Inklusion

Michaela Göhr: Fantastische Abenteuer 1 – Ein unglaubliches Band

Inhalt:
Timo findet sich eigentlich ganz normal. Und mal ehrlich – kann er was dazu, dass er zufällig blind ist? Eines Tages zieht im Nachbarhaus eine Familie mit einem Jungen in seinem Alter ein. Und der ist nun echt nicht normal! Alles, was Simon sich vorstellt, wird wirklich – egal, ob es sich um Schokotorte, Inline-Skates oder einen megastarken Riesen handelt. Schnell freunden sich die beiden ungleichen Jungen an und erleben aufregende Abenteuer zusammen. Eigentlich läuft alles perfekt – bis finstere Gestalten aus Simons Vergangenheit auftauchen und sowohl die Freunde als auch ihre Familien in große Gefahr bringen. (Klappentext)

Reihe:
Dies ist der erste Band der Kinderbuchreihe „Fantastische Abenteuer“, von Michaela Göhr. Parallel dazu gibt es eine Jugend-/Erwachsenenbuchreihe „Der Fantast“, die im Bereich Urban Fantasy den Protagonisten Simon durch sein Leben begleitet. Beide Reihen können unabhängig von einander gelesen werden.

Rezension:
Parallel zu der Urban-Fantasy-Reihe „Der Fantast“, ist aus der Feder von Michaela Göhr eine andere entstanden, die sich mehr an jüngere Leserinnen und Leser richtet. Mit „Fantastische Abenteuer“ sprengt die Autorin jede Einsortierung von sich selbst, in den Grenzen von Genres bis zu Zielgruppen und hat hier für Kinder eine ganz wunderbare Erzählung geschaffen, die die Kindheit der bereits in den Bänden für eine, nur etwas, ältere Leserschaft, noch einmal näher beleuchtet. Entstanden dabei ist eine Reihe über Freundschaft, Mut, Zusammenhalt und des über sich Hinauswachsens.

Nicht ganz so rasant wie in „Der Fantast“, lässt die Autorin hier die Geschichte aus Sicht des Freundes von Timo erzählen, der mit seiner Begabung, Dinge aus seiner Vorstellung heraus Wirklichkeit werden zu lassen, nicht nur das Zusammensein und Spielen zur Herausforderung werden lässt. Auch Begehrlichkeiten bei finsteren Menschen hat Simon längst geweckt, die seine Fantasie für ihre Zwecke einspannen wollen. Dies ist der Grund, warum der Junge und seine Familie in Timos Nachbarschaft ziehen.

Und Timo hat mit einer ganz eigenen Herausforderung zu kämpfen. Er ist blind und muss sich daher auf seine anderen Sinne verlassen. Doch sein neuer Freund wird ihn helfen, über sich hinauszuwachsen, sich auch mal etwas zu trauen, dabei jedoch als gleichrangig angesehen wird. Schon damit ist die Erzählung ungeheuer stark. Einw Einschränkung erzählt Michaela Göhr in ihrem kurzweiligen Roman nicht als Schwäche, sondern als Chance, zudem auch Timo sehr schnell die Rolle sowohl als Simons Korrekturat einnimmt. Zudem wird der Junge sehr schnell entdecken, dass auch der scheinbar perfekte Freund mit ganz eigenen Grenzen zu kämpfen hat.

Dies ist hier etwas anders herausgearbeitet als in der Jugendbuch- und Erwachsenenreihe. Eine Spur behutsamer. Während in „Der Fantast“, Simon, aus dessen Sicht heraus dort die Geschichte erzählt wird, manchmal eine Spur zu egositisch und sich selbst überschätzend, rüberkommt, wirkt hier der Wechsel der Perspektive sich wohltuend aus. Die Kindheit beider wird hier auf mehrere Bände gestreckt erzählt, in kompakten Kapiteln, immer wieder aufgelockert durch kleine Zeichnungen und im Anschluss mit einem kleinem Glossar, in denen vorkommende Begriffe, wie die Braille-Schrift, kindgerecht erklärt werden.

Nicht zuletzt die beiden Hauptprotagonisten sind auch hier feinsinnig ausgearbeitet, mit all ihren Schwächen und Stärken. Wie Inklusion funktioniert, natürlich im Sinne der Geschichte, zeigt die Autorin sehr unaufgeregt, ohne erhobenen Zeigefinger. Alle Figuren haben so ihre Ecken und Kanten. Selbst die Antagonisten sind nachvollziehbar gestaltet. Gegensätze, schon in Bezug der beiden Hauptfiguren zueinander, fügen sich in die Erzählung ein, ohne Lücken oder unerklärliche Wendungen entstehen zu lassen.

Insbesondere Timo ist als Identifikationsfigur gut herausgearbeitet. Nicht nur, dass man die Welt einmal aus einer gänzlich anderen Perspektive wahrnimmt, sondern auch seinen Gefühlen ob der Sprunghaftigkeit und Abenteuerlust, was milde ausgedrückt ist, seines Freundes gegenüber. Er ist schon ob seiner Voraussetzungen der ruhigere, überlegende nachdenkliche Part der beiden. Auch das ist hier als Plus-Punkt anzusehen, einmal einen solcher Art gestalteten Hauptcharakter zu haben.

Die Erzählung selbst ist nachvollziehbar und in sich schlüssig gestaltet. Rasante Momente wechseln sich hier etwas regelmäßiger als in „Der Fantast“, mit etwas ruhigeren ab. Diese gehören auch mit den darin formulierten Beschreibungen zu den stärkeren der Geschichte. Diese lebt insbesondere von kleinen Details, die ab und an eingestreut werden. Wie fühlt sich das an, wenn man, wortwörtlich, den Boden unter den Füßen verliert, den Grund dafür vielleicht zu wissen, aber eben nicht zu sehen? Das und anderes wird hier so ganz nebenbei kindgerecht erzählt und schafft „Einblick“ in eine sonst nicht oft zur Sprache gebrachten Welt.

Und trotzdem oder gerade deswegen kann man sich das Beschriebene bildlich gut vorstellen, sowohl was Orte als auch Figuren und ihre Handlungen angeht. Die Reihe funktioniert dabei für sich alleine, ebenso auch in Ergänzung zum parallel existierenden „Fantasten“. Hier ist Mitwachsen möglich. Wer Erzählungen für Kinder sucht, die unaufgeregt, Themen wie Inklusion und Freundschaft, Zusammenhalt, näherbringen, liegt hier in jedem Fall richtig. Auch die Einbindung fantastischer Elemente in die reale Welt funktioniert hier im Übrigen.

Michaela Göhr, die auch hier wieder Erfahrungen aus ihrer Arbeit in der Sonderpädagogik eingebracht hat, hat es mit diesem Buch noch einmal mehr geschafft, sich schriftstellerisch zu steigern und auch den Spagat zwischen Kinder- und Jugend- oder junger Erwachsenenliteratur hinzubekommen. Den fünften Stern möchte ich einmal offen lassen, um zu sehen, was da noch kommt.

Autorin:
Michaela Göhr ist eine deutsche Schriftstellerin und wurde 1972 im Sauerland geboren. Zunächst studierte sie Sonderpädagogik und arbeitet seit vielen Jahren an einer Förderschule Sehen. Mit dem Schreiben von Geschichten begann sie bereits in ihrer Kindheit. Ihren ersten Roman verfasste sie 2014. Seitdem schreibt sie Urban Fantasy für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

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Michaela Göhr: Der Fantast 1

Inhalt:
Simon erscheint auf den ersten Blick wie ein durchschnittlicher junger Mann. Seine mentale Kraft ist jedoch phänomenal: Alles, was er sich vorstellt, wird real, gegenständlich, lebendig! Merkwürdige, aufreibende Ereignisse sind seit seiner frühesten Kindheit an der Tagesordnung, was die verzweifelten Eltern dazu bringt, sich Spezialisten anzuvertrauen. Ein Entschluss, der das Leben der kleinen Familie in große Gefahr bringt. Simon wehrt sich auf seine ganz eigene Art. Seine Vorstellung wächst mit ihm, bis er mit der geballten Macht seiner Fantasie zurückschlägt …

Mit diesem Buch beginnt die spannende Lebensgeschichte des Fantasten, einem der ungewöhnlichsten Helden unserer Zeit. (Klappentext)

Reihe:
Dies ist der Auftaktband, also Band 1, der Reihe „Der Fantast“, der mit der Kindheit des Protagonisten beginnt und ein ganzes Leben erzählt. Parallel zu der aus fünf Bänden bestehenden Reihe, gibt es eine Kinderbuch-Reihe, die die Kindheit und Jugend des Protagonisten aus Sicht seines Freundes erzählt und breiter ausfächert, die hier mit Band 1 beschrieben ist.

Rezension:
In einer Mischung aus Fantasy-Roman und Jugendbuch nimmt Schriftstellerin Michaela Göhr ihre Leserschaft auf eine Reise voller Abenteuer und Gedanken, die die Welt verändern werden. Entstehen tun diese im Kopf des Protagonisten, der sie zu Gegenständen und Objekten formt, die wirklich werden, ohne sichtbar zu sein. Schon früh jedoch werden darauf andere aufmerksam, die diese Fähigkeiten für ihre eigenen Zwecke nutzen wollen. Mit zunehmenden Alter aber lernt Simon diese Kräfte immer besser zu formen und zu beherrschen, um für das Gute zu kämpfen. Gegen alle Widerstände.

Der Auftaktband, die seinen Fokus auf Kindheit und Jugend, bis hinein ins junge Erwachsenenalter des Protagonisten legt, ist eine Genre-Mischung par excellence und verbindet darüber hinaus auch noch zwei Reihen über Altersgrenzen hinweg. Mit „Der Fantast“ wird die Lebensgeschichte von Simon begonnen zu erzählen, der mit seiner ungewöhnlichen Begabung Begehrlichkeiten weckt, jedoch diese in etwas Positives umwandeln möchte, die davon abzweigende Reihe „Fantastische Abenteuer“ ist dagegen unter den Kinder- und frühen Jugendbüchern angesiedelt. Sie erzählt die Abenteuer der Kindheit und Jugend, aus Sicht des besten Freundes des Protagonisten, der trotz seiner Einschränkungen, Timo ist blind, im übertragenen Sinne zum Auge Simons, und auch dessen Gewissen, wird.

Doch mit „Der Fantast“ führt die Autorin in das Leben beider Protagonisten ein, die sich ob ihrer Einschränkungen und Begabungen gegenseitig ergänzen. Schon mit den ersten Konturen der Geschichte werden Ecken und Kanten der protagonisten sichtbar, die bei aller beschriebener Perfektion, die Simons Fähigkeiten hervorzubringen scheinen, Risse und Herausforderungen erscheinen lassen. Oberflächlich scheint der Protagonist das Mary Sue Klischee in Reinform zu bedienen, doch gerade im Zusammen- und Gegenspiel zu anderen Figuren zeigt sich das Unperfekte, auch in den Charakterzügen Simons. Gerade wenn dieser zweifelt und an seine Grenzen gelangt, die, ja, in anderen Sphären liegen als die ihn umgebender Menschen, zeigt sich eine gewisse Bandbreite, woraus kurze Momente des Innehaltens entstehen. Hier hat Michaela Göhr nicht nur ruhige Augenblicke, sondern besonders starke Szenen geschaffen.

Die Antagonisten sind klar definiert, zum Teil jedoch vielschichtiger und wandlungsfähiger als der Hauptprotagonist selbst, wobei dieser durch die Autorin in den Folgebänden sicherlich noch weiter entwickelt wird. Trotzdem kann man sich in beide Seiten gut hineinversetzen, gerade auch in deren Zusammenspiel. Daraus entstehende Szenen bleiben eher im Gedächtnis, trotzdem die Geschichte kaum Atempause zulässt, was manchmal des Guten zu viel wirkt, als vorkommende Dialoge. Die Stärke des Romans liegt vor allem in der Beschreibung von Aktionen der Figuren.

Perspektivisch wird die Geschichte vor allem aus der Sicht Simons erzählt, während andere Sichtweisen nur durch Dialoge und Wortwechsel zum Tragen kommen. Das Erzähltempo schafft spannungsreiche Momente, die aneinandergereiht wie auf eine Perlenkette durch die Erzählung führen, was zwar ein flüssiges Lesen schafft, andererseits auf Dauer jedoch ermüdet. Kurz den Roman pausieren lassen, um dann weiterzulesen, sollte jedoch hier helfen. An der einen oder anderen Stelle hätten hier ruhigere Momente dem Text gut getan, aber auch hier muss man eventuell den Band im Kontext der Reihe oder, wenn man die Kinderbuchreihe dazu nimmt, von Michaela Göhr geschaffenen Welt betrachten.

Positiv hervorzuheben ist, dass keine größeren Lücken oder unlogischen Wendungen im Sinne der Geschichte zu finden sind, was einem nicht stocken lässt, im Gegensatz zu ein paar Schreibfehlern, die aber gut und gerne in darauf folgenden Auflagen korrigiert werden könnten. Ansonsten fallen diese nicht weiter ins Gewicht.

Michaela Göhr beflügelt jedoch die Fantasie. Wenn Gedanken wirklich werden könnten, was würde man selbst damit anfangen? Beginnend beim Schokoeis, welches dann tatsächlich sich so anfühlt und auch so schmeckt wie echtes, ansonsten aber unsichtbar ist, bis hin zu Gegenständen oder Fluggeräten. Würdet ihr euch in einen Hubschrauber setzen, den ihr zwar fühlen, berühren, dessen Türen ihr öffnen, ihn aber ansonsten nicht sehen könntet? Und wenn er euren eigenen Kopf entspringen würde?

Mit ein paar Abzügen in der B-Note, jedoch Potenzial nach oben, zieht dieser Roman mit diesen Gedankengängen in die Geschichte hinein, zudem man sich das alles vorstellen kann. Noch spannender wird es dann sicher im weiteren Verlauf, wenn noch mehr Facetten, vor allem von Simon, sichtbar werden.

Da „Der Fantast“ sich weder an normale menschliche noch an Genre-Grenzen hält, ist diese Urban-Fantasy-Erzählung sowohl im Jugendbuchbereich lesbar, mit leichter Gewichtung zum zweiten. Elemente wie Freundschaft, Zusammenhalt, Mut und Über-sich-Hinauswachsen und ja, auch das Erkennen von Möglichkeiten und das Treffen von Entscheidungen werden hier thematisiert. Sehr viel schon für einen Auftakt, bei dem man gespannt sein darf, was Michaela Göhr in den Folgebänden daraus bereits gemacht hat.

In diesem Sinne gibt es hier gerne eine Leseempfehlung.

Autorin:
Michaela Göhr ist eine deutsche Schriftstellerin und wurde 1972 im Sauerland geboren. Zunächst studierte sie Sonderpädagogik und arbeitet seit vielen Jahren an einer Förderschule Sehen. Mit dem Schreiben von Geschichten begann sie bereits in ihrer Kindheit. Ihren ersten Roman verfasste sie 2014. Seitdem schreibt sie Urban Fantasy für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

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Sophie von Maltzahn: Liebe in Lourdes

Liebe in Lourdes Book Cover
Liebe in Lourdes Rezensionsexemplar/Roman Kiepenheuer & Witsch Hardcover Seiten: 218 ISBN: 978-3-462-05205-3

Inhalt:

Jahr für Jahr pilgert der adel in Ordensformation nach Lourdes. Diese spirituelle Reise im Dienste der Bedürftigen ist ein wichtiger Teil der aristokratischen Erziehung – und gleichzeitig ein idealer Heiratsmarkt. Neu dabei ist Kassandra: Großstädterin, Ende dreißig und nur bedingt erlösungswillig. Doch die Tage im „Heiligen Bezirk“ werden sie dennoch alles andere als unberührt lassen. (Klappentext)

Rezension:

Wie bewertet und rezensiert man einen Roman, zu den man bis zuletzt kaum Zugang gefunden hat? Zunächst, vielleicht bin ich auch nicht der richtige Leser. total wissenschaftsgläubig, habe ich überhaupt nichts mit Religion am Hut. Grotten interessieren mich höchstens aus naturwissenschaftlicher und Kirchen aus der geschichtlichen und architektonischen Perspektive.

Mit Marienerscheinungen oder religiösen Erfahrungen kann ich nur in sofern etwas anfangen, als dass ich mich frage, was man im Kaffee oder Tee am Morgen gehabt haben muss, um diverse „Wunder“ zu erleben. Den Stoff will ich auch. Zwar soll jeder glauben, was er oder sie will, aber mich damit bitte dann auch in Frieden lassen. Und vielleicht war das dann genau die falsche Perspektive, mit der ich an diesen Roman herangegangen bin.

Worum geht es? Jahr für Jahr organisieren kirchliche und Bihinterenverbände Zugfahrten nach Lourdes, einer christlichen Pilgerstätte, deren Grotte, Kirche und Quelle ganz besondere Kräfte zugeschrieben werden. Marienerscheinungen soll es dort gegeben haben, um die siebzig Wunderheilungen hat die katholische Kirche anerkannt und auf diese Begegnungsstätte zurückgeführt. Der Leser dieses Romans begleitet solch einen Pilgerzug und eine Protagonistin, die ähnlich gestrickt ist wie der Rezensent, jedoch ihr ganz eigenes Wunder sucht.

Kritisch beobachtet Kassandra die menschlichen Verwerfungen, die es auch auf einer solch organisierten Fahrt gibt. Konkurrierende Pflegekräfte, Gläubige auf Sinnsuche und behinderte Kinder, denen man etwas gutes tun möchte, es aber eher für das eigene Seelenheil auf sich nimmt, Teil der Gruppe zu sein. Schon hier fragt man sich, was diese Erzählung eigentlich sein soll. Religiöser Erweckungsroman, eher nicht.

Liebeserklärung an Lourdes, bestimmt. Die Autorin Sophie von Maltzahn war bereits mehrmals dort. Erfahrungsroman, auch. Liebesroman, na ja. Fassbarer als auf den ersten Seiten wird’s jedoch nicht.

Tatsächlich ist hier zwar eine Art Handlungsrahmen vorhanden, der Spannungsbogen fehlt jedoch, so dass die gesamte Erzählung erstaunlich farblos bleibt. Die Protagonisten haben alle Ecken und Kanten und sicherlich viel zu erzählen. Mehr Sinnsuche hätte dem Roman gut getan. Der Autorin ist es jedoch nicht gelungen, das auch umzusetzen. An der sprachlichen Ausarbeitung liegt es nicht. Die ist sehr schön gestaltet.

Ein Leser kann sich durchaus in einzelne Szenen verlieben und in Sätzen verlieren, wenn die Sprache und die Figuren jedoch die einzigen Pluspunkte sind, die DDraufsicht nicht funktioniert und die Handlung an jedem Ort der Welt spielen könnte, fehlt das Besondere und macht alle Bemühungen zu nichte, dem Leser einen Zugang zu schaffen.

Nein, die Autorin hat es nicht geschafft, mich zu erreichen. Eine gute Idee und eine schöne Sprache machen noch lange keine gute Erzählung. Vielleicht findet die jedoch jemand von euch? Gebt mir dann Bescheid.

Autorin:

Sophie von Maltzahn wurde 1984 geboren und studierte Betriebswirtschaft, Kunsgeschichte, sowie Ägyptologie. Danach arbeitete sie als freie Mitarbeiterin für verscgiedene Zeitungen und als Redakteurin für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Sie schrieb an ihren eigenen Blog „Ding und Dinglichkeit“, fuhr mit 24 Jahren zum ersten Mal nach Lourdes. Die Autorin lebt in Berlin.

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Raquel J. Palacio: Wunder – Julian, Christopher & Charlotte erzählen

Wunder - Julian, Christopher & Charlotte erzählen Book Cover
Wunder – Julian, Christopher & Charlotte erzählen Raquel J. Palacio Hanser Erschienen am: 13.03.2017 Seiten: 350 ISBN: 978-3-446-25528-9 Übersetzer: Andre Mumot

Inhalt:

Der Welterfolg „Wunder“ erzählt von Auggie, dem Außenseiter mit dem entstellten Gesicht. Nun kommen Julian, Christopher und Charlotte zu Wort. Julian, der Mobber: Eigentlich hat er keinen Grund, so gemein zu sein. Doch durch Auggies Ankunft kehren seine überwunden geglaubten Albträume zurück.

Christopher, der beste Freund: Nach seinem Umzug vermisst er Auggie, ist zugleich aber auch froh, Abstand zu haben. Und Charlotte, die empathische Willkommensfreundin: Weil sie sich für Gerechtigkeit einsetzt, soll sie sich um Auggie kümmern – und beginnt zum ersten Mal an sich zu zweifeln.

Dieses berührende Kinderbuch erzählt von echter Freundschaft und davon, wie die Begegnung mit Auggie jeden verändert. (Verlagstext)

Rezension:

Der Wunsch nach einer Fortsetzung ist die Bestätigung für Autoren, zeigt er doch, wie sehr eine Geschichte und ihre Protagonisten geliebt werden, doch ist der Wunsch zugleich auch Fluch.

Die Fortsetzung muss zwangsläufig besser werden oder wenigstens genau so gut wie der Vorgänger, anderenfalls ist die Enttäuschung groß. Raquel J. Palacio weiß, vor allem um die Einzigkeit ihres Erstlings „Wunder“, das und legt mit ihrem neuen Buch bewusst keine zweite Geschichte um August auf. Den Jungen mit dem entstellten Gesicht.

Natürlich dürsten die Fans nach weiteren Informationen über den kämpferischen Jungen, der sich Anerkennung und Akzeptanz erst erstreiten musste, doch „Julian, Christopher & Charlotte erzählen“ ist eine ebenso wertvolle Parallelerzählung. Die Autorin schafft das Kunststück, obwohl die vormalige Hauptfigur hier nur Statist ist, eine facettenreiche Ergänzung vorzulegen, die Augusts Geschichte aus drei Blickwinkeln beleuchtet.

Und da wird sogar der Mobber sympathisch, der in „Wunder“ den hass sämtlicher Fans auf sich gezogen hat. Nicht umsonst geistert seit dem im Internet ein Plakat mit dem Spruch herum: „Keep calm and don’t be a Julian“ („Bleib ruhig und sei kein Julian“).

Julian hat eine eigene Geschichte zu erzählen, genau so wie zwei seiner besten Freunde, die ebenfalls zu Wort kommen und so hält Palacio ihren jungen Lesern den Spiegel vor. Ohne den sonst üblich erhobenen Zeigefinger.

Auch die anderen zwei Geschichten, deren Figuren sich zwischen dem was richtig ist und dem was der leichte Weg wäre entscheiden müssen, sind einfühlsam zu lesen. Ein Buch, was einem nachdenklich, aber mit einem Lächeln zurücklässt.

Die Menschen unterteilen sich nicht in Gut und Böse. Dazwischen liegen viele Grauzonen und oft ist es hilfreich, hinter die Fassaden zu schauen. Viele sind auf dem zweiten Blick oft ganz anders, auf den ersten Eindruck sollte man sich nicht verlassen.

In kurzen einprägsamen Kapiteln, die ursprünglich als zusätzliches E-Book entstanden und nun hiermit in gebundener Form vorliegen, lässt es sich leicht in die Geschichte eintauchen und erneut stellt sich die Frage, dieses Mal aus der Sicht der damit Konfrontierten, wie weit Inklusion schon ist oder ob sie überhaupt gelingt?

Was ist eine Behinderung, was ein bloßer Makel und was eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Kinder und Jugendliche einfühlsam an ein schwieriges Thema heranzuführen, gelingt Palacio hier ein zweites Mal überragend.

Es bleibt zu hoffen, dass diese drei Erzählungen genau so erfolgreich werden und die Autorin weitere solche Werke schreiben wird.

Autorin:

Raquel J. Palacio ist eine US-amerikanische Verlegerin, Schriftstellerin und Gestalterin für Buchcover. Der Name dabei ist ein Pseudonym ihres eigentlichen Namens Raquel Jaramillo, mit dem sie bis 2012 veröffentlichte.

Die Autorin lebt mit ihrer Familie und arbeitet in New York. 2012 erschien ihr Buch „Wonder“, welches ein Jahr später ins Deutsche übersetzt wurde.

Seit 2006 arbeitet sie in verschiedenen Positionen für den Verlag Workman und war 2013 Jurymitglied beim Internationalen Literaturfestival in Berlin für die Auszeichnung des außergwöhnlichsten Buches des Kinder- und Jugendprogramms. Ihr Jugendbuch „Wunder“ wurde verfilmt.

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Raquel J. Palacio: Wunder

Wunder Book Cover
Wunder Raquel J. Palacio Hanser Erschienen am: 28.01.2013 Seiten: 447 ISBN: 978-3-423-62589-0 Übersetzer: Andre Mumot

Inhalt:

August ist zehn Jahre alt und lebt mit seinen Eltern und seiner Schwester Via in New York. August ist schlagfertig, witzig und sensibel. Eigentlich könnte also alles ganz normal sein in seinem Leben. Doch eines trennt August von seinen Altersgenossen: Sein Gesicht ist entstellt, und unzählige Operationen hat er schon über sich ergehen lassen müssen.

Das ist auch der Grund, warum er noch nie auf einer öffentlichen Schule war und bisher zu Hause unterrichtet wurde. Das neue Jahr aber soll alles ändern. August wird in die fünfte Klasse der Bezirksschule gehen, und natürlich hat er Angst.

Angst davor, angestarrt und ausgegrenzt zu werden. Doch August wäre nicht August, würde er nicht auch diese Herausforderung mit Bravour meistern! (Verlagstext)

Rezension:

In der heutigen Welt, die sich immer schneller zu drehen scheint, in der Äußerlichkeiten an Bedeutung gewinnen und innere Werte ebenso verlieren, haben es Außenseiter schwer. Egal, ob ihrer Charakterzüge oder eben ihres Aussehns geschuldet, wer von der Norm abweicht wird ausgegrenzt und gemieden.

Um so wohltuender ist es, wenn dieses Thema aufgegriffen und behutsam aufgegriffen wird und den Lesern der Spiegel vorgehalten wird. Raquel J. Palacio hat dies getan und lässt uns Auggie, einen intelligenten, witzigen und gutmütigen Zehnjährigen begleiten, der nur einen Fehler hat.

Ein entstelltes Gesicht. Gendefekt und Geburtsfehler. Unzählige Operationen und Krankenhausaufenthaltehinter sich, muss er nun sich seiner psychologisch größten Herausforderung stellen.

Auggie soll die reguläre Schule besuchen und muss so Menschen gegenüber treten, die ihn aufgrund seines Äußeren im Allgemeinen meiden. Ein Spießrutenlauf beginnt, doch für seine Mitschüler wird der Sonderling bald seinen Schrecken verlieren und immer mehr findet Auggie Zugang zu seiner Klasse.

Der Hauptprotagonist, ein Sonderling, läd uns ein, seine Sicht auf die Welt zu erleben. Und die Freunde, und Familie, ihre Sicht auf ihn. Flüssig geschrieben sorgen die Perspektivwechsel der unterschiedlichen Protagonisten für eine abwechslungsreiche, berührende und einfach schöne Geschichte. Allein, es passiert nicht viel.

Einer der Romane, in denen weniger mehr ist Die üblichen Klassenkämpfe, Mobbing, Familienzwists und überholten gesellschaftlichen Standesdünkel kommen hier zur Sprache. Ganz normaler Alltag halt im Leben eines Zehnjährigen, wie es tatsächlich ablaufen könnte.

Mit solch einem Gesicht, mit solch einem Schicksal und dem Mut, allen Ansichten und Hindernissen entgegenzutreten.

Wer einmal in die Geschichte versinkt, wird so schnell nicht wieder auftauchen und sich in die einzelnen Protagonisten verlieben. Dabei stellt sich die Frage, wie vorurteilsfrei wir eigentlich sind? Welche Berührungsängste haben wir im Umgang mit körperlich (trifft auf Auggie zu) oder geistig (trifft hier nicht zu) Behinderten?

Und sollten wir diese nicht versuchen, über Bord zu werfen? Raquel J. Palacio stößt diesen Denkprozess an und fordert auf, nicht nur hinzusehen, sondern aufeinanderzu zu gehen, wenn auch ihr Ende ein wenig zu glatt wirkt.

Damit die Auggies in unserer Gesellschaft auf Augenhöhe gleichwertig gestellt sind. Geben wir ihnen diese Möglichkeit.

Autorin:

Raquel J. Palacio ist eine US-amerikanische Verlegerin, Schriftstellerin und Gestalterin für Buchcover. Der Name dabei ist ein Pseudonym ihres eigentlichen Namens Raquel Jaramillo, mit dem sie bis 2012 veröffentlichte.. Die Autorin lebt mit ihrer Familie und arbeitet in New York.

2012 erschien ihr Buch „Wonder“, welches ein Jahr später ins Deutsche übersetzt wurde. Seit 2006 arbeitet sie in verschiedenen Positionen für den Verlag Workman und war 2013 Jurymitglied beim Internationalen Literaturfestival in Berlin für die Auszeichnung des außergwöhnlichsten Buches des Kinder- und Jugendprogramms. Das Jugendbuch „Wunder“ wurde verfilmt.

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