Leben

Stephan Orth: Couchsurfing 1 – Couchsurfing im Iran

Inhalt:

Es ist offiziell verboten. Trotzdem reist Stephan Orth als Couchsurfer kreuz und quer durch den Iran, schläft auf Dutzenden von Perserteppichen, erlebt irrwitzige Abenteuer – und lernt dabei ein Land kennen, das so gar nicht zum Bild des Schurkenstaates passt. Denn die Iraner sind nicht nur Weltmeister in Sachen Gastfreundschaft, sondern auch darin, den Mullahs ein Schnippchen zu schlagen. (Klappentext)

Rezension:

In der westlichen Welt weiß man kaum mehr über den Iran als das, was die Hauptnachrichten berichten. Der Streit um die Nutzung von Kernenergie, das theokratisch-strenge Regime der Mullahs, Menschenrechtsverletzungen und das verbissene Durchsetzen streng religiös-bergündeter Vorschriften. Andere Themen kommen kaum bis gar nicht zur Sprache. Und so hat sich Stephan Orth aufgemacht in ein Land voller unbekannter Faktoren und muss gleich bei der ankunft am Flughafen erste Vorurteile revidieren. Er lässt sich auf die Menschen des Landes ein, fernab der Politik, die doch immer wieder in das Leben der Bevölkerung eingreift. Hinterverschlossenen Türen aber können die Iraner sie selbst sein. Und das ganz anders als es auf den ersten Blick scheint.

Mit „Couchsurfing im Iran“ hat der Autor hier keinen politischen Lagebericht geschrieben, sondern eine vielschichtige Sammlung der Eindrücke der Menschen in diesem Land. Stephan Orth zeigt auf, was selbst in einem Land möglich ist, welches von einer brutalen menschenverachtenden Diktatur beherrscht wird und wie die Bevölkerung sich wehrt. Momentan noch passiv im Privaten, doch Orth zeigt auf, dass die Vorstellungen der Iraner irgendwann dafür sorgen können, dass sich die Situation zu ihren Gunsten ändert. Der Anfang ist bereits gemacht, in winzigen Schritten.

Stephan Orth beschreibt das Leben der Menschen dort, ihren Alltag, ihre Vorstellungen und Ideen, Gedanken und die kleinen Rebellionen des Alltags, wenn sich eine Gruppe junger Iraner ewa zu Fesselspielen trifft oder Polizisten bestochen werden, damit keine Razzia der Sittenwächter wärend einer Hochzeitsfeier stattfindet, wenn Studenten von Amerika träumen oder das Kopftuch wie zufällig ein Stück verrutscht.

Es ist hier ein wunderbar positives Buch, was für ein unscheinbares düsteres Land Interesse wecken vermag. Fernab der nüchternen politischen Berichte. Der Iran ist ein relativ junges Land, die Mehrheit der Bevölkerung ist unter 40 Jahre alt und wartet nur auf eine sichere Chance aus den Zwängen und Vorgaben auszubrechen und ihr Leben und Land zu verändern. Orth zeigt, dass die Veränderung in den Köpfen bei vielen schon längst begonnen hat. Im gesamten Iran. Ein Buch über Vorurteile, die in sich zusammenfallen, ein Buch über Kontraste und vor allem über die Menschen, ihr Leben und ihre Träume.

Autor:

Stephan Orth wurde 1979 geboren und arbeitet als Redakteur im Reiseressort bei Spiegel Online. Seit 2003 ist er bereits als Couchsurfer unterwegs, hatte Besucher aus aller Welt und traf Gastgeber in mehr als dreißig Ländern. Orth ist Autor mehrerer Bücher und Reisereportagen, die mehrfach mit dem Columbus-Preis ausgezeichnet wurden.

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Stephan Orth: Couchsurfing 2 – Couchsurfing in Russland

Inhalt:

Das erste Russland-Buch ohne Bären und Balalaikas! Was ist Propaganda, was ist echt? Über keinen Teil der Erde ist die Informationslage verwirrender als über Russland. da hilft nur: hinfahren und sich sein eigenes Bild machen. Zehn Wochen lang sucht Bestsellerautor Stephan Orth zwischen Moskau und Wladiwostok nach kleinen und großen Wahrheiten. Und entdeckt auf seiner Reise von Couch zu Couch ein Land, in dem sich hinter einer schroffen Fassade unendliche Herzlichkeit verbirgt. (Klappentext)

Rezension:

So riesig das Land, so stark seine Gegensätze. Stephan Orth macht sich auf, um fernab der Politik die russische Seele zu suchen, und den Vielvölkerstaat zu erkunden. Beginnend am „Arschloch der Welt“ quartiert er sich in Tschetschenien ein, erlebt den schwierigen Alltag der Menschen auf der Krim, bei Studenten in St. Petersburg und blickt nach Japan in Wladiwostok. Wie auch schon in seinem erfolgreichen Reisetagebuch über das „Couchsurfing im Iran“ macht sich der Spiegel-Online Reporter auf, um Vorurteile vor allem für sich selbst zu widerlegen. Entstanden ist dabei ein eindrucksvolles Portrait von den Menschen des Landes.

Russische Politik und Propaganda a la RT sind das eine, die russische Bevölkerung ist das andere. Vor allem tief gespalten in ihrer Meinung zur Staatsführung. Je nach wirtschaftlicher Lage mal fern, mal näher zum Kreml. Ein Land zwischen Energie-Krise am Weltmarkt und Sanktionen aufgrund der Krim-Krise, versucht sich selbst zu finden. Stephan Orth beschreibt diesen Prozess aus nächster Nähe, reist mal hier und mal dort hin, revidiert viele seiner Vorurteile, sieht die Probleme des Landes, aber auch Menschen, die ins Gelingen verliebt sind. Mal mit, mal ohne Wodka. Aber immer mit dem Willen zum Leben. Denn, Moskau ist oft genug sehr fern. Korruption und Erfindungsreichtum dagegen nah.

Ein amüsanter Reisebericht der ganz anderen Art. Unterteilt in kurzweilige Kapitel, beschreibt der Autor seine Art zu Reisen, ihre Unwägbarkeiten und erstaunlichen Wendungen, vor allem aber die Geschichte der Menschen, die er trifft. So, dass man fast selbst geneigt ist, es ihm nachzutun. Stephan Orth erzählt, wie es ist, seine Vorurteile und bedenken über Bord zu werfen, manchmal alle Pläne kurzerhand umzuschmeißen und zu ändern und findet sie, die russische Seele, schon auf den ersten Stationen der Reise.

Und dringt immer tiefer in sie ein. Fernab der Politik zeichnet Orth auch hier wieder ein überaus positives Bild der Menschen und ihrer Trennlinie zu den Machthabern im Kreml. Die negativen Punkte a la Beeinflussung der Bevölkerung in allen Lebenslagen werden nicht ausgespart, Putin-Gegnern und Befürwortern auf den Zahn gefühlt. Privat entdeckt der Autor ein ganz anderes Russland als das, welches immer über die westlichen Nachrichtenbildschirme flimmert. Alleine dafür ist „Couchsurfing in Russland“ schon lesenswert. Und vielleicht findet ja auch der Leser die vielgerühmte russische Seele.

Autor:

Stephan Orth wurde 1979 geboren und arbeitete als Redakteur im Reiseressort bei Spiegel Online. Als Couchsurfer unterwegs, hatte er Besucher aus aller Welt und traf Gastgeber in mehr als dreißig Ländern. Orth ist Autor mehrerer Bücher und Reisereportagen, die mehrfach mit dem Columbus-Preis ausgezeichnet wurden. Für sein letztes Werk wurde er mit dem ITB-Buchaward ausgezeichnet. Er lebt und arbeitet in Hamburg.

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Stephan Orth: Couchsurfing 3 – Couchsurfing in China

Inhalt:

Er reist mit Vorliebe durch Länder mit einem schlechten Ruf: Drei Monate lang erkundet Bestsellerautor Stephan Orth China, um herauszufinden, wie die neue Weltmacht tickt. Er besucht Metropolen, die mit totaler Überwachung experimentieren, und abgeschiedene Dörfer, in denen fürs Willkommensessen der Hund geschlachtet wird. Auf seiner Reise von Couch zu Couch versucht er sich als Wettkampf-Korbflechter, tanzender Englischlehrer und Casino-Glücksritter – und lernt, welche Träume und Ängste die Menschen bewegen. (Klappentext)

Rezension:

In Zeiten, in denen die Menschen immer mehr zusammenwachsen, Grenzen aufgrund der wirtschaftlichen Globalisierung aufweichen und alte Industrienationen zunehmend ins Hintertreffen geraten, kristallisiert sich im fernen Osten eine neue Weltmacht heraus. Das Reich der Mitte, einst billige Werkbank und berüchtigt für Raukopien und Ideenklau, zudem mit Klischees belegt, gibt in Politik und Wirtschaft immer öfter den Ton an und ist in einigen technologischen Bereichen schon heute führend. Der Rest der Welt reibt sich verwundert die Augen, doch wie erleben die Menschen dort den Wandel, der einem kaum Schritt halten lässt? Stephan Orth begab sich auf die Suche nach Antworten und kehrte mit Erkenntnissen und vielen Fragen zurück.

So weit zur Thematik, erzählt der Journalist und Autor in gewohnter Manier von seiner liebsten Form des Reisens. Couchsurfing. Man stelle sein Sofa oder eine andere Schlafmöglichkeit Menschen aus aller Welt zur Verfügung und bekommt im Gegenzug selbige ebenfalls in aller Welt. So erkundete Stephan Orth bereits den Iran und Russland, bekam dabei Perspektiven eröffnet, die normalen Touristen verschlossen bleiben. Wie lebt sich der Alltag abseits der großen und kleinen Plätze, für besucher hergerichtete Sehenswürdigkeiten und wie nehmen vor allem die Einheimischen ihr Land wahr? Ganz Journalist begab sich Orth nun nach China und reiste kreuz und quer durch ein Land voller Kontraste, die größer nirgendwo sonst ausfallen.

„Das wäre wirklich nicht nötig gewesen“, sage ich dann. Nie habe ich diesen Satz so ernst gemeint.

Stephan Orth: Couchsurfing in China

Stephan Orth zu einem seiner Gastgeber, nach der Erwähnung eines besonderen Mahls ihm zu Ehren.

In kurzweiligen Kapiteln, die jeweils nach Reiseetappen und Orten gegliedert sind, schildert er die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten und die Begegnungen mit Menschen, die so unterschiedlich wie vielfältig sind. Die chinesische Polizistin etwa, die die Vorteile einer überwachten Nation sieht, es jedoch mit den Regeln der politischen Indoktrination nicht so genau nimmt, die Künstlerin, die tagtäglich förmlich gezwungen ist, die Grenzen der freiheit bis zur Zensur auszutesten oder Kapitalismus im Kommunismus. Kasinos funktionieren auch im Reich der Mitte.

Mit genauen Blick schildert er Situationen, die man hierzulande nur als Kultrschock bezeichnen kann, aber auch den technologischen Fortschritt, der dort innerhalb weniger Monate Anlauf nimmt, in unsererheimat jedoch schon in der Planungsphase stecken bleibt. Das hat alles Vor- und Nachteile, Kritik bleibt nicht aus, jedoch überwiegt das Staunen, welches Orth immer wieder antreibt, um so den Menschen auf dem Zahn zu fühlen, eine Momentaufnahme dieses Landes zu erhaschen. Das ist nicht vollkommen, ein sehr subjektiver Einblick wird hier gezeigt. Gut möglich, dass ein jeder Andere diese Eindrücke anders werten kann. Das Land ist einfach zu groß, die Gesellschaft zu schnelllebig. Was heute aktuell ist, ist morgen veraltet. Hochspannend ist es allemal.

Stephan Ort ist ins Gelingen verliebt und zeigt die Unterschiede zwischen politischen System und einem Querschnitt der Gesellschaft. Die böse Weltmacht aus den Nachrichten gibt es eben nicht nur, sondern auch Menschen unterschiedlichster Couleur, die ihren Teil dazu beitragen und ansonsten ihren Alltag bewältigen. Selbstbewusst, unsicher, arm oder reich, Anhänger des Systems, Mitläufer oder Andersdenkende. Das Reich der Mitte, so die erkenntnis, ist wandelbar und vielfältig, trotz versuchter Gleichschaltung und allgegenwertiger Kontrolle. Wer aufmerksam liest, bekommt zudem mit, wem genau das Buch gewidmet ist. Alleine dies ist für Europäer schon aufregend genug und muss der Leser selbst herausfinden. Viel Glück.

Autor:

Stephan Orth wurde 1979 geboren und arbeitete als Redakteur im Reiseressort bei Spiegel Online. Als Couchsurfer unterwegs, hatte er Besucher aus aller Welt und traf Gastgeber in mehr als dreißig Ländern. Orth ist Autor mehrerer Bücher und Reisereportagen, die mehrfach mit dem Columbus-Preis ausgezeichnet wurden. Für sein letztes Werk wurde er mit dem ITB-Buchaward ausgezeichnet. Er lebt und arbeitet in Hamburg.

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Stephan Orth: Couchsurfing 4 – Couchsurfing in Saudi-Arabien

Inhalt:

Als Saudi-Arabien erstmals Touristen einreisen lässt, packt Bestsellerautor Stephan Orth sofort sden Rucksack. Von Couch zu Couch erkundet er das Königreich und erhält Einblicke in eine verschlossene Gesellschaft, wie sie bisher keinem westlichen besucher möglich waren. er wird Zeuge eines radikalen Wandels, sieht Frauen Auto fahren und tanzt mit Zehntausenden beim Wüsten-Rave. Doch jenseits der Glitzerwelt gelten drakonische Strafen, und an der Grenze zum Jemen sind die Bomben nicht zu überhören. Stephan Orth berichtet von seiner bisher aufregendsten Reise. (Klappentext)

Bücher der Reihe:

Rezension:

Allgegenwärtig sind sie, die Fotos der Männer, die das Land beherrschen. Beim Betrachten kommen Stephan Orth, dem oft gereisten Journalisten, Zweifel. Ist Herrschern zu trauen, die ihrem Volk nicht direkt in die Augen schauen? Die Blicke des Königs und des Kronprinzen sind immer seitlich von der Kamera gerichtet.

Der Autor hat sich erneut aufgemacht, einen weiteren weißen Fleck von seiner Landkarte zu tilgen und bereist als einer der ersten Touristen überhaupt Saudi-Arabien, welches die Türen erstmals für Privatreisende öffnet und geht so gleich auf die Bewohner des Landes zu. Direkt in ihre Wohnzimmer. Der Kontakt zu den Menschen Saudi-Arabiens erstaunt, begeistert, macht nachdenklich und erweitert den Blick über den Tellerrand.

Wo sonst hat man noch dieses Gefühl, schon am Flughafen in eine völlig fremde Welt einzutauchen und doch beschleicht sie den übermüdenden Reisenden schon beim Betreten fremden Bodens. Saudi-Arabien war für reine touristische Reisen ein bisher weißer Fleck auf den Karten, die Nachrichten, die es aus diesem Land in die westlichen Medien schaffen, zumeist nicht positiv. Nur vorsichtig wird er versucht, dieser Spagat zwischen Mittelalter und Moderne. Die Herrscherfamilie lässt die Bevölkerung ein wenig atmen, um selbst um so fester auf dem Wüstenschiff, aus Öl und Religion gebaut, zu sitzen.

Ansteigende Nummern blinken auf, er hat eine Gebetsapp installiert, das digitale Äquivalent zu einer Gebetskette. Als er das gerät wegpackt, hat er 561 geschafft, als Gesamtzahl wird 29037 angezeigt. Da sage noch mal einer, der Islam sei nicht in der Lage sich zu modernisieren.

Stephan Orth: Couchsurfing in Saudi-Arabien

Stephan Orth begnügt sich nicht damit, vom entfernten Standpunkt des Hotelbuchenden, Kulissen zu betrachten. Als Couchsurfer sucht er den privaten Kontakt, übernachtet in Wohnzimmern und nimmt ein Stück Alltag seiner Gastgeber mit. Die zeigen die Orte und berichten von Änderungen, die sie mal freudig, mal kritisch betrachten. Die Nuancen der Vorsicht, sie entgehen dem Journalisten nicht. Das Land mag einen modernen Anstrich verpasst bekommen, die Herrscher sind absolut und allgegenwärtig.

Von Ort zu Ort nimmt uns der Autor mit auf seine Reise, berichtet vom Frust, wenn mal wieder ein Gastgeber abgesagt hat, was gegen Ende ob des auch Saudi-Arabien sich näherndem Virus‘ häufiger vorkommt, von saudischen Influencern und davon, welche Freiheiten im neuen Wüstenstaat genossen werden können. Vorsichtig, nicht allzu sehr.

„Wenn eine Frau mich respektiert, dann respektiere ich sie auh“, erklärt er mir, was ganz vernünftig klingt, bis ich um eine Präzisierung bitte: „Und wie zeigt eine Frau ihren Respekt?“ „Indem sie das tut, was ich sage.“

Stephan Orth: Couchsurfing in Saudi-Arabien

Kurzweilig lesen sich die einzelnen Kapitel, die nach den jeweiligen Reiseabschnitten. Augenfällig ist Stephan Orths Beobachtungsgabe und sein Blick für Details. Die Bevölkerung hat jahrzehntelang gelernt, Kritik wohldossiert zu formulieren und gut zu verpacken. Der Autor hat gelernt, zwischen den Zeilen zu lesen und nimmt sie auf.

„Falken haben es gut bei uns. Besser als viele Menschen.“, sagt Fahad und lacht kurz über seine Worte. Dann blickt er nachdenklich auf die ordentlich aufgereihten, gepflegten Tiere, deren Augen mit Leder bedeckt sind, damit sie keinen Ärger machen.

Stephan Orth: Couchsurfing in Saudi-Arabien

Ergänzt wird das Werk, wie auch schon die vorangegangenen Reiseberichte, durch Kartenmaterial, einen eindrücklichen Fototeil und hier durch eine kleine bebilderte Vokabelliste. Touristisches Erleben einmal ganz anders, in einem Land, welches mit Touristen noch kaum Erfahrungen hat und die vom Autoren praktizierte Art des Reisens so nicht vorgesehen hat. Die Leserschaft ist eingeladen, dies aus sicherer Distanz zu erleben und, wenn Reisen wieder möglich werden, die Türen selbst einen Spalt zu öffnen.

Autor:

Stephan Orth wurde 1979 in Münster geboren und ist ein deutscher Journalist und Autor. Zunächst studierte er Anglistik, Wirtschaftswissenschaften in Wuppertal, anschließend Journalismus in Brisbane, Australien. Von 2007-2008 absolvierte er ein Volontariat bei Spiegel Online und arbeitete anschließend als Redakteur. 2012 begab er sich auf eine Inlandeis-Expedition nach Grönland und veröffentlichte 2015 seinen Reisebericht „Couchsurfing im Iran“. Seit 2016 ist er freiberuflicher Autor. Stephan Orth lebt in Hamburg.

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Barbara Demick: Buddhas vergessene Kinder

Inhalt:

Ngaba, Osttibet: Als sich ein junger Mönch mitten auf der Hauptstraße mit Kerosin übergießt und anzündet, deutet noch nichts darauf hin, dass dies eine ganze Bewegung auslösen wird. Bald darauf wird die kleine tibetische Stadt in der chinesischen Provinz Sichuan zur Welthauptstadt der Selbstverbrennungen – aus Protest gegen die Unterdrückung durch die chinesische Regierung. (Klappentext)

Rezension:

In der westlichen Welt beinahe unbeobachtet, wird dieser Konflikt an die Oberfläche gespült, wenn das geistliche Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, zu sehen ist, zumal, wenn dieser von Staatsoberhäuptern hofiert und bei hoch offiziellen Anlässen gezeigt wird. Dann bleiben sich empörende, protestierende Kommentare der chinesischen Staatsführung nicht aus und der Staatengemeinschaft wird eine Auseinandersetzung in Erinnerung gerufen, die Ende der 1950er Jahre ihren Anfang nahm.

Die renommierte amerikanische Journalistin Barbara Demick und ehemalige Asienkorrespondentin der Los Angeles Times seziert dieses tragische Stück Geschichte eines Volkes, welche zuletzt eine erschreckende Form des Protests annahm und legt nach intensiver und nicht ganz ungefährlicher Recherche, dieses Portrait der jüngeren Geschichte Tibets vor.

Im Zentrum steht die Geschichte verschiedener Personen, die die Autorin anhand von Archivmaterial und Interviews, ob heimlich in Tibet selbst, bishin nach Indien oder Amerika, über Jahrzehnte verfolgt. Überschneidungen inklusive. Der Fokus wird dabei auf bestimmte Schlüsselmomente gelegt, Auslöser für Handlungen der Menschen dieses Ortes, der zum Dreh- und Angelpunkt eines leidvollen Protests wurde.

Nach allem, was Tapey geschehen war – der Mönch, der seine Selbstverbrennung zwei Jahre zuvor überlebt hatte und nun als verstümmelter Invalide in einem chinesischen Gefängniskrankenhaus dahinvegitierte und gelegentlich zu Propagandazwecken im chinesischen Staatsfernsehen vorgezeigt wurde -, hatte er eine solche Tat nicht mehr erwartet. Wer war so dumm, es noch einmal zu versuchen? Oder – wer hatte solchen Mut?

Barbara Demick „Buddhas vergessene Kinder“, 383 Seiten, ISBN: 978-3-426-28186-4, erschienen bei Droemer.

Mit Sympathie erzählt sie vom Leben der Menschen, ihren Beweggründen, Träumen und Zielen, kleinen Siegen, größeren Niederlagen, ihren Hoffnungen, aber auch von der Macht des chinesischen Staates, politischer Diskriminierung und Unterdrückung, füllt Lücken mit intensiver Eigenrecherche und zeigt anhand eines reichen Quellenverzeichnisses, wie Journalismus zu dieser Thematik auch in China selbst funktioniert, ohne zu einseitig zu berichten.

Die wechselnde Perspektive von Menschen unterschiedlicher Schichten vervollständigt dieses Werk, wobei rote Fäden immer wieder aufgegriffen werden. Das kann verwirrend sein, doch hilft es, eine klare Sicht der Ereignisse zu bewaren und Beweggründe der Menschen, sowohl der Tibeter als auch die politischen Zusammenhänge zu verstehen, die sich teilweise sehr gut von der chinesischen Staatsführung, vor der Weltöffentlichkeit, verstecken lassen.

Barabara Demick wertet nicht selbst, lässt die Personen sprechen, deren Geschichte sie erzählt und hält sich damit wohltuend zurück. Einmal etwas anderes, als man es sonst von jenseits des großen Teiches gewohnt ist und eine gute Ergänzung für all jene, die sich mit der jüngeren Geschichte Tibets beschäftigen möchte.

Dabei sollte man sich jedoch voll und ganz auf die Lektüre konzentrieren und auch kleinere Längen verschmerzen. Die Vielzahl der Lebenswege, denen die Autorin nachspürt, und nicht zuletzt die für westliche Ohren ungewohnt klingenden Namen, erfordern die gesamte Aufmerksamkeit der Leserschaft.

Autorin:

Barbara Demick ist eine amerikanische Journalistin, die zunächst 1993-1997 für den Philadelphia Inquirer arbeitete. Für ihre Reportage über einen Straßenzug in Sarajevo gewann sie mehrere Preise und war im Finale für den Pulitzer. 1996 erschien ihr erstes Buch „Die Rosen von Sarajevo. 2001 wechselte sie zur Los Angeles Times, war dort 2007-2016 Leiterin des pekinger Büros und veröffentlichte 2010 ein Werk über Nordkorea. Mit dem Human Rights Book Award wurde sie für ihre engagierten Bücher ausgezeichnet.

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Volker Reinhardt: Die Macht der Seuche

Inhalt:

Die Große Pest der Jahre um 1348 war eines der einschneidendsten Ereignisse der europäischen Geschichte. Der Historiker Volker Reinhardt rekonstruiert den Verlauf der Epidemie von den Anfängen in Asien bis zu ihrem vorläufigen Erlöschen in Europa, beleuchtet die unterschiedlichen Verhältnisse in ausgewählten Städten und fragt, wie die Überlebenden politisch und wirtschaftlich, religiös und künstlerisch das große Sterben bewältigten.

Sein spannend geschriebenes Panorama führt eindringlich vor Augen, was wir dem medizinischen Fortschriftt verdanken – und wie verblüffend ähnlich wir heute trotzdem auf eine Pandemie reagieren. (Klappentext)

Rezension:

Den Umgang mit heute verlaufenden Pandemien betrachtend, lohnt sich mitunter ein Blick zurück in die Geschichte und eine vergleichende Betrachtung von Ereignissen mit ähnlich einschneidender Bedeutung. Für eine Fokussierung etwa, nur auf Corona ist es noch zu früh.

Allenfalls in den nächsten Jahren wird man das gesamte Ausmaß überblicken können, doch wie gingen unsere Vorfahren mit global sich verbreitenden Viren und ihren Folgen um, welche Schlüsse und Maßnahmen zogen sie, den damaligen Wissestand und medizinischen Kenntnisse natürlich berücksichtigt, daraus?

Welche Auswirkungen hatte etwa die um sich greifende Pest im sozialen und gesellschaftlichen, poltischen Gefüge, während diese um sich griff und vor allem, welche Nachwirkungen waren zu verzeichnen. Der Historiker Volker Reinhardt begab sich auf Spurensuche.

Anhand zahlreichen Kartenmaterials, welches der historischen Betrachtung voransteht, erläutert er die einzelnen Phasen der Pest, ihre Verbreitung im damaligen Europa und ihre Auswirkungen auf die einzelnen Regionen. bemüht, um vergleichende und vielschichtige Betrachtung, fokussiert der Autor sich dabei nicht auf einzelne Regionen, wenngleich etwa Italien und Frankreich einen großflächigen Anteil an seiner Betrachtung ausmachen.

Warum dies so ist, erläutert Reinhardt ebenso, wie er auch immer wieder anhand der Quellenlage verdeutlicht, wo beträchtliche Lücken eine ausführliche Auswertung beinahe unmöglich bzw. schwierig machen.

Detailliert geht er zunächst auf die Seuche als solches ein, und erläutert dann, was diese mit den damaligen Menschen machte und welche Auswirkungen in den Jahren danach Folge waren. Einzelne Abschnitte der Betrachtung lohnen einem Vergleich zur heutigen Situation. Schon damals erkannte etwa die obere Führung von Mailand die Bedeutung der Isolation. Auch die Quarantäne, wie wir sie heute kennen, nahm in der damaligen Zeit ihren Anfang. Reinhardt geht jedoch auch auf die Unterschiede ein, erläutert, weshalb die Pest wo welche Auswirkungen hatte, wie viele Menschen nach Quellenlage tatsächlich betroffen waren und dass sich auch damals schon die Hoffnungen nach einer besseren, anderen Gesellschaft nach der Seuche schnell zerschlugen.

Das alles ist in kompakter Form keine ausschweifende, jedoch leider um so mehr trockene Literatur, die zwar versucht anhand von Personengeschichte Interesse zu wecken, dies jedoch nicht vermag. Tatsächlich ist diese Sammlung an Wissen eine schnöde Aneinanderreihung von Fakten, die trocken daherkommt. Es wirkt in etwa so, als würde man heutige Nachrichten mit einem tiefen Seufzer kommentieren. mit zunehmender Seitenzahl muss man sich förmlich zwingen, die Fakten aufzunehmen und zu behalten. Da nützt dann auch eine sehr intensiv bewältigte Quellenlage und gute Recherchearbeit wenig.

Schade, aus diesem Stoff Geschichte hätte man viel mehr herausholen können. Genug Interessenten gäbe es bestimmt.

Autor:

Volker Reinhardt wurde 1954 in Rendsburg geboren und ist ein deutscher Historiker. Seit 1992 lehrt er als Professor für Allgemeine und Schweizer Geschichte der Neuzeit an der Universität Freiburg. Zunächst jedoch studierte er Geschichte und Romanische Philologie in Kiel, Freiburg im Breisgau und in Roman, danach absolvierte er seine Staatsexamen in Geschichte 1975, und Romanistik 1976.

Nach einem Forschungsaufenthalt in Rom promovierte er über die Finanzen des Kardinals Borghese, war 1985-1991 Hochschulassistent in Freiburg im Breisgau, habilitierte dort 1989.

Als Hochschuldozent lehrt er an der Universität Freiburg in der Schweiz, ist zudem Vertrauensdozent der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Er beschäftigte sich mehrfach mit der Geschichte der italienischen Renaissance, u.a. mit der Familie Medici, Borgia und verfasste eine Biografie Leonardo da Vincis. Reinhardt ist Mitherausgeber der WBG-Reihe „Geschichte kompakt“.

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Joe Biden: Versprich es mir

Inhalt:

Im November 2014 versammelten sich die Bidens in Nantucket, um gemeinsam Thanksgiving zu feiern – eine Familientradition seit vierzig Jahren. Aber diesmal fühlte sich alles ganz anders an. Bei Beau, dem ältesten Sohn von Joe Biden, war zuvor ein bösartiger Hirntumor diagnostiziert worden, und sein Überleben war ungewiss. «Versprich es mir», bat der kranke Sohn seinen Vater. «Versprich mir, dass du klarkommst, ganz egal, was passiert.» Joe Biden gab ihm sein Wort. Das darauffolgende Jahr stellte ihn auf eine schwere Probe. (Inhaltsangabe des Verlags)

Rezension:

Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten sind die Gräben tief und die Aufgaben, denen sich ein Präsident Biden gegenüber sieht, könnten schwieriger kaum sein. Klimaschutz, Rassismus, die Spaltung zwischen Bevölkerungsgruppen, marode Infrakstruktur, geerbte Konflikte auf unserem Planeten.

Es gibt viele Baustellen für einen Präsidenten Biden, doch der langjährige Politiker sah sich 2014 vor der bis dato wohl größten Herausforderung in seinem Leben, und die stellte sowohl seines als auch das der Familie auf dem Kopf.

Bei uns anlässlich der Wahl des Demokraten Joe Bidens zum US-Präsidenten übersetzt, erschien dieser sehr persönliche Blick in den Vereinigten Staaten bereits 2017. Die Ära Obama, an der der Politiker einen nicht ganz unerheblichen Anteil hatte, gerade vorbei, die Auswirkungen der Regierungszeit dessen Nachfolgers nicht absehbar, gibt diese Rückschau einen Einblick in das politische Denken, aber vor allem auch in den Menschen Joe Biden.

Vorliegend ist dies keine Biografie, aber eine Rückschau, fokussiert auf bestimmte Ereignisse, die das Wirken Bidens als Senator und Vize-Präsidenten prägten, als auch dessen Verständnis von Familie, zumal der Autor schon 2016 die Chance hätte ergreifen können, sich als Kandidat für die US-Präsidentschaft aufstellen zu lassen.

Detailliert erläutert Biden in dieser, nennen wir es Denkschrift, wie der Schicksalsschlag seines Sohnes ihn einerseits vorantrieb, andererseits determinierte, zumal den Trauerprozess nach dem Verlust eines geliebten Menschens. Inszenierung von Politik, wie sie im amerikanischen Raum üblich ist, hin oder her, hier erläutert der Mensch Biden seine Beweggründe und dies in einer sehr nachvollziehbaren Art und Weise.

Große Politik spielt natürlich eine Rolle, so gibt Biden Einblick in die Ausgestaltung der Rolle eines Vize-Präsidenten. Dies jetzt zu lesen, lässt ahnen, was ein Präsident Biden anders machen würde als sein Vorgänger. Das ist jedoch nicht das, was hängen bleibt. Nachhaltig ist die Beschreibung seiner Selbst als Familienmensch, der trotz vollen Terminkalenders, immer auch den Biden-Clan im Blick behält, zumal in schweren Zeiten.

Natürlich weiß der Autor um die Wirkung seiner Worte, weiß bestimmte Formulierungen einzusetzen und das ist gewollt. Wie denn auch nicht, bei einem Politiker.

Die Schrift richtete sich hier an ein amerikanisches Lesepublikum, nach Obama und hat sicher für dieses einige offene Fragen geklärt, denn weder die Krebserkrankung seines Sohnes waren vor dessen Tod groß in der Öffentlichkeit bekannt, zurecht, noch die darauf fußende Entscheidung, nicht zu diesem Zeitpunkt nach dem Präsidentenamt zu streben, wo doch viele ihn neben Hillary Clinton für einen aussichtsreichen Kandidaten, schon 2016, gehalten haben.

So ist „Versprich es mir“, ein behutsames Puzzleteil, Denkschrift, Erklräungsversuch und Ausblick zugleich, und für einige Amerikaner, ja, vielleicht auch ein Stück Hoffnung.

Autor:

Joeseph „Joe“ Robinette Biden Jr. wurde 1942 in Scranton, Pennsylvania geboren und ist ein US-amerikanischer Politiker, Mitglied der Demokratischen Partei. Von 1973 an gehörte er bis 2009 dem Senat an und war 2009-2017 Vize-Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. 2021 wurde er zum 46. Präsidenten der USA gewählt.

Das Buch wurde im Rahmen des Sachbuchmonats Januar 2021 gelesen. #SachJan21 #sachjan2021

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Frauke Bolten-Boshammer: Diamanten im Staub

Inhalt:

Innerhalb weniger Minuten nach der Landung in Australien fasst Frauke den Entschluss, schnellstmöglich nach deutschland zurückzukehren. Die staubige Grenzstadt Kununurra ist kein Ort für eine Frau. Frauke bleibt dennoch, entschlossen, ihrem Mann Friedrich beim Aufbau eines neuen Lebens zu helfen. Drei Jahre später nimmt sich Friedrich das Leben, und Frauke bleibt allein mit den Kindern im Outback zurück. Doch mit harter Arbeit und unerschütterlicher Hoffnung erschafft sie für sich und ihre Familie ein neues Zuhause – und wird in einer der unbarmherzigsten Regionen der Erde zu einer der erfolgreichsten Diamantenhändlerinnnen Australiens. (Klappentext)

Rezension:

Wie viel Leid kann ein Mensch eigentlich ertragen? Wie viel Glück und Durchhaltevermögen benötigt man, um solches zu überstehen? Diesen Fragen muss man sich unweigerlich beim Lesen dieser, mehr als beeindruckenden, Biografie stellen. Mit „Diamanten im Staub“ legt der Verlag nicht nur die geschichte einer faszinierenden Frau auf, sondern auch eine Erzählung vom Zusammenhalt im Outback und einen Bericht von dem, was menschenmöglich ist, wenn man gezwungen ist, über sich hinauszuwachsen.

Dabei beginnt zunächst alles ganz harmlos, mit einer jungen Liebe, die Frauke Bolten, wie sie zunächst heißen wird, bis nach Australien führen wird, wo sie nacheinander gleich mehrere Schicksalsschläge erreilen werden. Doch die junge Frau gibt nicht auf, fällt, kämpft sich immer wieder aus scheinbar ausweglosen Situationen heraus. Wer im Inneren Australiens überleben und erfolgreich sein möchte, muss hart im Nehmen sein, Rückschläge wie Staub von dern Ärmeln wischen.

Das Outback kann ein schrecklich einsamer Ort sein, aber es ist auch ein Ort, an dem man Liebe finden kann, wenn man es gerade am wenigsten erwartet.

Frauke Bolten-Boshammer „Diamanten im Staub“, erschienen bei mairdumont.

Nicht nur ist es ein Bericht einer lebenslangen Reise, eine, die die ganze Familie auf immer prägen wird, im Guten, wie im Schlechten. Die Autorin weiß bescheiden und doch sehr spannend von ihrem Weg zu erzählen. Der Text ist zugleich Sinnbild für den Zusammenhalt einer eingeschworenen Gemeinschaft, für ein Pioniertun, welches heute wahrscheinlich nur noch an solch abgelegenen Orten der Welt möglich ist.

Frauke Bolten-Boshammer ist eine starke Frau, die zeigt, warum sich das Durchhalten lohnen kann, aus welchen Dingen sich Glück schöpfen lässt und dass selbst die Diamanten, die sie haben erfolgreich werden lassen, nichts gegen eine Familie sind, die trotz schwerer Schläge nie aufgegeben hat. Mit Humor und Einfühlungsvermögen erzählt die Autorin intelligent und bescheiden über ihr Leben, beschreibt, wie die Prägung einer Nachkriegskindheit ihre Zukunft beeinflusste, die Werte, welche sie an die nachfolgenden Generationen ihrer Familie weiterzugeben versuchte.

Genau so kurzweilig wie spannend lesen sich die einzelnen Kapitel. Der heutigen Leserschaft wird die eine oder andere Situation ein Stirnrunzeln entlocken, doch muss man die Entscheidungen der Autorin im Spiegel der Zeit sehen, in der sie getroffen wurden. Um so bewundernswerter ist es, was Frauke Bolten-Boshammer und ihre Familie durchleben mussten und schließlich geschafft haben. Nach dem Lesen ist nur eines sicher. Den Satz, dass etwas unmöglich ist, gibt es nicht. Die Geschichte der Unternehmerin ist der beste Beweis dafür.

Autorin:

1940 in Norddeutschland geboren, wanderte die Autorin und spätere Diamantenhändlerin im Jahr 1981 nach Australien aus, wo ihr Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb gründen wollte. Zuvor hatten die beiden bereits in Deutschland und in Simbabwe gelebt. Drei Jahre später, als die Farm in wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckte, begang ihr Mann Suizid. Auf sich gestellt, mit der Hilfe von Freunden und einer neuen Liebe baute die Autorin sich ein neues Leben im Outback auf und gründete ein Diamantengeschäft. 2019 wurde sie in die Western Australian Women’s Hall of Fame aufgenommen.

Der Bericht, die Biografie wurde im Rahmen der Aktion -Sachbuchmonat Januar 2021- gelesen. #SachJan21 #SachJan2021

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Joachim B. Schmidt: Kalmann

Inhalt:

Kalmann Odinsson ist der selbsternannte Sheriff von Raufarhöfn. Er hat alles im Griff. Kein Grund zur Sorge. Er ist ein waschechter Isländer, auch wenn sein Vater amerikaner war, und ein Original, das in den beinahe ausgestorbenen Dorf dafür sorgt, dass alles seinen Gang geht. er wuchs bei seinem Großvater auf, der ihm das Jagen beibrachte, wie man aus Grönlandhai den besten Gammelhai der Insel herstellt und auch sonst alles, was ein Mann im Leben wissen muss.

Was sich Kalmann am meisten wünscht, ist eine Frau, doch erst einmal muss er aus dem Schlamassel wieder herauskommen, in den er geraten ist, als er eines Winters eine Blutlache im Schnee entdeckte. Und wenn die Räder in Kalmanns Kopf auch manches Mal rückwärtslaufen, wendet er mit seiner naiven Weisheit alles zum Guten. Kein Grund zur Sorge. (Klappentext)

Rezension:

Island einmal nicht als Kulisse eines Thrillers oder faden Naturromans, entführt uns der auf der Insel lebende Schriftsteller Joachim B. Schmidt in das sterbende Dorf Raufarhöfn und hat dabei ein gesellschaftliches Porträt auf kleinsten Raum geschaffen.

Was Joanne K. Rowling in ihrem Roman „Ein plötzlicher Todesfall“ ausufernd erzählt, beschreibt Schmidt fasst Schmidt hier in kompakter Form und versucht dabei die Eigenarten Islands und seiner Bewohner einzufangen.

Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist Kalmann, Naturbursche und Isländer, nicht unbedingt ein Sympathieträger, aber auch nicht vollkommen anstößig, wie so viele protagonisten dieses kleinen Romans.

Der letzte Jäger des Grönlandhais, der traditionell erst von seinem Großvater, jetzt von ihm selbst, zu Gammelhai verarbeitet wird, ist eigensinnig und impulsiv, für manchen Gegenüber fast unberechenbar, sorgt jedoch mit seiner Art für einen gewissen Zusammenhalt oder aber wenigstens Zusammenspiel der bewohner des Ortes, zumal er in die unmittelbare Handlung praktisch hineinstolpert.

Landschaftliche Beschreibungen und die Überlegungen Kalmanns, die dieser über das unmittelbare Geschehen und der Dorfbewohner anstellt, sind die großen Stärken des Autoren. Diese tragen die Handlung und lassen mit fortschreitender Seitenzahl doch eine gewisse Spannung aufkommen, die jedoch an der einen oder anderen Stelle zu sehr ins Kitschige abtriftet.

Als lesende Person wird man so immer wieder aus der geschichte hinausgeworfen, um sich dann erneut einfinden zu müssen, zudem das diffuse „Krankheits“-Bild zwar vom Autoren gewollt ist, es die Sache jedoch nicht unbedingt besser macht.

Hier hätte ein wenig mehr konkretisierung, auch beschäftigung mit den Mischformen und Graustufen bestimmter medizinischer Sachen gut getan, wo doch die Grundidee für die Geschichte an sich trägt und dazu geneigt ist, übliche Erzählschemen zu durchbrechen. Vielleicht gelingt dies dem Autoren beim nächsten Roman noch ein wenig besser.

Autor:

Joachim B. Schmidt ist ein Schweizer Journalist und Schriftsteller, der zunächst eine Ausbildung zum diplomierten Hochbauzeichner absolvierte. Mit einer Kurzgeschichte gewann er einen Schreibwettbewerb und veröffentlichte erstmals 2013 seinen ersten Roman. Als Journalist und Touristenquide arbeitet er in Reykjavik, Island, wohin er 2007 ausgewandert ist. Sein Roman „Kalmann“ erschien 2020 bei Diogenes.

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Norman Eisen: Der letzte Palast von Prag

Der letzte Palast von Prag Book Cover
Der letzte Palast von Prag Norman Eisen Verlag: Propyläen Erschienen am: 02.11.2020 Seiten: 589 ISBN: 978-3-549-07497-8 Übersetzer: Nikolaus de Palezieux

Inhalt:

Gebaut von einem jüdischen Industriellen aus böhmen; durch einen Wehrmachtsgeneral vor der Zerstörug bewahrt; schließlich von Shirley Temple und anderen US-Botschaftern mit neuen Glanz versehen – das ist die Geschichte des Petschek-Palais, eines der berühmtesten Gebäude der Stadt Prag. Norman Eisen erzählt mit viel Charme die spannende Geschichte dieses Hauses, das den ersten und Zweiten Weltkrieg ebenso überdauerte, wie die Ära des Kommunismus und den Prager Frühling und schließlich die Rückkehr der Demokratie erlebte. (Klappentext)

Rezension:

Vergleichsweise wenig Kriegsschäden hatte Prag nach dem ende des Zweiten Weltkrieges zu verzeichnen und so erzählen die Gebäude der tschechischen Hauptstadt noch heute viel von der Geschichte, die sie prägten.

Besonders bemerkenswert dabei sind natürlich die Brücken oder die Prager Burg, doch auch abseits dieser lassen sich einige Bauten entdecken, die die Historie wiederspiegeln. dazu gehören die für die tschechische Industriellenfamilie Petschek vom Architekten Max Spielman entworfenen in jedem Fall dazu. Das berühmteste Gebäude dient heute den ansässigen US-Botschafter als Residenz. Einer hat die Geschichte des Hauses ergründet.

Architekturgeschichte als Sachbuch kann zuweilen trocken sein, funktioniert am besten aus der Betrachtung ihrer Bewohner heraus und in diesem vorliegenden Werk nimmt sich Norman Eisen, Ex-Präsident Obamas‘ Mann für Tschechien, die Zeit, diese minutiös zu beleuchten. In wie weit spiegelt dieses architektonisch viel geachtete Gebäude die Geschichte und Geschehnisse der Stadt wieder, und wie haben die Bewohner, vom Erbauer bis zur legendären US-Botschafterin Shirley Temple gewirkt, um eben jenes zu erhalten?

Intensiv in Tagebüchern, Memoiren recherchiert, erschließt sich hier ein gewaltiges Stück Geschichte, welche aufgedröselt wird, so wie man ein Gebäude erbaut. Eben von den Fundamenten an bis zur Dachspitze. Mit leichten Längen wird erzählt, wie kleinste Gesten Geschichte machten, immer beäugt von den Prager Bürgern, nicht selten in den Händen der Bewohner des Hauses.

So umfangreich wie manche Personenbiografie zeigen sich die Rechercheergebnisse des Autoren, dessen Liebe zum Detail zu strapazieren vermag, im letzten Moment jedoch das lesende Publikum wieder einfängt, spätestens dann, wenn die kleinen und oft größeren Dramen dargestellt werden. Das muss man jedoch mögen. Sonst ist dies ein lesenswertes Werk.

Autor:

Norman Eisen wurde 1960 geboren und ist ein US-amerikanischer Politiker und Diplomat. Er studierte an der Harvard Law School und wurde im jahr 2009 zum Special Counsel for Ethics and Gevernment Reform in the White House ernannt. Von 2011 bis 2015 war er Botschafter der USA in Prag, arbeitete danach als Kommentator für CNN und schreibt regelmäßig für große amerikanische Zeitungen.

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