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Marcus Schwarz: Wenn Insekten über Leichen gehen

Wenn Insekten über Leichen gehen Book Cover
Wenn Insekten über Leichen gehen Marcus Schwarz Droemer Erschienen am: 01.04.2020 Seiten: 288 ISBN: 978-3-426-30214-9

Inhalt:

Als Kinder beim Spielen im Wald eine Leiche finden, weist alles auf ein Mord hin. Da der genaue Todeszeitpunkt entscheidend ist, wird der forensische Entomologe Marcus Schwarz gerufen, um die Frage zu klären: Wie lange lag die Leiche schon dort?

Immer öfter gelingt es dem Insektenforscher, spektakuläre Fälle aufzuklären: War es Selbstmord? Und was verraten ihm die Fliegen, die immer als Erste am Tatort sind? (Klappentext)

Rezension:

Immer öfter findet bei der Ermittlung das große Krabbeln zu Füßen von Polizei und Staatsanwlatschaft Beachtung, können Insekten doch dazu dienen, den Tat- und Todeszeitpunkt bei Mordfällen einzugrenzen. Und so berichtet der forensische Entomologe Marcus Schwarz von diesem, hierzulande noch seltenen Zweig der Ermittlungsarbeit in seinem neuen Buch.

Was bei der Draufschau wie ein Part britischer oder amerikanischer Crime-Serien anmutet und dort zum Standard-Repertoire der Arbeit von Polizisten bei Mordfällen gehört, ist hierzulande ein relativ junger Zweig für die ermittelnden Beamten am Tatort.

Um so interessanter, dass auch in Deutschland immer mehr auf die Hilfe von Insekten in allen Stadien gesetzt wird, wenn es darum geht, den Todeszeitpunkt zu bestimmen oder die Liegezeit einzugrenzen. In seinem hoch brisanten Sachbuch berichtet der Autor anhand von wahren Fällen von seiner Arbeit, zeigt, welch entscheidende Rolle seinen Untersuchungen zukommen kann.

In kurzweiligen Kapiteln, klärt Marcus Schwarz zunächst, wie seine Arbeit abläuft, auf welche Eier, Larven, von welchen Insekten er achtet und was Funde derer über die entscheidenden Fragen aussagen, die sich bei der Tatortbegehung stellen. Er richtet sich dabei nicht nur an die kriminalistisch interessierten Laien, mit “Wenn Insekten über Leichen gehen” an die Beamten vor Ort. Lobbyarbeit für einen relativ unbekannten und zuweilen geschmähten Zweig der Rechtsmedizin.

Was können uns bestimmte Fliegenarten oder Käfer erzählen, Wespen oder Ameisen am Fundort der Leiche? Wie wird Entomologie im Bereich Kriminalistik in Amerika im Gegensatz zu Deutschland betrieben und können Maden dazu beitragen, die Unschuld eines Verdächtigen zu beweisen?

Kenner des Genres True Crime werden trotz Anonymisierung auf bekannte Fälle stoßen, doch nimmt der in ganz Deutschland agierende Entomologie vor allem auf das kriminalistische Geschehen im Raum Leipzig Bezug, seinem Haupteinsatzgebiet.

Mitunter sehr detailreich schildert er seine Vorgehensweise, in einem spannenden und zugleich informativen Schreibstil, in relativ kurzweiligen Kapiteln. Zusammen mit Zeichnungen seiner vielbeinigen Helfer ergibt sich so ein ungewöhnlicher Blick, der Ermittler helfen soll, ihre Sinne zu schärfen und die Leser bewusst werden lässt, dass der Tod nichts Abschließendes mit sich bringt.

Für die Natur ist er nur ein Festbankett, aus dem die Ermittler entscheidende Erkenntnisse ziehen können. Guten Appetit.

Autor:

Marcus Schwarz wurde 1987 geboren und studiete zunächst Forstwissenschaften in Dresden, bevor er sich der Entomologie zuwandte. In Leipzig arbeitet er am Institut für Rechtsmedizin als forensischer Entomologe und hilft mit seinen Kenntnissen deutschlandweit der Polizei und Staatsanwaltschaft. Zusätzlich bildet er Polizisten und Studenten innerhalb seines Fachgebiets aus.

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Stephan Lucas: Auf der Seite des Bösen

Auf der Seite des Bösen Book Cover
Auf der Seite des Bösen Autor: Stephan Lucas Droemer Erschienen am: 02.03.2020
(Neuauflage)
Seiten: 268 ISBN: 978-3-426-30242-2

Inhalt:

Stephan Lucas steht auf der Seite des Bösen – denn er ist Strafverteidiger und verhilft Mördern, Vergewaltigern und anderen Straftätern vor Gericht zu ihrem Recht. Hier berichtet er von seinem spannenden Alltag:

Da wird ein unbescholtener Familienvater in einem harmlosen Streit zum Totschläger; ein Junge wird mit intimen Fotos erpresst, die er einer vermeintlichen Internet-Freundin geschickt hat. Der aus dem TV bekannte Anwalt erzählt von dramatischen Schicksalen und emotionalen Herausforderungen.

Wie fühlt es sich an, die Hand eines Mörders zu drücken, die zuvor eine junge Frau erwürgt hat? Wie geht man mit einem Mörder um, der einen Freispruch will? Muss man einen Vergewaltiger hassen? (abgewandelter Klappentext)

Rezension:

Wenn die Boulevard-Presse möglichst öffentlichkeitswirksam Strafprozesse kommentiert, ist das laut und schrill. Nicht selten wird nach einem härteren Durchgreifen der Justiz gerufen, natürlich ohne sich haarklein mit der Sachlage zu beschäftigen. Emotionale Forderungen nach der Wiedereinführung der Todesstrafe sind da nicht weit.

Doch, wie ist es eigentlich zu verkraften, nahezu täglich mit dem Bösen an sich konfrontiert zu sein?

Welche emotionalen Achterbahnfahrten muss man durchstehen, an welche Linien kann man sich halten, wenn man als Strafverteidiger Mördern, Vergewaltigern und Erpressern zu ihrem Recht verhelfen muss. Eines ist klar, sowohl den Opfern als auch den Tätern ist ein fairer Prozess geschuldet.

Der aus dem TV bekannte Rechtsanwalt zählt zu denen, die tagtäglich mit den grausamsten Fällen konfrontiert werden, die unsere Justiz zu bieten hat. Als Strafverteitiger ist Stephan Lucas ständig mit den Extremen der menschlichen Abgründe konfrontiert.

In der überarbeiteten Neuausgabe stellt er seine ihm prägensten Fälle vor und erläutert, warum z.B. Mörder fairen und genauen Prozessen unterzogen werden müssen, ja sogar Anrecht auf eine gerechte Behandlung haben, die diese selbst ihren Opfern nicht zukommen lassen haben.

Eine Stärke unseres Rechtsstaates ist es. Dies zu zulassen, der Autor macht jedoch auch deutlich, welcher Drahtseilakt damit oftmals verbunden und warum das richtig ist. Die Unantastbarkeit der Justiz sollte ein hohes Gut für alle Beteiligten sein.

Nicht selten ist es jedoch so, wie es zunächst scheint. An den exemplarischen Fällen wird dies deutlich, zumal der Zwiespalt zwischen Recht und Gerechtigkeit für beide Seiten in einem Prozess offensichtlich ist.

Der Anwaltsberuf ist nicht nur das kalte Paragraphenreiten. So wird deutlich, dass auch Steohan Lucas die sich im Gerichtssaal und in seiner juristischen Vorarbeit sich auftuenden Abgründe nicht kalt lassen. Wenn der pädophile Täter sich dem Gerichtsverfahren entzieht und hinterher vieldeutige Fotos aus Asien schickt, ist es auch für den Autoren ein Tiefschlag.

Alleine schon dem Verarbeitungsprozess des Opfers hätte man eine abgeschlossene Verhandlung samt Verurteilung des Täters geschuldet.

Dieser Zwiespalt und tägliche Spagat wird hier Zeile für Zeile gut herausgearbeitet. Gleichzeitig hätte ich mir noch mehr Fälle und Tiefe gewünscht, um die Komplexität bestimmter Sachverhalte zu verdeutlichen und auch richterliche Entscheidungen verständlicher zu machen.

Das fehlt ein wenig, ist vielleicht auch der anwaltlichen Schweigepflicht geschuldet. Die beschriebenen Prozesse sind natürlich anonymisiert und so weit abgewandelt, dass nur die Betroffenen und vielleicht die mit den Fällen befassten Juristen die wahren Fälle erkennen können. Trotzdem wäre etwas mehr Ausführlichkeit hier gut gewesen.

Stephan Lucas zeigt, dass auch sein Beruf kein reiner Schreibtisch-Job ist und der Gerichtssaal keine Bühne. Zumindest nicht immer. Er lüftet den Vorgang ein wenig und zeigt, dass hinter der Oberflächlichkeit der Medien, die nur zu gern stichwortartig Fälle der Justiz aufgreifen und dabei einen Großteil an Hintergründen unterschlagen, die notwendig sind, um richterliche Entscheidungen komplett nachzuvollziehen, auch auf der Seite des Bösen das Recht geachtet werden muss.

Schließlich gilt ein Täter bis zur richterlichen Entscheidung als unschuldig.

Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Kann man lesen.

Autor:

Stephan Lucas wurde 1972 in Frankfurt/Main geboren und ist ein deutscher Rechtsanwalt. Nach der Schule studierte er Jura und legte 1996 und 1999 seine Staatsexamina ab, erhielt seine Zulassung zm Rechtsanwalt. Nach Stationen in Heidelberg und München gründete er seine eigene Kanzlei und spezialisierte sich auf Strafrecht.

Zudem ist er im TV in mehreren Reality-Formaten zu sehen gewesen und veröffentlichte 2012 sein erstes Buch.

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