Dezember 2023

Rick Riordan: Percy Jackson 3 – Der Fluch des Titanen

Inhalt:

Hilfe, die Titanen rüsten zum Krieg! Percy muss unbedingt bis zur Sonnenwende die Göttin Artemis befreien, die in die Klauen der finsteren Mächte geraten ist. Ein Abenteuer, das ihn und seine Freunde den gefährlichsten Kreaturen der griechischen Mythologie gegenübertreten lässt – und tödliche Gefahren birgt … (Klappentext)

Rezension:

Überall, wo der Sohn des Poseidon auftaucht, scheint sofort höllisches Chaos hereinzubrechen, so ist es auch bei dieser Mission der Fall, als Percy und seine Freunde zwei neue Halbblute ausfindig machen und ins Camp der Halbblute bringen wollen. Nicht nur, dass sie es quasi sofort mit einem Monster aufnehmen müssen, so dann werden auch noch Percys Freundin Annabeth und die Göttin Artemis entführt. Eine gefährliche Suche beginnt, bei der der Sohn des Poseidon auf alte Feinde trifft und finstere Mächte sich erheben.

Gleichsam Wellen sind die einzelnen Abenteuer durchstrukturiert, mit denen der amerikanische Schriftsteller Rick Riordan seine Protagonisten konfrontiert, nur dass diese von Band zu Band an Durchschlagskraft zunehmen. Während der erste Band einen verhältnismäßig ruhigen Auftakt, wenn man noch nicht weiß, wie sich die Geschichte entwickeln wird, hat und der zweite zwar im Tempo zunimmt und mehr zwischenmenschliche Konflikte aufs Korn nimmt, wirkt dieser Folgeband der Jugendbuchreihe noch eine Spur härter, auch ist das Erzähltempo praktisch sofort dort, wofür man bei den Vorgängern noch Zeit bekam, sich einzufinden.

So bleibt mehr Zeit Geschichte zu erzählen, zwischen den Seiten bekommen die Figuren ausgiebiger Konturen, als das noch zuvor der Fall war, was allerdings dazu führt, dass erstmalig kleinere Längen störend überhandnehmen, trotzdem der Autor auch hier gerade so die Kurve bekommt, und die Balance zwischen kompakten Kapiteln und detaillierten Erzählen bewahrt. Auch in diesem Band, den man nicht gelesen haben sollte, ohne die Vorgeschichte zu erkennen, gibt es eine klare Aufteilung der Figuren zwischen Gut und Böse, doch mutet Rick Riordan auch hier seiner Leserschaft einige Grautöne zu. Wohltuend zwischen den ganzen anderen Schreibenden, die es sich mit der Ausgestaltung ihrer Welten oft genug viel zu einfach machen.

Die Erzählung fügt sich, wie auch schon in den Bänden zuvor, harmonisch in unsere Welt ein, aber auch die Götterwelten sind einstweilen vorstellbar, sowie die Götterfiguren selbst, die durch weitere Charaktere ergänzt werden. Auch hier hilft wieder ein Glossar am Ende des Buches, den Überblick zu behalten. Manche Szenen-Übergänge wirken etwas holprig, wenn auch unlogische Brüche glücklicherweise fehlen. Trotzdem kann man sich alles in allem gut in die Geschichte hineinversetzen und ist am Ende geneigt, dieser weiter zu folgen.

Auch hier merkt man die Vorkenntnisse Riordans, der diese gekonnt umgearbeitet seiner Zielgruppe zugänglich gemacht hat und aus dessen Feder inzwischen ein ganzes Universum entstanden ist. Zum ersten Mal jedoch auch, welche Schwächen Jugendbuch-Welten mitunter haben, wenn man sich pro Band nur so wenige Seiten Zeit nimmt.

Autor:

Rick Riordan wurde 1964 in San Antonio, Texas, geboren und ist ein US-amerikanischer Schriftsteller. Zunächst studierte er Englisch und Geschichte, später unterrichtete er Anglistik und Sozialwissenschaften an einer High School in San Francisco. In Kalifornien und Texas unterrichtete er griechische Mythologie. Durch seinem Sohn inspiriert, sowie durch ein Schulprojekt „Kreatives Schreiben“, begann die Geschichte um Percy Jackson Gestalt anzunehmen, welche er 2005 veröffentlichte, dem weitere Werke und Reihen folgten.

Seit 2018 unterstützt er ein Segment des Verlags Disney Hyperion, indem unter dem Imprint Rick Riordan Presents mythologisch inspirierte Jugendbücher von Angehörigen der jeweiligen Kulturen erscheinen. Seine Werke wurden mehrfach verfilmt und ausgezeichnet, u. a. mit dem Mark Twain Award 2008 oder den Children’s Choice Book Award 2011.

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Rick Riordan: Percy Jackson 2 – Im Bann des Zyklopen

Inhalt:
Auch Percys siebtes Schuljahr verläuft alles andere als ruhig: Erst gerät sein bester Freund Grover in die Gewalt eines Zyklopen und dann vergiftet auch noch jemand den Baum der Thalia im Camp der Halbgötter und hebt so dessen magische Kräfte auf. Jetzt kann nur noch das goldene Vlies helfen! Wird es Percy gelingen, Grover und das Camp zu retten?

Rezension:

Nach einem temporeichen Auftakt laufen Buchreihen nicht selten in Gefahr, in beinahe zu ruhige Fahrwasser zu geraten, da nach Einführung der Figuren im Hauptband zumeist oft das eigentliche World-Building beginnt. Fährten werden gelegt, Grundlagen für Szenarien mehr und mehr ausgestaltet und Protagonisten bekommen weitere Ecken und Kanten. In Teilen ist dies auch so mit diesem Band, der eine andere Tür in der Welt Percy Jacksons aufmacht, doch der Autor Rick Riordan beginnt, ohne großartiges Vorgeplänkel, gleich mit den ersten Seiten seine Figuren in ein wieder rasantes Abenteuer zu verwickeln.

Die Vorzeichen im Camp der Halbblüter sind einstweilen düster, als der Baum der Thalia zu sterben beginnt und damit die Grenzen des Areals durchlässiger für allerhand Kreaturen werden, denen sich die Bewohner um Chiron, Dionysos oder Schüler wie Percy und Clarisse erwehren müssen, zudem ist auch noch Grover während seiner Suche nach Pan verschwunden. Alleine durch eine Traumverbindung gelingt es ihn, mit seinem besten Freund Kontakt aufzunehmen, weshalb sich Percy gegen Widerstände, gemeinsam mit seiner Freundin Annabeth auf eine gefährliche Reise begibt. Doch nicht in jedermanns Interesse liegt es, dass sie ihr Ziel erreichen und den Satyr befreien.

Wie auch im ersten Band bilden kompakt gehaltene Kapitel Grundlage dieses Jugendromans, der sich wieder allerhand Anleihen aus der griechischen Mythologie zum Vorbild nimmt und dieses Alleinstellungsmerkmal noch zu verfeinern weiß. Rasant ist dabei das Erzähltempo, ebenso detailreich ist die weitere Ausgestaltung dieser Welten, in denen Rick Riordans Figuren versuchen, das Schicksal zu wenden. Auf unseren Weg lernen wir dabei weitere Protagonisten kennen und, mitunter, fürchten.

Getreu dem Genre gibt es auch hier klare Gegenüber, doch haben beide Seiten Ecken und Kanten und Beweggründe, die sich aus dem Handlungsverlauf heraus ergeben. Nichts bleibt Schwarz oder Weiß. Viele Grautöne sind hier im Spiel, dessen Zusammenhänge sich lose anhand von Mythen und Legenden entlang hangelt. Wie auch schon beim Auftakt macht dies die Geschichte ungemein spannend. Mitfiebern ist angesagt, wobei deren reiche Momente immer wieder auch mit einzelnen Prisen Humor durchbrochen werden. Für junge Lesende vielleicht genau die richtige Mischung, um ab und zu durchatmen zu können. Aber auch so fühlt man sich gut unterhalten.

Perspektivisch wird die Handlung weiterhin aus der Sicht des Hauptprotagonisten erzählt, was es angenehm macht, diese zu verfolgen. Andere Facetten kommen dadurch zum Tragen, dass entweder Percy die beobachtende oder erfahrende Position einnimmt. Für eine Fantasy-Geschichte ist es angenehm, da dadurch nicht allzu viele unlogische oder zu harte Brüche entstehen. Nur ein paar Stellen lassen kurz aufmerken, noch einmal zurückblättern, um sicherzugehen, dass man wirklich nichts überlesen hat.

Rick Riordan versteht es, sich nicht in allzu viele Details zu verlieren, sondern immer nur genau so viel zu erzählen, wie man gerade benötigt, um die Handlung zu verfolgen. Schauplätze und Figuren sind im Allgemeinen sehr gut vorstellbar, bleiben nur hin und wieder etwas blass, wobei die Hoffnung auf die Fortsetzungen liegt, dass diese noch mehr Facetten hinzufügen. Einstweilen ist dies für eine direkte Fortsetzung, die man ohne den Vorgänger nicht gelesen haben sollte, in Ordnung. Als Stand Alone funktioniert das Werk, nochmals die Warnung, nicht.

Mich konnte Rick Riordan wieder in seinem Bann ziehen, wobei ich für die Beibehaltung des Glossars am Ende des Werks ausgesprochen dankbar bin. Sonst gelänge es mir nicht, einen Überblick über die griechischen Götter und Mythen zu behalten, derer sich der Autor hier bedient hat. So kann man die Bücher weiterhin ohne große Vorkenntnisse, eben nur mit dem Wissen der vorherigen Bände, schmökern. Für die Zielgruppe angehender Fantasy-Leser halte ich auch diesen Band für gelungen.

Wenn man über ganz wenige Brüche oder Wendungen hinweg sieht, die nicht funktionieren, empfiehlt sich damit auch „Im Bann des Zyklopen“.

Autor:

Rick Riordan wurde 1964 in San Antonio, Texas, geboren und ist ein US-amerikanischer Schriftsteller. Zunächst studierte er Englisch und Geschichte, später unterrichtete er Anglistik und Sozialwissenschaften an einer High School in San Francisco. In Kalifornien und Texas unterrichtete er griechische Mythologie. Durch seinem Sohn inspiriert, sowie durch ein Schulprojekt „Kreatives Schreiben“, begann die Geschichte um Percy Jackson Gestalt anzunehmen, welche er 2005 veröffentlichte, dem weitere Werke und Reihen folgten.

Seit 2018 unterstützt er ein Segment des Verlags Disney Hyperion, indem unter dem Imprint Rick Riordan Presents mythologisch inspirierte Jugendbücher von Angehörigen der jeweiligen Kulturen erscheinen. Seine Werke wurden mehrfach verfilmt und ausgezeichnet, u. a. mit dem Mark Twain Award 2008 oder den Children’s Choice Book Award 2011.

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Angela Findlay: Im Schatten meines Großvaters

Inhalt:

Als die in England aufgewachsene Angela Findlay im Rahmen eines Kunstprojekts ein Gefängnis betritt, hat sie sofort das unerklärliche Gefühl,als ob sie dorthin gehörte. Jahrelang hatte sie mit einem diffusen Schuldgefühl in sich gerungen. Doch nun beginnt sie, nach den Ursachen zu forschen,und so entsteht ein immer detaillierteres Bild von Nazi-Deutschland und vom Leben ihres toten Großvaters, eines hochdekorierten Generals der Wehrmacht. (Klappentext)

Rezension:

Immer detailreicher werden die Erkenntnisse, die sich aus den Forschungen generationsübergreifender Traumata ergeben, doch noch wird dieses Phänomen anhand zu weniger Perspektiven beleuchtet. Inzwischen gibt es Bücher, in denen die Nachfahren von Migranten darüber berichten, schon früh hingegen erschienen die Erfahrungen der Nachfahren Holocaust-Überlebender. Nun ist mit „Im Schatten meines Großvaters“ der Blick um eine faszinierende Facette ergänzt worden.

Da sind zunächst einzelne Bemerkungen seitens der Mutter, Momente der Kindheit und eine Art Wissen, auf die sich die Autorin keinen Reim machen kann, doch erlebt Angela Findlay im Rahmen der von ihr gestalteten Kunst-Projekte zunächst, was Verarbeitung bei anderen Menschen bewirkt. Erst später beginnt sie die Hintergründe ihrer eigenen Gefühle zu recherchieren und macht sich auf eine Reise durch die Vergangenheit ihres Großvaters.

Den Blick voller Wohlwollen war da immer die Frage, wie viel wusste der General vom Grauen des Holocaust hinter der Front, in wie fern war er selbst beteiligt? Hat er weg gesehen, mitgemacht oder, bestenfalls, dagegen Widerstand geleistet? In der Hoffnung auf letzteres recherchierte die Autorin quer durch Europa auf der Suche nach Antworten, legt Schicht um Schicht ein Bild voller Grauschattierungen frei und kommt damit auch ihren eigenen Gefühlen immer näher.

Diese psychologische Reportage ist faszinierend zu lesen, allein fehlt manchmal die Einordnung eines fachlichen Historikers, doch in Ergänzung zu anderer Literatur ist auch dieses Buch unglaublich wertvoll. Was hier gut nachzuvollziehen ist, ist die innere Zerrissenheit Findlays, was sich auch auf andere übertragen lässt, die sich mit vererbten Traumata herumschlagen müssen. Medizinische Hintergründe werden dabei angerissen, jedoch so, dass es für die Laien unter uns nachvollziehbar bleibt.

An mancher Stelle fehlt eine sachlich-nüchterne Tonalität, an anderen wären detailreichere Ausführungen interessant gewesen. Trotzdem ist diese psychologische Spurensuche ungemein lesenswert. Ich kann sie nur empfehlen.

Autorin:

Angela Findlay wurde 1964 geboren und ist eine Künstlerin und Vortragsrednerin. Sie unterrichtete Kunst in Gefängnissen und war Koordinatorin für Koestler Arts Charity. Daneben beschäftigt sie sich mit den Folgen ungelöster generationsübergreifender Traumata.Sie lebt in England und Deutschland.

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Rick Riordan: Percy Jackson 1 – Diebe im Olymp

Inhalt:

Percy dachte immer, er sei ein ganz normaler, legasthenischer Junge. Falsch gedacht: Sein Vater ist der Meeresgott Poseidon – und die fiesesten Gestalten der griechischen Mythologie haben Percy ins Visier genommen! Zum Glück gibt es noch andere Halbgottkinder wie ihn, und gemeinsam haben sie eine Chance – vielleicht. (Klappentext)

Rezension:

Wenn einem ständig Missgeschicke passieren, so dass man gezwungen wird, ständig die Schulen zu wechseln, man ohnehin mit ADHS und Legasthenie und einen gemeinen Stiefvater zu kämpfen hat, kann man dann gleich auch im Museum von einer Lehrerin angegriffen werden, die sich als Furie entpuppt.

Spätestens jedoch als er und seine Mutter vom mythischen Minotaurus angegriffen werden und seine Mutter dabei ums Leben kommt, ist klar. der zwölfjährige Percy ist etwas besonderes. Halbgott, um genau zu sein, was jedoch heißt, dass weitere Herausforderungen nur darauf warten, auf ihn zu treffen. Ein großes Abenteuer zwischen den Fronten griechischer Mythen- und Göttergestalten beginnt.

In die Kerbe der großen Internatsliteratur und Fantasy für Jugendliche haben nach Joanne K. Rowlings Erfolgen viele eingeschlagen, nachdem sie wie diese derartige Szenarien in eine Fantasywelt verpflanzten, die je nach Ausarbeitung mehr oder weniger gut funktionieren. Auch wenn die britische Autorin ebenso dergleichen nicht erfunden hat, so hat sie diese Art von Literatur durchaus auf ein anderes Level gehoben. Nachahmenden ist dies oft genug nicht ganz so gut gelungen. Zu offensichtlich sind oft Anleihen und Kopien. Rick Riordan nimmt man dagegen sofort ab, etwas eigenständiges und damit neues geschaffen zu haben.

Im sehr kompakt gehaltenen Auftaktband geht es gleich rasant zur Sache. Sofort werden wir Lesende in eine Aneinanderreihung von Abenteuer geworfen, die einen kaum zu Atem kommen lässt, wie auch der junge Hauptprotagonist plötzlich nicht nur mit eigenen bisher unerkannten Kräften zurechtkommen, sondern sich im Dickicht göttlicher Intrigen zurechtfinden muss. Die damit aufkommende Dynamik wird durch eine Vielzahl von Figuren aufrecht gehalten, allesamt mit Ecken und Kanten versehen, wie auch Percy selbst, der mit seinen Freunden gegen unbekannte Mächte bestehen soll.

Der Autor versteht es handlungstreibende Elemente herauszuarbeiten, wie auch Freundschaft, Mut und andere Charaktereigenschaften in den Mittelpunkt zu stellen, die das Geschehen beeinflussen. Dabei gelingt Riordan seine Protagonisten zahlreiche Grauschattierungen zuzuschreiben, schon Percy Jackson ist vielschichtig durch ADHS und Legasthenie, die ihn an seine Grenzen bringen, wenn er etwa mit der Göttergestalt Prokrustes konfrontiert ist.

Legasthenie und ADHS als determinierende Elemente einzubinden, verpasst der Geschichte ein Alleinstellungs- und Identifikationsmerkmal in der Jugendliteratur und damit eine Verknüpfungsmöglichkeit für zahlreiche Lesende, die sonst gerade in Bezug auf männliche Protagonisten entweder bloße Dumpfbacken oder Figuren ohne Fehl und Tadel vorgesetzt bekommen. Hier ist dies geradezu wohltuend anders.

Die Geschichte selbst wird aus der Perspektive der Hauptfigur heraus erzählt, wobei die Stimmung, damit auch die Wortwahl im Erzählstil zwischen jugendlichen Leichtsinn, Übermut, Ernsthaftigkeit, aber auch ganz viel diffizilen Humor schwankt. Da macht es dann auch Freude, die Erzählung auch als älterer Lesende zu verfolgen. Große Lücken oder unklare Brüche sind indes nicht zu finden, wenn auch die Schwierigkeit zumindest anfangs besteht, sich in die Handlung einzufinden. Für nicht oder nur wenig mythologisch Bewanderte hilft hier jedoch ein Glossar, sich in der Göttergestaltenwelt zurechtzufinden.

„Diebe im Olymp“ ist ein Auftakt voller Wendungen und durchaus überraschender Twists mit Anleihen der klassischen Heldenreise, bei der ein Protagonist dazulernen und über sich hinauswachsen muss. Der Autor weiß zudem mit gekonnten Sätzen eine phantastische Welt in die reale einzubinden und vor dem inneren Auge auferstehen zu lassen, was manchmal zu irren Gedankenspielen führen kann. Und die sind großartig.

Rick Riordan kann begeistern und macht einem Lust auf mehr, von Percys Weg durch die griechische Sagenwelt zu erfahren. Unweigerlich fragt man sich, warum ein gewisser deutscher Verlag zwar unermüdlich die Bücher um diese Welt auflegt, dennoch marketingtechnisch nicht mehr herausholt. Das Potenzial ist ja vorhanden. Warum diese Reihe hierzulande noch immer eher im Schatten von „Harry Potter“ läuft, weiß der Geier. Oder Zeus.

Ich zumindest freue mich schon auf die weitere Lektüre.

Autor:

Rick Riordan wurde 1964 in San Antonio, Texas, geboren und ist ein US-amerikanischer Schriftsteller. Zunächst studierte er Englisch und Geschichte, später unterrichtete er Anglistik und Sozialwissenschaften an einer High School in San Francisco. In Kalifornien und Texas unterrichtete er griechische Mythologie. Durch seinem Sohn inspiriert, sowie durch ein Schulprojekt „Kreatives Schreiben“, begann die Geschichte um Percy Jackson Gestalt anzunehmen, welche er 2005 veröffentlichte, dem weitere Werke und Reihen folgten.

Seit 2018 unterstützt er ein Segment des Verlags Disney Hyperion, indem unter dem Imprint Rick Riordan Presents mythologisch inspirierte Jugendbücher von Angehörigen der jeweiligen Kulturen erscheinen. Seine Werke wurden mehrfach verfilmt und ausgezeichnet, u. a. mit dem Mark Twain Award 2008 oder den Children’s Choice Book Award 2011.

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Tove Alsterdal: Blinde Tunnel

Inhalt:

Sonja und Daniel wollen ihre Ehe retten und erfüllen sich einen Traum: Das schwedische Paar kauft ein Weingut in Tschechien. Das Anwesen liegt seit dem Zweiten Weltkrieg brach, verströmt jedoch eine betörende Magie. Bei ihren Aufräumarbeiten entdecken sie ein Kellergewölbe mit Flaschen aus den Kriegsjahren. Und die mumifizierte Leiche eines Jungen mit weißer Armbinde. Die Polizei hat kein Interesse, der Sache nachzugehen, aber mithilfe der Anwältin Anna erfährt Sonja mehr über die bewegte Geschichte des Dorfes, die Annexion der Gebiete durch Hitler, das Leid der Bevölkerung. Doch dann wird Anna ermordet und Daniel als Verdächtiger verhaftet. Sonja begreift, dass der Schlüssel in der Vergangenheit liegen muss. Und dass manche Dinge für immer verborgen bleiben sollten. (Klappentext)

Rezension:

Alleine das Szenario reicht bereits aus, um eine Erzählung vollkommen zu überfrachten. Die Frage jedenfalls, stellt sich relativ schnell. Kann das funktionieren? Ein schwedischer Krimi, der in Tschechien spielt und die konfliktbeladene Geschichte zwischen Tschechen und Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg thematisiert. Zwischen die damaligen Fronten zu geraten und verschüttete Emotionen aufzurütteln, ist jedenfalls das Letzte, was die beiden Hauptprotagonisten wollen, als sie in die tschechische Provinz ziehen.

Das verlassene Haus mit ehemaligen Weingut sah ja auf den Bildern vor dem Kauf so malerisch aus. In Zentraleuropa angekommen wird Sonja und Daniel jedoch schnell klar, dass mit dem Grundstück auch ein Teil der Vergangenheit dieses Landstrichs erworben wurde, der noch immer nicht zu viele Fragen erwünscht. Als dann auch noch die Leiche eines Jungen im ehemals zugemauerten Weinkeller gefunden wird, ist schnell nichts mehr, wie es war. Sonja beginnt die Geschichte des Ortes zu hinterfragen, doch wem kann sie noch trauen?

Somit ist der Handlungsrahmen umschrieben, in dem sich die beiden Hauptprotagonisten befinden. Beide geraten schnell in einem Strudel hinein, dessen Wirkung sie schnell nicht mehr kontrollieren können. Jeder im Dorf und alle, auf die vor allem Sonja stößt, um mehr zu erfahren, scheinen eigene Interessen zu verfolgen. Nichts scheint Schwarz oder Weiß, viele Grautöne vermischen sich. Auch die beiden Protagonisten haben ihre Ecken und Kanten. Emotionale Kälte ist zwischen den Zeilen zu lesen, genau so wie der Staub vom lange nicht mehr genutzten Boden aufgewirbelt wird.

Dabei umfasst das Szenario im Hier und Jetzt nur wenige Tage. Rückblicke in die Vergangenheit, die sich Sonja nach und nach öffnen, geben der Geschichte eine Dynamik, die vor allem dann interessant wird, wenn das Erfahrene unmittelbare Auswirkungen bekommt. Zudem gibt es zu wenig Literatur, die diesen Teil der Geschichte so einarbeitet. In sofern funktioniert die Mischung, der dennoch an einigen Stellen etwas mehr Tempo gut getan hätte.

Dieses ist nämlich ansonsten durchaus ordentlich. Erzählerische Längen existieren kaum. Auch Sprünge oder Wendungen sind so eingearbeitet, dass sie nicht fehl am Platze wirken. Vielleicht hätten sogar ein zwei derer Sachen mehr der Geschichte gut getan, doch kann man auch damit zufrieden sein, dass nicht skandinavische Melancholie den O-Ton bestimmt. Der Sprung außerhalb der nordischen Länder funktioniert hier hervorragend. Nur eine Frage bleibt offen, wie würde ein solcher Krimi erzählt werden, wenn dieser aus der Feder tschechischer Schreibender stammte? Vielleicht ist jedoch diese Perspektive dem Ganzen zuträglich.

Die beiden Hauptfiguren sind glaubwürdig ausgearbeitet, wobei der männliche Part durch die weibliche Protagonisten Konturen bekommt. Auch die Geschichte wird ja aus Perspektive Sonjas erzählt, bis auf die Rückblicke, die sich ihr nach und nach erschließen. Facettenreich sind sie und alle Nebenfiguren vor allem dadurch, dass lange nicht klar ist, wer der Gegenpart ist und auch das Ende einem mit gemischten Gefühlen zurücklassen wird, was jedoch hervorragend zur Geschichte passt und kaum anders vorstellbar wäre. Eine Erzählung in der nicht alle Konflikte zur Gänze aufgelöst sind, ist eben eines nicht. Langweilig.

So facettenreich die Geschichte, so spannend erzählt Tove Alsterdal diese, dass man gerne mehr erfahren möchte, immer einen kalten Schauer im Nacken spürend. Effekthaschend blutige Szenarien sucht man hier vergebens. Angenehm hat sich die Autorin hier zurückgehalten, trotzdem kommt keine Langeweile auf. Im Gegensatz zu vielen anderen Krimis wird hier mit etwas längeren Kapiteln gearbeitet, deren Übergänge im Verhältnis fließend sind. Trotz der insgesamt sehr kompakten Erzählung hat man das Gefühl, dass die Autorin sich Zeit für die Ausarbeitung der Szenarien genommen und ebenso ausreichend für deren Grundlagen recherchiert hat.

Das trägt dazu bei, dass man sich die einzelnen Schauplätze und Figuren gut vor dem inneren Auge vorstellen kann, ohne sich darin allzu lang aufhalten zu müssen. Dieser Krimi ist damit nicht nur für alle Fans des Genre, sowie so an skandinavischer Literatur Interessierte gerichtet, eben auch für jene, die einmal ausweichend von Sachbüchern mit zweifelhafter Tendenz sich einer Thematik nähern möchten, die sonst nur wenig besprochen wird.

Am Ende fehlt noch der eine oder andere I-Tüpferl, insgesamt ist es jedoch eine sich lohnende Lektüre. Zumal jeder irgendeine Leiche im Keller hat.

Autorin:

Tove Alsterdal wurde 1960 in Malmö geboren und ist eine schwedische Schriftstellerin, Journalistin und Dramatikerin. Zunächst arbeitete sie als Krankenschwester, bevor sie 1985 eine Ausbildung zur Journalistin begann. Danach arbeitete sie lange Zeit für Radio und Fernsehen, begann 1990 zudem für eine unabhängige Theatergruppe zu schreiben. Ihr Krimidebüt gab sie 2009, dem weitere Romane folgten. 2014 erhielt sie den Preis für den besten Kriminalroman des Jahres der Svenska Deckarakademin. 2020 begann sie an einer Krimiserie zu arbeiten, die 2023 abgeschlossen wurde.

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Steve Brusatte: Eine neue Geschichte der Säugetiere

Inhalt:

Das Aussterben der Dinosaurier war die große Chance der Säugetiere: Für Jahrmillionen hatten sie ihr Dasein im Schatten der tyrannischen Giganten gefristet, um dann die Gelegenheit zu nutzen, in einem beispiellosen Siegeszug die Vorherrschaft auf der Erde zu erringen. Wissenschaftlich fundiert und höchst unterhaltsam erzählt Steve Brusatte von bekannten evolutionären Ikonen wie Mammuts, Säbelzahntigern und Schnabeltieren sowie von bizarren, faszinierenden Spezies der äußersten Äste des Säugetierstammbaums. Ein wichtiges und erhellendes Buch darüber, wie wir zu dem wurden, was wir sind. (Klappentext)

Rezension:

Der Meteoriteneinschlag, der vor Millionen von Jahren die Vorherrschaft der Dinosaurier auf unseren Planeten beendete, eröffnete zugleich die Chance für eine andere Gruppe von Lebewesen, aus der Deckung hervorzutreten und sich zu entwickeln. Sie taten es und nahmen die Plätze der ehemaligen Giganten ein, wurden größer und besetzten frei gewordene Nischen. Ein Siegeszug rund um den Globus begann, der letztendlich auch zur Entwicklung des Menschen führte. Dazu forscht der Paläontologe Steve Brusatte seit Jahren mit seinem Team und anderen engagierten Wissenschaftlern und nimmt uns mit auf eine Reise durch die Zeit, nicht zuletzt auch zu uns selbst.

Bei manchen Texten mag man den Eindruck haben, erst nach dem Verschwinden der Dinosaurier kam es zur Entwicklung der Säugetiere, doch sind es zwei damals parallel verlaufende Stränge, die betrachtet werden müssen. Mit Hilfe der modernen Wissenschaften und Techniken, wie etwa CT-Scans, ist es uns heute möglich, deren Verlauf zu rekonstruieren. Am Anfang stehen dabei oft Überreste von Zähnen, anhand derer wir die Entstehung des Säugetiergebisses mit den für uns und unsere Verwandten so typischen Merkmalen nachvollziehen können. Über die Jahre schließlich wurden noch mehr Überbleibsel gefunden und so können wir uns heute ein, vielleicht nicht in allen Facetten vollständiges, dennoch übersichtliches Bild von dem machen, wie der Siegeszug der Säugetiere über Millionen von Jahre ausgesehen haben mag.

Steve Brusatte hat hier ein Stück Wissenschaftsgeschichte niedergeschrieben und erläutert sehr detailreich Wendepunkte und Kontraste an Beispielen von ihn und anderen erforschten Fundstätten, sowie vieler Spezies, die es heute nicht mehr gibt. Auch die Entwicklung der Säugetiere war mitunter verlustreich, trotzdem insgesamt von Erfolg gekrönt. Immer wieder gelangt man beim Lesen zu dieser Feststellung. Der Weg dorthin ist sehr verschachtelt, was sich auch bei der Lektüre bemerkbar macht.

An vielen Stellen kommt der Wissenschaftler durch, wenn sich etwa lateinische Namen oder Tierarten, Merkmalsbeschreibungen aneinanderreihen und man lesend versuchen muss, den Überblick zu behalten. Das ist nicht immer leicht und erfordert Konzentration. Dennoch hat es der Autor geschafft, an der einen oder anderen Stelle Auflockerung in seinen Text zu bringen, sei es durch informatives Bildmaterial oder einer Prise Humor, wenn z. B. kuriose Personen mit ihren Eigenarten beschrieben werden, die sich um die Erforschung prähistorischer Säugetiere verdient gemacht haben. So interessant wie die Erforschung der „Schreckensechsen“ ist das, was danach folgte und wohl noch folgen wird. Steve Brusatte zeigt ebenso auf, wo aktuell noch weitergeforscht wird und Lücken gefüllt werden müssen. So wie die Entwicklung der Säugetiere ist auch die Erkundung ihrer Geschichte nicht statisch.

Anhand eines Zeitstrahl in Form der Kapitel des Werks verfolgen wir die Geschichte der Säugetiere bis zum Aussterben der Dinosaurier als Parallelerzählung und danach, wie diese mehrere Katastrophen, nicht nur die, die die Dinosaurier in die Knie zwang, überstanden und sich mehrere Male neu erfinden mussten. Anhand ihrer Merkmale beschreibt Brusatte die Entwicklung moderner Säugetiere, ihren Umgang mit dem Klimawandel etwa und wie auch Homo Sapiens letztlich daraus folgte.

Auch ein Ausblick in die Zukunft wird gewagt. Was werden künftige Paläontologen vorfinden und vielleicht auch über uns erfahren? Hier wird der Erzählstrang wieder zu der ursprünglichen Parallelgeschichte, nur als Zukunftsvision. Wir nehmen heute mehr als alles andere Einfluss, nicht nur auf die Säugetiere der Welt, im negativen Sinne. Und sind zugleich eine ihrer Chancen. Die Geschichte der Säugetiere, so das Fazit, sie geht weiter.

Autor:

Steve Brusatte wurde 1984 geboren und ist ein US-amerikanischer Paläontologe und Evolutionsbiologie. Er studierte zunächst an der University of Chicago und schloss sein Studium an der Columbia University ab. Derzeit lehrt und forscht er an der University of Edinburgh. Neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten verfasste er mehrere populärwissenschaftliche Sachbücher und wirkte zudem als Berater für Dokumentarfilme und 2020 für einen der Jurassic World Teile. Sein Team entdeckte mehrere neue Fossilien, er selbst wandte sich immer mehr der Erforschung prähistorischer Säugetiere zu.

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