Leben

Andreas Steinhöfel/Melanie Garanin: Völlig meschugge?!

Inhalt:

Benny, die Umweltaktivistin Charlie und Hamid, der 2015 als Flüchtlingskind aus Syrien kam, sind dickste Freunde. Nichts kann sie auseinander bringen. Nichts? Als Benny von seinem Opa eine Kette mit Davidstern erbt, finden die drei sich in einem Strudel aus Antisemitismus, Mobbing und Gewalt wieder, der sie mit sich reißt und ihre Freundschaft zu zerstören droht. (Klappentext)

Rezension:

Die Geschichte der drei Freunde beginnt mit ihrem Ende. Der zwölfjährige Benny wird verletzt aufgefunden, aus einer alten Höhle geborgen, in der er zuvor gestürzt war. Noch einmal ist er mit den Schrecken davongekommen, doch was war zuvor passiert? Eine beeindruckende Graphic Novel ist hier parallel zur gleichnamigen Jugendserie der Fernsehsender ZDF und Kika erschienen, die mit ihrem Inhalt das Werk in die Reihe der Bücher gegen das Vergessen rückt.

Erzählt wird die Geschichte dreier Freunde. Benny ist Mittelpunkt der Gruppe, sportlich und mitreißend. Charlie gehört nicht nur die Modelleisenbahn, um die sich die Gruppe regelmäßig versammelt, in gelben Gummistiefeln engagiert sich die Vegetarierin zudem für Umwelt- und Naturschutz. Der Dritte im Bunde ist Hamid, der 2015 mit seiner Familie aus Syrien nach Deutschland kam und seine Gedanken und Gefühle in Zeichnungen verarbeitet.

Nichts kann die drei auseinander bringen, doch in der weiterführenden Schule geht es rau zu. Handys verschwinden, Mobbing und Ausgrenzung sind an der Tagesordnung. Als Benny offen eine Kette mit Davidstern trägt, stellt dies auch die Freundschaft zu Hamid in Frage, dem sein älterer Bruder einige krude Gedanken in den Kopf gesetzt hat. Ein Strudel, der sich immer heftiger auftürmenden Gewalt beginnt die Freundschaft der drei zu zerreißen.

Soviel zum Inhalt der Geschichte, die sich trotz der thematischen Schwere leicht lesen und diskutieren lässt, was nicht nur an der grafischen Aufbereitung durch Melanie Garanin liegt, sondern auch an der einfühlsamen Erzählweise durch Steinhöfel, der wie kaum ein anderer deutschsprachiger Kinderbuchautor es schafft, wichtige Fragen aufs Tableau zu bringen, dabei keine Fäden der Handlungsstränge zu verlieren oder ins Klischeehafte abzurutschen. In einer Mischung aus Comic- und Mangastil werden Mobbing, Antisemitismus und Ausgrenzung, Freundschaft und Mut so aufbereitet, dass sich dies gemeinsam, z. B. im Unterricht oder alleine gut lesen lässt, finden doch alle entsprechende Äquivalente in der realen Welt.

Vergleichsweise ausführlich orientiert sich das Werk sehr eng an der gleichnamigen, ebenfalls sehenswerten TV-Serie, die parallel dazu entstand. Die Kapiteleinteilung entspricht der Benennung der einzelnen Folgen. Durch die Erzählweise entfallen in beiden Medien Längen. Zudem fehlt der erhobene Zeigefinger fast gänzlich.

In der Serie sind die Charaktere wechselseitig perspektivgebend, während die Graphic Novel vor allem aus der Sicht von Charlie erzählt wird. Doch die drei Hauptcharaktere sind hier wunderbar ausgestaltet, haben allesamt Ecken und Kanten, in ihren Reaktionen nachvollziehbar. Der erzählte Zeitraum ist unbestimmt, es kann sich dabei jedoch nur um wenige Wochen handeln. der Handlungsort könnte überall in Deutschland sein. Gegensätzliche Protagonisten sind klar definiert gehalten, aber auch deren abstruse Beweggründe sind ausreichend ausgearbeitet, so dass sich eine Dynamik zwischen den Figuren entfaltet, die dem Werk eine gewisse Geschwindigkeit und Brisanz verleiht.

Interessant bei solcher Lektüre ist immer auch die Farbgebung. Kontraste ergeben sich durch die warmen Farben, wenn aus der Sicht etwa von Benny erzählt wird, und den eher dunkelblau gehaltenen Tönen, wenn von Hamid die Rede ist, der seine Gedanken mit sich herumträgt. Zudem sind auch hier die Zeichnungen innerhalb der Zeichnung zu erwähnen, da der Junge parallel zur Handlung das Erlebte selbst malerisch verarbeitet. Große Freistellen wechseln sich zudem ab mit witzigen Randbewegungen, so dass zwischen all dem Ernst es genug auflockernde Momente gibt.

Diese Graphic Novel behandelt all die Themen, die alle Schüler/innen in der einen oder anderen Form kennen, sei es, da sie selbst Betroffene sind oder in derer Umgebung bestimmte Dinge passieren, über die gesprochen werden muss. Dafür bietet das Werk eine Grundlage und kann sicher als Aufhänger und Diskussionsgegenstand im Unterricht genutzt werden. Der Vergleich zur Ringparabel in Lessings Werk „Nathan der Weise“ drängt sich auf. Moderner kann man eine Thematik kaum aufbereiten.

Gerade in unserer Zeit, in der extreme Richtungen wieder Zulauf erhalten und Glaube immer noch zur Konfrontation missbraucht wird oder als Aufhänger, auszugrenzen, ist solch ein Werk gerade für Jüngere wichtig, um zu zeigen, dass es auch anders geht, dass Freundschaft, Mut und Zusammenhalt ideologische Grenzen überwinden können. Auch eine Botschaft, wie sie sich durch einige von Steinhöfels Werken zieht.

Dieses Werk, was junge Lesende ernst nimmt und in der Lage ist, neue Perspektiven zu geben, ist damit unbedingt empfehlenswert.

Autoren:

Andreas Steinhöfel wurde 1962 geboren und ist ein deutscher Schriftsteller. Nach dem Abitur begann er ein Studium der Biologie und Englisch auf Lehramt, bevor er zu Medienwissenschaften, Anglistik und Amerikanistik wechselte. 1991 erschien sein erstes Kinderbuch, seit 2016 ist er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Er ist Autor mehrerer ausgezeichneter Kinder- und Jugendbücher, schreibt Drehbücher. Sein Werk wurde bereits mehrfach verfilmt.

Melanie Garanin wurde 1972 geboren und ist eine deutsche Illustratorin, Kinderbuchautorin und Comiczeichnerin. Zunächst studierte sie in Potsdam-Babelsberg Animationsfilm. Seit 1998 arbeitet sie als freiberufliche Animatorin und Illustratorin für eigene Werke und die anderer Titel. 2020 erschien ihre erste autobiografische Graphic Novel, in der sie den Tod ihres Sohnes verarbeitete. Sowohl eigene als auch die von ihr illustrierten Titel anderer Autoren wurden in mehrere Sprachen übertragen.

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Arne Kohlweyer: Ostkind

Inhalt:

1992 am östlichen Rand Berlins: Der neunjährige Marko hat es endgültig satt, wie ein kleiner Junge behandelt zu werden und will allen beweisen, wie erwachsen er sein kann. Er schreibt eine Liste mit Dingen, die man so macht als Erwachsener: Kaffee trinken, dicke Bücher lesen, den Walfang stoppen, rauchen und Anna heiraten. Anfangs läuft bei der Umsetzung noch alles nach Plan, doch das Erwachsensein stellt Marko zusehends vor große Probleme. (Umschlagstext)

Rezension:

Zunächst erscheint alles als heile Welt, in dem vorliegenden Romandebüt des Filmemachers Arne Kohlweyer, dessen Erzählung „Ostkind“ zwischen Coming of Age und Novelle pendelt. Wie jedes Jahr unternimmt die Familie des frisch neunjährigen Marko zu dessen Geburtstag einen Ausflug an den heimischen Badesee.

Mit seinem Geschenk, einem Schnorchel-Set, lässt sich der Protagonist fotografieren. Doch, die heile Welt bekommt bald Risse. 1992 steckt das ehemals geteilte Berlin noch inmitten der unmittelbaren Nachwirkungen der Wendezeit, in derer sich unzählige Biografien von einem Tag auf den anderen ändern. Markos Vater, zuvor Professor für Marxismus-Leninismus fährt nun Taxi. Der Junge registriert die Veränderungen um sich herum, ohne sie zu begreifen. Nur ernst genommen werden, möchte er und dafür so schnell wie möglich erwachsen werden.

Während er dafür eine Liste erstellt, mit Dingen, die man als Erwachsener eben so tut, brauen sich, ohne dass Marko es zunächst bemerkt, noch mehr dunkle Wolken am Himmel über die Familie zusammen. Dinge, die nicht einmal die wirklich Erwachsenen zu händeln wissen.

So viel zum Inhalt dieses zunächst sehr unscheinbaren, aber in allen Aspekten großartigen Romandebüts, welches die Lesenden auf eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle mitnimmt. Nichts ist, wie es scheint und so werden die zunächst kaum sichtbaren Risse bald unfassbar groß, zu groß für den liebevoll ausgestalteten Protagonisten, der sich nichts sehnlicher wünscht als wahr- und ernstgenommen zu werden, aber noch zu klein für die damit verbundenen Konsequenzen ist.

„Da war es wieder! Dieses ,Das verstehst du noch nicht‘, das sich manchmal als ein ,Dafür bist du noch zu jung‘ verkleidete. Je älter Marko wurde und je mehr er in der Schule lernte, desto häufiger schmetterten die Erwachsenen es ihm entgegen. Genau wie letztens auf seine Frage, wie denn eine Hand bitteschön treu sein könne …“

Arne Kohlweyer: Ostkind

Der behutsam ausgearbeitete Handlungsstrang deckt einen Zeitraum von gerade mal zwei Wochen ab. Trotz der sehr kompakten Art des Erzählens hat es der Autor geschafft, so viel an Themen hinein zu packen, dass es schwerfällt, die überschaubare Seitenzahl zunächst ernst zu nehmen. Das funktioniert jedoch wunderbar, können sich doch fast alle in die Hauptfigur hineinversetzen, die man einfach nur in den Arm nehmen und schützen möchte. Arne Kohlweyer hat Marko als wachen, intelligenten Jungen geschaffen, dessen Kindlichkeit feinfühlig ausgearbeitet, genauso wie die Hilflosigkeit der Erwachsenen ausgestaltet, die der Hauptfigur eine heile Welt erhalten wollen, ohne zu bemerken, dass nicht nur für sie die Situation immer mehr ins Unkontrollierbare kippt.

Die bereits angesprochene Themenvielfalt ist glaubhaft, ebenso wie das gesetzte Zeitkolorit, welches nur ein Hintergrundrauschen darstellt, und schafft einen eigentümlichen Roman, der sowohl als Jugendbuch, wenn bereits ein wenig Wssen vorhanden ist, gelesen werden kann als auch als Novelle, die es in sich hat. Kinder sehen, begreifen viel mehr, als das die Erwachsenen denken. Auch schmerzhafte Wahrheiten können sie erfassen. Die Katastrophe aber stellt sich dann an, wenn dieser Aspekt unberücksichtigt gelassen wird, zumal wenn es ein enges Familienmitglied betrifft.

Arne Kohlweyers liebevolles Plädoyer kann nicht gelesen werden, ohne zwischendurch tief durchzuatmen, die Seiten einmal kurz wegzulegen und lohnt sich dennoch. Auch szenemäßig umgesetzt ist dies hervorragend. Hier merkt man das Fachgebiet des Autoren an. Fast ist es so als hätte man eine Mini-Serie in Buchform vor sich. So komponiert ist das großartig.

Autor:

Arne Kohlweyer ist ein deutscher Regisseur und Drehbuchautor, der zunächst Filmregie in Prag studierte, ebenso Fotografie, Literaturwissenschaft und Filmtheorie. Er führte Regie bei mehreren TV-Auftragsproduktionen und wurde 2017 als Autor und Regisseur für den Grimme-Preis nominiert. Seit 2010 ist Kohlweyer Mitglied im Verband Deutscher Drehbuchautoren und arbeitet heute als freiberuflicher Autor, dramaturgischer Berater und Associate Producer. „Ostkind“, ist sein Romandebüt.

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Charles Lewinsky: Sein Sohn

Inhalt:

Louis Chabos wächst in einem Kinderheim in Mailand auf. Nachdem er in Napoleons Russlandfeldzug den Krieg kennengelernt hat, möchte er nur noch eins: endlich zu einem menschenwürdigen Leben finden und Teil einer Familie werden. In Graubünden erlangt er ein kleines Stück des erhofften Glücks. Doch das verspielt er, als die Sehnsucht nach dem unbekannten Vater ihn nach Paris ruft und er zwischen Prunk und Schmutz seine Bestimmung sucht. (Klappentext)

Rezension:

Zwischen Realität und Fiktion schwankt diese Geschichte, in derer dem Hauptprotagonisten in seinem Leben gleich mehrere Schläge in die Magengrube gegeben werden. Dies ist die Grundlage vieler Erzählungen um fiktive und verbürgte Waisenkinder, die in diesem und nächstliegenden Zeitkolorit gesetzt werden, zumal seit „Oliver Twist“ von Charles Dickens. Nun gibt es eine ähnliche Geschichte aus der Feder eines Namensvetters (nur vom Vornamen her). Diese entführt uns Lesende nach Zentraleuropa.

Zuweilen nicht ganz so düster wie im englischen Vorbild wirkt Charles Lewinskys Roman „Sein Sohn“ und dessen Hauptfigur Louis Chabos, der zunächst das Glück für sich gepachtet zu haben scheint und der Suche nach seiner Herkunft immer wieder ein Stück weit näher kommt. Die Härte des Waisenhauses kommt Louis Chabos schon früh zu Gute, nicht zuletzt begegnet er den richtigen Menschen, durchbricht die Heimatlosigkeit gar. Vollkommen ist mit dem Finden einer Familie jedoch noch lange nichts. Für die Suche nach seinem Vater setzt er dann alles aufs Spiel.

So viel zur Geschichte, die so aufgeschrieben, viel harmloser wirkt, als sich der Text letztendlich liest. Der vom Autor ausgestaltete Hauptprotagonist hat im ersten der dreiteiligen Erzählung alle Sympathien auf seiner Seite, was sich im weiteren Handlungsverlauf verfestigt, gleichwohl schon da Widersprüche eingewoben werden, die im letzten Drittel des Romans aufbrechen. Der tiefe Fall folgt auf einem langen steinigen Weg zum Glück, welches Louis Chabos sogar in Großteilen verspielt.

Hier ist man lesend in der besseren Position. Man ahnt mit jeder Zeile mehr, mit jeder gelesenen Seite, dass das Unglück naht. Möchte den Protagonisten schütteln, stoßen. Der erwachsene Protagonist wirft weg, was das Kind Oliver Twist im gleichnamigen Vorbildroman mit allen Händen festhalten kann, sobald es das einmal erreicht hat. In dieser Warte schaut man lesend voraus, hofft dennoch auf eine Wendung, doch noch die glückliche Fügung, weiß, dass das alles nicht so enden wird, wie man sich es wünscht.

Nur eine Sichtweise verfolgt Charles Lewinsky, nicht alles wird gesagt. Viele Bilder entstehen trotz eines fast nüchternen klaren Schreibstils im Kopf. Ruhig wird dieses, ja fast Märchen erzählt, welches inmitten von drei in Umbrüchen befindlichen Ländern spielt. Der Protagonist nimmt Blick auf seine Umgebung. Einzelne Gegenstände, Häuser, Personen bekommen so Konturen. Nebensächliches verblasst dagegen. Wer auf ausschweifende Erzählweise Wert legt, wird enttäuscht werden. Es bleibt jedoch auch so genug Stoff im Kopf hängen, um den Gedanken nachzugehen.

Die Stärke des Autors liegt hier vor allem im Einweben des historischen Kolorits. In die Zeit Napoleons einzutauchen, ebenso, wie die Zeit der Restauration wird ebenso möglich, wie auch den Bezug zu unserer Zeit. Nur schlägt hier die Cholera Schneisen des Leides durch Landschaften und Städte. Zeitweise ist es interessanter, dem nachzugehen, als dem Empfinden des Hauptprotagonisten. Nur um dann dem nächsten Schicksalsschlag ausgeliefert zu sein. Vorsicht, in welcher Stimmung man das liest.

Autor:

Charles Lewinsky wurde 1946 in Zürich geboren und ist ein Schweizer Drehbuchautor und Schriftsteller. Zunächst studierter er Germanistik und Theaterwissenschaft in Zürich und Berlin, bevor er als Dramaturk und Regisseur am Theater, sowie als Redakteur des Schweizer Fernsehens tätigt wurde. 1984 veröffentlichte er seinen ersten Roman. Es folgten weitere Bücher und Produktionen, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde. 2011 wurde Lewinsky erstmals für den Schweier, 2014 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Sein Werk wird in mehr als 14 Sprachen übersetzt.

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Benjamin Heisenberg: Lukusch

Inhalt:

Als Anton Lukusch 1987 aus der Ukraine nach Westdeutschland kommt, ahnt niemand, was sich hinter dem stillen Dreizehnjährigen verbirgt. Nur durch Zufall wird er kurze Zeit später als überragendes Schachtalent entdeckt. Die Bundesrepublik stürzt sich auf „ihr“ neues Wunderkind. Doch wo Erfolg Geschichte schreibt, da tummeln sich die Profiteure schon.

Benjamin Heisenbergs „Lukusch“ ist eine wilde und witzige Fahrt durch die unfassbare Geschichte des jungen Schachgenies Anton und seines grobschlächtigen Sidekicks Igor. klug und lässig zugleich spielt dieser Roman mit den Möglichkeiten des Erzählens und sprengt dabei seine eigenen Grenzen. (Klappentext)

Rezension:

Den Gegner seine Bewegungsfreiheit zu nehmen, ihn Zug für Zug auszumanövrieren, dies ist das Spiel der Könige, welches mit den Gegensätzen spielt. Schwarze und weiße Figuren werden gleichsam zweier Völker wie eine Armee über ein Spielfeld bewegt. Immer weniger Möglichkeiten auf Aktion Reaktion folgen zu lassen, gibt es bald für eine der beiden Seiten, während die andere Oberhand gewinnt. Zumindest meistens.

Übertragen auf große gesellschaftliche Ereignisse und Umbrüche, ist dies meist nicht ganz so einfach. Zu viele Schattierungen befinden sich zwischen Schwarz und Weiß, Gut und Böse. Der Regisseur und Autor Benjamin Heisenberg hat es dennoch versucht, im übertragenen Sinne aus den einzelnen Figuren einen Roman herauszuarbeiten. Ist ihm eine moderne Version der „Schachnovelle“ nach Art Stefan Zweigs gelungen oder doch noch mehr und etwas ganz anderes?

Wir Lesende steigen in die Geschichte gegen Ende der 1980er Jahre ein, als sich die Risse im System hinter dem Eisernen Vorhang immer deutlicher zeigen. Das Unglück von Tschernobyl, 1986, lässt die Welt still stehen. Wenig später werden zahlreiche Kinder und Jugendliche zur Genesung und Erholung außer Landes geschickt. Auch in Westdeutschland nimmt man sie auf. Anton Lukusch, der titelgebende unscheinbare Protagonist, ist eines dieser Kinder. Erst als er ein Schachspiel beobachtet, taut er ein wenig auf.

Schnell wird deutlich, der Junge hat Talent. Fortan wird das Wunderkind herumgereicht, spielt gegen den Bundeskanzler, beeindruckt bei Tests und Untersuchungen. Schnell jedoch verdunkeln Wolken den Erfolg. Eine zweifelhafte Organisation möchte sich die Begabung des Jungen zu Nutze machen, der das alles über sich ergehen lässt, immer begleitet von einem noch undurchsichtigeren Schatten, Igor, als er selbst einer ist. Erfolg folgt auf Erfolg, bis der Junge urplötzlich verschwindet. In der Gegenwart begibt sich der erwachsene Sohn seiner Gastfamilie auf Spurensuche, ohne zu ahnen, dass das Spiel noch lange nicht beendet ist.

So viel zur Geschichte, die gleichsam eines Schachspiels aus unwirklich vielen Elementen besteht, aufgrund derer man zeitweilig an der Genre-Zuordnung zweifeln mag. Roman heißt es da, aber genau so haben wir Ebenen eines packenden Thrillers, Gesellschaftskritik, zeithistorisches Porträt und ein Dokuspiel. Es ist ein experimenteller Film in Schriftform, der hier vorliegt, in den man sich einfinden muss, um nicht zwischen den Zügen zerrieben zu werden. Was eindeutig erscheint, wird im nächsten Moment ad absurdum geführt. Erzählstränge gehen nahtlos ineinander über, genauso wir nicht immer sofort ersichtlich zwischen Zeitebenen gewechselt wird.

Passend dazu eingewoben finden sich Fotografien, durchaus mit Realbezug, Fahndungsplakate, Protokolle und Zeitungsausschnitte, die kurzzeitig Zweifel aufkommen lassen, ob man es hier nicht doch mit einem kuriosen Sonderfall der Schachgeschichte, die genug Anlässe für Dramatik bietet, zu tun hat, um dann wieder ins Epische hineinzufinden. Diesen Zugang benötigt man. Wer den Protagonisten folgen will, benötigt Konzentration und Geduld.

Die Figuren sind in ihren Gegensätzen nicht immer nachzuvollziehen oder zu erklären, wie sich auch jeder Zug erst im Kontext eines Spiels erschließt, was manchmal dazu führt, dass eine gewisse Distanz besteht, die erst viel später aufgebrochen wird. Alle Protagonisten spielen um ihr Leben, Zusammenhänge, Sieger und Besiegte stehen erst spät fest. Niemand ist hier allwissend.

Die ungewöhnliche Art des Erzählens ist erst gegen Ende schlüssig. In dieser Art und Weise ist eine Geschichte selten zu lesen, wenn man den Zugang dazu findet. Lange bleibt unklar, welcher der Protagonisten die Oberhand gewinnen wird. Das Verwirrspiel ist gleichsam ein Puzzle aus Auslassungen und Wendungen, die ebenfalls im Nachhinein einen Sinn ergeben.

Wir bleiben einmal bei der Zuordnung Roman, der sicherlich nicht für jeden geeignet ist, zumindest nicht, wenn man liest, um den Kopf frei zu bekommen. Eher werden sich hieran die Geister scheiden, dennoch werden alle Zugang zumindest zu einigen Elementen finden. Davon hat die Geschichte einfach so viele, und sei es nur das zeithistorische Porträt. Man kann sich das gut vorstellen, diese Welt in Umbruch, Ängste, nicht zuletzt durch die Bezüge zur heutigen Zeit. Tschernobyl ist ein Symbol für vieles, das Schachspiel ohnehin.

Beim Schreiben merkt man den Hintergrund des Autoren, die Freude am Konstruieren und Schichten. Das gelingt nicht zuletzt durch einen klug ausgestalteten Hauptprotagonisten. Nur, wer spielt die Figuren? Wer wird am Ende matt gesetzt?

Autor:

Benjamin Heisenberg wurde 1974 in Tübingen geboren und ist ein deutscher Regisseur, Autor und Künstler. Nach der Schule studierte er Bildhauerei und erhielt 2000 sein Diplom an der Akademie der Bildenden Künste München, arbeitete anschließend als Assistent am Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Akademie. 2000 erhielt er den Debütantenpreis und studierte parallel, seit 1997, zudem Spielfilmregie, welches er 2005 abschloss. Zudem veröffentlichte er mehrere schriftstellerische Werke, Kurzfilme und nahm an zahlreichen Ausstellungen teil. Für seine Arbeit wurde Heisenberg mehrfach ausgezeichnet.

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Nadja Tomoum: Das Geheimnis des Tutanchamun

Inhalt:

Tief ist der Brunnen der Vergangenheit – und manchmal birgt er „Wunderbare Dinge“: Mehr als 3300 Jahre hatte niemand gewagt, die Ruhe des Pharao im Tal der Könige zu stören. Dann – am 26. November 1922 – öffnete der britische Archäologe Howard Carter die Gruft des Tutanchamun. Die Schätze, die Carter ans Tageslicht brachte, machten aus seiner Entdeckung ein Jahrhundertereignis.

Sie lieferten Stoff für Schauermärchen über den Fluch des Pharao, Inspirationen für die Glamourwelt der Golden Twenties und Impulse für bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse. Dass sie nichts von ihrem Zauber verloren haben, wird in diesem spannenden Buch über die konfliktbeladene Welt des Tutanchamun, die Suche nach dem goldenen Pharao, die erste globale Mediensensation und die aktuelle Forschung deutlich. (Klappentext)

Rezension:

Das Tal der Könige, Grabstatt mächtiger Herrscher des Alten Ägypten. Seit Jahrhunderten graben hier die Menschen nach den Schätzen längst vergangener Zeiten. Im November 1922 stoßen Arbeiter bei Untersuchungen der Grabstädte Rhamses VI. auf in Stein gehauene Stufen einer mit Schutt verhüllten Treppe. Freigelegt, eine vermauerte Türöffnung mit intakten Siegel.

Der britische Archäologe telegraphiert sofort an seinen Geldgeber, der zuvor für die Finanzierung einer letzten Grabungssaison hatte überredet werden müssen: „Habe endlich wunderbare Entdeckung gemacht. […]“ Ein Satz der in die Geschichte eingehen wird, übertroffen nur von den Funden selbst. Als Herrscher unbedeutend, für die Archäologie ist das Auffinden der Grabstätte des Tutanchamun und dessen Erforschung eine Sensation. Über den Kindkönig, die Entdeckung, deren Auswirkungen und der Erforschung, die bis heute anhält, liegt nun dieses sehr interessante Sachbuch vor.

In ihrer detaillierten Dokumentation beschäftigt sich die deutsche Ägyptologin Nadja Tomoum zunächst mit dem Zeitalter der Pharaonen selbst, bevor sie auf den eigentlichen Hauptgegenstand ihres Werks eingeht. Die Familie des jungen Pharaos wird ebenso beleuchtet, wie dessen kurzes Leben und die Frage, warum ein Grab so lange Zeit beinahe unentdeckt bleiben konnte, während andere Ruhestätten über die Jahrtausende hinweg fast vollständig geplündert wurden.

Danach beleuchtet sie das Leben derer, die diese letztendlich finden sollten, sowie die Auswirkungen auf die Menschen, die nach den Schrecken des Ersten Weltkrieges die Entdeckungen als willkommene Ablenkung aufnehmen würden. Ein kritischer Blick auf die nahezu erste globale Mediensensation wird ebenso geworfen, wie aufgezeigt, wie akribisch und sorgsam Howard Carter und sein Team mit den aufgefundenen Schätzen umgingen.

In ihrem Sachbuch beschreibt Nadja Tomoum die faszinierende Begeisterungsfähigkeit und nicht zuletzt Pionierarbeit Carters und dessen Team, die bis heute fortgesetzt wird, detailliert geht sie auch auf die Auswirkung dieser ersten globalen Mediensensation ein und den Umgang mit den Funden im Vergleich damals zu heute.

Etwa der Frage, ob es bei den sehr fragilen Funden und angesichts der Unwiederbringlichkeit der Schätze nicht besser ist, heuer einen täuschend echt aussehnenden Nachbau der Grabkammer zu besichtigen als das Original, dessen Wandmalereien durch die Feuchtigkeit und den Staub, den die Besuchermassen mit sich bringen, akut gefährdet sind? Müssen auch die Grabbeigaben um die halbe Welt reisen oder sollte man sie nicht besser in Ägypten selbst besichtigen und sich in New York und anderswo nicht mit Repliken begnügen?

Die Autorin stellt in ihrem Buch damit nicht nur das Leben eines Herrschers oder die Arbeiten dessen Entdeckern dar, sondern auch die Grundfragen, denen sich forscher und museale Institutionen auf der ganzen Welt gegenüber sehen. Wie umgehen mit in der Historie, unter welchen Umständen auch immer, außer Landes gebrachten Fundstücken, die zweifellos zum kulturellen Erbe ihrer Herkunftsorte gehören? Wie erhalten, was durch Beschädigungen unwiederbringlich verloren ginge? Welche Methoden damaliger archäologischer Arbeiten sind zu hinterfragen, welche wissenschaftlichen Leistungen gar nicht hoch genug zu honorieren? Zumal Ausgrabungen immer auch mit wissenschaftlicher Grundlagenarbeit verbunden sind und gerade in dieser Zeit ein Umbruch erfolgte, im Umgang mit den Funden.

Sehr kompakt ist die Darstellung, ohne wichtige Details aus den Blick zu verlieren, auch eine einseitige Betrachtung umgeht Tomoum, da viele Perspektiven beleuchtet werden. Hier dreht es sich eben nicht alleine um das Leben des Pharao selbst, oder die Perspektive seines Entdeckers, auch auf die historische und heutige Sicht Ägyptens auf sein kulturelles Erbe wird Bezug genommen. Der Umgang mit den Schätzen alter Herrscher, sie hatte schon immer auch eine politische Komponente. Das ist bis heute so.

Ergänzt wird das aufschlussreiche Sachbuch durch einen farbfototeil und einer Zeittafel, anhand derer sich die Regierungszeit von Tutanchamun einordnen lässt, was noch einmal die Brisanz des Fundes einordnen lässt. Ein umfangreiches Quellenverzeichnis rundet die sehr genaue, doch nicht emotionsfreie, Ausarbeitung an, die ein faszinierendes Stück Entdeckergeschichte einem breiten Publikum zugänglich macht.

Ausschnitt aus „100 Jahre – Der Countdown 1922 – Das Grab des Tutanchamun“

Autorin:

Dr. Nadja Tomoum ist Ägyptologie und Kunsthistorikerin und Ägyptologin. Sie hat viele Jahre in Kairo gearbeitet und war als Museums- und Projektleiterin in In- und Ausland tätig. Ihre langjährige Erfahrung nutzt sie heute als Kulturschaffende und Ausstellungsmacherin im interkulturellen Kontext.

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Saphia Azzeddine: Mein Vater ist Putzfrau

Inhalt:

Was tut ein vierzehnjähriger Pariser Vorstadtjunge aus prekären Verhältnissen abends in der Bibliothek? Er hilft seinem Vater, der den Lebensunterhalt der Familie als Putzkraft verdient, und wischt Staub von den Büchern. Hin und wieder schlägt er eines auf, lernt neue Wörter und lacht sich kaputt.

Saphia Azzeddine erzählt leichthändig und schnell eine liebevolle Vater-Sohn-Geschichte voller Situationskomik und Galgenhumor. Ein unterhaltsamer, ironischer Bildungsroman über das bittere Leben am gesellschaftlichen Rand, der fest daran glaubt, dass nichts verloren ist, so lange es Bücher gibt. (Klappentext)

Rezension:

Gesellschaftskritik, Bildungsroman, Coming of Age, dieses Kurzstück ist irgendwie alles, soweit das möglich ist in dieser kompakten Form, die zwischen den Fingern zerrinnt, gleichsam eines Arthouse-Films, wie Fäden geschmolzenen Käses. Zunächst, das muss nichts schlechtes sein, funktioniert es unter der Feder Saphia Azzeddines‘ im Großen und Ganzen gut.

Wir begleiten den Jungen Paul, von seiner Familie Polo genannt, durch die Pubertät bis hinein ins junge Erwachsenenalter. In einer Zeit, die für die meisten seiner Altersgenossen ohnehin schon anstrengend genug ist, unterstützt er seinen Vater dabei, den Lebensunterhalt für die Familie als Reinigungskraft zu verdienen. Auch in einer Bibliothek finden sich die beiden wieder. Die Welt der Wörter wird für den Jungen fortan Flucht- und Mittelpunkt, nicht zuletzt auch, um mit der realen Welt klarzukommen.

Im Laufe der Zeit entdeckt der Junge immer neue Wörter und macht sie zu seinen eigenen, vergrößert damit gleichsam seinen Horizont. Doch, hilft das, sich ein besseres, ein anderes Leben als das seines Vaters aufzubauen? Seiner Schicht zu entfliehen? Emotional an der Grenze zur Nüchternheit erleben wir Lesende die Welt aus den Augen eines Jungen, der außerhalb der beinahe zum Ritual für Vater und Sohn werdenden Ausflüge kaum aus seinem Stadtviertel herauskommt und nebenbei den ganzen Ballast von Problemen, mit denen er jonglieren muss.

Beachtung, Nichtbeachtung, Wut und Verzweiflung, Melancholie, die erste Liebe. Die Autorin packt die großen Themen, reißt sie an, lässt sie offen. Nicht alle wird der Protagonist auflösen können. Das Leben ist nicht perfekt. Ein paar kluge Gedankengänge verlieren sich zwischen den Buchstaben. Andere Handlungsstränge werden weiter verfolgt.

Nur so hat es die Autorin geschafft, fast die Novellenform zu halten, trotz des umfassend beschriebenen Zeitraums. Um Gegensätze streift die Figur, berührt sie ab und an, durchbricht sie selten. Die Konzentration auf Dreh- und Angelpunkt wird beinahe stoisch gehalten. Kürzen kann man hier kaum mehr etwas. Ein paar Seiten mehr, dazu Tempo und weniger Melancholie hätten dem Roman gut getan.

Neben der Hauptfigur gewinnt nur der Vater des Protagonisten, zwangsläufig durch die Handlung bedingt, an Kontur, alles andere verblasst vor den Grautönen der Banlieue.

Wo es Paul fehlt, mangelt es auch dem Lesenden, wenn auch nicht an Schlüssigkeit und Konsequenz. Die wird fast bis zum Ende durchgehalten. Ohne näher darauf einzugehen, das ist weder zu klischeehaft, noch raffiniert gelöst. Die leichteste aller Varianten wurde da gewählt.

Da fehlt die sprichwörtliche Sahne auf den Kuchen, der auch ohne die sonst obligatorische Kirsche auskommen muss. Das entspricht ungefähr diesem Text. Man wird satt, bleibt das auch, weil’s nicht schlecht war, aber eben Standardessen. Man spürt den Staub, von dem Polo die Bücher befreit förmlich in den eigenen Atemwegen, stirbt aber auch nicht daran. Große Überraschungen darf man hiervon nicht erwarten, zumal nur Details erzählt werden, wenn sie das Interesse der Hauptfigur auf sich ziehen. Da sich daran von Beginn an nichts ändert, merkt man schnell, wohin die Geschichte führt, oder eher, wo sie stehenbleibt.

Es verstört geradezu, dass die Autorin ihrer Hauptfigur so gar keine Ambitionen verschrieben hat, sich, die Beziehung zu dem Vater einmal ausgenommen, da herauszuarbeiten, ansonsten jedoch kann man sich die Tristesse gut vorstellen, wie auch das Gefühlschaos des Jugendlichen. Der Funke, dass der Roman einen bleibenden Eindruck hinterlassen wird, ist aber schlichtweg nicht vorhanden.

Für wen ist dann dieser Durchschnitt französischer Literatur gedacht? Bitte nicht für jene, die damit noch nie in Berührung gekommen sind. Die fassen doch danach kaum mehr als ein Asterix-Heft an? Wobei dort ja auch Staub aufgewirbelt wird, wenn auch nicht über Worte.

Autorin:

Saphia Azzeddine wurde 1979 in Agadir, Marokko, geboren und ist eine französisch-marokkanische Schriftstellerin und Journalistin. Sie wuchs in Frankreich auf, arbeitete als Diamantenschleiferin und studierte anschließend Soziologie. 2008 veröffentlichte sie ihren ersten Roman, zudem schrieb sie mehrere Drehbücher. Sie arbeitet zudem als Journalistin.

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Tim Herden: Insel-Krimi 7 – Schabernack

Bücher der Reihe:

Tim Herden: Insel-Krimi 1 – Gellengold
Tim Herden: Insel-Krimi 2 – Toter Kerl
Tim Herden: Insel-Krimi 3 – Norderende

Tim Herden: Insel-Krimi 4 – Harter Ort

Tim Herden: Insel-Krimi 5 – Schwarzer Peter
Tim Herden: Insel-Krimi 6 – Süderende

Tim Herden: Insel-Krimi 7 – Schabernack

[Einklappen]

Inhalt:

Sommerstimmung auf Hiddensee. Der Polizist Ole Damp kehrt nach drei Jahren auf die Insel zurück. Gleich an seinem ersten Arbeitstag als Revierleiter kommt es zu einer Kollision zwischen einem Fahrgastschiff und einem Kutter im Schaproder Bodden. Bei der Untersuchung des Bootes entdecken Damp und Hauptkommissar Stefan Rieder die Leiche des Fischers Peter Kaut. Schnell geraten Umweltschützer in Verdacht, Kaut aus Rache getötet zu haben…

Wieder vereint, ermitteln die Kommissare Rieder und Damp, dieses Mal im Streit zwischen Fischern und Umweltschützern, der nicht nur ein Opfer fordert. Spannend und mit viel Liebe zu „seinem“ Hiddensee erzählt Tim Herden auch den siebten Fall der Inselkrimis in typischer Ostseemanier. (Klappentext)

Rezension:

Jedes Kaff muss hierzulande ein eigenes Ermittler-Team im Tatort-Universum haben, so wollen es ein deutsches Fernsehgesetz und das Gehabe der Landesfürsten hiesiger öffentlich-rechtlicher Fernsehanstalten. Nicht ganz zu Unrecht allerdings, garantieren diese Sendungen im Zeitalter der Streamingdienste verhältnismäßig stabile Quoten, zumindest bei der Zielgruppe, die wahrscheinlich zeitgleich zu diesen Dinosauriern einmal aussterben wird.

In der Landschaft der gedruckten Worte sieht es kaum besser aus. Auch hier kann man, zumindest gefühlt, für jeden Quadratmeter Landschaft, zumal wenn die an touristisch annehmbaren Orten zu finden sind, Ermittelnde auftun, die gegen den Sumpf des Verbrechens in ihrer unmittelbaren Umgebung ankämpfen. Dies geht dann zu Lasten der Qualität, wenn der eigentliche Kriminalfall wieder einmal hinter den ausufernd detaillierten Beschreibungen von Lokalkolorit zurückstecken muss.

Umso erfreulicher, wenn man einmal diesen Rant vergessen kann. Im vorliegenden Kriminalroman entführt uns der Schriftsteller Tim Herden auf die Ostseeinsel Hiddensee und nutzt deren Landschaft für einen packenden Krimi, deren Verästelungen und aufgebende Rätsel im Vordergrund stehen, sowie die Verbindungen und Brüche einer in sich verästelten Gemeinschaft. Lokalkolorit erfüllt hier seinen Zweck als schmückendes Beiwerk, tatsächlich aber ist das Psychogram der einzelnen Figuren viel interessanter.

Den siebten Fall der Insel-Krimireihe, den man für sich losgelöst von den vorangegangenen Bänden zu Gemüte führen kann, führt uns in eine Gemengelage der Veränderungen, denen sich die ansässigen Fischer ausgesetzt sehen und dabei schon des Längeren im Konflikt mit Umweltschützern stehen. In ihrer Existenz bedroht, kommt es dabei seit einiger Zeit immer wieder zu Konfrontationen, die nun Schlag auf Schlag zu eskalieren scheinen. Das ermittelnde Duo Damp und Rieder muss plötzlich nicht nur das Rätsel um nur einen Mord lösen, der schnell ganz neue Dimensionen annimmt.

Schnell steigt man in die Handlung ein, das notwendige Wissen aus vorangegangenen Bänden erschließt sich während des Lesens auch jenen, die erst mit diesem Band in die Reihe einsteigen, ansonsten ist man direkt mittendrin in eine spannende Krimi-Handlung, die dem Schema klassischer Krimis folgt. Puzzleteile werden uns Lesenden an die Hand gegeben, wie auch die Ermittler erst nach und nach zu einem immer klarer werdenden Bild kommen. Was zunächst wirkt, wie ein kleiner für sich stehender Fall, weißt mehrere überraschende Wendungen auf und hebt sich auch damit ab vom klassischen, allein für touristische Zwecke geschriebenen Krimi, der nur örtlicher Vermarktungszwecke zu dienen scheint.

Die Handlung vorantreibend, begleiten wir die zwei ermittelnden Hauptprotagonisten, die vom Autoren fein säuberlich ausgearbeitet wurden, wie auch die Verästelungen einer verschworenen, aber auseinanderbrechenden Gemeinschaft aufgezeigt werden. Auf wenige Perspektiven wird sich hier beschränkt, Fronten werden schnell geklärt, doch das klassische Schema von Gut und Böse wird durch sparsam aber effektvoll eingesetzte Wendungen durchbrochen, die diesen Band noch einmal vom ermüdenden Schema F abheben, ohne unglaubwürdig zu werden. Auch weiß der Autor mit Worten seine Leserschaft gekonnt auf die falsche Fährte zu bringen und den Spannungsbogen zu halten.

Die Handlung, die für sich genommen, in einem überschaubaren Zeitrahmen spielt, könnte so auch in vielen anderen sich wandelnden Fischerorten spielen, ist in sich schlüssig und ohne diverse Logikfehler moderner Krimis. Ruhig wird sie erzählt, jedoch ohne der Melancholie skandinavischer Krimis sich annähern zu wollen. Dänemark liegt in Reichweite. Auslassungen und Vorwegnahmen lassen mal uns Lesende, manchmal das ermittelnde Duo einen kleineren Wissensvorsprung. Auch dadurch entsteht eine Dynamik, der man sich nicht entziehen mag.

In dieses Gefüge kann man sich gut hinein versetzen, kennen doch alle diese verschworenen örtlichen Gemeinschaften, die nur auf der Oberfläche glänzen, die darunter diverse Abgründe verbirgt. Dies darzustellen, ohne ins Absurde zu geraten oder durch das Lokalkolorit die Krimihandlung zu übertünchen, nein, hier unterstützt Eines das Andere, ist sehr gut gelungen. so, dass man gerne mehr Fälle dieses ermittelnden Duos lesen möchte. Einmal ein positiver Tatort-Effekt. Natürlich auch, um dann die Entwicklung der handelnden Hauptfiguren zu erfassen. Wenn diese genauso feinfühlig und gekonnt beschrieben ist, ist die Reihe, nicht nur dieser band, eine wohltuende und spannende Abwechslung in unserer Krimi-Landschaft.

Autor:

Tim Herden wurde 1965 in Halle/Saale geboren und ist ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Nach einem Studium der Journalistik in Leipzig arbeitete er zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, danach als Redakteur beim Deutschen fernsehfunk, bevor 1991 er als Redakteur und Reporter beim Mitteldeutschen Rundfunk begann. Seit 1999 ist er Korrespondent und Kommentator im ARD-Hauptstadtstudio, von 2003-2008 leitete er zudem das MDR-Studium Berlin. Im Jahr 2010 wurde sein erster Insel-Krimi veröffentlicht, dem weitere folgten.

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Christian Zaschke: Hell’s Kitchen – Storys aus Manhattan

Inhalt:

Christian Zaschke ist Korrespondent einer gewissen Süddeutschen Zeitung, für die er Artikel schreibt, wenn mal wieder sein ungemein schwarzes Bürotelefon klingelt. Es sei denn, sein Freund V., der Fremdenführer ist dran und befielt mal wieder einen Ausflug durch die Stadt, oder er ist bei Freunden zum Thanksgiving eingeladen, lässt sich von seinem Friseur mit den zitternden Händen die Frisur verunstalten oder reist mit einem anderen Freund durch Amerika, dessen einziges Ziel es ist, entweder entdeckt zu werden oder zehn Kilo zuzunehmen. Wenn er nicht über die große Politik schreibt oder in der fabelhaften Schrottbar Rudy’s zu finden ist, schreibt der Journalist wunderbare Miniaturen. Versammelt sind sie hier in diesem Buch. (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Wenn sein auffallend schwarzes Bürotelefon klingelt, fordert entweder eine gewisse Süddeutsche Zeitung, bei der Christian Zaschke als Korrespondent in Brot und Lohn steht, wieder einmal einen Artikel an oder sein Freund V., der Fremdenführer, der alles über seine Stadt weiß, befielt ihn zu Ausflügen, die oft in der fabelhaften Schrottbar Rudy’s enden, von der aus verschiedenen Gründen nicht verraten werden darf, wo sie liegt. Deren Türsteher würde ihm sonst beide Beine brechen. Auch sonst lässt der Journalist in seiner Kolumne die Bewohner des New Yorker Stadtteils Hell’s Kitchen lebendig werden, was mitunter chaotisch wirkt, wie der Haarschnitt durch die zitternden Hände seines Friseurs, jedoch immer urkomisch. Grund genug, Zaschkes Zeitungskolumne nun in Buchform lesen zu können.

Im zuweilen überhitzten und ruhelosen Amerika einen Ankerpunkt zu finden mag besonders schwer sein, wenn man in einer umso schnelllebigen Stadt seine Zelte aufschlägt und Berufs wegen die große Politik beobachten, von ihr berichten muss. Christian Zaschke, so scheint es, hat ihn gefunden und schreibt von den großen Ereignissen ebenso wie von den Menschen und den Befindlichkeiten, um ihn herum. Mit dem Blick aufs Wesentliche wirkt dies den Bewohnern von Hell’s Kitchen zugetan, oft mit mehr als nur einer Prise Humor.

Kurz und prägnant sind die, ursprünglich in der Zeitung erschienen Beiträge gehalten, so dass diese sich entweder voneinander losgelöst oder am Stück lesen lassen. Immer steht dabei eine Person, ein Ereignis abseits der großen Geschehnisse im Mittelpunkt. Ganz normale unnormale Alltagsbeschreibungen eines Korrespondenten- und eben Metropolenlebens. Aufhänger und Pointen finden sich da fast immer, nachdenkliche Zwischentöne für jene, die suchen. Und suchen tun sie alle, die sie in Hell’s Kitchen leben, wenn sie dieses Unbestimmte nicht schon längst gefunden haben. So ist auch der Journalist längst in diesem Bann geraten, von dem er über ein Jahr lang regelmäßig berichtet.

Charakterbeschreibungen liegen Zaschke dabei ebenso wie das lebendig werden lassen von Orten, so dass man diese gerne selbst besuchen oder sich von V., in die Irre oder durch den Central Park führen oder sich erklären lassen möchte, wie Pizza- und U-Bahn-Fahrkartenpreise mit der irischen Mafia zusammenhängen. Ein großer Spaß ist das, diese prägnanten Momente zu lesen, die einander in ihren Geschwindigkeiten wechseln, schneller jedenfalls als die Bauarbeiten auf den Balkonen eines gewissen ehemaligen Schwesternheimes vorangehen, zum Leidwesen nicht nur des Hibiskus‘ des Autoren.

Die Ausarbeitung der Personenbeschreibungen, die sich erst beim Lesen mehrerer Kolumnenbeiträge wie ein Puzzle zusammensetzen, ist außerordentlich, wie auch das Einfangen von Momenten in den Bann ziehen mag. Schreibe dies als jemand, der sich von Kurz- und Kürzestgeschichten sonst nicht so einfach einfangen lässt und als einer der wenigen, die New York als Reiseziel wenig bis gar nicht interessant finden. Christian Zaschke hat es mit dieser Sammlung jedoch geschafft, einen anderen Blickwinkel zu geben. Und ich suche mir jetzt auch eine Bar, von der ich dann aus verschiedenen Gründen nicht verraten werde können, wo sie liegt.

Autor:

Christian Zaschke wurde 1971 geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Seit 2001 schreibt er für die Süddeutsche Zeitung, zunächst in der Zentralredaktion in München, bevor er 2011 bis 2017 nach London wechselte und dort als politischer Korrespondent tätig war. Davor studierte er Anglistik, Germanistik und Geschichte in Kiel, Edinburg und Belfast, absolvierte die Deutsche Journalistenschule in München. Seit 2017 ist er SZ-Korrespondent in New York.

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Grete Weil: Der Weg zur Grenze

Inhalt:

Eine Entdeckung: Grete Weils bisher unveröffentlichter, 1944 im Amsterdamer Versteck entstandener, großer Roman über Alltag und Widerstand in NS-Zeiten, über die Flucht aus Deutschland 1936 und eine große Liebe, die tödlich endet. Ein bedeutendes, zum ersten Mal zugängliches Werk der deutschen Literatur, eindrücklich und hellsichtig. (Klappentext)

Rezension:

Es ist eine Geschichte, die Grenzen überwindet, nicht nur wörtlich genommen im Sinne der handelnden Figuren, auch die Autorin hat damit eine Vielzahl von Barrieren überwunden. Nun liegt Grete Weils Erzählung „Der Weg zur Grenze“ erstmalig einem größeren Publikum vor. Worum geht’s? Als das NS-Regime gefestigt, immer schärfer die Ausgrenzung und Verfolgung der Juden organisiert, entschließt sich Monika Merton zur Flucht über die Berge an der österreichischen Grenze, nachdem ihr Lebensgefährte bereits im Konzentrationslager Dachau umgekommen ist.

Auf den Weg begegnet sie per Zufall dem Lyriker Andreas von Cornides. Ihm erzählt sie ihre Geschichte. An deren Ende angelangt, trifft dieser eine Entscheidung mit Folgen.

In diesen Rahmen teilweise holzschnittartig eingearbeitet, tauchen wir ein in die eigentliche Handlung und verfolgen den Weg der Hauptprotagonistin, von ihrer Jugend an, bis zu diesem Zeitpunkt, auf dem alles hinauslaufen wird. Teilweise sehr ausschweifende Beschreibungen großer Gefühle wechseln mit anfangs kleinen Nadelstichen, die sich zu einer immer größeren Bedrohung ausweiten. Das liest sich mitunter sehr holprig. Im Erzählstil eingefunden, kann man jedoch mit zunehmender Seitenzahl die Geschichte genießen.

Erzählt wird ein Zeitraum über mehrere Jahrzehnte, entlang der Biografie der Autorin, die sehr viel Persönliches in ihre Hauptfigur eingearbeitet hat. Tatsächlich ist Grete Weil die Monika Merton dieses Romans, deren Stationen auch die ihre sind, welches die erste Ebene neben der eigentlichen Erzählung darstellt. Die Orte der Handlung scheinen einem zuweilen durch die Finger zu gleiten, doch spürt man das langsame Aufbäumen der Katastrophe, die Unsicherheiten, die erst nur diffus erscheinen, dann jedoch greifbar für jene zu werden, die erst daran nicht hatten glauben wollen, nun sich dem ausgesetzt sehen und jenen, die nach und nach die Machenschaften willentlich unterstützen oder zumindest hinnehmen.

Das Ensemble wechselt leicht mit den in den jeweiligen Jahren spielenden Handlungen, doch bleiben die Hauptfiguren die gleichen, deren Wandlung Grete Weil nur behutsam vorangetrieben hat. Wenige gewinnen ein umfassendes Profil. Andere bekommen gerade einmal so viel Kontur, wie es der Handlung dienlich ist. Die Aufstellung ist klar. Es gibt wenig weiß, überschaubar schwarz und ganz viele Grautöne dazwischen. Die Hauptprotagonisten sind in ihrem Handeln nachvollziehbar, manchmal jedoch an der Grenze des Erträglichen, den Dreh- und Angelpunkt des Romans nicht ausgenommen.

„An diesen Greueln trägt nicht ein einzelnes Volk die Schuld. Seitdem Klaus tot ist, weiß ich es besser als jemals zuvor. Denn keine Nation besteht nur aus Bösewichten. Doch wenn Mörder an der Spitze stehen und Prämien für Morde ausschreiben, wird aus jedem Volk die Hefe hervorbrechen und Schreckliches anrichten.“
„Und wir anderen schweigen still dazu und wollen dies alles nicht sehen.“
„Was sollt ihr schon machen? Angst schließt euch die Augen, Angst bringt euch dazu, dem Terror zuzustimmen, Angst macht euch grausam. Wann handeln denn je die Menschen aus sich selbst? Es ist die Situation, die sie bestimmt, zu ihren guten Taten. Es gibt hierzulande, wie überall in der Welt, nicht viele Helden.“
„Ich gehöre jedenfalls nicht dazu“, sagte Andreas mit niedergeschlagenen Augen-

Grete Weil: Der Weg zur Grenze

Wenige Figuren sind wichtig für die Handlung. Aus noch weniger Perspektiven wird die Geschichte erzählt, jedoch gerade genug, um eine gewisse sich einstellende Eintönigkeit zu unterbrechen und die Handlung voranzutreiben. Viel davon ist vorhersehbar, gerade, wenn man mehrere Geschichten dieser Art bereits sich zu Gemüte geführt hat.

Interessant wird der Roman durch das bereits erwähnte Einbringen biografischer Abschnitte der Autorin, die diese ihren Figuren zu eigen macht, sowie die Entstehungsgeschichte selbst. Den Roman hat die Autorin im Amsterdamer Exil geschrieben, versteckt vor dem NS-Regime, wie auch einige andere Werke, etwa einem Theaterstück, welches sie mit Freunden für eine Widerstandsgruppe schrieb, derer sie angehörte.

Nach dem Krieg bekam die Autorin, deren Werke in den Niederlanden erfolgreich waren, in ihrer ursprünglichen Heimat wenig Anerkennung. Erst nach Jahrzehnten gelang ihr mit „Meine Schwester Antigone“ in Deutschland der Durchbruch. Das nun vorliegende, erst kürzlich entdeckte Werk, holt noch mal andere Facetten hervor, lt. editorischer Notiz und einem ausführlichen Vor- und Nachwort, in denen die Geschichte eine Einordnung erfährt. Obwohl zu Teilen Liebesgeschichte, diese Ebene kann zuweilen als sehr anstrengend empfunden werden, ist dies ein großes Stück Exilliteratur. Wer sich einmal in Schreib- und Erzählstil eingefunden hat, wird dies durchaus mit Gewinn lesen können.

Autorin:

Grete Weil wurde 1906 geboren und studierte zunächst Germanistik, bevor sie eine Lehre als Fotografin begann. 1935 folgte sie ihrem Mann ins Exil nach Amsterdam, wo sie ein Fotostudium übernahm, nach der Besetzung durch das NS-Regime im Judenrat arbeitete.

Sie baute die Widerstandsgruppe „Hollandgruppe Freies Deutschland“ mit auf und kehrte nach dem Krieg nach Deutschland zurück. Ihre Romane waren zunächst in ihrer Heimat weniger erfolgreich als in den Niederlanden, mit „Meine Schwester Antigone“ erlangte sie jedoch auch hier eine größere Bekanntheit. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet und war Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. 1999 starb sie in Grünwald bei München.

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Empfehlung: Max Dax – Was ich sah, war die freie Welt

Abseits von Rezensionen möchte ich hier immer wieder kleinere und große Empfehlungen ohne Wertung einstreuen. Dafür gibt es diese Kategorie.

Inhalt:
Was ist Kreativität? Wie entsteht sie? Wie wollen wir leben? Max Dax verführt 24 weltberühmte und prägende Künstler:innen unserer Zeit zu den überraschendsten Antworten. 

»Weint die Erde, wenn ein Vulkan ausbricht?«, fragt Max Dax die Sängerin Björk. Diese antwortet: »Das ist eine lustige Frage. Wir sind einfach unglaublich stolz darauf, dass sich die Erde ausgerechnet bei uns auf Island meldet.« In seinen Interviews sucht Max Dax die Routine aufzubrechen und das Gespräch als Spiel zu eröffnen. So entstehen witzige, kluge und zum Teil aufsehenerregende Wortwechsel. Ob mit Quincy Jones, Isabella Rosselini oder Nina Hagen, ob mit Yoko Ono, Hans Ulrich Obrist oder Tony Bennett – jedes Gegenüber belohnt seine Aufschläge. Was ich sah, war die freie Welt ist ein Spiegelbild der jüngeren Gegenwart, indem es ihre Spannungspole offenlegt: zwischen Tradition und Avantgarde, Identität und Projektion, Introspektion und Glamour. (Klappentext)

Wie das aussehen kann und klingt, wird am Beispiel vom Interview Max Dax‘ mit der Künstlerin Grimes deutlich, deren Gespräch von der zuständigen Presseagentur Literaturtest als Leseprobe zur Verfügung gestellt wurde.

(Quelle: Kanon Verlag / Literaturtest)

Autor:
Max Dax wurde 1969 in Kiel geboren und ist ein deutscher Publizist, Journalist, Fotograf und Grafiker. Zunächst gründete er 1992 die erste Zeitschrift, ausschließlich für Interviews und offene Gespräche, danach arbeitete er für eine Veranstaltungszeitschrift und war als Redakteur u A. für die Musik- und Kulturzeitschrift Spex tätig. Er schrieb Beiträge für die Welt am Sonntag und die taz, seit 2011 betreut er zudem als Chefredakteur die Zeitschrift Electronic Beats und veröffentlichte mehrere Bücher. Zudem kuratierte er 2019 die Ausstellung „Hyper! A Journey into Art and Music in den Deichtorhallen Hamburg und ist Mit-Betreiber einer Berliner Grafikagentur.

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