Meinhof

Sven Felix Kellerhoff: Eine kurze Geschichte der RAF

Eine kurze Geschichte der RAF Book Cover
Eine kurze Geschichte der RAF Autor: Sven Felix Kellerhoff Klett-Cotta Erschienen am: 22.02.2020 Seiten: 208 ISBN: 978-3-608-98221-3

Inhalt:

Die RAF hatte dem Rechtsstaat den Kampf angesagt. Sie stürzte die Bundesrepublik in ihre bis dahin tiefste Krise. Welche Rolle spielten die Baader-Meinhof-Anwälte? Warum wurde an den Mythos der “Vernichtungshaft” geglaubt?

Wie machte die RAF nach dem “Deutschen Herbst” 1977 weiter? Der Autor zieht pointiert Bilanz und enthüllt die konzise Gesamtgeschichte des Linksterrorismus in Deutschland, der schonungslos gegen die Demokratie ins Feld zog. (Klappentext)

Rezension:

Aus kleinen Teilen einer Portestbewegung heraus entstand Ende der 1960er Jahre eine Terrororganisation, die mehr als dreißig Jahre die Bundesrepublik in Atem hielt, die Gesellschaft und den Rechtsstaat herausfordern sollte.

Zunächst getragen von Sympathien, anfangs von Teilen der Studentenschaft und Intellektuellenkreisen, verschaffte sie sich durch Anschläge auf Personen und Institutionen der Medienwelt, Wirtschaft und Politik Aufmerksamkeit, doch bröckelte der Rückhalt mit den Jahren, spätestens aber mit der Nacht von Stammheim zusehens.

Immer schwieriger wurde es, für vermeintliche und tatsächliche Ziele Personal zu requirieren und so lief die als “Proejekt Stadtguerilla” gegründete Terrororganisation nach drei Generationen aus.

Die Rote Armee Fraktion scheiterte an der Gesellschaft und Hartnäckigkeit des Staates. Viel ist darüber geschrieben wurden, über die Täter und die Entwicklung dieser Bewegung, nicht zuletzt in den Monumentalwerken Stefan Austs und Butz Peters, die damit Standartliteratur geschaffen haben.

Doch, ist es möglich, die Perspektive der Opfer einzunehmen und eine Kurzfassung darüber zu schreiben? Sven Felix Kellerhoff hat dies versucht.

Knapp 208 Seiten umfasst das vorliegende Werk, wenn man Inhalts- und Quellenverzeichnisse mitzählt und so erhält man eine wahrhafte Kompaktfassung, die mit “Eine kurze Geschichte der RAF” dies auch im Titel deutlich macht.

Das knapp gehaltene Sachbuch umfasst die wesentliche Geschichte der die Bundesrepublik Deutschland prägenden Terrororganisation, die an ihren beteiligten Personen, der Politik und letztendlich auch an der Gesellschaft scheitern sollte. Die Recherchearbeit merkt man dem Autoren an.

Es ist jedoch schade, dass es ihm nicht so gelungen ist, wie auf den ersten Seiten geschildert, hier den Opfern der Anschläge genug Raum zu geben.

Doch ist es erstaunlich, auf wie wenig Seiten sich die Geschichte der RAF raffen lässt, die selbst heutzutage kaum lesbare Pamphlete als Rechtfertigung für ihre Anschläge schrieb.

Kellerhoff zeichnet so knapp wie möglich die Entwicklung der Roten Armee Fraktion nach, wie es wohl kaum einem Autoren vor ihm gelungen ist. Viel neues wird einem Kenner der Materie jedoch nicht begegnen. Gut recherchiert ist es jedoch und so nah geschrieben, dass es sich als Einführung gut lesen lässt, was nun im Klett-Cotta Verlag erschienen ist.

“Eine kurze Geschichte der RAF” ist Einführungsliteratur, nicht mehr, jedoch auch nicht weniger. Wer sich jedoch weitergehend informieren möchte, etwa zu Mogadischu, den Anschlag in Stockholm oder den vorangegangenen Ereignissen der Gründung der RAF sollte auf andere Literatur umschwenken, bzw. diese nachfolgend lesen.

Nichts destotrotz wird Kellerhoff künftig im Kanon der Geschichtsliteratur zur Roten Armee Fraktion zu Recht zu finden sein.

Autor:

Sven Felix Kellerhoff wurde 1971 in Stuttgart geboren und ist ein deuterscher Journalist, Historiker und Autor. Nach der Schule studierte er an der Freien Universität Berlin Neuere und Alte Geschichte, Publizistik und Medienrecht.

Er arbeiete zunächst für verschiedene Zeitungen und Fernsehsender, absolvierte 1997/1998 die Berliner Journalisten-Schule. Seit 1998 arbeitet er für den Axel Springer Verlag. Dort war er von 2000-2002 Leiter der Wissenschaftsredaktion der Berliner Morgenpost und danach Verantwortlicher für die Kulturberichterstattung.

Seit 2003 ist er leitender Redakteur für Zeit- und Kulturgeschichte der Welt und Berliner Morgenpost. Seit 2012 ist er verantwortlich für den Geschichtskanal der Welt/N24.

Kellerhoff ist Autor verschiedener Sachbücher und war von 2005-2008 Beisitzer im Vorstand des Landesverbands Berlin des Deutschen Journalisten-Verbands.

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Bettina Röhl: “Die RAF hat Euch lieb”

"Die RAF hat Euch lieb" Book Cover
“Die RAF hat Euch lieb” Sachbuch Hardcover Erschienen am: 10.04.2018 Seiten: 639 ISBN: 978-3-4532-0150-7

Inhalt: Bettina Röhl über den Paradigmenwechsel 68, die Gründung der RAF und den Mythos um ihre Mutter Ulrike Meinhof.

Brauchte die Bundesrepublik die Revolte von 68? Die APO-Bewegung und ihre “Speerspitze”, die RAF, sind die wohl meist beschriebenen Themen der neueren politischen Geschichte des Landes. Anhand bisher unbekannter Fakten und Dokumente und der Stimmen neuer Zeitzeugen erzählt die Autorin, die als Kind die Gründung der RAF hautnah miterlebte, die scheinbar bekannte Geschichte noch einmal neu. Bettina Röhl liefert eine durchrecherchierte Erzählung und eine umfassende Analyse, die den Urknall von 68 fühlbar macht. (Klappentext)

Rezension:

Geschichte wird immer dann lebendig, wenn sie von Zeitzeugen spannend und mit viel Hintergrundwissen erzählt wird. Die Autorin Bettina Röhl hat diese Kenntnisse und vertiefte sie zudem durch eigene Recherche, sammelte Schriftstücke und befragte Zeitzeugen, die das, was sie erlebte, verifizieren und aus einer anderen Perspektive erzählen können.

Herausgekommen ist ein umfassendes Portrait einer der umstrittensten und zugleich sagenumwobenden Personen der jüngeren deutschen Geschichte. Der Werdegang und die Radikalisierung Ulrike Meinhofs.

Die linke Journalistin, die sich von der APO-Bewegung und Rudi Dutschke angezogen fühlt, radikalisierte sich, wie einige andere auch und beschloss auf den Worten, welche zeitlebens ihre stärkste Waffe bleiben sollten, Taten folgen zu lassen, die die Ziele der Bewegung ad absurdum führten. Ihre Tochter Bettina Röhl erzählt Meinhofs Werdegang, der zugleich Auf- wie Abstieg ist und analysiert haarscharf die 68er Bewegung, nimmt sie wahrharftig auseinander, bevor sie ebenso unerbittlich und ohne rosa Brille ihre Mutter von so manchen Sockel stößt.

Unterlegt mit der anwaltlichen Korrespondenz der Meinhof mit ihren Anwälten, sowie Interviews mit ehemaligen Weggefährten geht sie dem auf den Grund, warum ihre Mutter in den Terrorismus abglitt und den Irrweg nicht mehr klar sah.

Die Autorin argumentiert sachlich, zeigt jedoch immer wieder auch die Perspektive der Wahrnehmung in ihrer Kindheit und stellt beides, ihr Erleben und das ihrer Mutter gegenüber, ergänzt durch Zeitzeugenberichte und Interviews, sowie Briefwechsel. Mehr braucht Bettina Röhl nicht, um neben Butz Peters’ “Tödlicher Irrtum” oder etwa Stefan Austs “Der Baader Meinhof Komplex” bestehen zu können, und zudem neue interessante Einblicke zu liefern.

Nichts verklärend, immer sachlich trennt sie die Wahrnehmung des Kindes Bettina Röhl mit den Geschehnissen und schrecklichen Auswirkungen der Taten der 68er Bewegung, insbesondere der Ereignisse um Ulrike Meinhof selbst und schafft damit eine neue Perspektive, die zu wichtig ist, um sie unter den Tisch fallen zu lassen.

Jenseits aller verklärender, auf sensationsheischender Sicht ausstehender Literatur geht die Autorin wohltuend sachlich und argumentativ genau mit der Thematik um, so dass man nicht umhin kommt, Röhl zu lesen, um Meinhof zu fassen. Der Versuch zu verstehen mag nicht jeden gelingen, aber den Blick zu schärfen schafft die Autorin unbedingt.

Autorin:

Bettina Röhl wurde 1962 in Hamburg geboren und ist eine deutsche Journalistin und Autorin. Ihre Eltern sind der Verleger klaus Rainer Röhl und die spätere Terroristin der RAF Ulrike Meinhof. Röhl wuchs zunächst bei ihren Eltern, später nach der Trennung der Eltern bei ihrer Mutter auf, bis diese in den Untergrund abtauchte.

Nachdem Röhl in ein Flüchtlingslager nach Sizilien entführt wurde, mit dem Ziel den Vater das Sorge- und Zugriffsrecht zu entziehen, wurden Röhl und ihre Schwester durch einen RAF-Aussteiger und den Journalisten Stefan Aust befreit. 1982 legte sie das Abitur ab und studierte Geschichte und Germanstik. Seit dem arbeitet sie für verschiedene Zeitschriften und Magazine.

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