Mexiko

Gina Louise Hunter: Essbare Insekten

Inhalt:
Von Anbeginn unserer prähistorischen Vergangenheit bis hin zu modernen Ernährungstrends spielen Insekten eine bedeutende Rolle. Heute ernähren sich schätzungsweise zwei Milliarden Menschen von ihnen, doch im Westen werden sie nur selten gegessen. Woran liegt es, wo doch unsere Vorfahren ebenso Insekten gegessen haben? Was können wir von ihnen und den Menschen, die diese heute noch auf den Speiseplan haben, lernen? Weshalb sind Insekten die Lebensmittel der Zukunft und welche Fragestellungen bringt dies mit sich? Die Anthropologin Gina Louise Hunter nimmt uns mit auf eine besondere kulinarische Reise.

Rezension:

Hierzulande eher auf Street Food Märkten oder in Szenerestaurants effektvoll serviert, spielen Käfer, Larven oder Heuschrecken eine eher untergeordnete Rolle, doch auch hier wächst die Anzahl der Interessenten, ein Markt, der andernorts auf der Welt riesig ist. Über 20.000 Familien in Thailand etwa betreiben Grillenfarmen. Längst sind auch große amerikanische Food-Konzerne auf das Potenzial der Krabbeltiere aufmerksam geworden. Warum, liegt auf der Hand. Schon in prähistorischen Zeiten haben wir Menschen uns von Insekten ernährt, die stets einfacher zu fangen waren als größere Säugetiere und die stetig wachsende Weltbevölkerung ist hungrig.

Doch in der westlichen Welt überwiegt der Ekel, dem sich eine noch kleine Anzahl von Pionieren zur Aufgabe gemacht hat, ihn zu überwinden. Die Anthropologin Gina Louise Hunter ist eine davon. In ihrem neuen Buch beschäftigt sie sich mit diesem Teil globaler Ernährungsgeschichte, wirft zunächst einen Blick in unsere Vergangenheit und schaut anschließend, wie mit der Thematik in anderen Teilen des Erdballs umgegangen wird, sowie was wir daraus lernen können.

Aufgelockert mit Fotos zeigt der sehr emphatisch gehaltene Bericht, worauf geachtet werden muss, wenn wir Insekten als eine Art globales Superfood begreifen und unserer Küche zugänglich machen, Vorteile und Nachteile dieser Art von Lebensmittel, z. B. auch als potenzielle Einnahmequelle von Menschen derzeit armer Regionen, bei richtiger Handhabung. Gut recherchiert schwankt dieses Sachbuch zwischen gesellschaftlichen Zustandsbericht und historischen Abriss, endet dann in eine Art historischen Kochbuch, in dem etwa österreichische Kipferl eine ganz neue Grundzutat aufweisen.

Jetzt immer noch skeptisch? Bitte zu diesem Werk greifen und zumindest mal auf dem nächsten Streetfood-Markt probieren, wenn etwa gebratene Mehlwürmer oder Heuschrecken angeboten werden. Oder gar Lebensmittel auf Mehlwurmmehlbasis, in denen man das verarbeitete Insekt nicht sieht. Wenn der Hunger auf der Welt nicht weiter wachsen soll, muss auch hierzulande über eine Erweiterung des Speiseplans nachgedacht werden. Gina Louise Hunters Buch ist ein Anfang.

Autorin:

Gina Louise Hunter ist Professorin für Anthropologie an der Illinois State University.

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Alexandra Endres: Niemand liebt das Leben mehr als wir

Niemand liebt das Leben mehr als wir Book Cover
Niemand liebt das Leben mehr als wir Alexandra Endres Verlag: mairdumont Erschienen am: 08.10.2019 Seiten: 330 ISBN: 978-3-7701-8249-7

Inhalt:
Mexiko – ein unglaublich vielfältiges Land, landschaftlich und kulturell. Und vom Drogenkrieg gezeichnet. Alexandra Endres durchquert das Land, welches oft für viele nur eine Durchgangsstation ist.

Ein Land voller Gewalt, in dem täglich Menschen spurlos verschwinden, aber auch ums Überleben kämpfen, um die Natur und ihr kulturelles Erbe. Alexandra Endres trifft auf das indigene Erbe der Maya ebenso, wie auf traditionelle Mezcal-Brenner und engagierte Umweltschützer.

Sie lernt Menschen kennen, die sich unerschütterlich für ihr Heimatland einsetzen und von einer besseren Zukunft träumen. (abgewandelter Klappentext)

Rezension:

Niemand liebt das Leben mehr als wir, weil für uns der Tod so sehr präsent ist.

Guillermo del Toro

Der mexikanische Regisseur Guillermo del Toro fand einst diese Worte, um das Lebensgefühl seiner Landsleute zu umschreiben. Doch, wie sieht es aus, das heutige Mexiko, welches, wenn überhaupt, hierzulande nur in die Schlagzeilen gerät, wenn mal wieder ein hochrangiger Drogenboss den Behörden ins Netz geht oder die Dramen an der Grenze zu den USA nicht mehr von den Nachrichten-agenturen ignoriert werden könne?

Alexandra Endres, Redakteurin, u.a. von ZEIT Online, hat sich aufgemacht, auf Spurensuche durch ein faszinierendes und vielfältiges Land.

Von Süd nach Nord hat die Autorin den mittelamerikanischen Staat durchquert, der für so viele nur eine Durchgangsstation zum Traum von einem besseren Leben sein soll, der jedoch spätestens im Norden für allzu viele zerplatzt.

Endres nimmt sich Zeit für die Begegnungen mit Menschen, denen ihre Heimat nicht egal ist, die etwas für sich und Andere bewegen wollen, die Abwärtsspirale aus Korruption und Drogenhandel, Umweltverbrechen, nicht akzeptieren.

Aufgrund vermittelter Kontakte begab sie sich auf eine Reise, die ihres Gleichen sucht, zumal als Frau alleine in dieser Gegend zuweilen nicht ganz ungefährdet. Der Blick geschärft für Details schildert sie lebendig das Leben der Menschen, die sie daran teilhaben lassen und zeichnet so ein vielschichtiges Bild.

Kurzweilig sind die Kapitel, immer entsprechend ihrer gewesenen Reiseabschnitte gegliedert, doch beginnt die kurzweilige Reisereportage mit einer Beobachtung, die fast gegen Ende der Reise selbst stattfand. Um so beeindruckender sind die nachfolgenden Schilderungen.

Die Autroin schafft es ihre Bedenken, ihre Zweifel, vor allem aber auch ihre Neugier auf das Unbekannte und ihre Zugewandtheit den Menschen gegenüber lebendig werden zu lassen. Ein Reisebericht kann dabei immer nur einen Ausschnitt aus einem Land zeigen, dessen ist sich die Autorin bewusst.

Sie versucht dennoch einen Rundumblick zu bekommen. Wo stehen Mexiko und seine Menschen heute? Mit welchen Problemen haben sie zu kämpfen und was heißt es, dort zu überleben, wo einem der Tod so nahe ist?

Alexandra Endres schildert all dies nicht nüchtern. In lebendigen Farben gibt sie wieder, was sie gesehen hat und herausgekommen ist der nachhallende Zustandsbericht eines Landes, welches mit keinem anderen zu vergleichen ist.

Durchgangsstation und Endpunkt langer, beschwerlicher Reisen, unfreiwilliger Schmelztigel und indigene Völker auf der Suche nach ihrer Identität, vermischt mit christlichen Traditionen. All dies zusammen führt zu einer besonderen Mischung, die man mit Zeile zu Zeile als Lesender zu verstehen versucht, jedoch immer noch mehr Fragen bekommt.

Aufgelockert durch zahlreiche Skizzen, die Wege markieren, Kartenmaterial im Inneren der Umschlagseiten, sowie einem Fototeil, zeigt die Autorin die Vielfältigkeit dessen, was sonst nur einseitig in unseren Medien dargestellt wird.

Mit jedem Wort wird klarer, wie nah Freude, Zuversicht, Mut und Verzweiflung beieinander liegen, gerade wenn sie mit Umweltschützern, Frauenrechtlerinnen oder Indigenen spricht, die sich für ihre Interessen, nicht ohne Gefahr für sich selbst, einsetzen. Beeindruckend, um nur ein Wort zu nutzen. Bewundernswert in jedem Fall.

Mexiko, so bleibt festzustellen, ist ein unerschrocken unermüdliches Land mit Menschen, die an sich glauben, an ihr Leben hängen. Es lohnt sich, dies zu beobachten und zu verfolgen. Alexandra Endres ist dies im Rahmen ihrer Möglichkeiten gelungen. Wünschenswert, wenn es in Zukunft noch mehr Aufmerksamkeit für die Menschen gibt, die das Leben so sehr lieben.

Autorin:

Nachd er Schule studierte Alexandra Endres in Köln Volkswirtschaft in Kombination mit Realpolitik, bevor sie Redakteurin bei der FAZ wurde und wissenschaftliche Mitarbeiterin des Wirtschaftsgeographischen Institutes der Uni Köln. Seit 2006 arbeitet sie für ZEIT Online und unternimmt immer wieder Reisen nach Südamerika.

2014 arbeitete sie als Gastredaktuerin für eine kolumbianische Zeitung. Die südamerikanischen Länder (die sie immer wieder bereist), ihre Rohstoffe und Ressourcen, sowie Entwicklung und Menschenrechte gehören zu ihren Hauptthemen. 2016 bereiste sie Kolumbien erneut. Ihre Erlebnisse veröffentlichte sie auf ihren Blog und ausführlich in Buchform.

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