Rezension

Jonas Winner: Die Zelle

Die Zelle Book Cover
Die Zelle Thriller Droemer Knaur Taschenbuch Seiten: 336 ISBN: 978-3-426-51276-0

Inhalt:

Sammy ist elf und gerade mit seinen Eltern nach Berlin gezogen. Im Luftschutzbunker der alten Jugendstilvilla in Grunewald macht er eine verstörende Entdeckung. Ein vollkommen verängstigtes Mädchen, nicht viel älter als er, ist dort unten in einer Zelle eingesperrt, die man mit Gummifolie ausgekleidet hat.

Nur durch einen winzigen Schlitz hindurch kann er sie sehen. Am nächsten Tag ist die Zelle leer, das Mädchen verschwunden. Und für Sammy kann es dafür eigentlich nur einen Grund geben: seinen Vater. (Klappentext)

Rezension:

Die Sommerferien noch vor sich, kann der elfjährige Sam sich nicht darauf freuen, denn, mit wem soll er denn spielen? In Berlin kennt er niemanden, die Familie ist gerade erst in die alte Villa gezogen, da die Mutter einen neuen Job in Berlin gefunden hat.

Sein älterer Bruder Linus und sein Vater, die den beiden schon vorausgegangen waren, haben sich in die neue heimat schon eingelebt, seine Mutter ist sofort mit ihrer arbeit beschäftigt. Nur Sammy hat niemanden außer dem Kindermädchen, mit dem er sich beschäftigen kann.

Und so erkundet er alleine das Haus, den Garten, die Gegend und entdeckt, nachdem er seinem Vater folgt, einen Schuppen mit Zugang zu einem alten Tunnelsystem aus Weltkriegstagen. Der Junge klettert hinein und macht eine verstörende Entdeckung. Fortan ist nichts mehr, wie es war.

Ein Krimi, der mit dem inzwischen längst erwachsenen Protagonisten beginnt, der seine Erinnerungen an jenem Berliner Sommer aufschreiben will und dessen Gedanken einem in die Brutalität der Ereignisse, die Verwirrungen und die Ängste des Jungen hineinwerfen.

Der Leser folgt dem Kind auf die Suche nach der Wahrheit und wird dem elfjährigen Jungen gleich hin- und hergeworfen, weiß kaum, was er glauben soll, wem er trauen soll. Ob den eigenen Gedanken, den Handlungen der Figuren, selbst dem kleinen eigentlich sympathischen Protagonisten?

Dieses Verwirr- und Gedankenspiel treibt Jonas Winner perfekt bis ins kleinste Detail, kaum Längen, wobei die Beschreibung der Hauptfiguren aus Kindersicht einen großen Teil des Thrillers einnehmen. Den restlichen Platz teilen sich Sammys Beobachtungen und Gedanken, die sich immer enger um den Jungen schnürren, ihm kaum Luft zum atmen lassen.

Jonas Winner fesselt den Leser Seite für Seite. Es gibt Momente, da möchte man vielleicht das Buch aus der Hand legen, um selbst einmal wieder durchatmen zu können, kann aber nicht, da gut ausgewählt Cliffhanger, nicht zu viele, dieses Buch schnell lesen lassen.

Der Erzählstil ist der eines Mannes, der zurückblickt und die Gefühlswelt des Kindes sehr gut nachvollziehbar. Man spürrt die Verzweiflung, Einsamkeit und Verwirrung des Jungen, die Angst, die ihm in Griff hat und die Unsicherheit, was als nächstes zu tun ist.

Dennoch kam es mir manchmal nicht so vor, als wäre Sam 11 Jahre alt, eher jünger, oder aber Winner wollte ganz bewusst einen kindlichen Protagonisten, den man sofort ins Herz schließt und unbedingt beschützen möchte.

Dies ist dem Autor vortrefflich gelungen. Am Ende stehen Leser und Protagonist vor einen Scherbenhaufen. Mit einem Unterschied. Der Leser kann das Buch zuklappen.

Autor:

Jonas Winner wurde 1966 in Berlin gebopren und ist ein deutscher Journalist, Drehbuchautor und Schriftsteller. Nachdem er in Berlin udn Rom aufwuchs, begann er nach einem halbjährigen USA-Aufenthalt ein studium der Philosophie in Berlin ab, welches er mit einem weiteren Auslandsaufenthalt in Paris abschloss.

Danach arbeitete er als Reporter und Redakteur für die Kulturredaktion des ZDF. 1996 promovierter er in seinem Studium und drehte anschließend Dokumentationen udn Reportagen für das Fernsehen.

Mit Freunden gründete er eine Firma zum Schreiben und Entwickeln von Drehbüchern. Im Jahr 2000 begann er drehbücher für Thriller und Krimis zu schreiben, 2011 sein erstes Buch. Winner lebt in Berlin.

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Alan Weisman: Countdown – Hat die Erde eine Zukunft?

Countdown - Hat die Erde eine Zukunft? Book Cover
Countdown – Hat die Erde eine Zukunft? Alan Weisman Piper Taschenbuch Seiten: 573 ISBN: 978-3-492-30551-8

Inhalt:

Alle 108 Stunden gibt es eine Million mehr Menschen auf der Erde. Wie lange dauert es noch, bis sie kollabiert?

Der Countdown hat begonnen: Die Erde kann uns nicht mehr lange (er)tragen – immer mehr Menschen produzieren imer mehr Müll, verbrauchen mehr Ressourcen und stoßen mehr CO2 aus.

Alan Weisman nimmt uns mit auf eine aufrüttelnde Reise durch über 20 Länder und zeigt, wie nur eine drastische Reduzierung der Bevölkerungszahl unser Überleben auf der Erde sichern kann – provokativ und Augen öffnend! (Klappentext)

Rezension:

Der Mensch hat als einzige Spezies auf unserem Planeten das Potential sich selbst auszurotten und das alleine durch seine Anwesenheit und schier unaufhörlich wachsende Zahl. Immer mehr Menschen teilen sich Lebensraum, Nahrung, Wasser und Energie-Rohstoffe, immer mehr Menschen hungern und andere leben im Überfluss und der dadurch unermesslichen Wegwerf-Gesellschaft. Immer mehr Müll und immer mehr Kohlenstoffdioxid verpesten Luft, Wasser und Boden. Doch, wann ist die Grenze erreicht?

Wann der Zeitpunkt, an dem es einen Menschen mehr gibt als die Erde ertragen kann? Wann zerstört homo sapiens seine Lebensgrundlagen entgültig? Diesen Fragen stellt sich Alan Weismann, zugleich auf der Suche nach der Lösung dieses Problems, welches uns innerhalb des Jahrhunderts wohl treffen wird.

Und er sucht zugleich nach der Lösung. Was wäre, wenn wir einfach weniger Menschen würden? Wenn die Geburrtenraten aller Länder nur der Ersatzrate entsprechen, überall Bevölkerungsprogramme, Familienplanung stattfänden?

Wenn arme Menschen in den Entwicklungsländern flächendeckend Zugang zu kostenfreier Bildung, Aufklärung und Verhütungsmitteln hätten? Reiche Länder (etwa in Europa) ihr Bevölkerungsschrumpfen nicht als Hemmnis sondern als Chance begreifen und der Anbau von Nahrungsmitteln auf mehrheitlich biologischen Anbau zurückgeführt würde? Die Verwendung von Stcikstoffdünger reduziert und der Fleichkonsum zurückgefahren wird?

Alan Weisman hat mit „Countdown – Hat die Erde eine Zukunft?“ erneut ein sehr fundiertes und detailliertes Sachbuch veröffentlicht, was unbedingte Beachtung verdient. Gestützt auf zahlreiche wissenschaftliche Quellen entwirft er ein Szenario zur Rettung unserer Spezies, die kurz davor ist, sich selbst auszurotten und bietet Lösungsansätze an, wie dies gelingen kann.

Er zeigt die Folgen vom Nicht-Handeln auf aber auch Projekte, überall auf der ganzen Welt, selbst in Ländern, in denen man es nicht erwartet, die hoffen lassen auf eine glücklichere Zukunft unseres Planeten. Gespickt mit Zahlen und unter Mitarbeit von Wissenschaftlern von Biologen über Historikern, Chemikern, Meteorolgen und Agrarwissenschaftlern schickt Weisman den Leser auf eine Reise, die nicht ohne Folgen bleibt.

Denn eines ist unbestritten, die Erde kann auch ohne uns überleben, wird dies auch tun. Die Frage ist, ob wir wirklich das Überleben unserer Spezies auf’s Spiel setzen möchten?

Autor:

Alan Weisman wurde 1947 in Minneapolis, Minnesota geboren und ist ein US-amerikanischer Autor und Journalist. Zahlreiche Auslandsreportagen rund um die Welt schrieb er für Zeitschriften wie „Harper’s Magazine“, „The Atlantic Monthly“ aber auch für die legendäre New York Times oder das „Discover Magazine“.

Zudem ist er als Radio-Produzent tätig. Weisman ist Professort für Journalismus an der Universiät von Arizina. Sein Buch „Die Erde ohne uns“, welches 2007 erschien, war die Grundlage einer gleichnamigen Serie, die sich mit der Entwicklung der Natur und der Erdgeschichte nach dem Verschwinden des Menschen befasste.

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Eva Weaver: Jakobs Mantel

Jakobs Mantel  Book Cover
Jakobs Mantel Roman Droemer Knaur Taschenbuch Seiten: 394 ISBN: 978-3-426-30442-6

Inhalt:

New York 2009. Eines Tages, während eines Spaziergangs mit seinem Enkel, glaubt der alte Mika auf einem Plakat den Mantel seines Großvaters Jakob zu sehen. Mit dem Mantel kehrt die Erinnerung an seine Kindheit zurück, an die lange verdrängten Schrecken des Warschauer Ghettos und an seine Rettung. (Klappentext)

Rezension:

Es ist die Geschichte zweier Menschen, die der Krieg zusammenbringt. Der eine, der Willkür des Anderen ausgeliefert, der Andere kann sich der Faszination seines Gegenübers kaum entziehen. Und es ist die Geschichtezweier Familie, deren Schicksale auf unfassbare und grausame Weise miteinander verwoben sind.

Mika, ein anfangs 15-jähriger Junge ist hier die Hauptperson, erbt einen Mantel, dessen Taschen viele Geheimnisse aber vor allem Handpuppen bergen, die er von seinem Großvater bekommen hat. Im Warschauer Ghetto erkämpft er sich damit ein Stück Freiheit, wird gleichzeitig aber gezwungen, seine Stücke vor den deutschen Soldaten zu spielen.

Er spielt um sein Leben und um das Leben anderer als er sich immer mehr den jüdischem Widerstand anschließt und führt damit die Besatzer und vor allem Max an der Nase herum.

Der widerum ist eben einer der Besatzungssoldaten, die der Krieg zu Tätern macht, der Max hin und wieder ein Stück Brot zusteckt, dann plötzlich kalt, grausam und unberechenbar agiert. Als schließlich die Tage des Ghettos gezählt sind, tauschen einige Puppen den Besitzer, doch die Geschichte beider Protagonisten ist noch lange nicht beendet.

Der erste Teil von Eva Weavers Geschichte, erzählt diese aus der Sicht des Jungen Mika, für den der Leser sofort Sympathie entwickelt. In flotten erdrückenden Schreibstil erzählt die Autorin hier zwar eine rein fiktionale Geschichte, die sich aber tatsächlich so abgespielt haben könnte.

Zumindest nimmt man es der Autorin ab, weiß man doch um die Willkür, der die Juden in den besetzten Gebieten ausgeliefert waren und insbesondere in den Ghettos und Konzentrationslagern nicht zuletzt von den Stimmungen der Nazis abhängig waren, die sie zusammentrieben, einpferchten und deportierten.

Klar und flüssig erzählt, taucht der Leser in die grausame Atmosphäre ein, Gott sei Dank mit dem Wissen, dass der Erzähler, zumindest in der Geschichte, überlebt hat, muss aber ansonsten mit der Schwere und den Wirren des Ghetto-Alltags zurechtkommen. Alleine dafür aber lohnt sich der Roman zu lesen.

Zweiter Teil ist die Geschichte von Mikas Gegenüber, des Wehrmachtssoldaten Max Meierhauser, und das hätte es nicht gebraucht, zumal es aufgrund der Überschneidungen einfach zu Doppelungen kommt, die im Lesefluss stören.

Was anfangs zu viel des Guten ist, wird erst gegen Mitte des zweiten Handlungsstranges interessant als es um das Wiedereingliedern in die Nackriegsgesellschaft geht und auf die letzte Konfrontation mit der Geschichte, durch Max‘ Enkelin, die auf den zuletzt todkranken Mika trifft. Das wiegt aber die anfängliche Überfrachtung durch die zweite Geschichte kaum auf, schmälert jedoch nicht die erste, die für sich genommen genial ist.

Insgesamt ein anfangs großartiger Roman, der mit zunehmenden Zeilen und Handlungsverlauf jedoch leider viel verliert. Was schade ist. Wäre die Geschichte auf zwei Bücher, dann eben jeweils dünner, aufgeteilt worden, wäre die Wirkung eine ganz andere gewesen.

So aber liest man hintereinander weg und untergräbt damit die Faszination und Genialität des ersten Teils, der einem noch in einem Strudel aus Verzweiflung, Überlebenswillen und Kampf mitreißen mag.Schade eigentlich, denn beide Storys für sich genommen sind ansonsten sehr gut les- und nachvollziehbar. So aneinandergeklatscht wirkt der Roman auf Vielleser über Geschichten dieser Zeit leider einfach nur mittelmäßig.

Autorin:

Eva Weaver, in Deutschland geboren, lebt seit vielen Jahren in England. Sie arbeitet als Trauma- und Kunsttherapeutin und hat sich als Performance-Künstlerin einen Namen gemacht. „Jakobs Mantel“ ist ihr erster Roman.

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Voosen/Danielsson: Aus eisiger Tiefe

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Aus eisiger Tiefe Krimi Kiepenheuer & Witsch Taschenbuch Seiten: 451 ISBN: 978-3-462-04694-6

Inhalt:

An einem verregneten Herbsttag stößt ein Golfballtaucher in einem Wasserhindernis auf die Überreste einer männlichen Leiche. Der Tote entpuppt sich bald als baltischer Schmuggler, der bereits seit 20 Jahren tot ist. Wenig später wird die erfolgreiche Anwältin Anna-Lena Hammarskjöld ermordet aufgefunden. Die Ermittlungen führen Komissarin Ingrid Nyström und ihre junge Kollegin Stina Forss zum schwersten Schiffsunglück der europäischen Nachkriegsgeschichte. dem Untergang der Ostseefähre Estonia, um den sich bis heute zahlreiche Mythen und Verschwörungstheorien ranken. (Klappentext)

Rezension:

In den kalten Fluten der Ostsee versank die Autofähre Estonia auf ihren Weg von Tallinn nach Stockholm, 1994, und wurde so zum schwersten Schiffsunglück des Ostseeraumes nach dem Zweiten Weltkrieg. Hunderte Menschen starben, nur wenige konnten gerettet werden und bis heute sind nicht alle Umstände, die zum Unglück geführt hatten, geklärt.

So ranken sich noch heute zahlreiche Mythen und Legenden um dieses nationale schwedische Trauma, was widerum Grundlage für weitere Geschichten bildet. So z.B. den schwedischen Krimi „Aus eisiger Tiefe“.

Doch zunächst geht es den Ermittlern um die schwedischen Polizistinnen Ingrid Nyström und Stina Foss nicht darum, dieses heiße Eisen anzufassen, sondern nur zwei Todesfälle aufzuklären. Bald schon jedoch finden sich die beiden in einem Netz aus Mythen und Legenden wieder, welches es in sich hat.Und zwei „überschaubare“ Morde werden immer undurchsichtiger, selstamer und mysteriöser.

Bei Schwedenkrimis bin ich inzwischen sehr vorsichtig, gehört doch ein Überschuss an Melancholie zu Geschichten in Nordeuropa, wie die Weißwurst zu Bayern (was für ein Vergleich) und ich persönlich mag mich gar nicht damit anfreunden, zumal ich davon immer das Gefühl habe, gleich müde zu werden.

Dieser Krimi hier ist anders. Spannend, immer komplexer werdend, immer schneller und hoch detailliert, wenn’s um das Seelenleben der Protagonisten geht, egal ob jetzt auf der guten oder „bösen“ Seite. Wobei man hier bis fast zum Ende unschlüssig bleiben und raten darf, wer zur letzteren gehört.

So „fliegen“ die Seiten nur so dahin und der Schreibstil trägt sein Übriges zum Lesefluss bei, so dass dieser Krimi sich schnell lesen lässt und man mit den Protagonisten mitfiebert, sie gerne auf ihrer Suche nach der Wahrheit begleitet.

Die Sprache ist ruhig und nüchtern, was zwar bei den als brutal zu bezeichnenden Szenen etwas gewöhnungsbedürftig ist, mir aber gefallen hat. Auch, wenn diese bestimmten Szenen etwas unglaubwürdig sind (ich sag nur „am Ohr festnageln“).

Der reale Hintergrund des Fährunglücks ist für mich ein großes Plus, eine sehr gute Idee, die Geschichte so einzubeziehen, deren Ausführungen für mich zu den Stärken dieses Krimis zählen. Ein Krimi mit einer Portion Realismus, einem Team aus unterschiedlichsten Ermittler-Charakteren und Protagonisten, die man nicht eindeutig in Gut und Böse einteilen kann. Wer nicht gerade eine Fährenfahrt macht, sollte ihn lesen.

Autoren:

Kerstin Signe Danielsson wurde 1963 geboren und wuchs in Växjö/Smaland auf. Sie studierte in Deutschland und Schweden. Roman Voosen wurde 1973 geboren und verbrachte seine Kindheit in Papenburg, studierte und arbeitete später in Bremen, Växjö und Göteborg.

Beide leben und schreiben gemeinsam in Hamburg.

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Ferdinand von Schirach: Terror

Terror Book Cover
Terror Theaterstück-Drehbuch Piper Hardcover Seiten: 176 ISBN: 978-3-442-71496-4

Inhalt:

Ein Terrorist kapert eine Passagiermaschine und zwingt die Piloten, Kurs auf ein voll besetztes Fußballstadion zu nehmen. Gegen den Befehl seiner Vorgesetzten schießt ein Kampfpilot der Luftwaffe das Flugzeug in letzter Minute ab, alle Passagiere sterben.

Der Pilot muss sich vor Gericht für sein Handeln verantworten. Seine Richter sind die Theaterbesucher, sie müssen über Schuld oder Unschuld urteilen. Ferdinand von Schirachs »Terror« ist ein Theaterstück von bedrückender Aktualität. Es stellt die Frage, wie wir in Zukunft leben wollen. Werden wir uns für die Freiheit oder für die Sicherheit entscheiden? Wollen wir, dass die Würde des Menschen trotz der Terroranschläge noch gilt? … (Verlagstext)

Rezension:

Ein Gedankenspiel als Theaterstück aufgeführt. Eine vollbesetzte Passagiermaschine wird entführt und von Terroristen auf ein Stadion gelenkt, in welchem sich 70.000 Menschen befinden. Die Verantwortlichen haben nur Sekunden, um sich zu entscheiden.

Entweder das Flugzeug abzuschießen und damit ein paar 100 Menschen zu töten oder das Leben von 70.000 Menschen zu riskieren. Die Verantwortlichen handeln, schießen die Maschine ab und stehen nun vor Gericht. Sicher ist, die Verfassung, das Grundgesetz verbietet es Menschenleben gegen Menschenleben aufzuwiegen. Egal, wie viele sterben und wie viele dagegen gerettet werden können.

Die Menschenwürde ist unantastbar. Sicher ist auch, keiner kann wissen, ob es den Passagierern nicht doch gelingt, in letzter Minute die Entführer zu überwältigen und das Flugzeug unter Kontrolle zu bringen. Oder ob es nicht zuerst gelingt, das vollbesetzte Stadion zu evakuieren.

Immerhin gibt es Evakuierungspläne. Es kann aber auch niemand mit Sicherheit sagen, ob die Verantwortlichen nicht richtig gehandelt und reagiert haben. Und der Theaterzuschauer muss am Ende entscheiden. Verurteilung oder Freispruch?

Ferdinand von Schirach stellt mit diesem Theaterstück die Grundsätze unseres Denkens und unserer Moralvorstellungen auf Probe und so entschieden die Zuschauer in den allermeisten Vorführungen, den Angeklagten Herr Koch, Major der Luftwaffe freizusprechen. Der Abschuss zwar nicht mit dem Grundgesetz vereinbar aber eben doch in dem Moment die richtige Option. Nur in einer Aufführung bisher wurde der Angeklagte von den Zuschauern frei gesprochen.

Im vorliegenden Buch, Drehbuch zum Theaterstück kann man, wenn man keine Chance hatte, das Theaterstück zu verfolgen, der Verhandlung beiwohnen und selbst entscheiden, ob man der Argumentation des Angeklagten und seines Verteidigers oder eher der staatsanwältin und der Nebenkläger folgt. Gute Argumente gibt es für beide Seiten.

Schirach hat dabei das Drehbuch so entworfen, dass man sich als Leser nicht vom Autor zu einer Antwort, die so einfach ja nicht ist, gedrängt fühlt, sondern nach dem Lesen erst einmal in Ruhe darüber nachdenken muss.

Das Für und Wider aller Beteiligten abzuwägen und dann eine Entscheidung zu treffen. Je nach dem, wie diese ausfällt, kann man dann entweder Freispruch oder Verurteilung lesen. Das Ende selbst bestimmen, gleichwohl es Bauchschmerzen verursacht. Egal, wie man sich entscheidet.

Der Schreibstil und der Wechsel, die aufgeführten Diskussionen lassen eine Gerichtsverhandlung sehr gut nachvollziehbar sein, auch für juristisch weniger versierte.

Technische und juristische Fachtermini, die auch mal vorkommen, letztere nicht so arg, werden für den Laien schnell geklärt, durch die Erklärungen der handelnden Personen. Das Drehbuch lässt sich als solches gut lesen. Man kann sich vorstellen, in der Gerichtsverhandlung zu sitzen. Ich habe mich nach langen Überlegungen für eine Verurteilung entschieden.

Autor:

Ferdinand von Schirach wurde 1964 in München geboren und ist ein deutscher Strafverteidiger und Schriftsteller. Schirach besuchte das Jesuiten-Kolleg St. Blasien und stuiderte in Bonn Rechtswissenschaften. Nach seinem Referendariat ließ er sich 1994 als Rechtsanwalt nieder und spezialisierte sich auf Strafrecht.

Er vertrat dabei den BND-Spion Norbert Juretzko und u.a. Günter Schabowski, und machte sich damit einen Namen als „Prominentenanwalt“.

Mit 45 Jahren veröffentlichte er erste Kurzgeschichten und avancierte schnell zu einem der erfolgreichsten deutschen Schriftsteller. Seine Bücher sind international Bestseller und erscheinen in über 40 Ländern.

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Ester Verhoef: Gegenlicht

Gegenlicht Book Cover
Gegenlicht Rezensionsexemplar/Roman btb Verlag Taschenbuch Seiten: 606 ISBN: 978-3-442-74744-3

Inhalt:

Als Kind hatte sie es nicht einfach. Die Mutter verbrachte die meiste Zeit in einer psychiatrischen Klinik. Beim Vater herrschte ein strenges Regiment. Und in der Schule gemobbt zu werden war eher die Regel als die Ausnahme.

Noch als Erwachsene leidet Vera unter Selbstzweifeln, obwohl sie seit zwanzig Jahren mit dem erfolgreichen Unternehmer Lucien Reinders verheiratet ist. Ihre Ehe, ihre Arbeit als Fotografin und ihr Haus sind die Säulen, auf die sich ihr Leben stützt.

Als die Beziehung mit Lucien Risse bekommt, verfällt Vera in Panik und flüchtet sich in eine prickelnde Affäre. Und mit einem Mal gerät ihr gesamtes Leben ins Wanken. Langsam aber sicher verliert sie die Kontrolle. (Text Amazon)

Rezension:

Es ist nicht die Art und Weise von Büchern, die ich sonst lese und dahingehend muss ich gestehen, dass ich eben doch öfter als mir lieb ist, ein reiner Cover-Käufer bin. Wenn es nämlich nur nach der Gestaltung gehen würde, hätte ich nie zu dem Buch gegriffen.

So pink-lila gestaltet, ist es nach meinem Empfinden eher an Frauen als Zielgruppe gerichtet. Wenn, ja wenn da nicht die Geschichte selbst wäre und um die geht es ja immer noch hauptsächlich. Denn die hat es in sich. Die Hauptprotagonistin ist hier der Ich-Erzähler, sowohl in Rückblenden ihrer Kindheit als auch im Hier und Jetzt, in beiden Zeiten in zerrüttelten Verhältnissen, die alles sind.

Nur nicht gesund. Und so bestimmen die Erfahrungen mit ihrem Vater und Lucien, ihrem Mann, ihr Leben, in dass sie sich einfügt und dieses Gefühls-Korsett später sich nicht traut zu verlassen.

Doch erkennt sie bald, dass sie sich, um selbst nicht unterzugehen, davon befreien muss. Der Weg dahin ist jedoch schwer und voller Selbstzweifel am eigenen Denken und Handeln. Esther Verhoef hat hier eine Geschichte geschrieben, die nur langsam und anfangs sehr schwerfällig ins Rollen kommt und fast befürchtet man den staubigen Mehltau von Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen.

Doch, mit der zunehmenden Anzahl der Figuren kommt die Geschichte ins Rollen und lässt sich immer flüssiger lesen, man taucht tiefer in die Gedankenwelt der Protagonisten ein, die alle so ihre ganz eigenen Probleme haben.

Da ist Lucien, der seinen Hass auf den Vaterpflegt, der die Familie wegen einer anderen verließ, Vera, die zwar in dieser Beziehung einen festen Anker sieht, ausbrechen will aber nicht kann oder Nico, zu dem sie eine oberflächliche Beziehung pflegt, die sie nicht vertiefen will. Er schon.

Und natürlich Luciens Familie, die anfangs nur erwähnt, später aber zum Haupthandlungsstrang des Buches werden. So setzt Verhoef dem Leser anfangs einzelne Puzzleteile vor, die sich nach und nach zusammensetzen. Das Buch könnte gut die Grundlage für eine Vorabendserie im Öffentlich-Rechtlichen werden.

Insgesamt ist die Geschichte aber durchdacht, logisch und so oder ähnlich kann sich tatsächlich Familienleben abspielen. Da gibt es eben zerbrochene Beziehungen, aufkeimendes Glück, Zweifel und Affären, Krankheit und Tod oder neues Leben. Normalzustand. Nichts anderes beschreibt die Autorin hier und die eine oder andere nachdenkliche Stelle bleibt nicht aus. Auch dies ein Plus.

Ein normaler Roman über eine Vergangenheit, die die Protagonistin einholt und über ganz normales Familienleben eben. Ein ruhiges Buch, was man durchaus lesen kann.

Autorin:

Esther Verhoef wurde 1968 in d’s-Hertogenbosch geboren und ist eine der erfolgreichsten Autorinnen der Niederlande. Dabei ist ihre Bandbreite breit gefächert. Über 50 Sachbücher über Tiere und noch dazu Kriminalromane schrieb sie von 1995 bis 2005.

Unter dem Pseudonym Maruque Maas veröffentlichte sie zudem erotische Romane. Zusammen mit ihrem Mann schrieb sie, ebenfalls unter Pseudonym, Thriller.

Die heute in Frankreich lebende Autorin wurde bereits mehrfach für verschiedene niederländische und belgische Krimi-Preise nominiert., ersteren gewann sie auch. Der Roman „Gegenlicht“ war nach seiner Veröffentlichung sofort auf Platz 1 der niederländischen Bestsellerlisten.

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Peter van Gestel: Wintereis

Wintereis Book Cover
Wintereis Roman Gulliver/Beltz & Gelberg Taschenbuch Seiten: 335 ISBN: 978-3-40774163-9

Handlung:

Kurz nach Kriegsende streift der 12-jährige Thomas durch die Straßen Amsterdams. Ein harter Winter hat die Stadt fest im Griff. Die Mutter gestorben, der Vater arm und arbeitslos, wächst Thomas dennoch liebevoll umsorgt auf. In seiner Klasse lernt er den neuen Jungen Piet kennen, mit dem er sich schnell anfreundet. Dessen Familie ist so ganz anders als seine und trägt ein Gehemnis mit sich. Als sich ihm Piet, inzwischen Zwaan genannt, offenbart, festigt das die Freundschaft der beiden noch mehr. Doch, eines Tages trennen sich die Wege der Jungen, die doch nicht ohne den Anderen können.

Rezension:

Es ist ein kleiner unscheinbarer Roman, der da herausgegeben wurde, zumindest wenn man von der deutschen Ausgabe spricht. Das Cover in Rot- und Brauntönen gehalten, darauf ein spazierender Junge und die typisch niederländische Grachten-Ansicht vom Wasser aus. Und so unscheinbar, auch der Klappentext der Übersetzung verrät nicht viel, beginnt auch der Roman. Zwei Jungen, der eine Neuling in der Klasse, freunden sich erst zögerlich, dann immer mehr miteinander an, gleichwohl sie aus unterschiedlichen Verhältnissen stammen.

Und der eine wie der andere ist vom Gegenüber fasziniert. Thomas, hier der witzige, lausbübische Hauptprotagonist mehr von Zwaan als umgekehrt. Letzterer gibt sich geheimnisvoll und vorsichtig, intelligent und zurückhaltend. Als der Junge aber hinter das Geheimnis, nach und nach, seines neuen Klassenkamerades kommt, schweißt das die zwei noch enger zusammen.

Ein wunderbarer Roman über eine recht sonderbare Zeit als die Niederlande, direkt nach der Stunde Null im folgenden Winter im Kältechaos versanken, Hunger, Not und armut allgegenwärtig waren. Ein kleines Zeitportrait und ein Werk über Freundschaft, Vertrauen und Zusammenhalt.

Der Schreib- und Erzählstil, für Kinder und Jugendliche klar und gut lesbar gehalten, ist poetisch gehalten und der zwölfjährige Protagonist als pointierter frecher Erzähler. Ein toller kleiner Roman, der auch von Erwachsenen gelesen werden kann und gelesen werden sollte.

Autor:

Peter van Gestel wurde 1937 in Amsterdam geboren und besuchte zunächst die Schauspielschule, bevor er als Dramaturg und Autor für den niederländischen Rundfunk und das Fernsehen arbeitete.

Ende der 70er Jahre schrieb er Kurzgeschichten, später Romane für Kinder und Jugendliche, von denen einige ins Deutsche übersetzt wurden. Seine Werke wurden mehrfach ausgezeichnet. Für „Wintereis“ erhielt er den Theo-Tijssen-Preis, den Woutertje-Oreis und den Nienke van Hitchum-Preis.

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Wolfgang Hohlbein: Mörderhotel

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Mörderhotel Wolfgang Holbein Bastei Lübbe Erschienen am: 26.05.2017 Seiten: 847 ISBN: 978-3-7857-2548-1

Inhalt:

Chicago, 1893. Die neunzehnte Weltausstellung öffnet ihre Tore. Millionen Besucher strömen in die Stadt und suchen ein Hotel. Herman Webster Mudgett besitzt ein solches. es ist eines der erstaunlichsten Häuser am Platz: Es hat Falltüren, verborgene Räume, Geheimgänge, einen Foltertisch, ein Säurebad und eine Gaskammer.

Viele Menschen gingen in dieses Hotel. Nur wenige verließen es wieder. Zumindest lebend … Wolfgang Hohlbeins neuer Roman erzählt die unglaubliche, aber wahre Geschichte um einen der ersten Serienkiller Amerikas! (Klappentext)

Rezension:

Die Menschen erstaunen ob der Wunder der Technik, die das Ende des alten und den Beginn des neuen Jahrhunderts kennzeichnen. Sie strömen zur Weltausstellung in Chicago um elektrisches Licht, damals noch eine Besonderheit und andere Vorboten der Moderne zu bestaunen. Und natürlich benötigen all die Besucher eine Unterkunft.

Eine solche gibt es in einem Vorort, der wachsenden Stadt, doch ist sie mehr als außergewöhnlich. Nicht nur, dass sie beinahe leer steht, sondern mit ihrer neuartigen wuchtigen Bauweise einen zweifelhaften Ruf in der Umgebung hat, zumal dort ständig Menschen zu verschwinden schein.

Auch Arlis weiß darum und quartiert sich, auf der Suche nach ihrer Schwester zusammen mit dem Versicherungsdetektiv Geyer ein. Beide wissen nur, dass die Schwester zuletzt mit dem Besitzer des Hotels liiert war und dann spurlos verschwand.

Von den Dingen, die sich grausam hinter den Wänden des Hotels verbergen, haben sie jedoch keine Ahnung, was sich jedoch bald ändern wird.

Der Horror-Roman, neuester Streich von Wolfgang Hohlbein, hat es in sich und enthält gleich zwei Geschichten, die sich nach und nach zusammenfügen zu einer gemeinsamen handlung. Zunächst das Werden des Massenmörders Herman Webster Mudgett, den es tatsächlich gegeben hat und dessen grausame Taten hier als Vorlage dienten, zum anderen die Geschichte der Aufdeckung seiner Taten.

Wobei sich kaumk sagen lässt, welcher Handlungsstrang grausamer oder abstoßender ist. Die Figuren tragen jedenfalls nicht dazu bei, dass man diese Geschichte zu mögen beginnt, soll man vielleicht auch nicht aber ein Roman selbst dieses Genres ohne Identifikationsfigur ist schon außergewöhnlich.

Und gewöhnungsbedürftig. tatsächlich geht dies sogar so weit, dass man, wenn auch nur für wenig mehr als einen Augenblick Sympathien für den Massenmörder hegt, dem Privatdetektiv Geyer aber alles Schlechte wünscht. Auch eine Variante aber eine, die es schwer macht, dieses Geschehen durchzuhalten.

Wolfgang Hohlbeins „Mörderhotel“ hat dabei keine Längen aber liest sich auch nicht gerade flüssig. Vielleicht hätte der ansonsten im fiktionalen Bereich sehr erfolgreiche Autor gut daran getan, die reale Geschichte zu recherchieren und als Sachbuch aufzuarbeiten.

Als Horror-Roman funktioniert es nur mittelmäßig, handwerklich im Stil klassischer Vorbilder, ansonsten springt der Funke (oder spritzt das Blut) hier nicht über. Dass die wenigen Morde (im Vergleich zum Versprechen des Klappentextes, an den man sich hier nicht halten sollte) sehr detailliert beschrieben werden, ist auch nicht dazu angetan, dieses Buch in einem Rutsch durchzulesen.

Nein, hier wird der Leser, der das sonst frei entscheiden kann, praktisch gezwungen ab und zu inne zu halten und an etwas anderes zu denken. Mag sein, dass dies der Stil eben ist in diesem Genre aber „Mörderhotel“ ist ein Roman, der wahrscheinlich als Film sogar besser funktioniert als in schriftlicher Form. Und ob dies für ein Buch eine Auszeichnung ist, wage ich zu bezweifeln.

Es wird mein vorerst letzter Roman, vielleicht tue ich Wolfgang Hohlbein ja auch Unrecht, in diesem Genre bleiben. Vielleicht ist es einfach nichts für mich. Wobei mich die reale Geschichte, die als Vorbild diente, mehr interessiert.

Im Vergleich z.B. mit Tom Rob Smiths „Kind 44“, der dort ebenfalls eine reale Mordserie verarbeitete, fällt „Mörderhotel“ leider deutlich ab. Und das bricht diesem Roman bei den Lesern, die zuerst den Krimi des englischen Schriftstellers gelesen haben, das Genick bzw. den Buchrücken. Für Wolfgang Hohlbeins Fans natürlich, wird auch „Mörderhotel“ wieder eine Sternstunde des Autoren werden.

Autor:

Wolfgang Hohlbein wurde 1953 in Weimar geboren und ist ein deutscher Schriftsteller im Genre Horror, Fantasy und Science-Fiction. er gehört zu den auflagenstärksten Autoren Deutschlands. Über 43 Millionen seiner Bücher wurden bisher verkauft.

Dem in Neuss lebenden Schriftsteller gelang mit seinem Roman „Märchenmord“ 1982 der Durchbruch. Schon als Jugendlicher begann er zu schreiben, lernte zunächst aber Industriekaufmann und arbeitete als Nachtwächter.

Die ersten Geschichten schrieb er unter Pseudonym. 2013/2014 wurde eine Fenrsehserie über seine Familie ausgestrahlt, die aber nach wenigen Folgen eingestellt wurde. Nach ihm wurde der Wolfgang-Hohlbein-Preis benannt.

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Susan Hastings: Schusterjunge Karl

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Schusterjunge Karl Susan Hastings Roman Erschienen am: 08.10.2012 Seiten: 375 ISBN: 978-3-95537-000-8

Handlung:

Im Oktober 2013 jährt sich zum zweihundertsten Mal die große Völkerschlacht bei Leipzig. Napoleon mit seiner großen Armee wurde von den verbündeten Streitkräften der Russen, Österreicher, Preußen und Westfalen vernichtend geschlagen. Mittendrin wurde die sächsische Armee zwischen den Fronten aufgerieben.

Der sächsische König hielt bis zur Katastrophe zu Napoleon. Erst während der dreitägigen Schlacht wechselten die Sachsen die Fronten, was dem König nachträglich die Gefangenschaft einbrachte. Viel wurde und wird über die Feldherren dieser Schlacht geschrieben, ihre Heldentaten gepriesen, ihnen Denkmäler erbaut.

Kaum jemand aber weiß um die Schicksale der unzähligen Namenlosen, die unter dem Großmachtstreben wahnwitziger Tyrannen leiden mussten, die sowohl von Siegern wie Besiegten geplündert, geschändet, verletzt oder getötet wurden.

Es gibt viele Augenzeugenberichte aus der damaligen Zeit, die von dem unsäglichen Leid der Zivilbevölkerung erzählen, Briefe der Soldaten, die als Kanonenfutter ins Feld geschickt wurden. Dieses Buch ist all denen gewidmet, die in den Wirren der Besatzung und der Kriege ihr Hab und Gut, ihre Gesundheit und Unversehrtheit, ihre Würde und das Leben verloren haben. (Klappentext)

Rezension:

Die Völkerschlacht bei Leipzig ist ein großes geschichtliches Thema, besonders in der Messestadt an der Pleiße selbst und so wurde vor zwei Jahren die Zweihundert-Jahr-Feier mit entsprechenden Aufwand begangen. Ausstellungen in der ganzen Stadt, Vorträge, sogar die Schlacht selbst wurde in Teilen von Laien-Schauspielern dargestellt. In nie dagewesener Größenordnung.

Ein Jahr zuvor als die Vorbereitungen dafür schon in Gange waren und die Stadtoberen die Werbetrommel rührten´veröffentlichte Susan Hastings diesen Roman, der dass Schlachtengetümmel aus einer ganz besonderen und beeindruckenden Perspektive zeigt.

Aus Sicht der einfachen Bevölkerung, der Leipziger und der umliegenden Dörfer, die erst viel später zur Stadt selbst gehören sollten. Hauptprotagonist ist hier Karl, der sich in der Stadt als Lehrling eines Flickschusters verdienen muss und zunächst vom aufkommenden Kriege begeistert ist.

Obwohl die Stadt unter den auferlegten Befehlen Napoleons ächzt, sind doch die Ideen des Kaisers der Grande Nation zu verlockend. Doch Karl und seine Freunde, seine Verwandten und Bekannten erkennen schnell, was es heißt, mitten in einem Krieg zu sein, in dem es nur Verlierer gibt.

Ein beeindruckender Historienroman, der anfangs nur langsam ins Rollen kommt, dann aber mit geballter Wucht einschlägt. Wie eine Kanonenkugel oder das Bajonett der französischen Soldaten. Die Autorin zeichnet gewollt ein blutiges aber realistisches Bild vom Leiden der Leipziger und Geschehen in der Stadt, die unter den Kämpfen und der wechselnden Besatzung (erst Franzosen, dann Russen) zu leiden hatte und verschönigt nichts.

Dabei erkennt man als Einheimischer die beschriebenen Örtlichkeiten sehr gut wieder und fühlt sich sehr gut in die Lage der einfachen Bürger zurückversetzt, die dies ertragen mussten. Zwar hat Susan Hastings das alles in mehreren Liebesgeschichten eingebettet, man möge es ihr aber verzeihen.

Zu groß war die Begeisterung bei der Jubiläumsfeier für eine Schlacht, in der zu viele Menschen für nichts starben. Da tut es gut, gerade das Kriegsgeschehen, die Schlachten nicht verschönigt zu sehen.

Der Schreibstil ist flüssig, die Protagonisten und ihre charakterlichen Wandlungen nachvollziehbar, eingebettet in einem gut recherchierten und detailliert geschilderten Historienszenario. Dennoch bin ich froh, dass meine Heimat das Leipzig ein paar Jahrhunderte später ist.

Autorin:

Susan Hastings ist das Pseudonym einer deutschen Schriftstellerin. Sie wurde 1954 in Leipzig geboren und nach Ausbildung und Studium zur Diplom-Geologin war sie im Bergbau tätig. Als Sachverständige arbeitete sie dort in den Bereichen Geologie und Ökologie.

Um ihren Traum wahr werden zu lassen, eines Tages Bücher schreiben zu können, nahm sie ein Fernstudium auf und veröffentlichte zunächst Kurzgeschichten. Unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlichte sie Liebes-, Historien- und Heftromane.Sie ist Mitgründerin des Vereins deutscher Liebesroman-Autorinnen.

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Chai Pinit: Bangkok Boy

Bangkok Boy Book Cover
Bangkok Boy Chai Pinit Weltbild Erschienen am: 01.01.2016 Seiten: 223 ISBN: 978-3-8289-3293-7 Übersetzer: Bernhard Liesen

Inhalt:

Chai Pinit war ein ganz normaler thailändischer Junge – bis er von einem Lehrer sexuell missbraucht wurde. Verzweifelt, voller Scham und Selbstekel geriet er in einen entsetzlichen Sumpf von Sucht und Prostitution.

Doch mit Hilfe guter Freunde und ungeahnter innerer Kraft gelang ihm der Weg zurück aus den Rotlichtbezirken von Bangkok und Pattaya. Der Weg zurück ins Leben. Eine Geschichte voller Kraft, Hoffnung und Lebensmut. (Klappentext)

Rezension:

Wie eine Rezension beginnen, ohne über das verkorkste Leben, welches in dieser Halbbiografie beschrieben wird,. zu richten? Gebnau das tut man nämlich unweigerlich, wenn man Chai Pinits „Bangkok Boy“ liest. Kopfschüttelt begleitet man den Autor schon bei den Beschreibungen seiner verwöhnten Kindheit, die schon vor dem eigentlichen fanal des Missbrauchs durch einem Lehrer die unheilvolle Zukunft erahnen lässt.

Anders als der Klappentext vermuten lässt begann das Abrutschen des Autoren in den Dreck der Gesellschaft, man kann es wohl so formulieren, schon schleichend im zarten Jugendalter vor der Begegnung mit besagten Lehrer. Aus dem Sumpf sollte Chai Pinit Jahre lang nicht herausfinden.

Es ist eine merkwürdige abstoßende, aber seine Geschichte, die uns der Autor hier vorlegt. Darin beschrieben all der Abschaum, der durch zwielichtigen, gar nicht gut zu heißenden Tourismus gefördert wird und aus dessen Sumpf kaum jemand unbeschadet herausfindet, so er einmal darin versunken ist.

Pinit beschreibt eine Fülle von abstoßenden Situationen, für die er teils selbst die Schuld trägt, die Erkenntnis kam beinahe zu spät, teils aber auch nicht alleine bewältigt hätte. Dies aber so detailliert und erdrückend, dass es schon als Leser an manchen Stellen kaum zu ertragen ist. Oft genug muss man das Buch zuseite legen, oft genug inne halten und durchatmen. Um dann wieder der nächsten Episode im Leben des Autoren folgen zu können.

Erdrückend erzählt er uns von der Schattenwelt seines Lebens und der berüchtigten Metropolen Bangkok und Pattayas, um so bewundernswerter, wie er letztendlich aus diesen Sumpf herausgefunden hat. Dieser Mann hat mehr als neun Leben, doch ist ihm klar, dass ein weiteres wohl nicht mehr zur Verfügung steht.

Darum dieses Buch, welches als Biografie, Aufarbeitung und Verarbeitung von Erlebnissen gelten kann, die dramatischer nicht sein könnten. „Bangkok Boy“ über ein Leben am untersten Rand der Gesellschaft, nahe dem Tod inmitten von Alkohol, Drogen und Sex aber auch über fast zu späte Einsichten, Wendungen und Schicksalsschläge und dem Weg zurück ins Leben.

Autor:

Chai Pinit wurde in einem Dorf in der nordostthailändischen Provinz Sisaket als ältester Sohn einer wohlhabenden und angesehenen Familie geboren. Nach Missbrauch durch einem Lehrer rutschte er in einem Sumpf aus Alkohl, Sex und Drogen und arbeitete als Gogo-Boy in Bangkok und Pattaya. Inzwischen lebt er mit Frau und Kindern in Bangkok und arbeitet als Reiseleiter. Dies ist sein erstes Buch.

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