Harald Meller/Kai Michel: Das Rätsel der Schamanin

Inhalt:

Eine Frau, ein Kind, Todesumstände ungeklärt. Von den Nazis entdeckt und für ihre zwecke missbraucht, versank das 9000 Jahre alte Grab in Vergessenheit. Nun wird der Cold Case mithilfe modernster Wissenschaft aufgeklärt. Die Ergebnisse machen die Schamanin von Bad Dürrenberg zu einem der aufregendsten archäologischen Funde Europas.

Die Bestsellerautoren Harald Meller und Kai Michel brechen auf zu einer Reise in eine fantastische Welt, in der sich das Schicksal der Menschheit entschied.

Sie präsentieren einen archäologischen Krimi erster Güte, der tiefe Einsichten in unsere Ursprünge bietet. Selten war Menschheitsgeschichte so aktuell und bedeutsam wie im Fall dieser geheimnisvollen Frau. Schon zu Lebzeiten war sie eine Legende – und ihre Macht wirkte weit über den Tod hinaus. (Klappentext)

Rezension:

Funde aus längst vergangenen Zeiten vermögen uns heute noch in Erstaunen zu versetzen, nicht zuletzt, wenn sie in unmittelbarer Umgebung passieren. So geschehen in Sachsen-Anhalt, in der Umgebung von Bad Dürrenberg, wo man in den 1930er Jahren das Grab einer Doppelbestattung aus dem Mesolithikum, der Mittelsteinzeit, fand. Das besondere hier, die Grabbeigaben, woraus die Entdecker ihre eigenen Schlüsse zogen, damals ihrer eigenen Ideologie untergeordnet.

Doch was erzählt uns das Grab der Schamanin wirklich? Wer waren Frau und Kind, die dort gefunden wurden? Wie lebten sie? Warum die zahlreichen Beigaben? Was kann uns dieser Fund über das Gestern und Heute erzählen? Der Retter der Himmelsscheibe von Nebra, Harald Meller und der Autor Kai Michel haben sich auf Spurensuche begeben. Eine spannende Reise, nicht nur zu unseren Anfängen.

Dies ist der Ansatz dieses durchaus thematisch interessanten Sachbuchs, in welchem man der Begeisterung seiner Autoren in jeder einzelnen Zeile nachvollziehen kann. Beschrieben wird zunächst einmal, wie Wissenschaft funktioniert, welche Techniken heute im Gegensatz zu noch vor ein paar Jahren uns heute zur Verfügung stehen, um Fragen zu klären und Erkenntnisse gewinnen, aber auch wie systematische Arbeit eine von Ideologien durchzogene ersetzt hat, um die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen.

Mit der notwendigen Expertise gehen die beiden Autoren nicht nur einem Stück Geschichte der Archäologie auf den Grund, sondern dröseln anhand ihrer Erkenntnisse auch das Leben auf, wie es die Begrabenen geführt haben könnten. Erstaunt registriert man da, was heute mit modernster Wissenschaft und Analyse möglich ist, sich zu erschließen.

Natürlich ist aber Archäologie vor allem zunächst einmal das Aufstellen von Theorien und Modellen. Auch dies wird sehr ausführlich dargestellt. Das wirkt sich negativ auf die Lesbarkeit des Textes aus, der vollkommene Konzentration erfordert. Ausschweifend geht es dabei vor allem zu Beginn um die Begrifflichkeit, was ist überhaupt eine Schamanin? Gibt es eine Definition? Darf man diese überhaupt noch so verwenden, wie sie ursprünglich verwendet wurde? Welche Vorstellungen lassen sich damit verbinden? Woher stammen diese? An manchen Stellen führt dies zu einer Überladung, die kurzzeitig zwingt, innezuhalten und sich zu sortieren.

Da hilft es auch nicht, dass eine Auflockerung anhand mehrerer Zeittafeln und ausgewählten Bildmaterials versucht wird. Diese Veröffentlichung bewegt sich an der Grenze zwischen populärwissenschaftlicher und vollkommen fachlich geneigter Literatur, rein von der Lesbarkeit des Textes, was man wissen sollte, bevor man sich darauf einlässt. Der Informationswert ist jedoch unbestritten vorhanden.

Die Autoren schaffen es, Schauplätze, die Mittelsteinzeit an sich und Archäologiegeschichte wieder aufleben zu lassen, zeigen nebenbei wie Wissenschaft und Diskurs in diesem Kontext funktionieren. Das ist vielleicht das größte Verdienst des Werks. Wer beim Lesen sich nicht an manchen Längen stört, wird eine Lektüre mit Gewinn vorfinden. Und neuen Perspektiven, wie sie einst die Schamanin von Bad Dürrenberg ihren Mitmenschen gegeben hat.

Autoren:

Harald Meller wurde 1960 geboren und ist ein deutscher Archäologe und Historiker. 1981 begann er ein Studium der Vor- und Frühgeschichte, provinzialrömischer Archäologie und Ethnologie in München und Berlin, welches er 1987 abschloss. 1993 promovierte er und war seit 1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Vor- und Frühgeschichte in Köln.

1995-2001 war er Gebietsreferent im Landesamt für Archäologie Sachsen, anschließend Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt, sowie Direktor im Museum für Vorgeschichte in Halle. Seit 2004 ist er Direktor des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, anschließend Honorarprofessor für die Archäologie Europas in Halle. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde er im Zusammenhang mit dem Fund der HImmelsscheibe von Nebra bekannt.

Kai Michel wurde 1967 geboren und ist ein deutscher Historiker und Literaturwissenschaftler, der bereits mehrere Werke zu geschichtlichen und archäologischen Themen veröffentlicht hat. Sein Werk “Die Himmelsscheibe von Nebra” ist eines der erfolgreichsten Archäologie-Bücher der letzten Jahre.

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