Gesellschaft

Marie Ruth Krizkova: Ist meine Heimat der Ghettowall?

Ist meine Heimat der Ghettowall? Book Cover
Ist meine Heimat der Ghettowall? Marie Ruth Krizkova (u.a.) Aventium (dt. Dausien Werner) Seiten: 208 Seiten: 208 Hardcover Übersetzerin: Lenka Reinerova

Inhalt:

Gedichte, Prosa und Zeichnungen der Kinder von Theresienstadt. (Klappentext)

Rezension:

Terezin ist heute eine ganz normale Stadt, in dessen historischen Gebäuden wieder ein paar hundert Menschen leben. Es gibt eine Schule, mehrere kulturelle Einrichtungen, Läden und ein paar Gaststätten, ansonsten jedoch trieft jeder Quadratmeter Boden förmlich vor Geschichte, die grausamer nicht sein könnte.

Dort, wo heute wieder Tschechen, wie einst zu Gründungszeiten der Garnisonsstadt lebten, befand sich in der Zeit der Besetzung durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg das Altersghetto und Durchgangslager Theresienstadt, welches für die meisten tschechischen Juden nur Zwischenstation auf dem Weg in den Tod war.

Doch konnte sich dort, wenn auch zumeist im Verborgenen, kulturelles Leben entfalten. In der Hoffnung, weiterzuleben, aus Angst und Verzweiflung und gegen die Widerstaände ihrer Unterdrücker.

Besonders den Kleinsten und Schwächsten, den Kindern und Jugendlichen, wollten die Erwachsenen so viel Normalität wie möglich geben und vor allem Möglichkeiten und Fähigkeiten für eine Zeit nach dem Krieg.

Eine Gruppe von zwölf- bis vierzehnjährigen Jungen schrieb in dieser Zeit, in der ihre Zukunft im Ungewissen lag, eine beeindruckende Sammlung von Texten und Gedichten, schrieb und zeichnete förmlich um ihr Leben, welches für die meisten all zu schnell gewaltsam beendet werden sollte.

Übrig blieben manche ihrer Werke, die die Jungen handschriftlich festhielten, in der Untergrundzeitung “Vedem” (“Wir führen”) bündelten und unter der Hand weiterreichten, bis sie jeder gelesen hatte und die nächste Ausgabe erschien.

In jeder ihrer Zeilen sind die Ängste und Hoffnungen, die Verzweiflung aber auch kleine und große Ereignisse im Ghetto-“Alltag” spürbar. Man möchte weinen, ob der Zukunft, um die jungen wie Petr Ginz oder Hanus Hachenburg etc. betrogen wurden.

Berührt von den Zeichnungen und den Gedichten dieser im Übermaß begabten Jungen, die nichts anderes verbrochen hatten als in der falschen Zeit zu leben und einen anderen Glauben zu haben, hält man inne und denkt über die Schicksale und die kurzen Leben nach.

Und auch über die Leben, die die Kinder hätten führen können, hätte man sie gelassen. Es ist den wenigen Überlebenden des Terrors zu verdanken, dass die Texte ihrer Kinderfreunde und Kameraden der Nachwelt erhalten geblieben und veröffentlicht wurden sind.

Jeder einzelne ist dabei erstaunlich qualitativ hochwertig, besonders wenn man das Alter der Verfasser berücksichtigt.

Zu schade, um in Vergessenheit zu geraten, zu schade, um nur in den Souvenirshops Prags und Terezins, wo man heute verschiedene Museen zur Kriegs- und zur Geschichte des Ghettos besichtigen kann, erhältlich zu sein, gibt es diese Sammlung von Lyrik und Prosa-Texten auch in deutscher Sprache.

Nicht nur im Gedenken an die Opfer Theresienstadts, auch sonst lohnt sich das Lesen dieses Werkes.

Autorin:

Marie Ruth Krizkova wurde 1936 in Milicin geboren und lebt seit 1972 in Prag. 1968 schloss sie ihr Pädagogik-Studium ab und spezialisierte sich auf Literaturgeschichte. Sie promovierte 1991.

In den sechziger Jahren arbeitete sie u.a. als Lehrerin und Postsortiererin und war Mitunterzeichnerin der Charta 77 gegen Menschenrechtsverletzungen des kommunistischen Regimes in der Tschechoslowakei.

Ihr Augenmerk gilt der redaktionellen Aufarbeitung der schriftlichen Werke, die aus dem Ghetto Theresienstadt heraus entstanden sind, welche sie bis 1989 nicht publizieren durfte. Sie leidet einen tschechischen Literatur-Wettbewerb für junge Dichter und arbeitet eng mit Theatern und Kulturbühnen Tschechiens zusammen.

Marie Ruth Krizkova: Ist meine Heimat der Ghettowall? Read More »

Jon Krakauer: In eisige Höhen

In eisigen Höhen Book Cover
In eisigen Höhen Jon Krakauer Piper Erschienen am: 01.04.2000 Seiten: 386 ISBN: 978-3-492-22970-8 Übersetzer: Stephan Steeger

Inhalt:

Im Mai 1996 nahm der amerikanische Journalist Jon Krakauer an einer Mount-Everest-Expedition teil, die in einer Katastrophe endete. Mehrere Gruppen drängten auf den Gipfel. Darunter die um den erfahrenen neuseeländischen Bergsteiger Rob Hall sowie die “Mountain Madness expedition” des US-Amerikaners Scott Fischer.

Krakauer, Mitglied in Rob Halls Team, stand selbst auf dem Gipfel und erlebte danach hautnah Halls Todeskampf und den seiner Gefährten mit. Am Ende hatten zwölf Menschen ihr Leben verloren. Krakauers schonungslose Schilderung der dramatischen Expedition wurde zu einem Meilenstein der Bergliteratur. (Klappentext)

Rezension:

Jon Krakauer hat selbst einige Bergerfahrungen gesammelt als er von der Redaktion einer Zeitschrift, für die er arbeitet, gefragt wird, ob er über kommerzielle Expeditionen auf dem Mount Everest berichten wolle. Er sagt zu, unter der Bedingung, das Kapital zu bekommen, den Berg auch selbst besteigen zu können und nicht nur vom Basislager aus zu berichten.

Die Verleger von “Outside” sagen zu und so macht sich Krakauer auf zu einem der besten Teams von geführten Expeditionen, die ihre Dienste inzwischen für mehrere zehntausende Dollar anbieten. Jedem, der einigermaßen klettern und es sich leisten kann, beinahe mit Gipfelgarantie.

Doch der berg ist tückisch. Der Sauerstoff dünn, in der Höhe ist jedes klare Denken unmöglich. Als dann auch noch ein Sturm aufkommt, führen die Schwächen der einzelnen Teilnehmer und eine verhängnisvolle Verketrtung von Fehlern zum Chaos, in dessen Folgen neun teils sehr erfahrene Bergsteiger umkommen.

Drei weitere finden unmittelbar danach den Tod.

Krakauer berichtet anhand Interviews aller Beteiligter, Recherchen und den eigenen Erfahrungen vom Ablauf der Katastrophe und geht mit der Kommerzialisierung der Bergsteigerei ins Gericht, ebenso mit seiner Arbeit als Journalist und Kletterer, der selbst einige Fehler im Verlauf der Katastrophe zu verantworten hat.

Dabei analysiert er selbst kleinste Details, zeigt ausführlich die Beweggründe der einzelnen Teilnehmer seines und der anderen Teams auf und erklärt, wie es zu der Häufung von Fehleinschätzungen kam, die diesen schlimmsten Tag verursachten, den der höchste Berg der Erde bis dahin gesehen hatte.

Dabei bleibt er keineswegs einseitig, zeigt sowohl die Vorteile als auch die Nachteile geführter Expeditionan auf, schreibt von der Faszination, die der Mount Everest seit jeher mit sich bringt und was dies mit den Menschen macht.

Warum will man unbedingt diesen, unter Bergsteigern nicht einmal schönen Berg überhaupt besteigen? Darf jeder auf den Gipfel? Sollte man mit oder ohne Sauerstoff dieses Wagnis auf sich nehmen und welche grundlegenden regeln wurden 1996 von den Bergführern, von den Teilnehmern der Expeditionen missachtet?

Ein schockierend ehrlicher Bericht über die schonungslose raue Natur und einem Berg, den die Menschen bis dahin geglaubt hatten besiegt, die Gefahren beseitigt zu haben. Doch, der Mount Everest lässt sich nicht besiegen.

Autor:

Jon Krakauer wurde 1954 geboren und begeisterte sich schon in seiner frühen Jugend für das Bergsteigen. Er arbeitet als Wissenschaftsjournalist für amerikanische Zeitschriften, u.a. für die Zeitschrift “Outside”, für die er u.a. vom kommerziellen Bergsteigen auf dem Mount Everest berichten sollte.

Er, der selbst einige Erfahrungen im Bergsteigen gesammelt hatte, schloss sich einer solch geführten Gruppe an, schaffte es bis zum Gipfel und überlebte eine Katastrophe. Sein Buch “In eisige Höhen” machte ihn schlagartig bekannt. Er lebt in Seattle und Boulder.

Jon Krakauer: In eisige Höhen Read More »

Rudyard Kipling: Das Dschungelbuch 1 & 2

Das Dschungelbuch 1 & 2 Book Cover
Das Dschungelbuch 1 & 2 Rrudyard Kipling Steidl Erschienen am: 22.12.2015 Seiten: 523 ISBN: 978-3-95829-049-5 Übersetzer: Andreas Nohl

Inhalt:

Da die Mogli-Geschichte am weitesten verbreitet sein dürfte, hier ein kurzer Umriss.

Ein Kind wächst unter Dschungeltieren, großgezogen von Wölfen auf. Sie nennen es Mogli, was so viel heißt, wie “Frosch”. Doch, die Anwesenheit des Menschenwelpen bedroht die Sicherheit des Wolfsrudels, denn Shir Khan, der Tiger ist in der Gegend und dieser sieht in Mogli den großen Menschen, zu dem er heranwachsen wird.

Eine Gefahr, die es zu verhindern gilt. So verstoßen die Wölfe den Jungen aus ihren Reihen, der sich fortan allein durchschlagen muss und dabei, unterstützt von freunden wie Balu den Lippenbären und Baghira, dem Schwarzen Panther, allerhand Abenteuer erlebt, bis der Tag kommt, an dem Mogli Shir Khan gegenüber steht.

Enthaltene Geschichten (dieser Ausgabe):

Das Dschungelbuch 1 – Die Mogli-Geschichte, komplett

Das Dschungelbuch 2:

– Rikki-Tikki-Tavi

– Die weisse Robbe

– Toomai, der Elefantenjunge

– Quiquern

– Die Leichenbestatter

– Das Wunder des Purun Bhagat

– Die Diener Ihrer Majestät

Das Buch enthält ebenso ein Vorwort von Kipling, ein Nachwort des Übersetzers. In den Anmerkungen sind die, in den Dschungelbüchern vorkommenden Gedichte nochmals in der Originalsprache (Englisch) abgedruckt, wogegen sie innerhalb der Geschichten selbst ins deutsche übersetzt wurden.

Es werden ebenfalls indische Begriffe erklärt und Namensangleichungen verdeutlicht. Die einzelnen Geschichten sind, auch kapitelweise, durch moderne scherenschnittartige Illustrationen von einander getrennt.

Rezension:

Mit der hier vorliegenden Ausgabe des Klassikers “Dschungelbuch” zum 150. Geburtstag von Rudyard Kipling hat sich der Steidl-Verlag selbst übertroffenen und der Übersetzer Andreas Nohl ein Denkmal gesetzt.

Die Geschichten, neu übersetzt und wie Nohl im Nachwort erklärt, dabei dem Stil des Originals treu bleibend, liegen hier in einer umfassenden Ausgabe vor, die sowohl die bekannte Mogli-Geschichte enthält aber auch das Dschungelbuch 2, mit kürzeren, weniger bekannten aber ebenso lesenswerten Kurzgeschichten.

Allesamt sind die Hauptprotagonisten zumeist Tiere in ihrer Interaktion mit den Menschen, wobei Mogli, der Menschenwelpe zwar als anders wahrgenommen aber doch irgendwie als einer der ihren gesehen wird. Bis auf “Die weisse Robbe” spielen sie auf dem indischen Subkontinent, der damals noch Bestandteil des British Empire und noch nicht zersplittert in die dort heute befindlichen Nationalstaaten war.

Dabei ging Nohl auf die heute übliche Sprechweise im Deutschen ein und glich dem entsprechend Namen an. Aus dem Original Mowgli wird hier Mogli, um jüngeren Lesern entgegen zu kommen und bei einigen Namen Rätselraten über die Aussprache zu ersparen. Indische Bezeichnungen werden dagegen belassen und in den Anmerkungen erklärt.

Die erste Geschichte zumindest, dürfte den meisten Lesern und auch Nichtlesern bekannt sein. Der Junge, der von Tieren gefunden und aufgenommen wird, unter ihnen aufwächst und mit ihnen große Abenteuer besteht, schließlich zu seinem Rudel zurückkehrt und als Wildhüter mit dem Dschungel in Verbindung bleibt.

Eine indische Romulus-und-Remus-Geschichte, die auch das Verhältlnis von Mensch und Tier, freilich aus Sicht letzterer, beleuchtet und diese eher in schlechtem Licht darstellt.

Alleine schon dies eine Ansicht, die nicht viele Autoren zur Lebzeit Kiplings gehabt haben dürften, da damals Umwelt- und Naturbewusstsein noch keine große Rolle gespielt haben und sich vor allem die Mutterländer der Kolonien über jeden Zweifel an ihrer Großartigkeit erhaben sahen.

Beeindruckender jedoch fand ich mehr noch das Zweite Dschungelbuch, in dem Kipling mit einigen Perspektiv- und Stilwechseln experimentiert hat.

Menschen, die sich im Gegensatz zum Dschungeljungen auch als Menschen sehen, treten teilweise als Hauptakteuere auf und völlig verquer spielt eine Geschichte “Die weisse Robbe” in arktischen Gefilden, wohingegen Kipling in allen anderen Erzählungen Indien treu bleibt.

Die meisten davon lassen sich ebenso flüssig und amüsant wie faszinierend zugleich lesen, wenn ich auch die bereits erwähnte Robbengeschichte und Quiguern als am schwächsten empfand. Am angehmsten war die Erzählung über den Mungo Rikki-Tikki-Tavi zu lesen.

Ansonsten ist der Schreibstil und hier meine ich die behutsame und wie es mir scheint, sehr gut überlegte Übersetzung Nohls, sehr flüssig zu lesen, was es einfach macht, in die Geschichten hineinzufinden.

Die in den Büchern und einzelnen Kapiteln eine Rolle spielenden Gedichte und Liedtexte sind im original (in den Amerkungen) und übersetzt in den Geschichten selbst abgedruckt und ergänzen die Bücher. Insgesamt liegt damit eine, dem Ruf und der Bedeutung Kiplings gerechtwerdende Ausgabe vor, die es wert ist, sie im Bücherregal stehen zu haben und natürlich gelesen zu werden.

Autor:

Rudyard Kipling (eigentl. Joseph Rudyard Kipling) wurde am 30. Dezember 1865 in Bombay geboren und war ein britischer Schriftsteller und Dichter. Sein bekanntestes Werk “Dschungelbuch” machte ihn 1894 auch international bekannt, nachdem er zuvor bereits einige kleinere Geschichten und Romane veröffentlicht hatte.

Zudem schrieb er Gedichte und eine Vielzahl von Kurzgeschichten. 1907 erhielt er als erster englischsprachiger Schriftsteller überhaupt, den Literaturnobelpreis. Den Rekord als jüngster Nobelpreisträger dieser Sparte hält er bis heute.

Seine Werke “Kim” und “Das Dschungelbuch” gehören zu den Klassikern der Genre. Verschiedene Ehrungen, wie etwa die Erhebung in den Adelsstand, lehnte er ab. Kipling starb 1936 in London.

Rudyard Kipling: Das Dschungelbuch 1 & 2 Read More »

Fabio Geda: Im Meer schwimmen Krokodile

Im Meer schwimmen Krokodile Book Cover
Im Meer schwimmen Krokodile Fabio Geda btb Verlag Seiten: 190 Taschenbuch ISBN: 978-3-570-40201-6

Inhalt:

Nachdem Enaiat von seiner Mutter aus Afghanistan geschmuggelt wurde, wacht er eines Morgens auf und ist allein. Er hat nichts als seine Erinnerungen und die drei Versprechen, die er ihr gegeben hat. Mit dem Ziel, ein besseres Leben zu finden, begibt Enaiat sich auf eine lange Reise Richtung Westen.

Er durchwandert die Länder des Ostens bis nach Europa, reist auf Lastwagen, arbeitet, schlägt sich durch, lernt das Leben von seiner grausamen Seite kennen.

Und trotzdem entdeckt er, was Glück ist… Fabio Geda erzählt die wahre Geschichte von Enaiatollah Akbari in einem zu Herzen gehenden Buch: Eine Geschichte, die uns den Glauben an das Gute zurückgibt. (Klappentext)

Rezension:

In Zeiten, wo die Flüchtlingsproblematik die Emotionen zum Kochen bringt, in der Diskussionen nicht mehr mit rationalen Argumenten geführt werden und Rechtspopulisten immer mehr Aufwind bekommen, sollten wir uns einmal die Geschichten hinter den Fernsehbildern in Erinnerung rufen.

Flüchtlinge, die wochen-, manchmal monatelang, nicht selten Jahre unterwegs sind, um Krieg, Verfolgung und Terror zu entfliehen. Nicht wenige davon im Kindes- und Jugendalter. Eine dieser Geschichten erzählt Fabio Geda, der den Bericht von Enaiatollah Akbari angenommen hat.

Dieser wurde von seiner Mutter aus dem von Krieg und Terror geplagten Afghanistan kurz vor den Terroranschlägen des 11. September außer Landes geschmuggelt. Von da an, auf sich selbst gestellt, beginnt er die gefährliche Reise nach Europa, trifft Menschen, die ihm aus unterschiedlichsten Gründen helfen und muss immer wieder Rückschläge verkraften.

Doch selbst in Europa ist nicht sicher, ob er bleiben darf oder wieder in seine Heimat, die gar keine ist, zurückkehren muss. Doch, Enaiatollah kämpft, wie er es schon von Kindesbeinen an kennt, für ein besseres Leben und eine sichere Zukunft. Es ist eines dieser Bücher, die es aus der Nische der Kinder- und Jugendliteratur hinein in den Bereich der Erwachsenen-Romane und damit zu größere Beachtung schaffen sollten.

Denn Fabio Gedas Roman liegt tatsächlich eher in der Kinder- und Jugendbuchecke aus, was einerseits gut ist, um Kinder an dieses sehr sensible Thema heranzuführen, andererseits schlecht, da man mehrheitlich das Gefühl haben kann, gerade die Erwachsenen sind es, die Aufklärung bedürfen.

Geda erzählt eindringlich die Geschichte eines der Flüchtlinge, die exemplarisch für alle stehen kann, die dieses Schicksal haben, ohne zu werten. Er lässt Akbari erzählen und so entstand eine wunderbare Geschichte über Hoffnung, Verzweiflung, Mut, Entschlossenheit und Durchhaltewillen gegen alle Widerstände.

Ohne Längen und in flüssigen Schreibstil, hier genügen wenige Seiten um ein eindrucksvolles Stück Geschichte zu beschreiben, ist mit “Im Meer schwimmen Krokodile” ein kleines Juwel entstanden, was es in sich hat und zum Nachdenken anregt.

Zu versuchen, die Vorurteile einmal fallen zu lassen und sich wirklich den einzelnen Schicksalen anzunehmen, die Gründe nachzuvollziehen, warum jemand flüchtet und was das mit einem macht, sowie all jenen Respekt zu zollen, die wirklich helfen. Schließlich muss man nur den Umkehrschluss zumindest gedanklich zulassen, was wäre in einer umgekehrten Situation, wenn unsereins flüchten müsste. Wäre man da nicht auch dankbar für jede Hilfe?

Natürlich ist das Geschäft mit Schlepperbanden, auch von diesen Erfahrungen erzählen Akbari und Geda, zu verurteilen, aber auch dieses hat Ursachen und nicht ohne Grund greifen Menschen auch zu diesem Strohhalm, wenn es andere Hilfe nicht gibt.

Fabio Geda erzählt eine Geschichte voller Hoffnungen und Glück, Bangen und Warten, Mut und Verzweiflung, die man gelesen haben sollte. Wer dies tut, tut es sicherlich mit Gewinn. Hoffen wir, dass der echte Enaiatollah Akbari seinen Weg gehen wird. Der Leser wird darüber zumindest keine Zweifel haben.

Autor:

Fabio Geda wurde 1972 in Turin geboren und studierte nach der Schule Kommunikationswissenschaften. Danach arbeitete er als Lehrer und im sozialen Bereich, schrieb seinen ersten Roman, der 2014 ins Deutsche übersetzt wurde.

Sein zweiter Roman “Im Meer schwimmen Krokodile” verhalf ihm zum internationalen Durchbruch. Die wahre Geschichte des Flüchtlings Enaiatollah Akbari wurde in 18 Ländern publiziert.

Fabio Geda: Im Meer schwimmen Krokodile Read More »

Fredy Gareis: 100 Gramm Wodka

100 Gramm Wodka Book Cover
100 Gramm Wodka Fredy Gareis Rezensionsexemplar/Reisebericht Malik Seiten: 252 ISBN: 978-3-89029-457-5

Inhalt:

Was hat es mit dem geheimnisvollen Himbeersee auf sich, an dem Fredy gareis’ Großmutter in einem Straflager war? Und wieso trägt seine Mutter den Geburtsort “Soda Kombinat” im Pass? Als Kind von Russlanddeutschen wächst Fredy gareis mit vielen offenen Fragen auf.

Um endlich Antworten zu finden, macht er sich auf den Weg. Drei Monate fährt er quer durch Russland und versucht zu ergründen, was es mit diesem Land auf sich hat, von dem es heißt, dass man es nicht mit dem Verstand fassen kann, sondern nur mit dem Herzen. (Klappentext)

Rezension:

Blut ist dicker als Wasser und so macht sich der Journalist Fredy Gareis auf Spurensuche nach der Vergangenheit seiner Familie und fährt dabei Russland einmal quer durch. Mit nicht vertrauenswürdig aussehenden ausrangierten Militärfahrzeugen, russischen PKW oder auf Schienenspur der Transibirischen Eisenbahn.

Vorbei am Moskauer Vorort-Villenviertel, wo sich Politiker und Oligarchen die Klinke in die Hand geben oder auf die Straße des Todes. Mit Hilfe von Freunden und fernen Verwandten und Bekannten bringt er Stück für Stück Licht ins Dunkel seiner Vergangenheit, der Vergangenheit seiner Familie, die ihm seine Eltern und Großeltern nicht erklären konnten oder wollten.

Dabei entstand eine eindrückliche Momentaufnahme des vergangenen und des heutigen Russlands, in dem sich die Älterern ihrer Vergangenheit beraubt und einer unsicheren Zukunft ausgesetzt sehen und die Jungen gegen die zunehmende Einengung des putinschen Systems ankämpfen. Zumeist, in dem sie zwei Leben leben. Ein öffentliches und ein privates. Oder ins Ausland gehen.

Der Autor legt hier ein wunderschönes Länder-Portrait und eine berührende Familiengeschichte vor, wie sie vielleicht nicht wenige Russlanddeutsche haben und lässt dem Leser an seine Gefühlswelt wehrend der Reise teilhaben.

Ein ständiges Auf und Ab, Zweifel an der Reise, Entdeckungen, Seltsames und immer wieder die Geschichten der Menschen auch vor Ort. Wie sie leben, was sie denken. Und er zeigt, wie schnell der russische Staat alle “notwendigen” Informationen zusammenhat, um über jeden der im Land lebt und durch das Land reist im Bilde zu sein.

Zwar ist dies nur ein kleiner Teil, eine Episode dieser Tour von Sankt Petersburg bis nach Magadan aber die Ereignisse reihen sich auf einer solchen Reise wie die Perlen einer Kette aneinander.

Der Schreibstil lässt einen ruhigen Lesefluss zu und nur den. Man hat den Eindruck als wolle der Autor den Leser bewusst an sein gemächliches Reisetempo anpassen, was aber eben schnell ermüdend sein kann.

Denn, nicht für jeden mag dessen Familiengeschichte interessant sein oder zumindest nicht alle Aspekte. So sind dann Längen vorhanden, die der Autor nicht verschuldet hat, da für ihn natürlich diese Reise und die Familiengeschichte eine ganz andere Bedeutung hat.

Kann man aber ganz gut und gerne mit 100 Gramm Wodka überprüfen. Denn, obwohl Alkoholismus im Riesenland ein Problem darstellt, heißt es, dass es sogar wohltuend ist, 100 ml Wodka täglich zu trinken. Wer mehr konsumiert ist ein Säufer.

Autor:

Fredy Gareis wurde 1975 in Alma-Ata geboren und ist in Rüsselsheim aufgewachsen. Nach Nebenjobs als Putzmann, Taxifahrer und Barkeeper stieg er in den Journalismus ein, nachdem er die Münchener Journalistenschule besucht hatte.

Als freier Reporter schrieb er für die Zeitung “Die Zeit”, den Tagesspiegel und war unterwegs für Deutschlandradio. Von 2010 bis 2012 berichtete er aus Israel und dem Nahen Osten.

Für seine Reportage “Ein Picasso in Palästina” wurde er mit dem Journalistenpreis des Deutschen Kulturrats ausgezeichnet. Im Sommer 2015 machte er sich für eine Reportage auf der Suche nach Raubkunst (kunstjagd.de).

Fredy Gareis: 100 Gramm Wodka Read More »

Robert Galbraith: Die Ernte des Bösen

Die Ernte des Bösen Book Cover
Die Ernte des Bösen Comoran Strike – 3 Kriminalroman blanvalet Hardcover Seiten: 670 ISBN: 978-3-7645-0574-5

Inhalt:

Nachdem Robin Ellacott ein mysteriöses Paket in Empfang genommen hat, muss sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass es ein abgetrenntes Frauenbein enthält. Ihr Chef, der private Ermittler Cormoran Strike, ist ebenfalls beunruhigt, jedoch kaum überrschaft.

Gleich vier Menschen aus seiner eigenen Vergangenheit fallen ihm ein, die für die Tat verantwortlich sein könnten – und Strike weiß, dass jeder von ihnen zu skrupelloser, unaussprechlicher Grausamkeit fähig ist.

Während die Polizei sich auf den einen Verdächtigen konzentriert, der für Strike immer weniger als Täter infrage kommt, nehmen er und Robin die Dinge selbst in die Hand und wagen sich vor in die düsteren und verstörenden Welten der drei anderen Männer. Doch als weitere erschreckende Vorfälle London erschüttern, gerät das Ermittlerduo selbst mehr und mehr in Bedrängnis… (Klappentext)

Reihenfolge der Bücher:

Robert Galbraith: Cormoran Strike 1 – Der Ruf des Kuckucks

Robert Galbraith: Cormoran Strike 2 – Der Seidenspinner

Robert Galbraith: Cormoran Strike 3 – Die Ernte des Bösen

Robert Galbraith: Cormoran Strike 4 – Weißer Tod

[Einklappen]

Rezension:

Man kann darüber streiten, ob es Absicht war oder nicht, dass man Joanne K. Rowlings Pseudonym kurz nach Erscheinen des ersten bandes entzauberte, feststeht, auch der dritte Band der Cormoran Strike Reihe ist der Autorin würdig.

Sie kann, ohne Abstriche, zwischen den Genres hin und her wechseln und auch diese Geschichte, die Cormoran Strike und Robin Ellacott in die finstere Vergangenheit des Privatdetektivs führt, hat es in sich.

Viel erfährt man über dessen Geschichte und über die Abgründe des Täters, deren Handlungsstränge parallel zueinander erzählt werden, das Beziehungschaos Robins zu ihrem künftigen Mann mal außen vorgelassen.

Drei Handlungen, die sich nach und nach miteinander verweben und schließlich eins werden, im Finale des Bandes. Erst in einem langsamen Tempo, welches erst gegen Ende Fahrt aufnimmt, wird die mühsame Kleinarbeit des Ermittler-Duos geschildert und spiegelt so sehr gut die Realität wieder.

Ermittlungsarbeit ist langwierig und mitunter mit vielen Rückschlägen verbunden. Für mich ganz klar ein Pluspunkt, müssen sich Leser und Strike erst einmal durchbeißen, um mit einem Ergebnis belohnt zu werden. Als Leser darf man nur froh sein, dass es sich dabei nicht um ein abgeschnittenes Bein handelt. Das zu lesen reicht vollkommen.

Ein packender, immer schneller wirkender Schreibstil, der auch dieses Mal dazu beigetragen hat, für mich zumindest, zu einer Steigerung der Geschichte zu führen. tatsächlich ist für mich dieser Band der bisher stärkste innerhalb der Reihe, auf deren Fortsetzung ich nun sehnsüchtig warte.

Schließlich möchte ich noch viel von Joanne K. Rowling, auch wenn sie hier Galbraith heißt, lesen. Einziges Manko, ja, das Cover aber das ist nebensächlich, da man ohnehin im Regal den Buchrücken nur sieht und zweitens die Geschichte ohnehin alles ausgleicht.

Ein schöner, stimmiger und manchmal erschreckend derb-brutaler Krimi aus England. Auf weitere Fälle mit Cormoran Strike.

Autorin:

Joanne K. Rowling wurde durch die Romane um den Zauberlehrling Harry Potter weltberühmt. Unter dem Pseudonym Robert Galbraith schreibt sie Krimis. Zudem arbeitete sie mit, an einem Theaterstück als eine Art Nachfolger der Harry-Potter-Romane und hat beim Drehbuch des in die Kino kommenden Filmes “Newt- Scamander – Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind” mitgewirkt.

Robert Galbraith: Die Ernte des Bösen Read More »

Joseph O’Neill: Niederland

Niederland Book Cover
Niederland Joseph O’Neill Rezensionsexemplar/Roman Rowohlt Taschenbuch Taschenbuch Seiten: 316 ISBN: 978-3-499-25227-3

Handlung:

Inmitten der Hysterie nbach dem 11. Septembver sucht der holländische Bankier Hans van den Broek nach einem neuen Leben in einer erschütterten Stadt. Er ist einsam, lebt verlassen von Frau und Kind unter den exentrischen Gestalten im legendären Chelsea Hotel. Doch dann lernt er Chuck Ramkisson kennen, einen dunkelhäutigen Westinder. Chuck ist einer der wenigen, die den amerikanischen Traum noch ungebrochen träumen und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.

Mit ihm macht Hans sich auf, ein ihm gänzlich unbekanntes New York zu entdecken und eine außergewöhnliche Freundschaft beginnt. Ein begeisterter und weiser Roman über New York, die Stadt, die eine Welt umfasst. (Klappentext)

Rezension:

Der Klappentext verspricht viel, was der Autor kaum halten kann dennoch liegt mit “Niederland” ein Roman vor, der eine Brücke schlägt. Zwischen zwei Kontinenten, zwischen Menschen und städtischen Ansichten, die verschiedener nicht sein könnten.

Die Handlungsorte London und New York sind beides Schmelztiegel und Sammelpunkt unterschiedlicher Kulturen. Ein Mix von sonderbaren und besonderen Gestalten, der zu faszinieren mag. In dieser Welt bewegt sich Hans mit sicheren Schritt als erfolgreicher Angstellster und Analyst einer Großbank, doch beginnt gerade wärend seines Aufenthalts in New York der amerikanische Traum zu bröckeln.

Zwar schlägt noch nicht die Finanzkrise zu, doch die Großmacht bekommt erste Risse in ihrer Aura aus Unverwundbarkeit. Der Optimismus ist seit den Anschlägen ohnehin weggeblasen. In dieser Zeit trifft Hans auf den charismatischen Chuck, einem Westinder, der unbeirrt an den amerikanischen Traum zu glauben scheint, viel anpacken und umsetzen will.

Cricket hier als Fixpunkt zweier Menschen, deren Sicht auf die Welt anfangs nicht unterschiedlicher sein könnte. Hans beginnt sich immer mehr darauf zu fixieren wärend sein Privatleben ihm entgleited. Nicht ahnend, dass auch diese Traumwelt, wie so vieles in Amerika zerplatzt.

Joseph O’Neill hat mit “Niederland” den Versuch gewagt, einen großartigen Amerika-Roman zu schreiben, was ihm leider gründlich misslungen ist.

Zwar ist der Schreibstil durchaus flüssig, die Handlung nachvollziehbar und die Protagonisten genug skurill für New York, erfolgsverwöhnt für London beschrieben, doch der überwiegende Teil des Werkes wird dominiert von schier endlosen Beschreibungen von Cricket, einer Sportart, die sich mir auch nach der Lektüre nicht erschließen will.

Die Sportart stellt hier einen Dreh-und Angelpunkt, Hauptaugenmerk dar, der leider vieles kaputt macht, insbesondere die Faszination, die die Geschichte um Chuck und Hans durchaus hätte einnehmen können. Denn die ist durchaus spannend, kommt aber leider viel zu kurz.

Ein Roman, der durchaus hätte auf dem Niveau von “Extrem laut und unglaublich nah” landen können. Diese Chance aber hat der Autor vertan.

Autor:

Joseph O’Neill wurde als Sohn eines Iren und einer Türkim im Cork der 1960er Jahre geboren und verbrachte Kindheit und Jugend in den Niederlanden. Nach der Schule studierte er in Cambridge Jura und arbeite als Anwalt in London.

Später ließ er sich als freuer Autor in New York nieder. Der Schriftsteller ist verheiratet und hat drei Söhne. Sein Roman “Niederland” ist sein drittes Werk. Dieses wurde im Jahr 2009 mit dem PEN/Faulkner Award ausgezeichnet.

Joseph O’Neill: Niederland Read More »

Lisa O’Donnell: Die Geheimnisse der Welt

Die Geheimnisse der Welt Book Cover
Die Geheimnisse der Welt Lisa O’Donnell Roman Dumont Hardcover Seiten: 255 ISBN: 978-3-8321-9779-7

Inhalt:

Der elfjährige Michael Murray lebt mit seiner Familie auf einer kleinen schottischen Insel. Jeder kennt hier jeden, und alle glauben, alles über die anderen zu wissen. Doch gibt es auch Geheimnisse – und Michael muss bald herausfinden, wie gefährlich sie sein können. Vor allem, wenn es dabei um die eigene Mutter geht. (Klappentext)

Rezension:

Wer nicht gerade in einer anonymen Großsstadt sondern etwas kleinstädtisch ländlicher lebt, kennt das Gefühl alle zu kennen und selbst von jedem erkannt zu werden. Wie intensiv muss diese Art zu leben auf einer kleinen Insel sein?

Die Murrays, eine durch Arbeitslosigkeit, Tristesse und den jeweiligen Problemen der einzelnen Personen gebeutelte Familie müssen bald die Negativ-Erfahrung eines solchen Daseins machen. Rosemary, Michaels Mutter wird auf dem Weg durch das nahe Wäldchen überfallen und vergewaltigt.

Fortan beschließt die Familie, niemanden etwas zu verraten um Klatsch und Dorf-Tratsch zu entgehen. Und der elfjährige Michael wird plötzlich zum Träger dieses Geheimnisses, welches um so schwerer auf seinen Schultern lastet als es eine weitere Frau beinahe Opfer wird.

Eigentlich wächst Michael behütet auf, trotz aller Probleme, die seine Familie so schon hat aber in den turbulenten Zeiten der Thatcher-Jahre geht es niemanden richtig gut. Jeder ist betroffen. Doch mitder Entdeckung des Geheimnisses seiner Mutter bricht für ihn das ohnehin labile Konstrukt heiler Welt zusammen, welches die Erwachsenen um ihn herum aufgebaut haben.

Der Elfjährige sieht zum ersten Mal, das Erwachsene auch an überdimensionierten Problemen zerbrechen können und es aus manchen Situationen so schnell einen Ausweg nicht gibt. Dazu kommen seine eigenen Freunde, vor denen er plötzlich ein Geheimnis bewahren muss, welches zu groß für ihn ist und jedem, der darum weiß. Und er droht daran, wie seine Mutter zu zerbrechen.

Es ist ein starker Roman, den Lisa O’Donnell hier vorlegt mit nicht unbedingt leichter Kost. Ein Plädoyer dafür, offen zu sein, die Wahrheit zu sagen auch wenn sie schmerzlich ist und für die Liebe und Kraft, die eine Familie schenken kann.

Es ist ein Aufruf, in schwierigen Situationen zusammen zu halten und zu helfen, bei Problemen aufeinander zu zugehen und sich, ja, auch helfen zu lassen.

Ein Roman mit einer traurigen erschreckenden Thematik, die man keinem Menschen wünscht, sie jemals am eigenen Leib zu erfahren aber auch eine Geschichte, in der immer wieder Witz und Humor zum Vorschein kommt. Oder zumindest im Form vom Schmunzeln über bestimmte Eigenheiten der Charaktere der Dorfgemeinschaft.

Nichts ist so stark wie der Zusammenhalt einer Familie und besonders in schweren Zeiten kann es gelingen dadurch Halt zu finden und sich gegen Erdrückendes zu wehren. Lisa O’Donnell kommt dabei nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, offenbart aber Konflikte, denen die Opfer von Vergewaltigungen durch unserer Gesellschaft ausgesetzt sind.

In Form der Protagonisten, besonders Rosemary und Michael, die einem sofort sympathisch sind, zeigt sie, wie schwer es ist mit dem gesellschaftlichen Ansichten umzugehen und das, egal wie man handelt, es keinen richtigen aber viele falsche Wege gibt. Am Ende ist jedoch nur wichtig, dass man zusammenhält und füreinander da ist.

Ein schöner, trauriger, lebensbejahender toller Roman.

Autorin:

Lisa O’Donnell ist Drehbuchautorin und Schriftstellerin und wurde für Ihr Drehbuch “The Wedding Gift” mit dem Orange Screenwriting Prize ausgezeichnet. Ihr Debutroman “Bienensterben” erschien 2013 im DuMont-Verlag. Auch dieses wurde ausgezeichnet. Mit ihrer Familie lebt sie in Schottland. “Die Geheimnisse der Welt” ist ihr zweiter Roman.

Lisa O’Donnell: Die Geheimnisse der Welt Read More »

Alan Weisman: Countdown – Hat die Erde eine Zukunft?

Countdown - Hat die Erde eine Zukunft? Book Cover
Countdown – Hat die Erde eine Zukunft? Alan Weisman Piper Taschenbuch Seiten: 573 ISBN: 978-3-492-30551-8

Inhalt:

Alle 108 Stunden gibt es eine Million mehr Menschen auf der Erde. Wie lange dauert es noch, bis sie kollabiert?

Der Countdown hat begonnen: Die Erde kann uns nicht mehr lange (er)tragen – immer mehr Menschen produzieren imer mehr Müll, verbrauchen mehr Ressourcen und stoßen mehr CO2 aus.

Alan Weisman nimmt uns mit auf eine aufrüttelnde Reise durch über 20 Länder und zeigt, wie nur eine drastische Reduzierung der Bevölkerungszahl unser Überleben auf der Erde sichern kann – provokativ und Augen öffnend! (Klappentext)

Rezension:

Der Mensch hat als einzige Spezies auf unserem Planeten das Potential sich selbst auszurotten und das alleine durch seine Anwesenheit und schier unaufhörlich wachsende Zahl. Immer mehr Menschen teilen sich Lebensraum, Nahrung, Wasser und Energie-Rohstoffe, immer mehr Menschen hungern und andere leben im Überfluss und der dadurch unermesslichen Wegwerf-Gesellschaft. Immer mehr Müll und immer mehr Kohlenstoffdioxid verpesten Luft, Wasser und Boden. Doch, wann ist die Grenze erreicht?

Wann der Zeitpunkt, an dem es einen Menschen mehr gibt als die Erde ertragen kann? Wann zerstört homo sapiens seine Lebensgrundlagen entgültig? Diesen Fragen stellt sich Alan Weismann, zugleich auf der Suche nach der Lösung dieses Problems, welches uns innerhalb des Jahrhunderts wohl treffen wird.

Und er sucht zugleich nach der Lösung. Was wäre, wenn wir einfach weniger Menschen würden? Wenn die Geburrtenraten aller Länder nur der Ersatzrate entsprechen, überall Bevölkerungsprogramme, Familienplanung stattfänden?

Wenn arme Menschen in den Entwicklungsländern flächendeckend Zugang zu kostenfreier Bildung, Aufklärung und Verhütungsmitteln hätten? Reiche Länder (etwa in Europa) ihr Bevölkerungsschrumpfen nicht als Hemmnis sondern als Chance begreifen und der Anbau von Nahrungsmitteln auf mehrheitlich biologischen Anbau zurückgeführt würde? Die Verwendung von Stcikstoffdünger reduziert und der Fleichkonsum zurückgefahren wird?

Alan Weisman hat mit “Countdown – Hat die Erde eine Zukunft?” erneut ein sehr fundiertes und detailliertes Sachbuch veröffentlicht, was unbedingte Beachtung verdient. Gestützt auf zahlreiche wissenschaftliche Quellen entwirft er ein Szenario zur Rettung unserer Spezies, die kurz davor ist, sich selbst auszurotten und bietet Lösungsansätze an, wie dies gelingen kann.

Er zeigt die Folgen vom Nicht-Handeln auf aber auch Projekte, überall auf der ganzen Welt, selbst in Ländern, in denen man es nicht erwartet, die hoffen lassen auf eine glücklichere Zukunft unseres Planeten. Gespickt mit Zahlen und unter Mitarbeit von Wissenschaftlern von Biologen über Historikern, Chemikern, Meteorolgen und Agrarwissenschaftlern schickt Weisman den Leser auf eine Reise, die nicht ohne Folgen bleibt.

Denn eines ist unbestritten, die Erde kann auch ohne uns überleben, wird dies auch tun. Die Frage ist, ob wir wirklich das Überleben unserer Spezies auf’s Spiel setzen möchten?

Autor:

Alan Weisman wurde 1947 in Minneapolis, Minnesota geboren und ist ein US-amerikanischer Autor und Journalist. Zahlreiche Auslandsreportagen rund um die Welt schrieb er für Zeitschriften wie “Harper’s Magazine”, “The Atlantic Monthly” aber auch für die legendäre New York Times oder das “Discover Magazine”.

Zudem ist er als Radio-Produzent tätig. Weisman ist Professort für Journalismus an der Universiät von Arizina. Sein Buch “Die Erde ohne uns”, welches 2007 erschien, war die Grundlage einer gleichnamigen Serie, die sich mit der Entwicklung der Natur und der Erdgeschichte nach dem Verschwinden des Menschen befasste.

Alan Weisman: Countdown – Hat die Erde eine Zukunft? Read More »

Ferdinand von Schirach: Terror

Terror Book Cover
Terror Theaterstück-Drehbuch Piper Hardcover Seiten: 176 ISBN: 978-3-442-71496-4

Inhalt:

Ein Terrorist kapert eine Passagiermaschine und zwingt die Piloten, Kurs auf ein voll besetztes Fußballstadion zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe das Flugzeug in letzter Minute ab, alle Passagiere sterben.

Der Pilot muss sich vor Gericht für sein Handeln verantworten. Seine Richter sind die Theaterbesucher, sie müssen über Schuld oder Unschuld urteilen. Ferdinand von Schirachs »Terror« ist ein Theaterstück von bedrückender Aktualität. Es stellt die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Werden wir uns für die Freiheit oder für die Sicherheit entscheiden? Wollen wir, dass die Würde des Menschen trotz der Terroranschläge noch gilt? … (Verlagstext)

Rezension:

Ein Gedankenspiel als Theaterstück aufgeführt. Eine vollbesetzte Passagiermaschine wird entführt und von Terroristen auf ein Stadion gelenkt, in welchem sich 70.000 Menschen befinden. Die Verantwortlichen haben nur Sekunden, um sich zu entscheiden.

Entweder das Flugzeug abzuschießen und damit ein paar 100 Menschen zu töten oder das Leben von 70.000 Menschen zu riskieren. Die Verantwortlichen handeln, schießen die Maschine ab und stehen nun vor Gericht. Sicher ist, die Verfassung, das Grundgesetz verbietet es Menschenleben gegen Menschenleben aufzuwiegen. Egal, wie viele sterben und wie viele dagegen gerettet werden können.

Die Menschenwürde ist unantastbar. Sicher ist auch, keiner kann wissen, ob es den Passagierern nicht doch gelingt, in letzter Minute die Entführer zu überwältigen und das Flugzeug unter Kontrolle zu bringen. Oder ob es nicht zuerst gelingt, das vollbesetzte Stadion zu evakuieren.

Immerhin gibt es Evakuierungspläne. Es kann aber auch niemand mit Sicherheit sagen, ob die Verantwortlichen nicht richtig gehandelt und reagiert haben. Und der Theaterzuschauer muss am Ende entscheiden. Verurteilung oder Freispruch?

Ferdinand von Schirach stellt mit diesem Theaterstück die Grundsätze unseres Denkens und unserer Moralvorstellungen auf Probe und so entschieden die Zuschauer in den allermeisten Vorführungen, den Angeklagten Herr Koch, Major der Luftwaffe freizusprechen. Der Abschuss zwar nicht mit dem Grundgesetz vereinbar aber eben doch in dem Moment die richtige Option. Nur in einer Aufführung bisher wurde der Angeklagte von den Zuschauern frei gesprochen.

Im vorliegenden Buch, Drehbuch zum Theaterstück kann man, wenn man keine Chance hatte, das Theaterstück zu verfolgen, der Verhandlung beiwohnen und selbst entscheiden, ob man der Argumentation des Angeklagten und seines Verteidigers oder eher der staatsanwältin und der Nebenkläger folgt. Gute Argumente gibt es für beide Seiten.

Schirach hat dabei das Drehbuch so entworfen, dass man sich als Leser nicht vom Autor zu einer Antwort, die so einfach ja nicht ist, gedrängt fühlt, sondern nach dem Lesen erst einmal in Ruhe darüber nachdenken muss.

Das Für und Wider aller Beteiligten abzuwägen und dann eine Entscheidung zu treffen. Je nach dem, wie diese ausfällt, kann man dann entweder Freispruch oder Verurteilung lesen. Das Ende selbst bestimmen, gleichwohl es Bauchschmerzen verursacht. Egal, wie man sich entscheidet.

Der Schreibstil und der Wechsel, die aufgeführten Diskussionen lassen eine Gerichtsverhandlung sehr gut nachvollziehbar sein, auch für juristisch weniger versierte.

Technische und juristische Fachtermini, die auch mal vorkommen, letztere nicht so arg, werden für den Laien schnell geklärt, durch die Erklärungen der handelnden Personen. Das Drehbuch lässt sich als solches gut lesen. Man kann sich vorstellen, in der Gerichtsverhandlung zu sitzen. Ich habe mich nach langen Überlegungen für eine Verurteilung entschieden.

Autor:

Ferdinand von Schirach wurde 1964 in München geboren und ist ein deutscher Strafverteidiger und Schriftsteller. Schirach besuchte das Jesuiten-Kolleg St. Blasien und stuiderte in Bonn Rechtswissenschaften. Nach seinem Referendariat ließ er sich 1994 als Rechtsanwalt nieder und spezialisierte sich auf Strafrecht.

Er vertrat dabei den BND-Spion Norbert Juretzko und u.a. Günter Schabowski, und machte sich damit einen Namen als “Prominentenanwalt”.

Mit 45 Jahren veröffentlichte er erste Kurzgeschichten und avancierte schnell zu einem der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller. Seine Bücher sind international Bestseller und erscheinen in über 40 Ländern.

Ferdinand von Schirach: Terror Read More »