Inhalt:
Im Umfeld des Thomanerchors ereignen sich seltsame Dinge: Das Grab Johann Sebastian Bachs in der Leipziger Thomaskirche wird geöffnet, die rechte Hand des Komponisten verschwindet.
Am nächsten Morgen erkranken einige Chormitglieder und die österlichen Feierlichkeiten müssen erstmals in der 800-jährigen Geschichte der Thomaner abgesagt werden. Die Kommissare Kroll und Wiggins tappen zunächst im Dunkeln, bis sich zwei junge Sänger in die Ermittlungen einmischen… (Klappentext)
Rezension:
Eine Geschichte, die alle Zutaten hat. Eine gute Vorlage in Form von nachvollziehbaren Lokalkolorit, logisch handelnde und sich entwickelnde Protagonisten, eine spannende Thematik und ein Schreibstil, der einem nicht schon nach ein paar Seiten eben diese überfliegen lässt.
So könnte Andreas Stammkötters Krimi, der sich die Messestadt als Dreh- und Angelpunkt ausgesucht hat, einer der ganz Großen sein, die Leipzigs Literaturbetrieb zu bieten hat. Doch „Goldkehlchen“ ist allenfalls ein Krimi wie ein im Stimmbruch befindlicher Thomaner.
Dabei beginnt die Geschichte an sich vielversprechend. Das Grab von Johann Sebastian Bach, Leipzigs „Hauskomponisten“ sozusagen, wird aufgebrochen, Teile des Gebeins werden entwendet und anschließend werden zudem auch noch so viele Thomaner krank, dass man in der Stadt an der Pleiße darüber nachdenken muss, erstmals die kirchlichen Osterfeierlichkeiten abzusagen.
Eine verwirrte und ahnungslose Polizei, zwei halbstarke Sänger, die Detektiv spielen und mehr herausfinden, als ihnen lieb sein kann, all das hätte schon gereicht, rutscht dann jedoch trotz des anhaltend flüssigen Schreib- und Erzählstils soweit ab, dass der Funke nicht überspringen mag.
Tatsächlich wechseln etwa zur Hälfte die Hauptprotagonisten so, dass es fast so scheint, als würde aus einem Jugendbuch plötzlich der Erwachsenen-Krimi, den der Autor eigentlich schreiben wollte, wobei letzterer das Ziel des Autoren gewesen ist. Nur sollte man sich vielleicht von Anfang an für eines der beiden Genrezweige entscheiden.
Retten tut jedoch der Fokus auf die städtische High-Society, zu der die Mitglieder der Thomaner, und die Eltern der Kinder, die zumindest in der Stadt leben, auf jeden Fall gehören und der Blick auf deren Abgründe, sowie die überaus vowitzigen und schlauen Youngsters, die für die Goldkehlchen ermitteln und den Polizisten Wiggins und Kroll den Rang ablaufen.
Das hat wirklich Spaß gemacht, auch wenn natürlich der Chor allenfalls nur noch für die Geschichte der Stadt eine Bedeutung hat, wo längst nur noch zu den Festtagen die Thomanerkirche einigermaßen gefüllt sein dürfte. Darum geht’s hier aber nicht.
Doch aus Grabschändung, Familienproblemen, „Attentaten“ auf die kleinen Sänger, hätte man so viel mehr machen könnnen, so dass dieser Krimi leider nur im Mittelfeld anzusiedeln ist. Zumal das Leipziger Kolorit Hintergrundkulisse bleibt und auch kaum Funken überspringen lässt. Da gibt es andere Geschichten, in denen dieses besser zur Geltung kommt.
An sich sehr schade.
Autor:
Andreas Stammkötter wurde 1962 in Bottrop geboren und ist seit 1993 in Leipzig als Rechtsanwalt tätig. Er ist auf Bau-, Architekten- und Vergaberecht spezialisiert.
Er war viele Jahre als Dozent an der Fachschule für Bauwesen in Leipzig tätig und ist zudem Vorsitzender der deutschen Gesellschaft für Baurecht, für die Länder Sachsen und Sachsen-Anhalt. Er schreibt Artikel für verschiedene Fachzeitschriften und Autor mehrerer Krimis mit dem Handlungsort Leipzig.