Mittelalter

Anthony Bale: Reisen im Mittelalter

Inhalt:

Ob Pilgerinnen oder Kaufleute, Ritter, Mönche oder Spione – die Leidenschaft für das Reisen packte die Menschen bereits im Mittelalter. Getrieben von Fernweh und Abenteuerlust die einen, auf der Suche nach religiöser Erleuchtung oder Ruhm auf dem Kreuzzug die anderen. Für alle war der Weg lang und gefährlich, gute Vorbereitung und Reiseführer mit Tipps für Rast und Übernachtung und Hinweisen auf Gefahren waren unerlässlich.

Anthony Bale nimmt uns mit auf eine Reise nach Nürnberg und Aachen, nach Paris und Rom, in das von Touristen bevölkerte Venedig und nach Rhodos. Wir erkunden Konstantinopel und Jerusalem und gelangen bis in die sagenhaften Länder der Amazonen, Riesen und Fabelwesen, nach China, Äthiopien und Indien. Ein farbiges Panorama der mittelalterlichen Welt, gesehen durch die Augen derer, die sie bereisten. (Klappentext)

Rezension:

Als Martin Behaim, Kaufmann und Seefahrer, einen der ersten europäischen Versuche präsentierte, die ganze Welt auf einem physischen Globus darzustellen, war dieser bereits überholt, doch konnte sich damit Nürnberg als prosperierender Handelsplatz präsentieren. Heute noch erhalten und im Germanischen Nationalmuseum von Nürnberg zu besichtigen, zeigt der Globus uns die mittelalterliche Welt als Produkt dieser besonderen Konstellation von Zeit und Ort. Ein Blick darauf offenbart die Sicht auf die Welt, in der die Menschen schon damals im regen Austausch zueinander standen. Der Historiker Anthony Bale folgt ihren Spuren und nimmt uns mit auf eine ebenso spannende, wie abenteuerliche Zeitreise.

Entlang historischer Reiseberichte entfaltet der Autor eine Welt, in der Reisen noch mit Abenteuer verbunden, dennoch nicht weniger durchorganisiert war, als heute. Auf unterschiedlichen Pfaden und Handelsrouten begegnen wir dabei Menschen, die Handel trieben und zu einer der ersten Vernetzungen der Welt beitrugen, Pilger, Missionare, Ritter und Kämpfer für ihren Glauben und entdecken die ersten Touristen, die nur für sich selbst unterwegs waren und dabei auf allerhand Erstaunliches stießen.

Damals, so erfahren wir, in den nach Routen und Zielen unterteilten Kapiteln, war Reisen mit zahlreichen Schwierig- und Unwägbarkeiten verbunden. So konnte eine Flaute auf See die Menschen zum Innehalten zwingen, Brief und Siegel eines Königs jedoch dabei helfen, Grenzen zu überwinden. Der Historiker zeigt anhand zahlreicher Beispiele die sich verändernden Sichtweisen Fremder auf Gegenden und Orte, die sie bereisten, aber auch, dass Reiseberichte von damals immer eine Mischung aus Wahrheit und Fiktion, sowie politischer und religiöser Standpunkte waren.

Anhand gleichsam philosophischer Überlegungen erläutert Bale Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Reiseetappen damals und heute. Warum reisen wir? Was macht dies mit uns? Welche Ziele haben wir? Was bleibt nach der Reise selbst? Die Gedanken dazu bilden das tragende Konstrukt nebst zahlreicher historischer Überlieferungen für dieses spannende Sachbuch, welches zudem nicht nur die Sichtweise damaliger Reisenden erläutert, sondern auch jener, die sie besuchten. Dabei bleibt Bale nicht eurozentrisch verhaftet, erläutert auch das Unterwegssein aus anderen Teilen der Welt heraus.

Spannend vermischen sich historische Reiseberichte, philosophische Überlegungen, die ergänzt werden mit einer ausführlichen Quellenangabe und Personenregister zu einem bunten Portrait des Unterwegssein in damaliger Zeit. Auf den Spuren von venezianischen Kaufleuten wie Marco Polo, ehrwürdigen Mönchen und doch zahlreichen Frauen wie Margery Kempe, für die das Reisen noch ganz andere Herausforderungen bereithielt, bewegt sich dieses kurzweilige Sachbuch, welches sprachlich schön, sowohl von an der Historie als auch am philosophischen Aspekt des Reisens Interessierten gelesen werden kann.

Autor:

Anthony Bale wurde 1975 geboren und ist ein britischer Historiker. Er lehrt Mittelalterstudien am Birkbeck College der University of London und erhielt 2011 den Philip Leverhulme Prize für herausragende junge Wissenschaftler. 2019 war er Fellow der Harvard University. Für sein Buch ist er den Routen mittelalterlicher Globetrotter gefolgt.

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Matthias Egeler: Elfen und Feen

Inhalt:

Dieser Band bietet kompetent und unterhaltsam einen Überblick über Geschichte und Geschichten der Elfen und Feen von ihren Ursprüngen in keltischen und nordischen Mythen bis in die Welt der isländischen „Elfenbeauftragten“ und von Harry Potter. Mal verstörende, mal zauberhafte Begegnungen mit Naturgeistern oder Gestalten wie etwa den Herrinnen von Avalon (Artussage), mit Elrond und Galandriel (Herr der Ringe), Titania und Oberon (Mittsommernachtstraum) oder auch Peter Pan verheißen Abenteuer und Lesevergnügen.

Zugleich wird deutlich, wie jede Epoche ihre eigenen Feen und Elfen hervorgebracht hat – und in den sich wandelnden Vorstellungen vom Übernatürlichen erkennen wir die Ängste und Sehnsüchte der jeweiligen Zeiten bis in unsere Tage. (Klappentext)

Rezension:

Heute ein fester Bestandteil der westlichen Populärkultur, haben seit ihrem Ursprung in der nordischen und keltischen Mythologie Elfen und Feenfiguren einen Wandel durchgemacht, der auf uns blicken lässt, die wir von ihnen erzählen. Dies gilt für ihre Gestalt, ebenso für ihre Fähigkeiten oder auch Rolle in unseren Gesellschaften. Jede Epoche hat eine eigene Anderwelt. Auf eine Reise durch die Geschichte bis zur Gegenwart nimmt uns der Autor Matthias Egeler mit und wirft damit auch einen Blick auf uns selbst.

Wenn es um Mythen und Legendengestalten geht, muss ein Rahmen abgesteckt werden, innerhalb dessen man sich orientiert, sonst ist die Gefahr sich zu verzetteln zu groß, gibt es doch von allen Geschichten regionale oder zeitlich zu verortende Varianten, weshalb sich der Experte für Altskandinavistik auf sein Fachgebiet konzentriert. Viele andere Figuren, mit denen man sich etwa im Mittelalter oder noch früher Naturphänomene oder Schicksalsschläge wie Krankheiten erklärt hat, hier nicht behandelt werden. Diese Beschränkung tut dem kompakt gehaltenen Sachbuch gut, gibt es doch immer noch genug Stoff zu erzählen.

Zwei Themenkomplexe werden hier abgebildet, zum einen der geschichtliche Wandel des Feenmythos im keltischen Raum, zum anderen der Bogen von den Gehöft ansässigen Elfengestalten im nordischen Island bis hin zur „Elfenbeauftragten“, die ursprünglich nur für den Tourismus eine Karte der verorteten historischen Plätze, derer man diesen Figuren auf dieser Insel zuspricht, zeichnen sollte.

Spannend wird hier beschrieben, wie Mythengestalten früher genutzt wurden, sich Krankheiten oder Kindersterblichkeit zu erklären, aber auch wie deren Rollen sich im Laufe der Zeit verändert haben. Mit zunehmender Modernisierung nahmen Kunst und Kultur der Anderwelt Macht und Einfluss, erst viel später etwa kam es zur Rückbesinnung auf die alten Geschichten.

Matthias Egeler räumt dabei auch Nebenkriegsschauplätze populärer Diskussionen auf Social Media auf, wenn es etwa um die Gestalt von Elfen und Kobolden der Harry Potter Filme und Bücher geht, ohne diese Auseinandersetzung explizit zu erwähnen, zeigt aber auch was Tolkin und andere bewirkt haben, aber auch wie die Theosophie ihre Zeichen gesetzt hat, bis hin zu gefälschten Fotos und Träumereien.

Zumindest letztere haben ein längeres Leben und so wird die Geschichte, wie sie Matthias Egeler zu erzählen weiß, wohl auch künftig fortgesetzt werden können. Dieses durchaus für den Verlag ungewöhnliche, jedoch gut recherchierte Sachbuch ist ein guter Einstieg in diese Welt.

Autor:
Matthias Egeler studierte zunächst Indologie, Nordistik und Indogermanistik, bevor er verschiedene Stationen in Oxford, Cambridge und München durchlief. An der Goethe-Universität Frankfurt/Main lehrt er als Professor für Altskandinavistik. Zu seinen Forschungsgebieten zählen die altnordische Literatur- und Kulturgeschichte, sowie des mittelalterlichen Irlands.

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Jochen Oppermann: Unglückliche Thronfolger

Inhalt:

Sie sind die Söhne von Alexander dem Großen, Julius Ceasar und Napoleon. Als Haupterben gewaltiger Reiche und ungeheurer Macht scheint ihnen die Welt zu Füßen zu liegen. Dennoch gelang es ihnen aber nie, auf die Sonnenseite der Geschichte zu treten. Doch woran lag das? Warum hatten sie keine Chance, zu den ganz Großen der Geschichte zu werden?

Anhand bisher weitestgehend unbeachteter Quellen beschäftigt sich das Buch erstmals mit diesen Fragen. Hinter den bloßen geschichtlichen Fakten ihrer Epoche werden auf diese Weise junge Menschen mit all ihren Hoffnungen, Träumen und Fehlern sichtbar. Sie erlebten Zeiten relativer Unbeschwertheit des Glücks, die von einem zum anderen Moment in ihr Gegenteil umschlagen konnten. Je nachdem, wie es das Schicksal „wollte“. (Klappentext)

Rezension:

Von Anfang an ein Spielball der Interessen wurde der Sohn Alexander des Großen etwa 13 Jahre alt, bevor er sterben musste. Auch einem Namensvetter, Alexej, der Sohn des letzten Zaren, erwartete viele Jahrhunderte später, ein grausamer Tod. Einer von vielen, völlig sinnlose Opfer von Zeitenwenden, der Taten ihrer Väter und daraus resultierender Folgen, manchmal auch ihres eigenen Charakters, wie etwa im Fall des Sohns von Napoleon. Nie war es ihnen, wenn überhaupt nur pro forma, symbolisch und für zu kurze Zeit, vergönnt, die ihnen zugedachte Rolle anzunehmen und auszufüllen.

Der Lehrer und Autor Jochen Oppermann hat sich mit einigen der Thronerben beschäftigt, deren Leben unglücklich verlaufen und eng mit den Umbrüchen von Epochen verbunden sein sollte. Herausgekommen ist dabei eine vielschichtige Sammlung von Kurzporträts, die uns durch die vergangenen Jahrtausende führen, ein jedes symptomatisch für seine Zeit.

In chronologischer Reinfolge arbeiten wir uns durch die Epochen, beginnend in der Welt der frühen Antike, bis hinein ins 20. Jahrhundert. Die Zeitspanne ist groß, die Auswahl an näher zu betrachteten Biografien muss begrenzt bleiben, um den Überblick zu waren, zudem zunächst ziemlich wage gehalten.

Gerade über die frühzeitlichen Figuren ist viel zu wenig bekannt, doch dank der kompakt gehaltenen Schreibweise muss sich der Autor nicht in Spekulationen ergehen, sondern hat gut lesbare und kurzweilig spannende Übersichten gehalten, die uns in die jeweiligen Epochen einführen und den Umständen, denen sich die einzelnen Thronfolger, bedingt der Historie zumeist männlich, ausgesetzt sahen und deren Zwängen sie nicht entgehen konnten.

Für ein gut recherchiertes historisches Sachbuch recht ungewohnt, beschreibt der Autor gefühlvoll die Lage und den Zerfall von Dynastien, denen die oftmals noch Kinder oder Jugendliche ausgesetzt waren, nicht aufhalten oder gar begreifen konnten. Tragisch sind die einzelnen Geschichten, etwa die des Sohnes Ludwig XVI., der seine Eltern nur um ein paar Jahre überleben sollte, um schließlich gerade einmal mit zehn Jahren doch noch zu sterben. Oppermann beschreibt nicht nur hier vor der Geschichte im Rückblick vollkommen sinnlos erscheinende Tode, den meisten Portraitierten traf zudem keine Schuld.

„Unglückliche Thronfolger“ kann jedoch nur ein Abriss des Wesentlichen sein, eine Art Einführung. Bedingt des Platzes dient dieses Sachbuch eher als Anstoß dazu, sich weiter tiefgehend mit den einzelnen Figuren zu beschäftigen. Etwa mit der Biografie Napoleons und seiner Familie lassen sich ganze Bücher füllen oder etwa auch mit dem Untergang der Stauffer-Dynastie, die nicht nur eine Tragödie vorzuweisen hat.

Nach zehnjähriger Recherche und Erarbeitung zahlreicher Quellen ist diese Sammlung trauriger Schicksale entstanden, deren einziger Fehler es ist, dass noch viel mehr Personen, es muss hier bei Beispielen bleiben, beschrieben werden könnten und die vorhandenen noch einer tiefergehenden Analyse lohnen, zudem ist die Nachbetrachtung mit ihren Vergleichen nicht in jedem Satz schlüssig, auch der eine oder andere Exkurs mehr, zwei sind zur Auflockerung der Thematik im Buch vorhanden, hätte die ohnehin interessante Lektüre noch gut ergänzen können. Trotzdem, wer einen Anknüpfungspunkt finden möchte, sich mit diesen sehr besonderen Figuren der Geschichte zu beschäftigen, macht mit Jochen Oppermanns Sachbuch nichts falsch.

Autor:

Jochen Oppermann wurde 1980 in Kaiserslautern geboren und ist ein deutscher Autor und Lehrer für Geschichte an einer Realschule. Im Jahr 2018 erschien sein Debüt „Im Rausch der Jahrhunderte – Alkohol macht Geschichte“, welches im In- und Ausland viel beachtetet wurde, zudem schreibt er für geschichtliche Magazine. In der Reihe „matrixwissen“ erschien sein Werk über den Deutsch-Französischen Krieg. Seine Bücher wurden bereits mehrfach übersetzt.

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Birgit Schönau: Die Geheimnisse des Tibers

Inhalt:
Lebensader, Höllenfluss, Lustgewässer: Über Jahrtausende war der Tiber Roms Schicksalsfluss. Als Gott verehrt und als Geißel gefürchtet, bestimmte er das Leben der Ewigen Stadt. An seinen Ufern erhoben sich Kirchenstaat und Ghetto, Prunkpaläste und Armenhäuser, hier wurde gekämpft, gelitten, gefeiert und Geschichte geschrieben. Ein Fluss voller Grandezza, Schrecken und Wunder, von denen Birgit Schönau in ihrem mitreißenden Buch erzählt. (Klappentext)

Rezension:

Auseinandersetzungen und Konflikte entschieden sich an seinen Ufern, Platz für spektakuläre Schauspiele. Der Fluss machte die Ärmsten noch ärmer, andere schlossen am Tiber die Geschäfte ihres Lebens oder kämpften um selbiges. Auch die Macht der Päpste fand hier zuweilen ihre Grenzen. Der Schicksalsfluss entschied Jahrtausende über Wohl und Wehe der Römer Bevölkerung. Heute, eingekesselt und gezähmt, hat der Fluss etwas von seinem Schrecken für die Ewige Stadt verloren, doch noch immer lohnt sich eine nähere Betrachtung.

Eine Art Doppelbiografie ist es, die die Journalistin Birgit Schönau hier erzählt, denn die Geschichte des Flusses ist zugleich die der Stadt, die dieser durchströmt. Ein Ort, der ohnehin schon historisch aufgeladen ist, wird hier von einer anderen, interessanten, Perspektive beleuchtet, so reißen wir durch mehr als dreitausend Jahre faszinierender Geschichte. Eine sagenumwobene Gründungslegende steht zu Beginn, doch berichtet die Autorin von einem Fluss, dessen Urkräfte sich ins kollektive Gedächtnis der späteren Kapitale eingeschrieben haben, einer Aneinanderreihung historischer Anekdoten, die jede für sich alleine schon erzählenswert wären.

Kurzweilige Kapitel, in denen sich die Liebe zu Fluss und Stadt, ebenso wie viel Sachkenntnis, erzählen vom Tiber als Versorgungsader, Trickwasserquelle, aber auch Abwasserkanal, nicht zuletzt für unzählige mit ihm verknüpfte Schicksale. Mindestens ein römischer Kaiser fand hier seinen Tod, ein Papst sogar zum zweiten Mal nach seinem eigentlichen Ableben. Den einfachen Römern erging es, mitunter, kaum besser. Erzählt wird jedoch auch eine Geschichte der Triumpfe, von ersten sozialen und medizinischen Einrichtungen, erfolgreichen Geschäftsleuten. Im antiken Rom und in der Stadt der Päpste.

Schönau ist es gelungen, ein Stück Stadtgeschichte spannungsreich zu erzählen, ergänzt durch zahlreiche Fakten, die man aus dieser Perspektive so noch nie betrachtet hat. Die Kapitel beleuchten jeweils eine andere, immer entlang eines Zeitstrahl, ergänzt durch Kartenmaterial im Inneren der Umschlagsseite, des modernen und des alten Rom. Eine Zeittafel am Ende des Buches, sowie eine Übersicht und Kurzgeschichte der einzelnen Tiber-Brücken komplettieren dieses besondere Sachbuch.

Die Päpste und ihre Baumeister, die gewaltige Kathedralen und Kirchen erbauen, und mit Hilfe des Wassers Obelisken in die Ewige Stadt transportieren ließen, scheiterten jahrhundertelang an Bau und Instanthaltung von Brücken, wie auch die Cesaren keinen dauerhaften festen Hafen etablieren konnten. Lange Zeit hatte stets der Tiber das letzte Wort. Dies ist seine Geschichte.

Autorin:
Birgit Schönau wurde 1966 in Hamm geboren und ist eine deutsche Journalistin und Publizistin. Sie studierte in Dortmund und Bochum Journalistik und Geschichte, wonach sie ein Volontariat bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung absolvierte. Danach arbeitete sie beim WDR. Im Korrespondentenbüro der dpa, später für die Süddeutsche Zeitung, den Tages-Anzeiger, Merian und andere Zeitungen arbeitete sie ab 1990 aus Rom, war von 2005-2014 Italien-Korrespondentin der Wochenzeitung Die Zeit. Ihr erstes Buch veröffentlichte sie 1999, es folgten weitere zur italienischen Politik, Fußball und zur Geschichte Italiens. Sie ist Mitgründerin des PEN Berlin.

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Frank Engehausen/Michael Erbe (u. A.): Deutsche Geschichte – von der Antike bis heute

Inhalt:
Das große Werk zur deutschen Geschichte – von der Spätantike bis heute

Umfassend und fundiert werden hier 2000 Jahre deutsche Geschichte in acht Epochen dargestellt. Ein Zeitstrahl und eine Einführung zu jedem Kapitel bieten einen Überblick über die Meilensteine und die prägenden Entwicklungen der jeweiligen Zeit. Die über 500 Fotos, Karten, Tabellen, Kurzporträts und Schlüsselbegriffe machen Zusammenhänge deutlich und erwecken deutsche Geschichte zum Leben. (Klappentext)

Rezension:

Gerade die Darstellung historischen Überblickwissens hat des Öfteren den Knackpunkt, dass je mehr man sich der Gegenwart annähert, auf Ereignisse zur Sprache kommt, deren Ausgang man noch gar nicht kennen kann, so dass es einer ständigen Aktualisierung bedarf. Hier endet die Darstellung des Überblicks der deutschen Geschichte mit dem Beginn der Übernahme der Macht einer neuen Regierung nach der der ersten Bundeskanzlerin Angela Merkel, doch zuvor ist viel passiert. Zweitausend Jahre Geschichte hat ein Team von Historikern nun zu einem Lexikon der Historie ausgearbeitet, vom Anbeginn der Antike bis hinein in unsere Zeit. Dargestellt wird unsere Geschichte, welche zugleich auch ein wichtiger Teil europäischer Geschichte ist, in all ihren aufregenden und zuweilen auch grausamen Fascetten.

In acht Abschnitten werden ausführlich Antike und Völkerwanderung, das Mittelalter, das konfessionelle Zeitalter (1495-1648), das Ancien Regime, das bürgerliche Zeitalter, die Zeit der Weltkriege und die Geschichte der deutschen Teilung, sowie der Wiedervereinigung dargestellt. Den Abschluss findet die Betrachtung in den 1990er Jahren bis hin zu den ersten Monaten der Regierung Scholz.

Ausführlich werden Wege beleuchtet, Wendepunkte und Kontraste unserer Geschichte, ergänzt mit zahlreichen Bildmaterial, Karten und Kurzbiografien, sowie ebenfalls an den Seitenrändern herausgestellten Begriffsklärungen. Man kann dies hintereinanderweg lesen oder als Lexikon gebrauchen, wie es wahrscheinlich von vielen Lernenden und Interessierten gebraucht wird. Dabei wird der Fokus nicht nur auf die große Politik gelegt, sondern auch auf Entwicklungen in den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur eingegangen, um ein umfassendes Bild zu erhalten.

Autorenkollektiv: Deutsche Geschichte – von der Antike bis heute, Seiten: 512, ISBN: 978-3-411-71020-1, Duden Verlag

Die einzelnen Texte sind von Stil und Machart her einheitlich gehalten, auf den neuesten Stand historischer Forschungen und ohne Vorwissen lesbar, wie dies bereits in vorangegangenen Wissensübersichten des Verlags der Fall ist. Wieder gelingt hier der Spagat zwischen ausführlicher und detaillierter Darstellung und kompakter Aufbereitung. Jedem Kapitel wird ein Zeitstrahl, sowie einer gesonderten Einführung vorangestellt.

Die Bewertung des Werks hierbei darf sich nicht auf den Inhalt als solchen beziehen. Unsere Geschichte ist verlaufen, wie sie es eben ist und die Bewertung derer erfolgt zwangsläufig immer durch ihr Ergebnis und der Betrachtung nachfolgender Generationen. Hier sei aber der sachliche Stil genannt, sowie die Aufbereitung, mit der man eine Bleiwüste verhindert hat. Ist man mit der Lektüre von einigen Abschnitten durch, hat man sich sicher nicht nur einen Gutteil Wissen für die Geschichts- oder auch Deutschprüfung (wenn es da um die historische Komponente geht) angeeignet. Einen modern aufbereiteten Rundumblick griffbereit zu haben, schadet ja nicht.

Insofern ist dies eine sinnvolle Ergänzung für das Regal.

Autorenkollektiv:
Frank Engehausen, Michael Erbe, Kay Peter Jankrift, Jörn Leonhard, Gabriele Metzler, Walter Mühlhausen, Dietmar Schiersner, Axel Schildt und Hans-Ulrich Thamer
(mehr über diese Personen: hier)

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Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn

Inhalt:
Der elfjährige Martin besitzt nichts bis auf das Hemd auf dem Leib und seinen schwarzen Hahn, Behüter und Freund zugleich. Die Dorfbewohner meiden den Jungen, der zu ungewöhnlich ist. Viel zu klug und liebenswürdig. Sie behandeln ihn lieber schlecht, als seine Begabungen anzuerkennen.

Als Martin die Chance ergreift und mit dem Maler zieht, führt dieser ihn in eine schauerliche Welt, in der er dank seines Mitgefühls und Verstandes widerstehen kann und zum Retter wird für jene, die noch unschuldiger sind als er. (Klappentext)

Rezension:

Eine Erzählung gleicht im besten Falle einem Gemälde, bei dessen Betrachtung man sich verlieren kann, immer wieder neue Details entdecken wird und daraus etwas für sich mitnimmt. Das kann Literatur schaffen. Besonders beeindruckend ist es, wenn dies gleich einem Debüt gelingt.

Mühsam ist das, immer wieder den gleichen Idioten zu begegnen. Als ob die ganze Welt voll davon wäre, ganz gleich, wohin sich Martin auch wendet.“

Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn

Stefanie vor Schulte entführt uns in eine düstere Welt des Mittelalters, in ein Bild, welches eine Art Zwischenwelt darstellt und dabei stark an eine Mischung aus dem Bild der Apokalyptischen Reiter des Malers Albrecht Dürer erinnert, diverser Pest-Geschichten und nicht zuletzt dem kleinen Prinzen.

Alles, denkt Martin, ist älter als ich und schon seit jeher da. Er fragt sich, ob es wohl einmal umgekehrt sein wird.“

Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn

Letzterer ist hier in Gestalt eines kleinen Jungen zu finden, der als Hauptprotagonist, Seele und Charakter in der reinsten Form besitzt, die es gibt und dabei schon mit seiner bloßen Anwesenheit in seiner Umgebung auf Ablehnung stößt. Dieser Figur schaut man fasziniert zu, kann sich ihr nicht entziehen und begleitet sie durch die Geschichte, ahnt das Unheil, vor dass man sie nicht beschützen wird können.

Es hat etwas ganz und gar Verschobenes, dass der Junge, der nichts hat, aber auch nichts müsste, den größten Anstand besitzt, während die Dörfler sich Regeln und Gebote je nach Gemütslage erstellen und so zufrieden mit sich und ihrem falschen Leben sind, dass es obszön ist.“

Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn

Alles andere wird zur Nebensächlichkeit. Beim Lesen schleicht sich das Gefühl der Beobachtung von etwas Intimen ein, dem man eigentlich nicht beiwohnen dürfte und trotzdem dem Kind all zu viel Schlechtes passiert, die positiven Erfahrungen nur Brotkrumen gleichen, hofft man für Martin bis zum Ende. Eingebettet ist die Erzählung in wunderbarer Schreibkunst, die für sich stehen kann, die Deutung mehrerer Ebenen zulässt und auf die Lesenden einwirkt. Mit einzelnen Sätzen könnte man Postkarten kunstvoll bedrucken, aber auch so in sie versinken.

In mir ist alles alt und schon gelebt, vergangen längst und ausgeschöpft.“

Stefanie vor Schulte: Junge mit schwarzem Hahn

Die Hauptfigur ist das Ideal in seiner reinsten Form, welche durch ihr Alter geschützt ist und doch so zerbrechlich wie eine Glashauspflanze wirkt. Alle anderen Protagonisten stellen das Verkommene, das Verlogene der Welt dar und bilden einen klaren Gegenpol. Von Beginn an ist klar, wo hier die Sympathien liegen sollen und das ändert sich auch im Laufe der Handlung nicht.

Wohlfühl-Literatur ist etwas anderes, doch wer Spaß am Spiel mit unserer Sprache hat, an der Interpretation von Gleichnissen und literarische Vorbilder einmal neu gedeutet sehen möchte, der wird mit diesem Werk etwas anfangen können. Alle anderen finden einen düsteren im Mittelalter spielenden Roman vor, mit Horrorelementen. Vielleicht ist das die Kunst? Auch ohne das Wissen um die zahlreichen Ebenen hat man eine Geschichte vorliegen, die im Gedächtnis bleiben wird.

Autorin:

Stefanie vor Schulte, 1974 in Hannover geboren, ist studierte Bühnen- und Kostümbildnerin. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in Marburg. „Junge mit schwarzem Hahn“, ist ihr erster Roman.

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Samantha Harvey: Westwind

Westwind Book Cover
Westwind Samantha Harvey Atrium Verlag Erschienen am: 18.09.2020 Seiten: 383 ISBN: 978-3-85535-077-3 Übersetzer: Steffen Jacobs

Inhalt:

England, 1491. In dem kleinen, abgelegenen Dorf Oakham bereitet man sich gerade auf die bevorstehende Fastenzeit vor, als eines Nachts ein Unglück geschieht. Thomas Newman, der wohlhabendste und einflussreichste Mann im Ort, wurde von der Strömung des Flusses mitgerissen.

Ein paar Tage später taucht seine Leiche auf. War es ein Unfall, Mord oder Selbstmord? Dies herauszufinden, obliegt dem örtlichen Priester John Reve. Während sich durch die Beichten der Dorfbewohner langsam ein Porträt der Gemeinde zusammensetzt, kommen immer dunklere Geheimnisse ans Licht. Die Schuldfrage wird immer dringlicher. (abgeänderte Inhaltsangabe)

Rezension:

Szenarien bietet die Epoche des finsteren Mittelalters genug, so dass Fans historischer Romane sicher genug Auswahl haben. Die Themen sind so vielfältig, wie die historischen Figuren, selbst, wenn man frei schreibend, sich nicht an tatsächliche Geschehnisse orientiert.

So oder ähnlich hätte es ablaufen, die Stimmung unter den Protagonisten sein können. Dieses Gefühl mit einer Geschichte bei der Leserschaft zu wecken, dabei zu unterhalten, sollte das Ziel sein. Gelingt das, ist alles gut. Und dann gibt es noch Romane, wie den vorliegenden von Samantha Harvey.

Historische Romane bieten Platz für das ganz große Kino, was man rein, den Klappentext betrachtend, erwarten darf. Ein Priester in Konfrontation mit dem Glauben, die Dorfbewohner durch den Tod eines Menschen verunsichert, der am wenigsten dafür prädestiniert zu sein schien.

Ausufernde Intrigen, temporeiche, sich überschlagende Spannungsmomente und die Düsternis der Zeit. Auf diese freut man sich, nach dem Lesen der Inhaltsangabe, der ersten Zeilen, die aus der Sicht des Hauptprotagonisten geschrieben sind. „Westwind“, bietet jedoch allenfalls nur Schmalspur.

Gleichsam wie das beschriebene Dorf ist auch in dieser Erzählung alles mehrere Nummern kleiner. Spannungsmomente können ihre Wirkung kaum eine Seite lang halten, so dass das Tempo dem eines vor sich hin plätschernden Baches gleicht.

Das ist auf der Strecke ermüdend, zumal nur die Hauptprotagonisten einigermaßen vielschichtig sind, während der Rest der Figuren relativ farblos erscheint. Die Stimmung, die Samantha Harvey erzeugen wollte, kommt hier nicht auf, zudem das Ende mich unbefriedigt zurückgelassen hat.

Liegt es am Hintergrund des gestalteten Protagonisten, dem Szenario, der Idee dahinter? Nein, aber Sprache bedingt Wirkung, Spannungsbögen halten Lesende bei der Stange. Beides setzt die Autorin auf’s Spiel, zudem hier mehr Zwiespalt innerhalb der Figurenkonstellationen gepasst hätte und vielleicht noch die eine oder andere Verwicklung mehr.

Mit dem vorliegenden hätte man weniger Seiten besser füllen können. Unter historischer Spannungsliteratur stelle ich mir anderes vor, auch als detektivischer Roman, angesiedelt im Mittelalter, ist mir das zu dünn. Leider.

Autorin:

Samantha Harvey wurde 1975 geboren und ist eine englische Autorin. Zunächst studierte sie Kreatives Schreiben und Philosophie, bevor sie ihren ersten Roman im Jahr 2009 veröffentlichte. Kreatives Schreiben unterrichtet sie zudem an der Bath Spa University, wo sie als Dozentin tätig ist.

Harvey wurde mehrfach ausgezeichnet und erhielt u.a. den AMI Literature Award. Im Jahr 2010 wurde sie von The Culture Show zu einer der zwölf besten neuen britischen Schriftstellerinnen ernannt.

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Ulinka Rublack: Der Astronom und die Hexe

Der Astronom und die Hexe Book Cover
Der Astronom und die Hexe Autorin: Ulinka Rublack Klett-Cotta Erschienen am: 25.02.2020 (TB) Seiten: 409 ISBN: 978-3-608-98243-5 Übersetzer: Hainer Kober

Inhalt:
Deutschland, 1615. Die Mutter des berühmten Astronomen Johannes Kepler wird als Hexe angeklagt. Vor der faszinierenden Kulisse einer Welt im Wandel zwischen Magie und Naturwissenschaft beschreibt Rublack fesselnd und bewegend, wie der Vorwurf der Hexerei Familien entzweite. (Klappentext)

Rezension:
An der Schwelle zum Dreißigjährigen Krieg befand sich die Welt im. Größen wie Galileo Galilei begründeten den Weg zu den modernen Wissenschaften, gleichzeitig hatte die Kirche immer noch große Macht, wenn auch nach der Reformation die Glaubensgemeinschaft gespalten war.

Immer noch gab es Hexenprozesse, denen hunderte Menschen zum Opfer fielen. In dieser Zeit lebte auch Johannes Kepler, der entdeckte, dass die Planeten des Sonnensystems sich auf ellipsenförmigen Umlaufbahnen bewegten. Ulinka Rublack nun, analysiert ein wenig bekanntes Kapitel aus Keplers leben.

Schon die Geschichte von Johannes Kepler selbst ist interessant genug, ganze Bücher zu füllen. Wie sieht es jedoch aus, wenn man sich nicht mit seinem wissenschaftlichen Beitrag beschäftigt, der den Horizont der damaligen Zeit ungemein erweiterte, sondern den Astronomen und Mathematiker im Spiegel seines Jahrhunderts einordnet, und ferner sein Familienleben betrachtet, welches turbulenter nicht hätte sein können?

Die Geschichtswissenschaftlerin Ulinka Rublack hat diesen Versuch unternommen und kleinteilig historische Archive durchstöbert.

Vor den Lesern liegt nun ein weniger bekanntes Kapitel von Keplers Leben, welches sowohl Kepler selbst, als auch die Familie in der Zeit einordnet, in der sie lebte. es ist die Zeit großer Veränderungen, in einer schon glaubenstechnisch gespaltenen Gesellschaft, an den Schwellen zu einem langanhaltenden Kriege stehend.

Gleichzeitig ist die moderne Wissenschaft am Entstehen. Große Entdeckungen werden gemacht. Und doch, die Kirche hat immer noch viel Macht. Aberglauben ist weit verbreitet, die Verfolgung und Folterung vermeintlicher Hexen in vollem Gange.

Die Autorin beschreibt, wie selbst Keplers Mutter in diesem, für damalige Zeit bedrohlichen Verdacht gerieht und wie die Familie des Astronomen damit umging. Ein jeder für sich, ganz unterschiedlich.

Sie hat recherchiert, wie eine Behauptung zu einem Selbstläufer mit ungeheuerlicher Dynamik wurde, gleichzeitig, wie die unmittelbare Nachbarschaft darauf reagierte.

In diesen Punkten zeigt Rublack ihre enorme Kenntnis der damaligen Zeit und legt ausführlich dar, wie verbreitet Aberglaube und die Angst vor Hexerei noch waren, jedoch auch, dass nicht immer und überall jeder Vorwurf der Hexerei zu Folter und Tod führen musste.

Eine Gesellschaft noch im Griff vieler Traditionen und nicht zuletzt des Glaubens, gleichzeitig in den Städten ein enormer Wissensschub durch den Fortschritt der Wissenschaft. Die Autorin legt verständlich dar, wie Johannes Kepler seine Reputation und seine daraus folgenden Kontakte für sich und die Seinen zu nutzen wusste, nicht zuletzt seiner Mutter.

Wie weit gingen Familienbande zur damaligen Zeit? Wie weit reichte der Horizont der Menschen? In welchen Denkmustern waren selbst auf natur-wissenschaftlichen Gebieten fortschrittliche Männer wie Kepler gefangen? Auch diese Fragen beantwortet Rublack ausführlich, jedoch ohne sich mit längeren Exkursen aufzuhalten.

Ein wenig bedauerlich ist, wenn auch der Schwerpunkt schon titelmäßig woanders liegt, dass Keplers wissenschaftliche Arbeit ein wenig zu kurz kommt.

Da hätte ich mir noch ein wenig mehr Ausführungen gewünscht, jedoch ansonsten hilft dieses historische Sachbuch die Zeit des Astronomen und die gesellschaftliche Dynamik einer Kleinstadt im Spätmittelalter zu verstehen.

Ergänzt wird das Werk durch mehrere erläutende Karten und zahlreichen Abbildungen und Fotografien.

Insgesamt lesenswert.

Autorin:
Ulinka Rublack wurde 1967 in Tübingen geboren und lehrt seit 1996 Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit in Cambridge. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Genderstudien, Materialitätsgeschichte und Fragen der kulturellen Identität. Sie schreibt für zeitungen und Zeitschriften und ist Autorin mehrerer Sachbücher.

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Lesung: Robert Harris und „Der zweite Schlaf“

Es ist ja nachts durchaus etwas los in Berlin, gerade um diese Zeit. Neben den derzeit stattfindenden „Festival of Lights“, was an und für sich schon beeindruckend ist, fand gestern in der Berliner Bertelsmann-Repräsentanz eine Lesung der besonderen Art statt. Das Setting ist hier zu erwähnen, ein altehrwürdiges Gebäude, direkt an der Spree, direkt an der Allee „Unter den Linden“. An einem exklusiveren Ort für solch eine Veranstaltung war ich auch noch nicht. Und dann natürlich Robert Harris, der sein neuestes Werk vorstellte. „Der zweite Schlaf„.

Die Berliner Bertelsmann-Residenz, „Unter den Linden 1“.

Ich habe noch nicht viel von ihm gelesen, genauer gesagt nur „Vaterland“, aber auch andere Romane von ihm interessieren mich sehr. Dieses hier soll nun komplett aus den Rahmen fallen. Harris verarbeitet ja oft historische oder politisch-konfliktreiche Stoffe und vermischt sie mit fiktionalen Inhalten, hier hat er sich jedoch ausprobiert. Das vorliegende Szenario ist komplett erdacht.

Was wäre wenn unsere technologischen und zivilisatorischen Errungenschaften verschwinden würden und in Vergessenheit geraten, die Welt in eine Art Mittelalter zurückfallen und die Erforschung der Vergangenheit verboten wäre? Wie würden die Menschen dieser Zukunft mit Artefakten und Funden aus unserer Zeit umgehen? Welche Fragen würden sie sich stellen, wenn Fragen stellen ebenso verboten wäre? Klingt doch nach einem interessanten Szenario, oder?

Robert Harris, „Der zweite Schlaf“, Heyne Verlag, Seiten: 415, Hardcover.

Robert Harris machte auf mich den Eindruck eines Menschen mit einer sehr guten und differenzierten Beobachtungsgabe, Humor und vor allem Nähe. Überhaupt nicht abgehoben. er hat ein wenig erzählt über seine Schreibarbeit, speziell an diesem Buch und nach der Lesung blieb Zeit Fragen zu stellen, natürlich das Buch zu kaufen und signieren zu lassen. Ein Büffet mit diversen Häppchen und Getränken war auch aufgebaut.

Ich bin sicher, solch ein Autor hätte noch viel mehr Menschen interessiert, aber gerade für die, die es nicht so mit Menschenmassen haben, sind die Lesungen in der Bertelsmann-Repräsentanz eine gute Sache. Es gibt dort kein Gedränge, schon von der Raumaufteilung her und der Anzahl der Plätze. Das Einzige, was man tun muss, ist sich vorher online anzumelden, auf der Internetseite und bis auf das Buch, wenn man denn möchte, musste man auch nichts bezahlen. Nicht mal für Häppchen und Getränke.

Abwechselnd wurde mal Englisch, mal Deutsch gelesen. Gleich ein ganz anderer Sound.
Robert Harris spricht über die Arbeit an seinem Roman. Moderiert hat die Veranstaltung Dr. David Eisermann (l.), die deutschen Passagen hat der Schauspieler Denis Abrahams (r.) gelesen.

Gefallen hat mir, dass auch der Autor sich nach der Lesung zwischen die Besucher begeben hat, am Büffet war und zwischen den Tischen hin und her gegangen ist und sich unterhalten hat. Kein „Ich lese, signiere und dann verschwinde ich durch die Hintertür.“ Einmal mehr habe ich mein schlechtes Englisch bedauert. Aber ich habe mich mit einer anderen Besucherin der Veranstaltung rege unterhalten und das ist auch so etwas, was ich an solchen Lesungen liebe. Man kommt ins Gespräch.

Robert Harris und ich.

Am Ende war ich dann noch bei den Brennpunkten des anfangs erwäghnten „Festival oft Lights„. Ich rege mich ja oft über das Chaos in Berlin auf, aber in solchen Momenten liebe ich diese Stadt. Fotos liefere ich nach, sobald gesichtet.

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Lesung: Robert Harris und „Der zweite Schlaf“ Weiterlesen »