Joachim B. Schmidt: Kalmann und der schlafende Berg

Inhalt:
Kalmann sitzt in der Tinte. Besser gesagt, er sitzt im FBI-Hauptquartier in Washington. Dabei wollte er eigentlich nur seinen amerikanischen Vater besuchen. Doch der lässt ihn hängen, und ehe Kalmann sich’s versieht, sitzt er wieder im Flugzeug zurück nach Island. Im Hohen Norden hat er aber auch keine Ruhe. Ein Mord ist geschehen, und die Spuren reichen zurück bis nach Amerika und in den Kalten Krieg. Und wer muss diesen explosiven Fall aufklären? Korrektomundo: Kalmann, der berühmte Sheriff von Raufarhöfn. (Klappentext)

Rezension:

Nach der Geschichte mit dem Eisbären hat man ihn die Mauser abgenommen, auch rausfahren zum Eishaiangeln darf er nicht und so findet sich der selbsternannte Sheriff von Raufarhöfn auf den Parkplatz eines Einkaufzentrums wieder. Dort soll er für Ordnung sorgen und wer könnte sich da besser eignen als er, Kalmann. Der steht jedoch bald vor ganz anderen Herausforderungen.

Das Kennenlernen seines Vaters endet in einem Verhörraum des FBI. Selbstredend, dass nach seiner Ankunft auch zu Hause die Dinge aus dem Ruder laufen. Kalman jedoch folgt den Spuren und stößt nicht nur auf einen mysteriösen Fall, sondern auch den dunklen Schatten der Vergangenheit Islands.

Der neue Band des isländisch-schweizerischen Autoren Joachim B. Schmidt ist eine, im Vergleich zum Vorgänger, durchaus temporeich scheinende Fortsetzung mit einem liebenswerten Protagonisten, der durch Ecken und Kanten, vor allem aber durch seine klare Sicht auf die Dinge um ihn herum besticht.

Dieser besondere Blick, hervorgerufen durch die Eigenarten der Hauptfigur, die im Erstling durchaus diffus erscheinen, wurden hier konzentriert in die Geschichte eingearbeitet, was dem Werk sehr zu Gute kommt. Der Autor kennt sich aus und gibt seinen Protagonisten Zeit, einzutauchen, um der Handlung so eine sehr besondere Dynamik zu verpassen.

Zum einen durch den temporären Ortswechsel als auch von der Zeit, in die Joachim B. Schmidt die Handlung angesetzt hat, bringen diese mit sich. Verwoben werden die Ausklänge der Pandemie mit den 6. Januar, als die Welt ungläubig nach Washington schaute und die Isländer auf eine im Rucksack steckende Fahne ihres Landes blickten, die aus dem Rucksack eines der Teilnehmenden des Aufruhrs steckte. Reale Ereignisse sind so hier kunstvoll in den Roman eingebunden, ohne überdreht zu wirken. Auch die Wendung innerhalb der Romanhandlung funktioniert.

Dreh- und Angelpunkt des Romans ist Kalmanns Sicht auf die Dinge, die, bedingt durch seine Einschränkungen so ganz anders ist als die seiner Mitmenschen, die damit interagieren müssen. Der Antagonist kommt dabei von unerwarteter Seite. Nichts ist wie es scheint zwischen isländischen Bergen. Der Protagonist ist auf seine Art und Weise zugänglich und macht es leicht, Lesende in seine Weltsicht einzufühlen.

Klare Sprache steht dabei im Kontrast zu wieder einmal wunderbar eingearbeiteten Landschaftsbeschreibungen, die nicht einmal kitschig wirken. Nur das Ende des Romans wirkt etwas over the top, ansonsten ist die Erzählung in sich schlüssig aufgebaut, ohne Logikfehler.

Joachim B. Schmidt verwandelt dies zusammen mit isländischen Kuriositäten in eine durchaus packende Erzählung, selbst Sprünge, wenn vorhanden, scheinen gewollt.

Die Geschichte funktioniert und hat in ihrem zweiten Band an Tempo gewonnen, auch die Ortswechsel bringen Spannungsmomente hinein, ob die etwas größere Konkretisierung des „Krankheitsbildes“ Kalmanns dienlich ist, muss man selbst für sich entscheiden. Der Hauptprotagonist wirkt in jedem Falle nahbarer. Noch mehr Geschichten vom Sheriff von Raufarhöfn wären wünschenswert.

Autor:

Joachim B. Schmidt ist ein Schweizer Journalist und Schriftsteller, der zunächst eine Ausbildung zum diplomierten Hochbauzeichner absolvierte. Mit einer Kurzgeschichte gewann er einen Schreibwettbewerb und veröffentlichte erstmals 2013 seinen ersten Roman. Als Journalist und Touristenquide arbeitet er in Reykjavik, Island, wohin er 2007 ausgewandert ist. Sein Roman „Kalmann“ erschien 2020 bei Diogenes.

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