Hans Peter Schütz: Wolfgang Schäuble – Zwei Leben

Inhalt:

Wolfgang Schäuble prägt seit einem halben Jahrhundert die deutsche Politik: Bundestagsabgeordneter der CDU, später Innenminister, Finanzminister und jetzt Bundestagspräsident. Sein Intellekt, seine Disziplin und Loyalität sind auch beim politischen Gegner anerkannt. Hans Peter Schütz hat für seine umfassend aktualisierte und erweiterte Biografie mit Schäuble und dessen Familie gesprochen, Weggefährten und politische Gegner befragt. So schildert er nicht nur den Weg eines Ausnahmepolitikers, sonder auch die weniger bekannte Seite des Menschen schäuble. (Klappentext)

Rezension:

Als die Schüsse fielen, veränderte sich sein Leben von einem Moment auf den anderen komplett. Seit dem 12. Oktober 1990 ist der heute dienstälteste Politiker des deutschen Bundestags gelähmt und an den Rollstuhl gefesselt. Seit dem gibt es für Wolfgang Schäuble ein Leben vor dem Attentat und eines danach. Wer ist der Mann aus dem baden-württembergischen Offenburg, der hart gegen sich selbst, beinahe ohne Rücksicht auf seine Gesundheit, Politik gemacht und dessen Genauigkeit, Durchhaltevermögen und Detailversessenheit bei politischen Gegnern und Freunden berühmt, zu weilen auch berüchtigt ist?

Warum scheiterte Schäuble daran, Bundeskanzler oder -präsident zu werden, gleichwohl er für seine politische Arbeit geachtet und manchmal auch gefürchtet wurde. Der Journalist Hans Peter Schütz hat über Jahre den Politiker begleitet, Freunde, Weggefährten, Familie und Gegner gesprochen. Herausgekommen dabei ist 2012 ein vielschichtiges Porträt. Nun liegt seine Aktualisierung vor.

Politische Biografen begehen häufig einen kaum zu gelingenden Balanceakt. Bindet man die zu porträtierende Person sehr stark mit ein, besteht die Gefahr, den objektiven Blick zu verlieren und wenig Kritik zu zulassen. Hält man sich dagegen nur an externe Quellen entfernt man sich von dem Menschen, dessen Vielschichtigkeit dann gar nicht gut genug herausgearbeitet werden kann.

Der Versuch Hans Peter Schütz‘ gelingt zu großen Teilen, dies einmal vorab, da beide Seiten des vor allem politischen Leben Wolfgang Schäubles herausgearbeitet werden. Der Blick des Journalisten richtet sich dennoch an die Wegmarken des Ausnahmetalents, dessen Loyalität häufig missbraucht wurde, dennoch dieser einstweilen wie Sisyphos immerzu neue Herausforderungen in der Politik suchte. Oft genug fanden sie ihn.

Der Autor und Journalist schildert, wie das Attentat das politische Leben und Arbeiten YSchäuble veränderten, welche Rolle dieser einnahm in der Neuregelung der Hauptstadtfrage und wie zu den Architekten der Einheit von bundesdeutscher Seite aus nicht nur Kohl oder Genscher, sondern auch Schäuble gezählt werden müssen und worin heute seine politischen Leitlinien bestehen.

Kritik wird da geäußert, wo der Politiker seinen selbstgestellten Anforderungen nicht gerecht wurde oder Schäubles Ungeduld und Härte in die falsche Richtung wirkte. Dabei spannt Schütz einen großen Bogen von den politischen Anfängen in den 1960er Jahren bis heute, erzählt detail- und kenntnisreich von den kleinen und großen Anekdoten Schäubles, ohne wichtiges aus den Augen zu verlieren. Unterstützt wird dies durch die zahlreichen Interviews und Befragungen von Wegbegleitern und politischen Gegnern.

Natürlich orientiert sich die Biografie kapitelmäßig an einer Art Zeitstrahl, dennoch hat man nicht unbedingt das Gefühl ein starres Konstrukt sich zu gemüte zu führen. So ist dieser Text, der weder Schmähschrift noch Huldigung ist, leicht zugänglich. Es stellt sich die Frage, wie die Politik aussehe, wenn es mehr Politiker vom Format Schäubles geben würde? Diese Frage muss man nach dem Leben sich selbst beantworten.

Autor:

Hans Peter Schütz wurde 1939 in Donaueschingen geboren und war ein deutscher Politikjournalist und Autor. Zunächst studierte er Soziologie an der Freien Universität Berlin und begann ein Volontariat beim Schwäbischen Tagblatt in Tübingen, bevor er als Politikredakteur der Ulmer Südwest Presse arbeitete.

Für diese und die Stuttgarter Nachrichten war er 1974 bis 1988 Korrespondent in Bonn. 1988 wurde er Leiter des Bonner Büros des Nachrichtenmagazins Stern, ab 1992 stellvertretender Chefredaktuer bei der Südwest presse. 1996 übernahm er die Ressortleitung Politik beim Stern. seit 2007 arbeitete er als freier Autor. 2012 veröffentlichte er eine Biografie zu Wolfgang Schäuble, die 2021 nochmals aktualisiert wurde. Schütz starb am 17. Mai 2021 bei Berlin.

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