Geld

Norris von Schirach: Beutezeit

Beutezeit von Norris Schirach

Inhalt:

Als Wladimir Putin im Januar 2000 Staatspräsident wird, verlässt der reich gewordene Rohstoffhändler Anton fluchtartig Moskau. Hinter ihm liegen acht atemberaubende Jahre im postsowjetischen Raubtier-Kapitalismus, vor ihm die gähnende Langeweile im gutsituierten Milieu New Yorks. Doch auch mit vierzig ist Anton noch immer ein unverbesserlicher Romantiker auf der Suche nach dem nächsten Kick. Da macht ihm ein Headhunter ein verlockendes Angebot in Zentralasien.

Beutezeit ist ein beeindruckend aktueller Roman über eine postsowjetische Gesellschaft, die im Sumpf aus Korruption und Terror versinkt. Norris von Schirach beschreibt meisterhaft, was wirtschaftliche Macht, Korruption und autokratische Hybris bedeuten können. (Klappentext)

Rezension:

Die flirrende Zeit des Tanzes auf den Vulkan, kurz vor dessen Ausbrauch. Antons Leben gleicht einem Drahtseilakt und so flüchtet er aus Moskau, als ein neuer Machthaber im Kreml sein Amt antritt. Im fernen Amerika herrscht Tristesse vor, da locken Abenteuer und die Möglichkeit nach viel Geld den reich gewordenen Rohstoffhändler ins zentralasiatische Kasachstan. Mit finanziellen Mitteln aus anonymer Quelle soll er ein Stahlwerk aufbauen. Vor Ort entwickeln die Geschehnisse jedoch ihre ganz eigene Dynamik, deren Strudel Anton kaum kontrollieren kann.

Dies ist die gut, unabhängig vom ersten Roman Norris’ von Schirach zu lesende Erzählung, die ein Jahrzehnt später ansetzt und zu einem viel zu wenig beachtenden Schauplatz führt, jedoch ein Szenario von erschreckender Aktualität darstellt. Die temporeiche Geschichte, die die Dynamik solcher Orte sehr gut herausarbeitet, funktioniert, ebenso wie die Herausarbeitung des Protagonisten, der mit zunehmender Seitenzahl an Statur gewinnt.

Nichts ist schwarz oder weiß, die handelnde Hauptfigur agiert im Graubereich zwischen staatlicher Willkür, Korruption, Kapitalismus in seinen Extremen, Clan-Kriminalität und Seilschaften inklusive. Sehr viel Gesellschaftskritik bringt der Autor, der Land und Leute aus eigenem Erleben gut kennt, mit hinein, positioniert sich mit dem Wandel seiner Geschichte, ohne den Zeigefinger zu erheben. Fast immer ist es die Sicht des Hauptprotagonisten, aus der erzählt wird, wobei gezielt ruhige Momente Atempausen zwischen rasanten Szenarien eingesetzt werden. Lesend befindet man sich mitten im Geschehen. Man kann sich das gut als Vorlage für ein Drehbuch vorstellen.

Die Geschichte wird über einen Zeitraum von mehreren Jahren erzählt, der Wandel dargestellt vor allem aus der Sicht des Protagonisten auf sein eigenes Handeln, welches sehr flexiblen Denken unterliegt. Die Dynamik zwischen skrupellosen und trickreichen Geschäftsmann sowie Schöngeist mit moralischen Zweifeln, die der Autor hier geschaffen hat und bis zum Ende durchhält, ist faszinierend zu lesen. Andere Figuren dienen nur dazu, das Tempo der Erzählung zu erhalten oder nach ruhigen Momenten neu zu befeuern. Deren Hintergründe bleiben jedoch, zumindest in Teilen im Dunklen.

Durchweg spannend erzählt, mit einigen Momenten zum Durchatmen, sieht sich der Protagonist ständig neuen Ereignissen und Wendungen ausgesetzt, die glaubwürdig dargestellt werden, wenn auch an der einen oder anderen Stelle Logikfehler durchschimmern. Vielleicht erscheint das jedoch auch nur so, da für unser westliches Verständnis derart beschriebene Ungeheuerlichkeiten außerhalb des Möglichen erscheinen, kommen wir durch Medienberichte auch nur mit den Spitzen dieser Eisberge in Berührung und müssen nicht mit den Alltäglichkeiten solcher Systeme leben.

Ausschweifend ist allein die Anzahl der Dreh- und Angelpunkte, ansonsten beherrscht Norris von Schirach eine Erzählweise, die einen schnellen und spannenden Film im Kopf entstehen lässt. Zudem werden viele Problematiken zur Sprache gebracht, die schlicht Realität sind. Korruption, Machterhalt, Geldwäsche, der Rohstoffhunger Chinas, Gier … Noch mehr zusammenfassen als der Autor dies hier getan hat, ist kaum möglich. Dargestellt wird ein großes Puzzlespiel, dessen Teile wie Zahnräder einer Maschine ineinander greifen. Immer folgt auf eine Aktion eine Reaktion. Und auf einen Band der nächste. Der ist in den letzten Seiten angelegt.

Das ist das einzige Mal, dass ein Cliffhanger so mit einem derartigen Zeigefinger in der Geschichte platziert wird.

Autor:

Norris Benedikt von Schirach wurde 1963 in München geboren und ist ein deutscher Geschäftsmann und Schriftsteller. Er war zunächst kaufmännisch in London tätig, bevor er in Konstanz Verwaltungswissenschaften studiert, und anschließend in den USA, Kasachstan und Russland, 1993 – 2003, gearbeitet hat. 2018 veröffentlichte er seinen ersten Roman, zunächst unter Pseudonym, welches jedoch schnell enttarnt wurde. Sein Roman “Beutezeit” erschien 2022.

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Deutsche Bundesbank: Geld und Geldpolitik

Geld und Geldpolitik Book Cover
Geld und Geldpolitik Deutsche Bundesbank (Hrsg.) Gedruckt durch: DZB ISBN: 978-3-86558-998-9 Klappenbroschur Neuauflage: 15.10.2019

Inhalt:

Ohne Geld funktioniert eine moderne Volkswirtschaft nicht, doch was ist das überhaupt? Wie entsteht Geld, was wird als Geld angesehen und warum? Wie kommt es in den Umlauf und warum ist stabiles Geld so wichtig? Welche Rolle spielen die Deutsche Bundesbank oder die Europäische Zentralbank?

Wie steuert man den Geldfluss und welche Entscheidungen müssen für einen kontinuierlichen Geldkreislauf getroffen werden? Wie nimmt die Bundesbank darauf Einfluss? Was sind sind ihre Aufgaben?

Wie funktioniert das Banken- und Finanzystem? Welche Rolle spielt der Euro, das Eurosystem und was ist das, die europäische Geldpolitik? Das vorliegende Sachbuch klärt diese und andere spannende Fragen, rund um unser Geld? (eigene Inhaltsangabe)

Rezension:

Geld alleine macht nicht glücklich, aber es beruhigt ungemein, wenn man welches hat. Den Auspruch kennt, so oder in ähnlicher Form, wohl jeder. Spätestens, wenn’s darum geht, beim nächsten Einkauf sich zwischen Produkten anhand unterschiedlicher Preise oder überhaupt bei Konsum- und anderen Gütern zu unterscheiden.

Tatsächlich hat unser Geld eine lange und aufregende geschichte, die heutigen Verflechtungen, die damit einher gehen, machen Geld und Geldpoltiik jedoch für den Laien kaum verständlich. und das in einer Zeit, die so unbeständig ist, dass es um so wichtiger ist, welche Rolle das spielt, was wir als Geld bezeichnen.

Mit diesem Sachbuch zeigt die Deutsche Bundesbank, dass das, was so kompliziert und verklausuliert oft übermittelt ist, auf einfachen und verständlichen Grundlagen beruht.

Kostenfrei zur Verfügung gestellt, kann man das leicht verständliche Sachbuch von der Bundesbank direkt beziehen und zieht daraus einen Mehrwert für sich, der einen mit Sicherheit durch den Wirtschaftsunterricht und auch sonst hilft. Nicht ohne Grund wird das Buch deutschlandweit an Schulen mit wirtschaftlicher Ausrichtung verwendet. Aber auch so, wer Interesse hat oder sich weiterbilden möchte, kann seinen Nutzen ziehen.

In kurzen und verständlich formulierten Kapiteln werden dennoch hoch detailliert die Grundlagen der Aufgaben der Deutschen Bundesbank und der Europäischen Zentralbank dargestellt, sowie Geld und Geldpolitik in all ihren Zusammenhängen gezeigt. Wirtschaft ist hochspannend, gerade weil es jeden Einzelnen von uns betrifft.

Natürlich hat dieses Format so seine längen, was aber rein an der Thematik liegt. So ist es kein Buch zum Nebenher lesen, jedoch ein gutes Nachschlagewerk und Lehrbuch für alle, die verstehen wollen.

Augfgelockert durch Grafiken und Tabellen werden anfangs komplizierte Themen verständlich gemacht. Farblich hervorgehobene Merksätze und am Ende eines jeden Kapitels abgedruckte Zusammenfassungen erhöhen die Lesbarkeit und den Zugang zu einem an sich trockenen, so aber gut fassbaren Sachverhalt.

Intensiv damit beschäftigt, lässt scih ein Mehrwert für Prüfungen, den Unterricht an sich, für Wiederholungen und zur Vertiefung feststellen, für die jenigen, die in der Thematik drinstecken aber auch für Leser, die eine klare und eindeutige Einführung bekommen möchten.

Herausgeber:

Die Deutsche Bundesbank ist die Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland mit Hauptsitz in Frankfurt/Main. Sie ist Teil des Europäischen Systems der Zentralbanken und gehört zur mittelbaren öffentlichen Verwaltung. Sie hat die Stellung einer Obersten Bundesbehörde, ist politisch unabhängig. Ihre Aufgaben sind im Bundesbankgesetz geregelt.

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Kristine Bilkau: Die Glücklichen

Die Glücklichen Book Cover
Die Glücklichen Kristine Bilkau Verlag: Luchterhand Hardcover Seiten: 301 ISBN: 978-3-630-87453-1

Inhalt:

Isabell und Georg sind ein Paar, dessen Glück durch die Geburt ihres Sohnes vervollkommnet wird. Das Leben in der gut situierten Wohngegend könnte nicht schöner sein, doch mit der Gründung einer Familie wächst der gesellschaftliche Druck. Um so mehr, als dass die berufliche Existenz plötzlich auf der Kippe steht.

Plötzlich zittert die Bogenhand der Cellistin Isabell und der Zeitungsverlag, in dem Georg arbeitet, muss Stellen abbauen. Die gutbürgerliche existenz ist plötzlich gefährdet. Der soziale Abstieg beginnt erst schleichend, dann immer schneller. Beide versuchen nun auf unterschiedliche Art und Weise mit der neuen Situation umzugehen. (eigener Text)

Rezension:

Eigentlich könnte es nicht besser laufen. Isabell und Georg sind ein glückliches Paar. Der Sohn gerade geboren, leben sie in einem gut situierten Stadtteil einer deutschen Großstadt. Die Straßen sind gesäumt von Cafes, man kauft Bio, die Läden sind exklusiv.

Sie arbeitet als Cellistin und er bei einem Zeitungsverlag als Journalist. Doch, die Existenzen beider sind bedroht. Isabell will nach der Geburt ihres Sohnes der Wiedereinstieg ins Berufsleben nicht gelingen. Die Bogenhand zittert. Georgs Zeitungsverlag geht Pleite und entlässt seine Angestellten. Die neue Situation ist für beide ungewohnt. Die Cellistin ohne rechte Aussicht auf ein erneutes Engagement, der Journalist muss entdecken, dass die Zeitungen nur noch Nachricht von Gestern sind.

Isabell und Georg müssen sich neu orientieren, die Fassade nach außen aufrecht zu erhalten, fällt aber schwer. Als dann noch Georgs Mutter stirbt und vorher eine Mieterhöhung ins Haus flattert, scheint der soziale Abstieg nicht mehr aufhaltbar.

Die Grundidee der Gesellschaftskritik, die Bilkau hier aufführt. ist richtig und durchaus zu diskutieren. Der Druck, was wir sein und wie wir auf andere wirken wollen, wächst mit dem Gehalt, genau so wie der Willen, den einmal geschaffenen Standard auch zu halten.

Doch, wenn es einmal nicht mehr gelingt, wie nötig ist es, eine Fassade aufrecht zu erhalten, von der man weiß, dass man diesem Druck nicht standhalten wird können? Probleme, wie sie bezeichnend sind für unser Leben, hier in Form einer gutbürgerlichen Künstlerfamilie, die von den beruflichen Veränderungen vor vollendeten Tatsachen gestellt wird.

Bilkau lässt ihre Protagonisten zunächst einmal in Selbstmitleid und Ignoranz ob der Probleme versinken. Fast über die gesamte Seitenanzahl kommen dem Leser die Figuren arrogant und blind gegenüber ihrer Situation vor. Von der Negativität, dem Pessimismus, in dem man beim Lesen versinkt, einmal ganz abgesehen. So etwas möchte man nicht lesen, auch wenn Bilkau einen Erzählstil an den Tag legt, der ihrer Figuren würdig ist. Das Buch kommt genau so bürgerlich rüber, wie Isabell und Georg selbst wirken wollen.

Die Sprache schön, alleine sie erreicht den Leser nicht. Ein klassischer Fall, von: “Was nützt die schönste Formulierung, wenn sie die Leser nicht erreicht.” Ein Mantra, welches über die gesamte Handlung wie ein Damoklesschwert hängt und leider nicht aufgelöst wird.

In der Realität würde man in der Situation der beiden wahrscheinlich darüber nachdenken, sich umzuorientieren und nach neuen Ansätzen und Ideen suchen, oder zur Überbrückung einen Job annehmen, den man sonst nicht machen würde.

Derartige Passivität und Blindheit lässt einem jedoch nur kopfschüttelnd zurück und so ist der Ansatz zwar lobend, ein tiefgreifend gesellschaftliches Problem aufzugreifen, triftet aber hier wie seine Protagonisten in trostlose Mittelmäßigkeit. Dagegen helfen dann auch die wenigen positiven Punkte nicht mehr, die sich finden lassen.

Autorin:

Kristine Bilkau wurde 1974 in Hamburg geboren und ist eine deutsche Journalistin und Schriftstellerin. Nach der Schule studierte sie an der Universität Hamburg und arbeitete als Journalistin für Frauen- und Wirtschaftsmagazine.

Im Jahr 2008 nahm sie an einem Literaturwettbewerb teil und war im darauffolgenden Stipendiatin der Autorenwerkstatt des Literarischen Collquiums Berlin. Nach mehreren schriftstellerisch-schulischen Stationen veröffentlichte Bilkau ihren ersten Roman im Jahr 2015. Auch eine Theateradaption ihres Romans “Die Glücklichen” gibt es inzwischen. Kristine Bilkau lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

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