Rezension

Valentina M. Giambanco: Alice Madison 1 – 13 Tage

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13 Tage Serie: Alice Madison – 1 Knaur Taschenbuch Erschienen am: 26.02.2014 Seiten: 572 ISBN: 978-3-426-51595-2

Inhalt:

Als in Seattle eine Familie grausam ermordet wird und der Täter nur die Nachricht „13 Tage“ hinterlässt, findet sich ein mehr als ungewöhnliches Trio zusammen, um den Psychopathen zu stoppen: Detective Alice Madison, die ganz am Anfang ihrer Karriere steht. Nathan Quinn, ebenso erfolgreicher wie skrupelloser Strafverteidiger.

Und sein wichtigster Mandant und Freund, John Cameron, dem die Polizei zahlreiche Morde zur Last legt. Drezehn Tage bleiben, um ein Verbrechen zu verstehen, dass Jahre zuvor seinen Ausgang nahm. Dreizehn Tage, in denen Madison alles vergessen muss, was sie gelernt hat, und einen Pakt mit dem Teufel schließt… (Klappentext)

Folge der Reihe Alice Madison:

Giambanco, V. M.: Alice Madison 1 – 13 Tage

Giambanco, V. M.: Alice Madison 2 – Jemand wird sterben

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Rezension:

In Amerika ist die Dichte der Morde sehr hoch, was einer der Gründe sein könnte für die Anzahl der Leichen, die die ersten Seiten des Thrillers „13 Tage“ pflastern. Gleich zu Anfang fließt Blut und die Spuren der grausamen Morde werden die Leser bis zur letzten Seite nicht mehr loslassen.

Und so beginnt das spannende Krimidebüt von Giambanco mit einem der grausamsten Verbrechen, dessen lange Arme tief in die Vergangenheit der Protagonisten greift.

Und in die kann man sich wunderbar einfühlen. Madison, die am Anfang ihrer Karriere am ersten großen Einsatz ihrer Arbeit beteiligt ist, ebenso wie den einfluss- und vor allem erfolgreichen Anwalt Quinn, der nichts unversucht lässt, um seinen Mandanten aus der Schusslinie zu bringen.

Denn mit dem verbindet ihn mehr als er anfangs zugeben möchte, gleichwohl dieser ein gesuchter Mörder ist. Doch selbst der Hat weiße Flecken auf seiner ansonsten grauen Weste.

Dicht gepackt sind die Ereignisse in diesem Roman, nah an der Schwelle zum Überhandnehmen, doch diese gefahrenschwelle ist die Autorin durch die ausführliche beschreibung der Gedankengänge ihrer Hauptprotagonistin umgangen sowie der erzählten Polizeiarbeit, die einen Großteil der Geschichte ausmacht.

So wird nicht gleich am Anfang zu viel erzählt, der Leser wird nicht überfrachtet, kann aber auch nicht den Thriller aus der Hand legen. Dazu sind die Kapitel zu kurz und die Cliffhanger zu zahlreich.

Der Schreibstil und die Tatsache, dass man sogar ein wenig mit dem mutmaßlichen Mörder Cameron (in anderen Mordfällen, nicht in diesem) zu sympathisieren beginnt, machen den Thriller, vielleicht nicht zu einem besonderen, aber dennoch lesenswert interessanten und hoch spannenden Werk.

Serienleser seien gewarnt, dieser Krimi läd ein zum Weiterverfolgen. Es wird interessant zu lesen sein, welche hürden Giambancos Protagonisten noch nehmen müssen.

Der nächste Band ist angekündigt und es bleibt zu hoffen, dass die Autorin das vorgelegte Niveau halten kann. Einzelbandleser seien ebenfalls gewarnt. Nun ja, es ist eine Serie. Wie geschrieben. Der Anfang ist gemacht. Ein spannender wendiungsreicher und sich entwickelnder Thriller, dessen Protagonisten Ecken und Kanten haben.

Man darf gespannt sein, dfiese Entwicklungen weiter zu verfolgen. Mütter mit jüngeren Kindern sollten vielleicht aber die Finger davon lassen. Eine Reihe, die sich in jedem Fall lohnt. Die volle Wertung wird nur nicht gegeben, um Luft nach Oben übrig zu lassen.

Autorin:

Valentina Giambanco wurde in Italien geboren und studierte danach Englisch und Dramaturgie, bevor sie in der Filmbranche arbeitete. Nach zwanzigjähriger Arbeit für kleinere Independent- und große Studio-Produktionen begann sie an ihrem ersten großen Roman zu schreiben.

Zuvor hatte sie bereits an kleineren Kurzgeschichten gearbeitet, für die sie unaufhörlich Material sammelte. Dabei entdeckte sie ihr Faible für Thriller. „13 Tage“ ist ihre erste große Veröffentlichung. Ihre Familie lebt großteils in Seattle, sie selbst in London.

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Fabio Geda: Im Meer schwimmen Krokodile

Im Meer schwimmen Krokodile Book Cover
Im Meer schwimmen Krokodile Fabio Geda btb Verlag Seiten: 190 Taschenbuch ISBN: 978-3-570-40201-6

Inhalt:

Nachdem Enaiat von seiner Mutter aus Afghanistan geschmuggelt wurde, wacht er eines Morgens auf und ist allein. Er hat nichts als seine Erinnerungen und die drei Versprechen, die er ihr gegeben hat. Mit dem Ziel, ein besseres Leben zu finden, begibt Enaiat sich auf eine lange Reise Richtung Westen.

Er durchwandert die Länder des Ostens bis nach Europa, reist auf Lastwagen, arbeitet, schlägt sich durch, lernt das Leben von seiner grausamen Seite kennen.

Und trotzdem entdeckt er, was Glück ist… Fabio Geda erzählt die wahre Geschichte von Enaiatollah Akbari in einem zu Herzen gehenden Buch: Eine Geschichte, die uns den Glauben an das Gute zurückgibt. (Klappentext)

Rezension:

In Zeiten, wo die Flüchtlingsproblematik die Emotionen zum Kochen bringt, in der Diskussionen nicht mehr mit rationalen Argumenten geführt werden und Rechtspopulisten immer mehr Aufwind bekommen, sollten wir uns einmal die Geschichten hinter den Fernsehbildern in Erinnerung rufen.

Flüchtlinge, die wochen-, manchmal monatelang, nicht selten Jahre unterwegs sind, um Krieg, Verfolgung und Terror zu entfliehen. Nicht wenige davon im Kindes- und Jugendalter. Eine dieser Geschichten erzählt Fabio Geda, der den Bericht von Enaiatollah Akbari angenommen hat.

Dieser wurde von seiner Mutter aus dem von Krieg und Terror geplagten Afghanistan kurz vor den Terroranschlägen des 11. September außer Landes geschmuggelt. Von da an, auf sich selbst gestellt, beginnt er die gefährliche Reise nach Europa, trifft Menschen, die ihm aus unterschiedlichsten Gründen helfen und muss immer wieder Rückschläge verkraften.

Doch selbst in Europa ist nicht sicher, ob er bleiben darf oder wieder in seine Heimat, die gar keine ist, zurückkehren muss. Doch, Enaiatollah kämpft, wie er es schon von Kindesbeinen an kennt, für ein besseres Leben und eine sichere Zukunft. Es ist eines dieser Bücher, die es aus der Nische der Kinder- und Jugendliteratur hinein in den Bereich der Erwachsenen-Romane und damit zu größere Beachtung schaffen sollten.

Denn Fabio Gedas Roman liegt tatsächlich eher in der Kinder- und Jugendbuchecke aus, was einerseits gut ist, um Kinder an dieses sehr sensible Thema heranzuführen, andererseits schlecht, da man mehrheitlich das Gefühl haben kann, gerade die Erwachsenen sind es, die Aufklärung bedürfen.

Geda erzählt eindringlich die Geschichte eines der Flüchtlinge, die exemplarisch für alle stehen kann, die dieses Schicksal haben, ohne zu werten. Er lässt Akbari erzählen und so entstand eine wunderbare Geschichte über Hoffnung, Verzweiflung, Mut, Entschlossenheit und Durchhaltewillen gegen alle Widerstände.

Ohne Längen und in flüssigen Schreibstil, hier genügen wenige Seiten um ein eindrucksvolles Stück Geschichte zu beschreiben, ist mit „Im Meer schwimmen Krokodile“ ein kleines Juwel entstanden, was es in sich hat und zum Nachdenken anregt.

Zu versuchen, die Vorurteile einmal fallen zu lassen und sich wirklich den einzelnen Schicksalen anzunehmen, die Gründe nachzuvollziehen, warum jemand flüchtet und was das mit einem macht, sowie all jenen Respekt zu zollen, die wirklich helfen. Schließlich muss man nur den Umkehrschluss zumindest gedanklich zulassen, was wäre in einer umgekehrten Situation, wenn unsereins flüchten müsste. Wäre man da nicht auch dankbar für jede Hilfe?

Natürlich ist das Geschäft mit Schlepperbanden, auch von diesen Erfahrungen erzählen Akbari und Geda, zu verurteilen, aber auch dieses hat Ursachen und nicht ohne Grund greifen Menschen auch zu diesem Strohhalm, wenn es andere Hilfe nicht gibt.

Fabio Geda erzählt eine Geschichte voller Hoffnungen und Glück, Bangen und Warten, Mut und Verzweiflung, die man gelesen haben sollte. Wer dies tut, tut es sicherlich mit Gewinn. Hoffen wir, dass der echte Enaiatollah Akbari seinen Weg gehen wird. Der Leser wird darüber zumindest keine Zweifel haben.

Autor:

Fabio Geda wurde 1972 in Turin geboren und studierte nach der Schule Kommunikationswissenschaften. Danach arbeitete er als Lehrer und im sozialen Bereich, schrieb seinen ersten Roman, der 2014 ins Deutsche übersetzt wurde.

Sein zweiter Roman „Im Meer schwimmen Krokodile“ verhalf ihm zum internationalen Durchbruch. Die wahre Geschichte des Flüchtlings Enaiatollah Akbari wurde in 18 Ländern publiziert.

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Fredy Gareis: 100 Gramm Wodka

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100 Gramm Wodka Fredy Gareis Rezensionsexemplar/Reisebericht Malik Seiten: 252 ISBN: 978-3-89029-457-5

Inhalt:

Was hat es mit dem geheimnisvollen Himbeersee auf sich, an dem Fredy gareis‘ Großmutter in einem Straflager war? Und wieso trägt seine Mutter den Geburtsort „Soda Kombinat“ im Pass? Als Kind von Russlanddeutschen wächst Fredy gareis mit vielen offenen Fragen auf.

Um endlich Antworten zu finden, macht er sich auf den Weg. Drei Monate fährt er quer durch Russland und versucht zu ergründen, was es mit diesem Land auf sich hat, von dem es heißt, dass man es nicht mit dem Verstand fassen kann, sondern nur mit dem Herzen. (Klappentext)

Rezension:

Blut ist dicker als Wasser und so macht sich der Journalist Fredy Gareis auf Spurensuche nach der Vergangenheit seiner Familie und fährt dabei Russland einmal quer durch. Mit nicht vertrauenswürdig aussehenden ausrangierten Militärfahrzeugen, russischen PKW oder auf Schienenspur der Transibirischen Eisenbahn.

Vorbei am Moskauer Vorort-Villenviertel, wo sich Politiker und Oligarchen die Klinke in die Hand geben oder auf die Straße des Todes. Mit Hilfe von Freunden und fernen Verwandten und Bekannten bringt er Stück für Stück Licht ins Dunkel seiner Vergangenheit, der Vergangenheit seiner Familie, die ihm seine Eltern und Großeltern nicht erklären konnten oder wollten.

Dabei entstand eine eindrückliche Momentaufnahme des vergangenen und des heutigen Russlands, in dem sich die Älterern ihrer Vergangenheit beraubt und einer unsicheren Zukunft ausgesetzt sehen und die Jungen gegen die zunehmende Einengung des putinschen Systems ankämpfen. Zumeist, in dem sie zwei Leben leben. Ein öffentliches und ein privates. Oder ins Ausland gehen.

Der Autor legt hier ein wunderschönes Länder-Portrait und eine berührende Familiengeschichte vor, wie sie vielleicht nicht wenige Russlanddeutsche haben und lässt dem Leser an seine Gefühlswelt wehrend der Reise teilhaben.

Ein ständiges Auf und Ab, Zweifel an der Reise, Entdeckungen, Seltsames und immer wieder die Geschichten der Menschen auch vor Ort. Wie sie leben, was sie denken. Und er zeigt, wie schnell der russische Staat alle „notwendigen“ Informationen zusammenhat, um über jeden der im Land lebt und durch das Land reist im Bilde zu sein.

Zwar ist dies nur ein kleiner Teil, eine Episode dieser Tour von Sankt Petersburg bis nach Magadan aber die Ereignisse reihen sich auf einer solchen Reise wie die Perlen einer Kette aneinander.

Der Schreibstil lässt einen ruhigen Lesefluss zu und nur den. Man hat den Eindruck als wolle der Autor den Leser bewusst an sein gemächliches Reisetempo anpassen, was aber eben schnell ermüdend sein kann.

Denn, nicht für jeden mag dessen Familiengeschichte interessant sein oder zumindest nicht alle Aspekte. So sind dann Längen vorhanden, die der Autor nicht verschuldet hat, da für ihn natürlich diese Reise und die Familiengeschichte eine ganz andere Bedeutung hat.

Kann man aber ganz gut und gerne mit 100 Gramm Wodka überprüfen. Denn, obwohl Alkoholismus im Riesenland ein Problem darstellt, heißt es, dass es sogar wohltuend ist, 100 ml Wodka täglich zu trinken. Wer mehr konsumiert ist ein Säufer.

Autor:

Fredy Gareis wurde 1975 in Alma-Ata geboren und ist in Rüsselsheim aufgewachsen. Nach Nebenjobs als Putzmann, Taxifahrer und Barkeeper stieg er in den Journalismus ein, nachdem er die Münchener Journalistenschule besucht hatte.

Als freier Reporter schrieb er für die Zeitung „Die Zeit“, den Tagesspiegel und war unterwegs für Deutschlandradio. Von 2010 bis 2012 berichtete er aus Israel und dem Nahen Osten.

Für seine Reportage „Ein Picasso in Palästina“ wurde er mit dem Journalistenpreis des Deutschen Kulturrats ausgezeichnet. Im Sommer 2015 machte er sich für eine Reportage auf der Suche nach Raubkunst (kunstjagd.de).

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Robert Galbraith: Die Ernte des Bösen

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Die Ernte des Bösen Comoran Strike – 3 Kriminalroman blanvalet Hardcover Seiten: 670 ISBN: 978-3-7645-0574-5

Inhalt:

Nachdem Robin Ellacott ein mysteriöses Paket in Empfang genommen hat, muss sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass es ein abgetrenntes Frauenbein enthält. Ihr Chef, der private Ermittler Cormoran Strike, ist ebenfalls beunruhigt, jedoch kaum überrschaft.

Gleich vier Menschen aus seiner eigenen Vergangenheit fallen ihm ein, die für die Tat verantwortlich sein könnten – und Strike weiß, dass jeder von ihnen zu skrupelloser, unaussprechlicher Grausamkeit fähig ist.

Während die Polizei sich auf den einen Verdächtigen konzentriert, der für Strike immer weniger als Täter infrage kommt, nehmen er und Robin die Dinge selbst in die Hand und wagen sich vor in die düsteren und verstörenden Welten der drei anderen Männer. Doch als weitere erschreckende Vorfälle London erschüttern, gerät das Ermittlerduo selbst mehr und mehr in Bedrängnis… (Klappentext)

Reihenfolge der Bücher:

Robert Galbraith: Cormoran Strike 1 – Der Ruf des Kuckucks

Robert Galbraith: Cormoran Strike 2 – Der Seidenspinner

Robert Galbraith: Cormoran Strike 3 – Die Ernte des Bösen

Robert Galbraith: Cormoran Strike 4 – Weißer Tod

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Rezension:

Man kann darüber streiten, ob es Absicht war oder nicht, dass man Joanne K. Rowlings Pseudonym kurz nach Erscheinen des ersten bandes entzauberte, feststeht, auch der dritte Band der Cormoran Strike Reihe ist der Autorin würdig.

Sie kann, ohne Abstriche, zwischen den Genres hin und her wechseln und auch diese Geschichte, die Cormoran Strike und Robin Ellacott in die finstere Vergangenheit des Privatdetektivs führt, hat es in sich.

Viel erfährt man über dessen Geschichte und über die Abgründe des Täters, deren Handlungsstränge parallel zueinander erzählt werden, das Beziehungschaos Robins zu ihrem künftigen Mann mal außen vorgelassen.

Drei Handlungen, die sich nach und nach miteinander verweben und schließlich eins werden, im Finale des Bandes. Erst in einem langsamen Tempo, welches erst gegen Ende Fahrt aufnimmt, wird die mühsame Kleinarbeit des Ermittler-Duos geschildert und spiegelt so sehr gut die Realität wieder.

Ermittlungsarbeit ist langwierig und mitunter mit vielen Rückschlägen verbunden. Für mich ganz klar ein Pluspunkt, müssen sich Leser und Strike erst einmal durchbeißen, um mit einem Ergebnis belohnt zu werden. Als Leser darf man nur froh sein, dass es sich dabei nicht um ein abgeschnittenes Bein handelt. Das zu lesen reicht vollkommen.

Ein packender, immer schneller wirkender Schreibstil, der auch dieses Mal dazu beigetragen hat, für mich zumindest, zu einer Steigerung der Geschichte zu führen. tatsächlich ist für mich dieser Band der bisher stärkste innerhalb der Reihe, auf deren Fortsetzung ich nun sehnsüchtig warte.

Schließlich möchte ich noch viel von Joanne K. Rowling, auch wenn sie hier Galbraith heißt, lesen. Einziges Manko, ja, das Cover aber das ist nebensächlich, da man ohnehin im Regal den Buchrücken nur sieht und zweitens die Geschichte ohnehin alles ausgleicht.

Ein schöner, stimmiger und manchmal erschreckend derb-brutaler Krimi aus England. Auf weitere Fälle mit Cormoran Strike.

Autorin:

Joanne K. Rowling wurde durch die Romane um den Zauberlehrling Harry Potter weltberühmt. Unter dem Pseudonym Robert Galbraith schreibt sie Krimis. Zudem arbeitete sie mit, an einem Theaterstück als eine Art Nachfolger der Harry-Potter-Romane und hat beim Drehbuch des in die Kino kommenden Filmes „Newt- Scamander – Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind“ mitgewirkt.

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Joseph O’Neill: Niederland

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Niederland Joseph O’Neill Rezensionsexemplar/Roman Rowohlt Taschenbuch Taschenbuch Seiten: 316 ISBN: 978-3-499-25227-3

Handlung:

Inmitten der Hysterie nbach dem 11. Septembver sucht der holländische Bankier Hans van den Broek nach einem neuen Leben in einer erschütterten Stadt. Er ist einsam, lebt verlassen von Frau und Kind unter den exentrischen Gestalten im legendären Chelsea Hotel. Doch dann lernt er Chuck Ramkisson kennen, einen dunkelhäutigen Westinder. Chuck ist einer der wenigen, die den amerikanischen Traum noch ungebrochen träumen und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.

Mit ihm macht Hans sich auf, ein ihm gänzlich unbekanntes New York zu entdecken und eine außergewöhnliche Freundschaft beginnt. Ein begeisterter und weiser Roman über New York, die Stadt, die eine Welt umfasst. (Klappentext)

Rezension:

Der Klappentext verspricht viel, was der Autor kaum halten kann dennoch liegt mit „Niederland“ ein Roman vor, der eine Brücke schlägt. Zwischen zwei Kontinenten, zwischen Menschen und städtischen Ansichten, die verschiedener nicht sein könnten.

Die Handlungsorte London und New York sind beides Schmelztiegel und Sammelpunkt unterschiedlicher Kulturen. Ein Mix von sonderbaren und besonderen Gestalten, der zu faszinieren mag. In dieser Welt bewegt sich Hans mit sicheren Schritt als erfolgreicher Angstellster und Analyst einer Großbank, doch beginnt gerade wärend seines Aufenthalts in New York der amerikanische Traum zu bröckeln.

Zwar schlägt noch nicht die Finanzkrise zu, doch die Großmacht bekommt erste Risse in ihrer Aura aus Unverwundbarkeit. Der Optimismus ist seit den Anschlägen ohnehin weggeblasen. In dieser Zeit trifft Hans auf den charismatischen Chuck, einem Westinder, der unbeirrt an den amerikanischen Traum zu glauben scheint, viel anpacken und umsetzen will.

Cricket hier als Fixpunkt zweier Menschen, deren Sicht auf die Welt anfangs nicht unterschiedlicher sein könnte. Hans beginnt sich immer mehr darauf zu fixieren wärend sein Privatleben ihm entgleited. Nicht ahnend, dass auch diese Traumwelt, wie so vieles in Amerika zerplatzt.

Joseph O’Neill hat mit „Niederland“ den Versuch gewagt, einen großartigen Amerika-Roman zu schreiben, was ihm leider gründlich misslungen ist.

Zwar ist der Schreibstil durchaus flüssig, die Handlung nachvollziehbar und die Protagonisten genug skurill für New York, erfolgsverwöhnt für London beschrieben, doch der überwiegende Teil des Werkes wird dominiert von schier endlosen Beschreibungen von Cricket, einer Sportart, die sich mir auch nach der Lektüre nicht erschließen will.

Die Sportart stellt hier einen Dreh-und Angelpunkt, Hauptaugenmerk dar, der leider vieles kaputt macht, insbesondere die Faszination, die die Geschichte um Chuck und Hans durchaus hätte einnehmen können. Denn die ist durchaus spannend, kommt aber leider viel zu kurz.

Ein Roman, der durchaus hätte auf dem Niveau von „Extrem laut und unglaublich nah“ landen können. Diese Chance aber hat der Autor vertan.

Autor:

Joseph O’Neill wurde als Sohn eines Iren und einer Türkim im Cork der 1960er Jahre geboren und verbrachte Kindheit und Jugend in den Niederlanden. Nach der Schule studierte er in Cambridge Jura und arbeite als Anwalt in London.

Später ließ er sich als freuer Autor in New York nieder. Der Schriftsteller ist verheiratet und hat drei Söhne. Sein Roman „Niederland“ ist sein drittes Werk. Dieses wurde im Jahr 2009 mit dem PEN/Faulkner Award ausgezeichnet.

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Lisa O’Donnell: Die Geheimnisse der Welt

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Die Geheimnisse der Welt Lisa O’Donnell Roman Dumont Hardcover Seiten: 255 ISBN: 978-3-8321-9779-7

Inhalt:

Der elfjährige Michael Murray lebt mit seiner Familie auf einer kleinen schottischen Insel. Jeder kennt hier jeden, und alle glauben, alles über die anderen zu wissen. Doch gibt es auch Geheimnisse – und Michael muss bald herausfinden, wie gefährlich sie sein können. Vor allem, wenn es dabei um die eigene Mutter geht. (Klappentext)

Rezension:

Wer nicht gerade in einer anonymen Großsstadt sondern etwas kleinstädtisch ländlicher lebt, kennt das Gefühl alle zu kennen und selbst von jedem erkannt zu werden. Wie intensiv muss diese Art zu leben auf einer kleinen Insel sein?

Die Murrays, eine durch Arbeitslosigkeit, Tristesse und den jeweiligen Problemen der einzelnen Personen gebeutelte Familie müssen bald die Negativ-Erfahrung eines solchen Daseins machen. Rosemary, Michaels Mutter wird auf dem Weg durch das nahe Wäldchen überfallen und vergewaltigt.

Fortan beschließt die Familie, niemanden etwas zu verraten um Klatsch und Dorf-Tratsch zu entgehen. Und der elfjährige Michael wird plötzlich zum Träger dieses Geheimnisses, welches um so schwerer auf seinen Schultern lastet als es eine weitere Frau beinahe Opfer wird.

Eigentlich wächst Michael behütet auf, trotz aller Probleme, die seine Familie so schon hat aber in den turbulenten Zeiten der Thatcher-Jahre geht es niemanden richtig gut. Jeder ist betroffen. Doch mitder Entdeckung des Geheimnisses seiner Mutter bricht für ihn das ohnehin labile Konstrukt heiler Welt zusammen, welches die Erwachsenen um ihn herum aufgebaut haben.

Der Elfjährige sieht zum ersten Mal, das Erwachsene auch an überdimensionierten Problemen zerbrechen können und es aus manchen Situationen so schnell einen Ausweg nicht gibt. Dazu kommen seine eigenen Freunde, vor denen er plötzlich ein Geheimnis bewahren muss, welches zu groß für ihn ist und jedem, der darum weiß. Und er droht daran, wie seine Mutter zu zerbrechen.

Es ist ein starker Roman, den Lisa O’Donnell hier vorlegt mit nicht unbedingt leichter Kost. Ein Plädoyer dafür, offen zu sein, die Wahrheit zu sagen auch wenn sie schmerzlich ist und für die Liebe und Kraft, die eine Familie schenken kann.

Es ist ein Aufruf, in schwierigen Situationen zusammen zu halten und zu helfen, bei Problemen aufeinander zu zugehen und sich, ja, auch helfen zu lassen.

Ein Roman mit einer traurigen erschreckenden Thematik, die man keinem Menschen wünscht, sie jemals am eigenen Leib zu erfahren aber auch eine Geschichte, in der immer wieder Witz und Humor zum Vorschein kommt. Oder zumindest im Form vom Schmunzeln über bestimmte Eigenheiten der Charaktere der Dorfgemeinschaft.

Nichts ist so stark wie der Zusammenhalt einer Familie und besonders in schweren Zeiten kann es gelingen dadurch Halt zu finden und sich gegen Erdrückendes zu wehren. Lisa O’Donnell kommt dabei nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, offenbart aber Konflikte, denen die Opfer von Vergewaltigungen durch unserer Gesellschaft ausgesetzt sind.

In Form der Protagonisten, besonders Rosemary und Michael, die einem sofort sympathisch sind, zeigt sie, wie schwer es ist mit dem gesellschaftlichen Ansichten umzugehen und das, egal wie man handelt, es keinen richtigen aber viele falsche Wege gibt. Am Ende ist jedoch nur wichtig, dass man zusammenhält und füreinander da ist.

Ein schöner, trauriger, lebensbejahender toller Roman.

Autorin:

Lisa O’Donnell ist Drehbuchautorin und Schriftstellerin und wurde für Ihr Drehbuch „The Wedding Gift“ mit dem Orange Screenwriting Prize ausgezeichnet. Ihr Debutroman „Bienensterben“ erschien 2013 im DuMont-Verlag. Auch dieses wurde ausgezeichnet. Mit ihrer Familie lebt sie in Schottland. „Die Geheimnisse der Welt“ ist ihr zweiter Roman.

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Kristina Ohlsson: Fredrika Bergmann 5 – Papierjunge

Papierjunge Book Cover
Papierjunge Kristina Ohlsson Roman Limes Hardcover Seiten: 572 ISBN: 978-3-8090-2640-2

Inhalt:

In der Nacht erwacht er zum Leben, erwählt ein Kind und verschwindet mit seinem Opfer in der Dunkelheit. Der Papierjunge. Eigentlich glaubt niemand an die jüdische Sagengestalt – bis an einem eiskalten Wintertag in Stockholm eine Erzieherin vor den Augen von Schülern und Eltern erschossen wird und wenig später zwei Kinder verschwinden.

Fredrika Bergman und Alex Recht stoßen bei ihren Ermittlungen auf die alte Legende und müssen sich bald fragen, ob der Papierjunge tatsächlich etwas mit den Vorfällen zu tun haben könnte. Ihre Untersuchungen führen Fredrika nach Israel, wo sie mit einem grausamen Verbrechen aus der Vergangenheit konfrontiert wird… (Klappentext)

Reihenfolge der Bücher:

Kristina Ohlsson: Fredrika Bergmann 1 – Aschenputtel

Kristina Ohlsson: Fredrika Bergmann 2 – Tausendschön

Kristina Ohlsson: Fredrika Bergmann 3 – Sterntaler

Kristina Ohlsson: Fredrika Bergmann 4 – Himmelschlüssel

Kristina Ohlsson: Fredrika Bergmann 5 – Papierjunge

Kristina Ohlsson: Fredrika Bergmann 6 – Sündengräber

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Rezension:

Ohne die sonst dem Schweden-Krimi anhängende melnacholische Schwere ist Kristina Ohlsson mit „Papierjunge“ ein faszinierend spannender Krimi gelungen, der es in sich hat, zumal der Leser gleich ins kalte Wasser geworfen wird.

Eingeführt in die Legende des „Papierjungen“ geschehen ein paar Jahrzehnte, ein Kapitel später, die ersten grausamen Morde an zwei zehnjährige Jungen, die fortan das Ermittlerteam um Alex Recht in Atem halten. Sind sie doch nichts weniger als ein Frontalangriff auf die jüdische Gemeinde in Stockholm, Schweden, einen Land, welches seit über zweihundert Jahren keinen Krieg auf eigenem Boden gesehen hat.

Bald darauf stößt die schwedische Polizei auf eine Mauer aus Legenden, dem Interessensgebieten der Geheimdiensten und verdeckten Operationen und Racheakten, ohne diese durchbrechen zu können.

Die Befragung der Eltern der ermordeten Kinder führ ebenso in Sackgassen, wie die Verfolgung eines Mossad-Agenten, der ganz eigene Pläne hat. Darüber schwebend die Angst, dass der Papierjunge bald wieder zuschlagen könnte. Schließlich tut er es.

Alex Recht und Fredrika bergman stellen sich immer neue Fragen, auf die es keine Antworten, vielmehr noch mehr neue Fragen zu geben scheint, bis sich für die Polizisten aus einer Vernehmung heraus eine heiße Spur ergibt. Doch, der Papierjunge ist schneller. Ein sich flüssig lesender, spannender Krimi, der die Leser mitnimmt in eine Welt der Legenden udn Intrigen, ins winterliche Stockholm und ins warme Israel.

Im Gegensatz dieser zwei Welten, die eine praktisch an hundertprozentige Sicherheit gewöhnt, geschockt durch den Umstand zweier Morde, die andere, in der Tod, Krieg und Terror beinahe alltäglich sind.

Kristina Ohlsson schafft es, diese Gegensätze glaubwürdig zu verweben und die Konflikte von Geheimdiensten und Behörden zwei so unterschiedlicher Länder darzustellen.

Der „Papierjunge“ wirft die Leser mit ihren Gefühlen hin und her, wie in der Trommel einer Waschmaschine, so dass die Auflösung vielleicht zu überraschen vermag aber in jedem Falle nachdenklich macht. Wie weit geht ein Mensch, wenn er von Rachegefühlen getrieben wird? Mit welcher Geduld, mit welchen Mitteln? Wo liegen die Grenzen und wann ist die Grenze zwischen politischen und persönlichen Konflikt überschritten? In Israel/Palästina wird sie es jeden Tag.

Ihre Erfahrungen als Angestellte im schwedischen Außen- und Verteidigungsministerium macht sich Ohlsson zu Nutze und verwebt faszinierend Handlungsstränge, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Der Leser wird in die Geschichte eingesogen und muss diese dann selbst entwirren, weiß an einer Stelle mehr als die Ermittler, auf der nächsten Seite dann wieder viel zu wenig.

Ein spannender moderner Krimi, der dem Ruf des Landes, zumindest literarisch eine unglaubliche Vielzahl an Morden und Verbrechen alle Ehre macht.

Autorin:

Kristina Ohlsson wurde 1979 in Kristianstad geboren und arbeitete nach ihrem Studium der Politikwissenschaften im schwedischen Außen- und Verteidigungsministerium als Expertin für EU-Außenpolitik und Nahostfragen.

Bei der nationalen schwedischen Polizeibehörde ebenso und als Terrorismusexpertin bei der OSZE in Wien. 2009 veröffentlichte sie ihren Debütroman „Aschenputtel“, mit dem ihr der Durchbruch als Autorin gelang. Die Reihe um die Polizisten Alex Recht und Fredrika Bergman wurde ein internationaler Erfolg. 2013 schrieb sie ihr erstes Jugendbuch, welches ein Jahr später in Deutschland erschien.

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Jona Oberski: Kinderjahre

Kinderjahre Book Cover
Kinderjahre Jona Oberski Rezensionsexemplar/Roman Diogenes Hardcover Seiten: 149 ISBN: 978-3-257-06962-4

Inhalt:

Die Kinderjahre von vier bis sieben, die am soglosesten sein sollten, erlebte Jona Oberski im Grauen von Bergen-Belsen. Mit seiner einzigartigen, ergreifenden Schilderunmg nimmt er die Perspektive des Kindes ein, das nichts begreift, doch alles Geschehen registriert und einzuordnen versucht. Ein existentielles Buch. (Klappentext).

Rezension:

Jona ist vier Jahre alt und wird eines Tages aus dem Schlaf geschreckt. Laut schreiende Männer sind in der Wohnung und befehlen den Eltern, Sachen zu packen und der Junge begreift in der Hektik nur eines, dass sie auf eine Reise ins Ungewisse gehen werden.

Für Jona eher ein Abenteuer, aber die Angst seiner Eltern, die ihn dennoch immer versuchen abzulenken, färbt auf ihn ab und so beginnt für den Jungen eine Irrfahrt, erst nach Westerbrok, später nach Bergen-Belsen. Dort ist er in aller Deutlichkeit mit der Grausamkeit des Krieges konfrontiert.

Der Hund vom deutschen Wachmann wirkt auf den Kleinen wie der Wolf von Rotkäppchen. Jona versucht dennoch den Schrecken als Alltag wahrzunehmen, hängt sich an seiner Mutter, die er bald als nur noch einzige Bezugsperson haben wird, „spielt“ mit den anderen Kindern im Lager und entkommt dennoch nicht dem Schrecken, der sich in Tod und Krankheit zeigt.

Nicht zuletzt für ihn unmittelbar bei seinen Eltern. Das Kind, welches äußerlich noch klein ist, wird im Innersten schnell zum Erwachsenen und begreift mehr als die selbigen für gut und ausreichend halten. Jona lernt in seiner kindlichen Art und Weise zu überleben.

Dies ist die wahre Geschichte des Autoren, der mit „Kinderjahre“ die wichtigste und egreifenste Lebenststation in Buchform vorgelegt hat. Und das bereits 1973.

Warum dies so lange gedauert hat, bis es diese wahre Geschichte, die so ergreifend und bedrückend ist, wie die von Anne Frank, nach Deutschland geschafft hat, mag man sich bei der Lektüre fragen und ist dennoch froh, dass sie überhaupt erzählt werden kann. Schluießlich hat es der Autor geschafft, zu überleben.

Umsorgt von seinen Eltern und von gutmeinenden Menschen, schafft er es der Hölle des Lagers zu überstehen, um später in der Nachkriegszeit der Niederlande seinen Weg fortzusetzen.

Die eindrückliche, fast erdrückende Schreibweise nimmt den Leser auf den Weg durch eine Kindheit mit, die eigentlich zur schönsten Zeit des Lebens zählen sollte. Tatsächlich ist diese Geschichte schön, weil man weiß, dass es diese des Autoren ist, er überlebt hat, doch das Szenario um ihn herum ist erschütternd und einfach nur schrecklich.

Eine Art „Das Leben ist schön“ auf Niederländisch und aus Kindersicht geschrieben, die doch mehr begreift als die Erwachsenen, die alle selbst kämpfen, wahrhaben wollen. Ein wichtiges, interessantes Buch, welches noch nach dem Lesen beschäftigen wird. Auf, dass kein Kind mehr solch eine Hölle erleben muss.

Autor:

Jona Oberski wurde 1938 in Amsterdam geboren und war als Physiker an einem Forschungsinstitut für Nuklear- und Teilchenphysik tätig. Sein autobiographischer Roman „Kinderjahre“ erschien in den Niederlanden erstmals 1978 und erzählt aus der Sicht seiner Kindheit über sein Erleben von Krieg, Deportation und Konzentrationslager. Das Werk wurde später verfilmt, 2016 ins Deutsche übersetzt.

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Henry Winterfeld: Timpetill – Die Stadt ohne Eltern

Timpetill - Die Stadt ohne Eltern Book Cover
Timpetill – Die Stadt ohne Eltern Roman Heyne Taschenbuch Seiten: 288 ISBN: 978-3-4535-3440-7

Inhalt:

Die beschauliche Kleinstadt Timpetill ist fest in der Hand der Piraten, einer Bande wilder Jungs und Mädchen, die alles durcheinander bringen. Eines Tages allerdings treiben sie es zu bunt.

Als Kater Peter, dem die Piraten einen Wecken an den Schwanz binden, halb Timpetill verwüstet, haben die Erwachsenen entgültig genug: Sie verlassen die Stadt – und ihre nervenaufreibenden Kinder. Die müssen nun selbst schauen, wie sie klarkommen. Es werden die aufregendsten Tage ihres Lebens.

Rezension:

Henry Winterfelds Erstlingswerk muss schon etwas ganz besonderes sein, wenn auf den antiquarischen Markt Preise von 250,00 Euro aufwärts erzielt werden, ohne das zum Verkauf angebotene Exemplar vorher mal in den Händen halten zu können.

Tatsächlich wurde der Roman in den 50er und 60er Jahren der Bundesrepublik noch verlegt, verschwand dann lange Zeit in der Versenkung und erst seit Juli 2013 ist dieses Werk wieder zu einen erschwinglichen Preis zu erwerben.

Gesorgt dafür, hat RandomHouse, genauer gesagt der Heyne-Verlag und natürlich musste ich zugreifen, zumal hier ja schon seit längeren davon geschwärmt wurde. Nun also, konnte ich mir selbst ein Bild machen.

Welches Kind gerät nicht einmal in Situationen, in denen es sich seine Eltern sonst wohin wünscht, ist aber dennoch froh, dass dieser Fall dann doch nicht eintritt, doch genau das passiert den jüngsten Bewohnern des kleinen Städtchens Timpetill.

Allerdings nicht freiwillig. Die Eltern, entnervt von den Streichen der „lieben Kleinen“, ziehen die Konsequenz und fortan sind die Sprösslinge ganz auf sich allein gestellt. Mit allen Konsequenzen. Vermeintlich Positive, wie „keine Schule“ oder „keine Aufgaben“, aber eben auch ohne Wasser, Strom und Essen.

Schuld daran sind die Piraten, berüchtigte Kinderbande, die es wieder einmal zu weit getrieben haben und ganz froh darüber sind, nun ohne Eltern leben zu können, während der mutige Thomas und sein Freund Manfred der Erfinder „Geheimrat“ das sich anbahnende Chaos kommen sehen und mit aller Kraft die Stellung halten wollen, bis die Eltern wiederkommen.

Zwei Lager, die sich spinnefeind sind und fortan um die Oberhand in Timpetill kämpfen, mal „nur“ verbal, aber auch mit harten Bandagen. So entwickelt sich eine spannende Kindergeschichte, aufgelockert durch aufwendige Zeichnungen der beschriebenen Szenen, die sich sehr gut lesen lässt, von Kleinen wie von Großen.

Man fiebert mit den Protagonisten mit, freut und ärgert sich, schüttelt den Kopf um im nächsten Moment der einen, wie auch der anderen Figur insgeheim Recht zu geben und versinkt in diese Welt als würde man selbst zu den Piraten oder den Kindern um Thomas, Manfred und Marianne gehören. Und alleine des Effektes willen, lohnt es sich schon, den Roman zu lesen.

Doch, nicht nur deshalb. Winterfeld schreibt vielschichtig. Über seine Zeit, der aufkommenden Umwälzungen in Deutschland, die genau so mit Chaos und Straßenschlachten begannen und schließlich in die Katastrophe führten und auch die Alltagserlebnisse seines Sohnes Thomas‘ bindet er mit ein.

Für den hatte er ursprünglich diese Geschichte entwickelt und ihn hiermit zumindest in seiner Phantasie gleichsam zu einen Helden gemacht. Vielleicht gab es auch im Leben des echten Thomas eine Kinderbande, die ihm das Leben schwer machte? Wer weiß dass schon?

Vielleicht interessierte sich Thomas schon in seiner Kindheit für Technik, wie die Figur des Manfred, im Buch sein bester Freund? Möglich wäre es, Thomas wurde später Ozeanograph. Insofern ist diese Geschichte gleichsam ein mehrfaches Juwel, Eine gelungene Mischung aus Autobiographie und Phantasie, aus real Erlebten, Wünschen und Ängsten.

Nur einen Unterschied gibt es. In der Geschichte gelingt es „Thomas“ die Ordnung, die die Kinder durcheinander gebracht hatten, auf friedliche Weise binnen Tagen wieder herzustellen. In Europa tobte der Krieg noch bis Mitte 1945.

In der Neuausgabe existiert zudem noch ein Nachwort von Boris Koch. Unbedingt wirklich erst danach lesen. Es lohnt sich.

Autor:

Henry Winterfeld wurde 1901 in Hamburg geboren als Sohn des Dirigenten und Künstlers Jean Gilbert (eigentlich Max Winterfeld). Giberts Söhne studierten ebenfalls Musik, emigrierten während der Machtübernahme Hitlers in die USA. Henry Winterfeld lebte bis zu seinem Tod als Jugendschriftsteller und Filmautor in Maine, USA, wobei er seine Werke hauptsächlich in deutscher Sprache verfasste.

Im Jahre 1933 erfand Winterfeld für seinen damals zehnjährigen an Scharlach erkrankten Sohn Geschichten mit täglich einer Episode. So entstand sein erstes Buch „Timpetill – Die Stadt ohne Eltern“ welches er mit eigenen Scherenschnitten illustrierte. Verlegt wurde es erstmals 1937 unter den Pseudonym Manfred Michael.

Danach musste er aus den bedrohten Frankreich fliehen und zog zu Verwandten in die USA, deren Staatsbürgerschaft er 1946 annahm. 1953 erschien sein zweites Buch „Caius ist ein Dummkopf“. Sein Werk „Timpetill – Die Stadt ohne Eltern“ ist Pflichtlektüre an französischen Schulen und wurde 2007 verfilmt.

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Winterberg, Yury/Sonya: Kleine Hände im Großen Krieg – Kinderschicksale im Ersten Weltkrieg

Kleine Hände im Großen Krieg Book Cover
Kleine Hände im Großen Krieg Sachbuch Aufbau Verlag Hardcover Seiten: 368 ISBN: 978-3-351-03564-8

Thema:

„Was nützt es, ein Kind zu sein, wenn Krieg ist …“ Die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, der Erste Weltkrieg, hat die Menschheit in einen Ausnahmezustand versetzt. Dazu gehörte auch die Generation der Kinder, deren Schicksale in diesem Buch erstmals erzählt werden. Kindersoldaten kämpften im Ersten Weltkrieg zu Tausenden in fast allen Armeen.

Allein in England waren es etwa 250 000. Aber es gab auch die minderjährigen Kriegskrankenschwestern und viele Kinder, die die Grausamkeiten der Besatzung erleben mussten: 100 Jahre nach seinem Beginn wird die Geschichte des Ersten Weltkrieges anhand ihrer Tagebücher und Briefe völlig neu erzählt.

Dabei kommen auch Prominente zu Wort, die im Ersten Weltkrieg heranwuchsen, unter ihnen Simone de Beauvoir, Marlene Dietrich, Heinz Erhardt, Alfred Hitchcock und Anaïs Nin. (Amazon.de)

Rezension:

Als das hundertste Gedenkjahr näher rückte, machte sich ein Autorenteam daran, anhand von Tagebüchern ddie Schicksale Beteiligter am Ersten Weltkrieg nachzuspüren und stieß auch auf drei schriftliche Zeugnisse aus Kinderhänden. Diese sollten mit in die Fernsehserie „Tagebücher des ersten Weltkrieges“ eingeflochten werden, doch würde das funktionieren?

Wären solche Schriften überhaupt eine ernstzunehmende und stichhaltige Grundlage für eine ernsthafte Aufarbeitung? Die Redakteure hatten Bedenken und die beteiligten Senderanstalten auch, trotzdem stieß man nach und nach auf weitere Tagebücher von Kindern und Jugendlichen, so dass man schließlich beschloss, diesen eine eigene Serie zu widmen.

Die kam dann auch, acht Folgen auf ARTE. Doch das Material gab viel mehr her als dass man es hätte unbeachtet lassen können und so entstand unter Federführung von Sonya und Yury Winterberg dieses Buch. Treffender hätte der Titel nicht sein können. Der Erste Weltkrieg war der erste Krieg, der nicht auf einem eng begrenzten lokal wahrnehmbaren Raum stattfand sondern Länder überall in einem Strudel der Gewalt riss und mit ihnen auch eine ganze Generation von Kindern.

Für diese sollte nichts mehr so sein, wie vorher. Egal, ob sie in Serbien oder in den Gebieten Belgiens lebten, wo später Franzosen und Deutsche praktisch in Schützengräben kämpften oder in den riesigen Weiten des Russischen Reiches lebten.

Einige von ihnen kämpften sogar, obwohl minderjährig, an forderster Front mit und von diesen und jenen berichten die Winterbergs nur aufgrund von Tagebüchern eben dieser Kinder. Trotzdem bewahren sie, wo sich die Schreiber irrten, historische Richtigkeit und blicken zudem über den Tellerrand.

Keine Seite des Krieges wird ausgespart, Tagebücher von Kindern aus aller Welt zu Rate gezogen. Spannender und zugleich erdrückender kann Geschichte kaum sein. Egal, ob von dem damaligen Londoner Schuljungen Alfred Hitchkock die Sprache ist oder vom russischen Zarewitsch Alexej oder von einfachen ellsässischen Bauern- oder belgischen Dorfkindern.

Die Kinderschicksale, die in der Serie erzählt werden, kommen im Buch nicht vor, dieses berichtet dafür ausführlicher, vielseitiger und kritischer.

Es hinterfragt die Tagebücher, sucht Verknüpfungspunkte zwischen den Kindern, die sich nicht einmal kannten und zeigt, dass ein jedes dieser Jungen und Mädchen den Ersten Weltkrieg auch ein klein wenig mit beeinflusst hat und der Krieg umgekehrt und um so mehr natürlich die Kinderseelen.

Gerade heute, wo es wieder viele Kindersoldaten (Über 250.000 Kinder waren es im Ersten Weltkrieg in der Britischen Armee. Eine Tatsache, die erst spät aufgearbeitet wurde.) überall auf der welt gibt, wo viele Kinder vor den von den Erwachsenen geführten Kriegen flüchten müssen, ist dieses Buch sehr aktuell.

Denn, durch Krieg gewinnt man nicht unbedingt etwas, zerstört aber auf jeden Fall. Und als erstes und am längsten sind immer Kinder davon betroffen.

Autoren:

Yury Winterberg wurde 1965 in Radebeul geboren und ist ein deutscher Schriftsteller und Drehbuchautor. Er studierte Psychologie an der TU Dresden und arbeitete dort eine Zeit lang als wissenschaftlicher Assistent. In den 1980er Jahren veröffentlichte er erstmals eigene Texte und nach der Wende arbeitete er als Zeitungsredakteur bei den späteren „Dresdner Neueste Nachrichten“.

Für kurze Zeit war er außerdem für den MDR-Hörfunk tätig sowie für die SPD als Kulturreferent im Sächsischen Landtag. 1993 machte er sich selbstständig und schrieb Drehbücher für Dokumentationen und Dokudramen der Öffentlich-Rechtlichen Sender. Sein Schwerpunkt ist das Thema „Zeitgeschichte“.

Sonya Winterberg wurde 1970 geboren und machte 1989 ihr Abitur auf dem Schwedischen Gymnasium Borga in ihrer Geburtsstadt Provoo/Finnland. Später zog sie nach Deutschland um Skandinavistik, Germanistik und Philosophie in Freiburg/Breisgau zu studieren. Nachdem sie für eine Umweltorganisation arbeitete, folgte ein mehrjähriger Aufenthalt in den USA.

In zweiter Ehe ist sie mit Yury Winterberg verheiratet. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich sozialer Arbeit für mehrere Organisationen und in der Fotografie. Sie ist eine Vertreterin des sog. Slow Jouernalism, der sich der sorgfäktig echerchierten langfristigen Auseinandersetzung mit Themen widmet.

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