober 2023, als Kämpfer der Hamas nach Israel eindrangen und zahlreiche Menschenleben forderten, ist Bestandteil der vorliegenden Ausgabe. Donald Trump als wiedergewählter Präsident noch nicht. Je nach dem sollte man also zusehen, möglichst die aktuelle Auflage zu erwischen, vorausgesetzt eine Aktualisierung wird fortgeführt.

„Die Welt der Gegenwart – Ein geopolitischer Atlas“, in der Übersetzung von Anna und Wolf Heinrich Leube ist aber auch so die Sammlung erstklassiker journalistischer Informationsvermittlung, die aus der großen Masse an Sensations- und Katastrophenjournalismusartikeln hervorsticht. Ohne das man den Blick auf alle beteiligten Akteure zu verlieren oder einen derer zu vernachlässigen droht.

Alleine um den Blick zu schärfen, lohnt sich die Lektüre, die einem mehr als nachdenklich zurücklassen wird.

Autoren:

Emilie Aubry wurde 1975 in Paris geboren und ist eine französische Journalistin und Moderatorin. Nach ihrem Studium begann sie 2001 beim Fernsehkanal des französischen Parlaments und präsentierte die Fernsehnachrichten. Danach leitete sie mehrere Debatten im Zusammenhang von Vorwahlen. Im Jahr 2007 interviewte sie die französischen Präsidentschaftskandidaten.

Seit 2009 moderierte sie auf Arte das Magazin Global Mag. Weitere Formate folgten, u. a. auch das Literaturmagazin La Cite du Livre. Seit 2017 ist sie Chefredakteurin des Magazins „Mit offenen Karten“, sowie Moderatorin einer Radiosendung auf France Culturel.

Frank Tetart studierte Internationale Beziehungen und promovierte anschließend in Geopolitik. Er war viele Jahre Berater der Sendung „Mit offenen Karten“ und unterichtet an Sekundarschulen, sowie an der Universität Paris 1. Er ist Autor mehrerer Atlanten.

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Der Erste Weltkrieg/Der Zweite Weltkrieg – Die visuelle Geschichte

Das Ende des Zweiten Weltkriegs jährt sich in diesem Jahr zum achtzigsten Mal. Grund genug also, sich ausführlich mit den unterschiedlichen Aspekten des Krieges zu beschäftigen, der so zerstörerisch und so mörderisch werden sollte, wie keiner zuvor. Davor, mit einer kurzen Phase brüchigen Friedens dazwischen hatte es bereits schon einmal einen weltumspannenden Krieg gegeben. Und so umfassend müssen auch die Übersichten sein, um alle Aspekte aufzuführen, die die Vorgeschichte, Kriegsverläufe und was danach folgen sollte, einigermaßen begreiflich machen zu lassen. Und so haben sich eine Vielzahl von Historikern und anderen Wissenschaftlern daran gemacht, Gesamtdarstellungen zu erarbeiten. Nun liegen diese im Verlag Dorling Kindersley vor.

Die Werke dieses Verlags haben die Eigenheit, gerade wenn sie bewusst in einer Abfolge zueinander erscheinen, nahezu die gleiche Rezension herauf zu beschwören, weshalb ich mir die Freiheit genommen habe, einen gemeinsamen Beitrag für beide Sachbücher zu schreiben. Entlang eines Zeitstrahls wird Geschichte hier erzählt, eingerahmt durch die Vor- und Nachgeschichte, dann die Jahre des jeweiligen Krieges, nochmal einzeln aufgedröselt. Unterschiedliche Perspektiven kommen zur Sprache, sei es durch die Erläuterung der Kriegstaktiken innerhalb der jeweiligen Phase oder weil einzelne Feldzüge beleuchtet werden.

Dabei nehmen die Autor:innen beider Werke nicht nur eurozentrische Perspektive ein, sondern vergessen nicht zu beleuchten, wie der Erste und der Zweite Weltkrieg auf der anderen Seite des Globus‘ aussahen. Immer wieder werden einzelne Persönlichkeiten beleuchtet, die in den jeweiligen Phasen oder überhaupt eine Rolle spielten, sowie auch der „Alltag“ im Krieg oder der Terror des NS-Regimes analysiert, um nur die Beispiele zu nennen.

Die Lesbarkeit ist aufgrund der abwechslungsreichen Gestaltung gegeben. Fließtexte wechseln sich mit Infoboxen ab, Karten und Grafiken visualisieren Informationen. Schon das Überformat zwingt einem, sich bewusst eines der Bücher hervorzuholen, entweder sich mit einem bestimmten Thema zu beschäftigen oder gezielt zu suchen, was sowohl ein Stichwortregister am Ende der beiden Enzyklopädien möglich macht, als auch ein übersichtliches Inhaltsverzeichnes.

Autorenkollektiv: Der Erste Weltkrieg – Die Visuelle Geschichte
Seiten: 372
Rezensionsexemplar/Sachbuch
Verlag: Dorling Kindersley
ISBN: 978-3-8310-4874-8
Übersetzung: Burkhard Schäfer, Birgit Lamerz-Beckschäfer (u. a.)

Autorenkollektiv: Der Zweite Weltkrieg – Die Visuelle Geschichte
Seiten: 360
Rezensionsexemplar/Sachbuch
Verlag: Dorling Kindersley
ISBN: 978-3-8310-3757-5
Übersetzung: Burkhard Schäfer, Klaus Binder (u. a.)

Beide Werke erhalten, es ist gar nicht anders möglich:

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Autorenkollektiv: Big Ideas – Der Erste Weltkrieg

Reihe:

In der Reihe Big Ideas erscheinen Sachbücher, die zu verschiedensten Themen aufbereitetes Basiswissen anbieten. Die Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden.

Inhalt:

Warum bezeiechnete man den Ersten Weltkrieg als „Krieg, der alle Kriege beenden“ sollte? Welche Schlüsselereignisse führten zu dem Konflikt? Wieso fanden die Schlachten so häufig zwischen Schützengräben statt?

Dieses Buch beantwortet diese und weitere Fragen in verständlicher Sprache und klaren Grafiken. Es stellt dar, was passiert ist, und erklärt die Ursachen und Hintergründe. So werden nicht nur über 90 Schlüsselereignisse des ersten globalen Krieges beschrieben, sondern auch politische Absichten, Kriegstaktiken und Technologien erläutert: von der Vorgeschichte des Kriegs über die deutsche Invasion in Belgien 1914 bis zum Waffenstillstand 1918 und der Gründung des Völkerbundes 1920. (Klappentext)

Rezension:

Der Erste Weltkrieg markiert als Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts einen Wendepunkt in der Geschichte, heraufbeschworen durch Ereignisse, deren Reaktionsfolge niemand wirklich stoppen wollte. Heraufbeschworen von einem Kaiser, der von deutscher Großmacht träumte, nahm das Schicksal seinen Lauf. Neue Technologien wie Flugzeuge und gepanzerte Fahrzeuge wurden erstmals erprobt. Giftgas sorgte für Schrecken bei den in Gräben kämpfenden Soldaten. Auch das Ende ist bekannt. Hinweggefegte Monarchien, neue Staaten, zwischen denen bald ein neuer, noch grausamerer Krieg toben sollte.

Geschickt aufbereitetes Basiswissen bietet dieses hier vorliegende Sachbuch, welches sich wie ein Lexikon, aber auch hintereinander weglesen lässt. Kurzbiografien entscheidender Persönlichkeiten werden aufgeführt, wie Technologien erklärt. Auch wird anhand von reichlichem Kartenmaterial der Verlauf einzelner Schlachten erläutert. Jedes einzelne Kapitel wird dabei mit einer Einführung und Zeitstrahl begonnen, die Schlüsselmomente des Ersten Weltkriegs zudem nochmals zusätzlich eingeordnet. In Infoboxen wird gezeigt, was vor und nach dem jeweiligen Ereignis geschah, ebenso gibt es immer Seiten-Verweise zu verwandten Themengebieten.

Die einzelnen Abschnitte sind in gewohnter Manier des Verlags nicht länger als zwei bis vier Seiten gehalten. Alle wichtigen Inhalte werden dabei im Blick behalten. Mit diesem Sachbuch bekommt man den neuesten Stand der Geschichtswissenschaften so aufbereitet, dass auch komplexe Zusammenhänge dem Laien verständlich werden. Zur Prüfungsvorbereitung eignet sich die Lektüre dabei ebenso wie für alle Interessierten, egal ob mit oder ohne Vorkenntnisse. Alleine die Kurzbiografien und das sich auf das Wesentliche konzentrierende Kartenmaterial ist es wert. Dabei werden alle beteiligten Seiten beleuchtet, auch weniger bekannte, wie z. B. der Einsatz von Soldaten aus den Kolonien oder gar so weit entfernter Länder wie Siam (das damalige Thailand).

Immer wieder stechen dabei einzelne Zitate der am jeweiligen Ereignis beteiligten Personen hervor und verdeutlichen deren Brisanz.

Sicherlich nicht nur innerhalb der Reihe ist dies ein wichtiges und hervorstechendes Sachbuch, auch unter den Bänden mit Überblickwissen nochmal etwas ganz Besonderes. Zu empfehlen.

Autoren:
In Zusammenarbeit von mehreren Autoren mit u. a. geschichts- und gesellschaftswissenschaftlichen Hintergründen ist dieses Sachbuch entstanden.

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Hans Martin Krämer: Geschichte Japans

Reihe:

Sachbuchreihe für kompaktes Wissen, z. B. zu Kunst- und Kulturgeschichte, Biografien oder Ländergeschichte. Die Einzelbände können unabhängig von einander gelesen werden.

Inhalt:

Japanische Populärkultur in gestalt von Manga, Anime, J-Pop, Fernsehserien und Computerspielen erfreut sich in der westlichen Welt großer Beliebtheit, und japanische Marken sind in der globalen Konsumkultur fest etabliert. Der vorliegende Band sucht das heutige Japan historisch zu erhellen.

Nach einem knappen Durchgang durch die vormoderne Geschichte wird der Neuzeit deutlich mehr Platz eingeräumt, weil sie für die Erklärung der gesellschaftlichen und kulturellen Gegenwart Japans ungleich wichtiger ist. Eine kurze Einführung in die geografischen und klimatischen Grundlagen der japanischen Geschichte bildet den Auftakt des Bandes. (Klappentext)

Rezension:

Um den Schicksal vieler seiner Nachbarn zu umgehen, kolonisiert zu werden, führten Reformen von oben zu einem Umbau des Landes, welches schließlich selbst einen Großteil des asiatischen Raums kolonialisieren wollte und diese Rolle auf brutale Weise ausfüllte, bis zwei Atombomben auch dort den Zweiten Weltkrieg beenden sollten. Auch danach kam es, wie schon oft zuvor, zu einem politischen und gesellschaftlichen Wandel. Wie gelang es Japan, sich immer wieder an neue Gegebenheiten, vergleichsweise still, anzupassen und wo steht das Land heute? Der Japanologe Hans Martin Krämer hat sich auf Spurensuche begeben.

Titel zur Ländergeschichte komplettieren die umfangreiche Reihe aus dem Hause C. H. Beck, die kompakt und auf den Punkt gebracht, Überblickswissen präsentiert und über die man, einmal einen beliebigen Band sich vorgenommen, eigentlich immer das Gleiche sagen kann. Informationen, auf den neuesten wissenschaftlichen stand, werden hier niederschwellig, ohne zu sehr sich in Details zu verlieren, präsentiert, ohne eine gewisse Oberflächlichkeit aufkommen zu lassen oder entscheidende Punkte gar zu unterschlagen.

Das gilt auch für diesen Band, der sich nun mit der Historie Japans beschäftigt und zunächst einen Überblick über die Geografie und mit Hilfe von zwei Karten auf den Innenseiten des Einbandes auch über die politische Gliederung des Landes gibt. In kurzweiligen Kapiteln werden wir durch die einzelnen geschichtlichen Epochen, von den Anfängen bis zur Gegenwart gelotst und mit all den Fragestellungen und Herausforderungen der verschiedenen Zeitabschnitte konfrontiert.

Wir erleben erste Landwirtschaft und das Bilden einer Gemeinschaft bis hin zum Kaisertum, auch erläutert der Autor wirtschaftliche Gegebenheiten und ihren Einfluss auf das politische Geschehen. Je näher wir der Gegenwart kommen, desto kleiner werden die beschriebenen Zeitabschnitte unterteilt, um ein größeres Verständnis für den heutigen Stand zu schaffen. Dies gelingt, ohne die Konzentration als ein „Rasen“ vor allem zu Beginn des Lesens zu empfinden oder das Gefühl, bestimmte Abschnitte nur sprunghaft und mit Abstrichen aufgespürt zu haben und das, bei einer durchaus ausführlichen Quellenlage, aus der heraus recherchiert wurde.

Für mich damit ein weiterer Band, der sich nahtlos in die Reihe der zuvor erschienen einfügt und sie damit gut ergänzt. Vor allem, wer ohne Vorkenntnisse an die Thematik herangeht, aber auch sonst, ist mit „Geschichte Japans“ gut bedient.

Autor:

Hans Martin Krämer wurde 1972 in Wuppertal geboren und ist ein deutscher Japanologe. Er studierte zunächst in Düsseldorf und Bochum Geschichte, Japanologie und Philosophie, nevor er nach Forschungsaufenthalten in Tokyo, Harvard und Kyoto im Jahr 2008 eine Juniorproffesor für Japanologie in Bochum antrat. Seit 2012 lehrt er als Professort für Japanologie an der Universität Heidelberg.

Seine Forschungsschwerpunkte sind politische Geschichte, Bildungs- und Religionsgeschichte, Wissenschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, sowie der Frühen Neuzeit. Seit 2019 ist er Vertrauensdozent der Hans-Böckler-Stiftung, für eine Amtszeit von 4 Jahren ist er seit 2023 Dekan der Philosophischen Fakultät Heidelberg.

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