Inhalt:
Charles C. Mann schreibt die Geschichte des vorkolumbianischen Amerikas. Er zeigt, dass die indianischen Kulturen oftmals weiter entwickelt waren als die europäischen Gesellschaften, und gewährt uns überraschende Einblicke in die Lebensweise der Ureinwohner. “Amerika vor Kolumbus” ist ein wichtiges, mitreißend erzähltes Buch. (Klappentext)
Rezension:
Auf den Gebiet der späteren Vereinigten Staaten von Amerika riesige Bisonherden, auf den Südkontinent einzelne bevölkerte Fleckchen Erde, einsame Dörfer im Regenwald und nur wenige Konzentrationspunkte von Hochkulturen wie den Maya, Inka und Azteken. Ansonsten, eine romantische Idylle, die durch die Ankunft der Europäer zerstört wurde.
Dies ist das Bild, welches wir heute von der Kolonialisierung Amerikas seit seiner Entdeckung haben, welches zudem in zahlreichen Filmen vertieft wird? Doch, wie war es wirklich? Wie erlebten die Menschen, Eroberer und Eroberte die Ankunft der Europäer? Welchen Einfluss nahmen diese auf das Leben der Urbevölkerung und in welchen Punkten waren die Einwohner Amerikas Ursache selbst für ihren Niedergang?
Der Wissenschaftsjournalist Charles C. Mann begab sich auf Spurensuche, besuchte Ruinen und Ausgrabungsstätten, befragte Archäologen, Biologen und Geographen zu ihren teils kontroversen Ansichten und sichtete zahlreiches Quellenmaterial. Entstanden ist eine biografische Entwicklungsgeschichte des Amerikas vor, während und direkt nach seiner Entdeckung vom Wilden Westen bis hinein in die peruanischen Anden.
Ausgiebige Recherchearbeit, dargestellt durch ein wahrhaft beeindruckendes Anmerkungs- und Quellenverzeichnis wird für den Laien verständlich, vertiefend und geordnet präsentiert.
Beeindruckend die Auseinandersetzung mit den verschiedensten Theorien nimmt Mann seine Leser von den allgemeinen Fragen zum Thema hinein in die Details und erklärt, warum der Urwald in Wahrheit ein riesiger angelegter Garten war, dass die Ureinwohner vor ihrer Entdeckung bereits im Niedergang begriffen waren, warum einige Europäer selbst wie die Indianer leben wollten und welche Erkenntnisse sich aus der Vergangenheit ziehen lassen.
Aufgelockert durch Fotografien und Kartenmaterial wird der Leser durch das Thema gelotst, muss jedoch seine volle Aufmerksamkeit auf die Lektüre richten, ohne die man es nicht schaffen wird, dabei zu bleiben.
Diese Ausgabe aus den Rowohlt Verlag ist ein Paradebeispiel dafür, wie Sachbücher gestaltet und geschrieben werden können, für wirklichen Erkenntnisgewinn, den man auch fachlich nutzen kann und der hoffentlich auch bei der weiteren Lektüre des Fortsetzungsbandes von Nutzen sein wird.
Dazu übrigens eine Besonderheit und wohl auch Einblick in die Arbeit von Verlagen: Im Land des Autoren ist dies der erste Band, der jedoch im Deutschen als zweiter erschien. Man mag nun spekulieren, ob dies einfach der Erwartung geschuldet ist, dass ein Band als erfolgversprechend angesehen wird, um den zweiten zu refinanzieren, oder ob dies andere Gründe hatte? Es ist jedenfalls gelungen. Als besonderes Sachbuch und vertiefende Lektüre ist dieses Werk sehr zu empfehlen.
Autor:
Charles C. Mann wurde 1955 in Michigan/USA geboren und ist ein US-amerikanischer Autor und Journalist. Er schreibt regelmäßig für mehrere Wissenschaftsmagazine, einige Artikel auch für Zeitungen wie die New York Times und beschäftigt sich insbesondere mit den Folgen der Entdeckung Amerikas. Seine Werke wurden ausgezeichnet, u.a. von der National Academy of Science. Zwei seiner Werke wuden bereits ins Deutsche übersetzt.