Erika Fatland: Sowjetistan

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Sowjetistan Erika Fatland Suhrkamp Erschienen am: 06.03.2017 Seiten: 511 ISBN: 978-3-518-46752-6 Übersetzer: Ulrich Sonneberg

Inhalt:

Erika Fatland über Sowjetistan – Eine Reise durch Turkmenistan, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan und Usbekistan.

Mit ihrer fulminanten Reisereportage über die fünf ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens öffnet Erika Fatland uns die Tür zu einem fernab gelegenen Teil der Welt voller beeindruckender geschichten, skurriler Begebenheiten und überraschender Einblicke.

Sie erzählt von Samarkand und Dschingis Khan, von Brautraub und der Kunst der Adlerjagd, von korrupten Despoten, marmornen Städten und riesigen Goldstatuen, die sich mit der Sonne drehen. (Klappentext).

Rezension:

Es sind Länder zwischen den Stühlen. Genau so wie das Heimatland der Autorin, eher noch weniger, wird auch über die Länder Zentralasiens kaum berichtet. Abgeschottet zwischen Russland, Pakistan, Afghanistan und China liegend, die jede Aufmerksamkeit auf sich ziehen, bilden die fünf ehemaligen Sowjetrepubliken einen weißen Fleck auf vielen Landkarten.

Früher abgeschottet, viele Städte aufgrund geheimer Militärprogramme der Sowjets auf den Karten nicht verzeichnet, regieren heute quasi Diktatoren die Länder, deren Landstrich auch heute allenfalls für das Verschwinden des Aralsees bekannt ist.

Der größten menschengemachten Naturkatastrophe in dieser Region, abgesehen von den Atomtests im Kalten Krieg.

Erika Fatland hat sich aufgemacht und versucht hinter die Fassade despotischer Diktaturen zu blicken und die Menschen kennenzulernen, deren Geschichte vom blühenden Handel auf der Seidenstraße erzählen kann aber auch von mongolischen Heerführern a la Dschingis Khan.

Wie lebt es sich heute in einer Region, die immer noch mit dem Erbe ihrer jüngeren Geschichte zu kämpfen hat, deren Berwohner am Rande des wirtschaftlichen Existenzminimums ums Überleben kämpfen, unterdrückt von Machthabern, deren Karrieren noch in den letzten Tagen der Sowjetunion begann?

Gibt es sie noch, die sagenumwobene Gastfreundschaft der Steppen- und Bergvölker, die längst großteils sesshaft geworden sind?

Wie sieht sie aus, die Gegenwart zwischen Orient und Okzident und welche Zukunft hält das Leben für das bunte Völkergemisch bereit, die sich heute an ihren Grenzen das Leben schwer machen, früher mit der eisernen Hand Moskaus unter Kontrolle gehalten worden?

Erika Fatland lässt sich darauf ein und nimmt ihre Leser mit auf eine reise ins Unbekannte. Sie blickt hinter schroffen und falschen Fassaden, stellt fest, dass nicht alles Gold ist, was glänzt, auch wenn die Diktatoren als ebenso vergoldete Statuen auf sie herabblicken und der Wettkampf um den höchsten Fahnenmast mit Eifer betrieben wird und der einzige Gewinner dabei eine westliche Herstellerfirma ist.

Zwischen staatlichen Aufpassern und Wettkämpfen, resignierenden Archäolgen und vom Pferd fallenden Despoten versucht sie das Geheimnis von Samarkand und Taschkent zu ergründen, den Schein Astanas aufzudecken, reist zwischen Aschgabat und Duschanbe.

Der Blick der Autorin gilt dabei immer den Menschen der Region. Ungeschönt berichtet sie über das harte Leben der Menschen, deren Zukunft ungewiss ist und abhängig von den großen Nachbarstaaten, die sie umgeben. In ihren Heimatländern ist diese jedenfalls nicht zu finden.

Die Jungen wandern aus, richten ihren Blick nach Moskau oder in den Westen Europas, die Alten arrangieren sich mit den Verhältnissen und träumen von vergangenen Zeiten als man noch zu einer Großmacht gehörte.

Erika Fatland versucht die Hintergründe unverstellt darzulegen, die dazu führen, dass es immer noch Brautraub gibt und die Länder isoliert vom Weltgeschehen beinahe vor sich hin vegetieren. Herausgekommen dabei ist ein Blick auf das Besondere, auf den Alltag einer Region, die es noch zu entdecken gilt.

Einfühlsam ohne Verklärung berichtet Erika Fatland von einer Region, in der die Zukunft alles andere als sicher ist und doch, je nach Staat unterschiedlich verlaufen kann.

Dort kann alles passieren, ist sie sich sicher und beschreibt episodenhaft die Geschichte dieser Landstriche, durchsetzt von gesellschaftlichen Exkursen und immer wieder auch der Beschreibung von kuriosen Ereignissen, vor allem aber von Menschen.

Unverstellt wünscht man sich mehr solcher unaufgeregter und neugieriger Reisereportagen, wie die von Fatland, der dies mit „Sowjetistan“ mehr als gelungen ist. Diese Momentaufnahme, aufgelockert durch mehrere Karten und Fotoaufnahmen, hilft uns zu verstehen.

Doch, wer wirklich begreifen möchte, muss sich mit Sack und Pack selbst aufmachen, die Region zu erkunden. Wer keine Gelegenheit dazu hat, hat mit „Sowjetistan“ einen wunderbaren Einblick in das Leben in einer faszinierenden Landstrich gewonnen.

Autorin:

Erika fatland wurde 1983 in Hausgesund/Norwegen geboren und ist eine norwegische Schriftstellerin und Ethnologin. Nach der Schule studierte sie in Kopenhagen und Oslo Anthropologie und schrieb ihre Abschlussarbeit über die Nachwirkungen des Geiseldranas von Beslan in Nordossetien.

Danach arbeitete sie 2008-2009 am Norwegischen Institut für Internationale Angelegenheiten. 2009 schrieb sie ein Kinderbuch und kehrte im Jahr darauf nach Beslan zurück um ihre Arbeit über Beslan fortzusetzen. Ihr Buch darüber erschien in Norwegen 2011.

Im Herbst 2012 veröffentlichte sie ein Buch über die Terroranschläge in Norwegen und machte sich zwei Jahre später auf, die fünf ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens zu besuchen. Für die Reisereportage wurde Erika Fatland mehrfach ausgezeichnet. Sie lebt in Oslo.

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Marianne Zückler: Osteuropa Express

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Osteuropaexpress Rezensionsexemplar/Roman Europaverlag Taschenbuch Seiten: 240 ISBN: 978-3-95890-079-0

Inhalt:
Die Lebensfäden von acht Protagonisten verweben sich zu einem großen Teppich, in dem Einschüchterung und Ausgrenzung, aber auch Liebe und Freiheit ineinander gehen.

Sie gewähren uns Einblicke in eine Welt, in der viele Menschen wegen ihrer sexuellen Identität verfolgt werden und gegen Anfeindungen und Diskriminierung ankämpfen müssen. (Verlagstext)

Rezension:
Ein Junge stand einmal beim Bäcker vor mir und zeigt auf einen rosafarbenen Donut. Er wolle den, hieß es und die Verkäuferin fragte ihn noch einmal. Schließlich gäbe es ja auch blaue Donuts.

Der Junge erwiderte nur, er wolle den essen und nicht damit spielen und bekam schließlich das Gebäck in der gewünschten Farbe.
Diese von mir gemachte Alltagsbeobachtung ist noch relativ harmlos, zeigt aber dennoch wie selbst hier in den Köpfen der Menschen noch das traditionelle Bild von Jungen und Mädchen, Männern und Frauen vorherrscht, wenn auch die Toleranzgrenze der Mehrheit der Bevölkerung hierzulande sich in den letzten Jahren zu Gunsten Andersfühlender und -denkender verschoben hat.

In unseren östlichen Nachbarländern sieht dies teilweise noch anders aus. althergebrachte Werte dominieren das Selbstbildnis der Familien, quer über alle Altersgrenzen und die Kirche dominiert immer noch das Privatleben der Menschen mit ihren mittelalterlichen Vorstellungen.
Für Schwule, Lesben, Transsexuelle eine schwere Last, kaum zu ertragen. Zwar hat auch in Polen, in den baltischen Staaten oder in der Ukraine langsam ein Wandel eingesetzt, doch auch heute wird die Andersartigkeit kritisch beäugt, teilweise als Krankheit betrachtet.

In Familien kommt es zu Auseinandersetzungen, im beruflichen Alltag verbaut ein Outing jedes Fortkommen.
Marianne Zücker hat Gespräche, vermittelt über osteuropäische LGTB-Organisationen, mit den von Ausgrenzung und Alltags-Diskriminierungen Betroffenen geführt und deren Schilderungen in einer einfühlsamen Erzählung verarbeitet.

Verpackt in Romanform kommen die Menschen zu Wort, deren Orientierung zur Zerreißprobe für die Gesellschaft wurde. Zumal nach dem Zusammenbruch des Ostblocks, nachdem die Bevölkerungen der Länder mit mehreren Problemen wie etwa steigender Arbeitslosigkeit und wachseneder Armut zu kämpfen hatten.
Die Autorin portraitiert die unterschiedlichen Menschen unter der Regenbogenflagge und wirbt mit ihrer Erzählung für Akzeptanz und Anerkennung.

Dass „anders sein“ eine Bereicherung für unsere Gesellschaft sein kann, die sich daran messen lassen musste und immer noch muss, wie weit Gleichberechtigung umgesetzt werden kann ohne den Zusammenhalt in der Bevölkerung zu verlieren.
In kleinen Schritten, auf unterschiedlichsten Wegen. Den einen LGBT gibt es nicht, sondern viele verschiedene Spielarten. Sie alle sind menschlich.

Die Ausarbeitung der Protagonisten ist hier sehr feinfühlig. Jede Person kommt abwechselnd in den recht kurzen Kapiteln zu Wort. Die Ich-Erzählerstimme bringt die Nähe zu dem Leser. Das Thema durchweg interessant, die Protagonisten glaubwürdig.

Hier merkt man die Vorabrecherche der Autorin sehr schön, sie hat Ahnung von den Dingen, über die sie schreibt. Es ist ein stiller Roman, der aufrüttelt und den Horizont erweitert, dem aber zum Ende hin ein wenig Tempo fehlt, welches in den ersten zwei Dritteln der Geschichte noch zu finden ist. Alles in allem aber ein gelungener Beitrag für die Debatte, die nicht nur in Osteuropa geführt wird sondern auch hier noch kein Ende gefunden hat.

Autorin:
Marianne Zückler wurde 1960 in Berlin geboren und studierte nach der Schule Germanistik, Erziehungswissenschaft und Theaterpädagogik. Seit 1994 arbeitet sie als freie Autorin und Dozentin für dokumentarisch-biografische Theaterarbeit. Für ihre Arbeit an verschiedenen Hörspielen wurde sie mehrfach ausgezeichnet.
Ihr erster Roman erschien 2015. Zückler beschäftigt sich vor allem mit der Verschränkung von Erfahrungs- und Erinnerungsräumen sowie für die transgenerationelle Weitergabe von Gewalttraumatisierungen. Ihr neuestes Werk „Osteuropa Express“ wurde gefördert durch die Robert Bosch Stiftung „Grenzgänger“ und der akademie Schloss Solitude.

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Raquel J. Palacio: Wunder – Julian, Christopher & Charlotte erzählen

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Wunder – Julian, Christopher & Charlotte erzählen Raquel J. Palacio Hanser Erschienen am: 13.03.2017 Seiten: 350 ISBN: 978-3-446-25528-9 Übersetzer: Andre Mumot

Inhalt:

Der Welterfolg „Wunder“ erzählt von Auggie, dem Außenseiter mit dem entstellten Gesicht. Nun kommen Julian, Christopher und Charlotte zu Wort. Julian, der Mobber: Eigentlich hat er keinen Grund, so gemein zu sein. Doch durch Auggies Ankunft kehren seine überwunden geglaubten Albträume zurück.

Christopher, der beste Freund: Nach seinem Umzug vermisst er Auggie, ist zugleich aber auch froh, Abstand zu haben. Und Charlotte, die empathische Willkommensfreundin: Weil sie sich für Gerechtigkeit einsetzt, soll sie sich um Auggie kümmern – und beginnt zum ersten Mal an sich zu zweifeln.

Dieses berührende Kinderbuch erzählt von echter Freundschaft und davon, wie die Begegnung mit Auggie jeden verändert. (Verlagstext)

Rezension:

Der Wunsch nach einer Fortsetzung ist die Bestätigung für Autoren, zeigt er doch, wie sehr eine Geschichte und ihre Protagonisten geliebt werden, doch ist der Wunsch zugleich auch Fluch.

Die Fortsetzung muss zwangsläufig besser werden oder wenigstens genau so gut wie der Vorgänger, anderenfalls ist die Enttäuschung groß. Raquel J. Palacio weiß, vor allem um die Einzigkeit ihres Erstlings „Wunder“, das und legt mit ihrem neuen Buch bewusst keine zweite Geschichte um August auf. Den Jungen mit dem entstellten Gesicht.

Natürlich dürsten die Fans nach weiteren Informationen über den kämpferischen Jungen, der sich Anerkennung und Akzeptanz erst erstreiten musste, doch „Julian, Christopher & Charlotte erzählen“ ist eine ebenso wertvolle Parallelerzählung. Die Autorin schafft das Kunststück, obwohl die vormalige Hauptfigur hier nur Statist ist, eine facettenreiche Ergänzung vorzulegen, die Augusts Geschichte aus drei Blickwinkeln beleuchtet.

Und da wird sogar der Mobber sympathisch, der in „Wunder“ den hass sämtlicher Fans auf sich gezogen hat. Nicht umsonst geistert seit dem im Internet ein Plakat mit dem Spruch herum: „Keep calm and don’t be a Julian“ („Bleib ruhig und sei kein Julian“).

Julian hat eine eigene Geschichte zu erzählen, genau so wie zwei seiner besten Freunde, die ebenfalls zu Wort kommen und so hält Palacio ihren jungen Lesern den Spiegel vor. Ohne den sonst üblich erhobenen Zeigefinger.

Auch die anderen zwei Geschichten, deren Figuren sich zwischen dem was richtig ist und dem was der leichte Weg wäre entscheiden müssen, sind einfühlsam zu lesen. Ein Buch, was einem nachdenklich, aber mit einem Lächeln zurücklässt.

Die Menschen unterteilen sich nicht in Gut und Böse. Dazwischen liegen viele Grauzonen und oft ist es hilfreich, hinter die Fassaden zu schauen. Viele sind auf dem zweiten Blick oft ganz anders, auf den ersten Eindruck sollte man sich nicht verlassen.

In kurzen einprägsamen Kapiteln, die ursprünglich als zusätzliches E-Book entstanden und nun hiermit in gebundener Form vorliegen, lässt es sich leicht in die Geschichte eintauchen und erneut stellt sich die Frage, dieses Mal aus der Sicht der damit Konfrontierten, wie weit Inklusion schon ist oder ob sie überhaupt gelingt?

Was ist eine Behinderung, was ein bloßer Makel und was eine Bereicherung für unsere Gesellschaft. Kinder und Jugendliche einfühlsam an ein schwieriges Thema heranzuführen, gelingt Palacio hier ein zweites Mal überragend.

Es bleibt zu hoffen, dass diese drei Erzählungen genau so erfolgreich werden und die Autorin weitere solche Werke schreiben wird.

Autorin:

Raquel J. Palacio ist eine US-amerikanische Verlegerin, Schriftstellerin und Gestalterin für Buchcover. Der Name dabei ist ein Pseudonym ihres eigentlichen Namens Raquel Jaramillo, mit dem sie bis 2012 veröffentlichte.

Die Autorin lebt mit ihrer Familie und arbeitet in New York. 2012 erschien ihr Buch „Wonder“, welches ein Jahr später ins Deutsche übersetzt wurde.

Seit 2006 arbeitet sie in verschiedenen Positionen für den Verlag Workman und war 2013 Jurymitglied beim Internationalen Literaturfestival in Berlin für die Auszeichnung des außergwöhnlichsten Buches des Kinder- und Jugendprogramms. Ihr Jugendbuch „Wunder“ wurde verfilmt.

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Ellen Lugert: Russisch rückwärts

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Russisch rückwärts Ellen Lugert Größenwahn Verlag Erschienen am: 04.08.2016 Seiten: 208 ISBN: 978-3-95771-096-1

Inhalt:

Wodka, Blinis, Zar und Zobel – das ist typisch russisch! Oder etwa nicht? Eine junge Frau macht sich mit 25 Jahren auf, um diese Frage für sich selbst zu beantworten. Ein Jahr St. Petersburg, ein Jahr in einer multikulturellen Wohngemeinschaft leben.

Zwischen knallenden Korken, liebestrunkenen Russen und den verlockenden Leckereien der russischen Küche erhält sie vor Ort durch ihre Mitarbeit bei der deutschsprachigen Sankt Petersburgischen Zeitung einen Einblick in die russische Gesellschaft.

Hier sind die Tagebuchaufzeichnungen, die Zeitungsartikel der Autorin, Bilder sowie russische Rezepte einer Frau, die mit ihrem Rucksack und dem Zug – immer rückwärts zur Fahrtrichtung sitzend – abentuerliche Reisen von Nord nach Süd und Ost nach West quer durch das größte Land der Welt erlebt. (Klappentext)

Rezension:

Manchmal sollte man sich einfach eine Auszeit nehmen, den Koffer packen und dorthin reisen, wohin es eigentlich niemanden verschlägt. Ellen Lugert hat dies gemacht, nahm sich ein Sabbatjahr von ihrer Abeit als Polizistin und bereiste von 2006 – 2007 das größte und erstaunlichste Land der Erde.

Ausgangspunkt, eine bunt zusammengewürfelte Wohngemeinschaft in St. Petersburg, erkundete sie das Land in allen Himmelsrichtungen. Immer in Begegnung mit ebenso abenteuerlich veranlagten Menschen und die Eigenheiten des russischen Lebens erkundend.

Reisetagebücher, gerade in solcher Form vermögen zu fasznieren, ob der Abenteuer, die man selbst gerne erleben würde, wofür man sich aber zumeist nicht traut, die ersten Schritte dorthin zu wagen. Dabei ist es so einfach, wenn man nur die Eigenheiten und Mentalitäten des entsprechenden Landes kennenlernen und akzeptieren mag.

Ellen Lugert hat dies getan und nimmt ihre Leser mit auf diese lange und vielschichtige Reise. Warum ist es in Russland verboten, die U-Bahnen zu filmen? Wie viel Wodka verträgt maneigentlich und wo findet sich eigentlich die beste russische Banja?

Fragen, nicht von Bedeutung, aber um so humorvoller liest sich der Reisebericht, wofür man zum Glück selbst keine Russisch-Vokabeln pauken muss, eine Tätigkeit zu der sich die Autorin während ihrer Reise jedoch stetig selbst ermahnt.

Ellen Lugert gibt ihren Lesern eine unverfälschte Draufsicht auf liebenswerte Menschen, jenseits des politischen Geschehehns der Nachrichtenmagazine.

Warum tut sich Russland mit dem Umweltschutz so schwer? Wie wird HIV-infizierten Kindern in St. Petersburg geholfen und weshalb ist die beste Polizei-Akademie Russlands in privaten Händen, wo doch sost viel Wert auf staatliche Kontrolle gelegt wird?

Ergänzt durch eine bunte Mischung ihrer geschriebenen Zeitungsartikel und gesammelter Kochrezepte, möchte man beinahe mit im Zug sitzen und Russland bereisen. In Fahrtrichtung natürlich, die Autorin erwischt lt. eigener Aussage immer die entgegene.

Einen Kritikpunkt vielleicht noch, nicht an die Autorin, eher an den Verlag. Ein paar Schlechtschreibfehler sind dem Lektorat entgangen und auch die Fotoqualität lässt zu wünschen übrig, ansonsten ist der Reisebericht eine runde Sache. Mit und auch ohne Wodka.

Autorin:

Ellen Lugert wurde 1980 in Wittenberg geboren und arbeitete nach dem Abitur als Polizistin in Brandenburg. 1993 bereiste sie das erste Mal Weißrussland über die Deutsch-Russländische Gesellschaft e.V. und unterhält seitdem eine enge freundschaftliche Beziehung zu ihrer dortigen Gastfamilie.

2006/2007 nahm sie ein Sabbatjahr und bereiste Russland querdurch. Sie lebt mit ihrer Familie in Potsdam und in der Nähe von Rostock.

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Tim Krohn: Menschliche Regungen 1 – Herr Brechbühl sucht eine Katze

Herr Brechbühl sucht eine Katze Book Cover
Herr Brechbühl sucht eine Katze Reihe: Menschliche Regungen – 1 Rezensionsexemplar/Roman
Galiani Berlin
Erschienen am: 16.02.2017 Seiten: 473 ISBN: 978-3-68971-147-8

Inhalt:

Das Jahrtausend beginnt für den pensionierten Tramfahrer Hubert Brechbühl mit großen Plänen und ohne Katze. Für das junge Paar Pit und Petzi mit viel Sex. Für Julia Sommer ohne Sex. Für Selina May ohne Arbeit. Für Efgenia Costa mit Drogen.

Für Erich und Gerda Wyss mit Überlegungen, wer von beiden zuerst sterben sollte. Vieles davon wird sich ändern, anderes nicht. Elf Bewohnerinnen und Bewohner eines Züricher Mietshauses geraten im Jahr 2001 in einen Strudel der Gefühle. (Klappentext)

Reihenfolge der Bücher:

Tim Krohn: Menschliche Regungen 1 – Herr Brechbühl sucht eine Katze

Tim Krohn: Menschliche Regungen 2 – Erich Wyss übt den freien Fall

Tim Krohn: Menschliche Regungen 3 – Julia Sommer sät aus

[Einklappen]

Rezension:
Einen Roman zu schreiben, ist nicht zuletzt heutzutage eine Frage der Finanzierung. Warum dann nicht gleich seine Leser daran beteiligen und mit Rahmenvorgabe eine Geschichte erzählen, die die Leser sich wünschen.

Etwa in der Art hat Tim Krohn sein neuestes Werk auf den Weg gebracht. „Herr Brechbühl sucht eine Katze“, ist zunächst einmal eine episodenhafte Aneinanderreihung verschiedenster Gefühlszustände, die die künftigen Leser vorher „kaufen“ konnten.

Nach „Erwerb“ des Gefühls, gegen einen gewissen Geldbetrag, hat Tim Kron dann eine Geschichte im Rahmen eben dieses Gefühls geschrieben und mehrere dieser Kurzgeschichten zusammen einen Roman werden lassen. Crowdfunding im literarischen Betrieb.

Doch, wie wirkt nun das fertige Ergebnis? Der Herstellungsprozess, wie oben beschrieben, klingt zunächst wie die Zubereitung eines Gerichts durch Zusammenrühren von Instantpulvern, doch kann man sich hier relativ wenig beschweren.

Zwar ist hier Tim Krohn nicht gerade ein großer literarischer Wurf gewonnen, soll es vielleicht auch nicht, aber immerhin unterhalten tut er dann doch. Schließlich kennt ein jeder die diversen Alltagsprobleme in einem Mehrfamilien- und Mietshaus.

Kennt Jobangst, Vorfreude, Alltagsfrustration, Liebe oder Beziehungsstress und irgendwie vegrisst man, dass man die Geschichten praktisch einzeln für sich lesen könnte (nicht zu raten).

Am Anfang ist es gar so, dass man vielleicht soagr von Geschichte zu Geschichte seines Lieblingsprotagonisten springen möchte, auch das erledigt sich schnell. Die Behaglichkeit des beschriebenen Mietshauses mit seinen schrulligen Bewohnen, die man irgendwie alle in irgendeiner Form kennt oder kennenlernen möchte (oder auch nicht), tut ihr Übriges.

Der Roman selbst wird ncht ewig im Gedächtnis bleiben. Es schadet aber auch nicht, zu lesen, sich fallen zu lassen und sich ein paar Stunden lang zu unterhalten. Ein Wohlfühlroman ohne Schrecken aber mit akzeptablen Ende.

Kurze, flüssig erzählte, Kapitel betitelt mit den einzelnen Gemüszuständen, jedes Gefühl wird nur einmal vergeben, tun das Ihrige dazu. Alleine, das Projekt ist noch nicht zu Ende.

Wer möchte, kann weiter spenden und an der Entstehung weiterer Bände mitwirken (zwei Weitere sind schon in der Produktion). Noch viele Gefühle sind frei. So dürfen wir nicht nur Herrn Brechbühl und die Katze noch eine ganze Weile weiter verfolgen.

Autor:
Tim Krohn wurde 1965 in Wiedenbrück geboren und lebt in der Schweiz. In Glarus aufgewachsen, studierte er Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft, arbeitet er heute als freier Schriftsteller und Verfasser von Prosatexten, Dramen und Hörspielen.

Er ist Mitglied des Verbands der Autorinnen und Autoren der Schweiz und war von 1998 bis 2001 Präsident der Vorgängerorganisation des Schweizerischen Schriftstellerverbandes.

1993 erhielt er den UNDA-Radiopreis, den Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis 1994. 2007 erhielt er den Preis für das beste Schweizer Buch. Weitere Preise folgten. Krohn schrieb die Bühnenvorlage für das Einsiedler Welttheater, 2013.

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Leipziger Buchmesse 2017: Bericht Teil 3 – Wochenende auf der Messe

Am Samstag hatte ich mir nicht so viel vorgenommen, auch wenn ich hier wieder das Stativ mitgenommen hatte. Auch an diesem Tag sollte ein Interview stattfinden, doch zuvor habe ich mir einen Vortrag zu einem Reisebericht über Südkorea angehört.

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Leipziger Buchmesse 2017: Bericht Teil 2 – Freitag auf der Messe

An einem der Abende, an denen die Forenmitglieder des Büchertreffs ihren Messetag ausklingen lassen, habe ich mich von Divina Michaelis dazu überreden lassen, einen ihrer Romane zu lesen. Zwar nicht mein Genre aber was nicht ist oder warum auch nicht, ich werde einen jedenfalls in naher Zukunft lesen und rezensieren.

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Leipziger Buchmesse 2017: Bericht Teil 1 – Donnerstag auf der Messe

Nun bin auch ich schmerzenden Fußes von der diesjährigen Leipziger Buchmesse zurück und liege nun in meiner Unterkunft auf den Sofa. Ob ich je wieder werde aufstehen können, weiß ich nicht. (Der Text wurde direkt nach der Messe geschrieben.) Dazu tut mir jetzt noch alles zu weh.

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Leipziger Buchmesse 2017

Es ist wieder so weit, die Leipziger Buchmesse beginnt in wenigen Tagen. Genauer gesagt, vom 23.-26. März auf dem Geländer der Neuen Messe in Leipzig. Ich werde alle vier Tage auf der Messe sein und für euch (und für mich) Lesungen, Podiumsdiskussionen und Buchvorstellungen besuchen. Ein paar kleine Überraschungen habe ich natürlich auch für euch im Gepäck. Jetzt wird jedoch noch nichts verraten. Wer nicht auf die Berichte zur Messe warten möchte, kann mir auf Twitter und Instagram folgen. Dort werde ich regelmäßig meine Eindrücke festhalten.

Instagram: @findosbuecher

Über dieses Bild gelangt ihr auf meinen Instagram-Kanal.

https://www.instagram.com/p/BR1ExrnlemP/?taken-by=findosbuecher

Und Twitter. Dort heiße ich findosbuecherw1.

https://twitter.com/findosbuecherw1

Euer findo.

 

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