Inhalt:
Minutiös aufbereitete SS-Ereignismeldungen sind es, die Ben Ferencz nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckt. Eine Chronik des Genozids, ein Sensationsfund und Grundlage für den daraus folgenden Einsatzgruppenprozess in Nürnberg.
Mit gerade einmal 27 Jahren tritt Ferencz als Chefankläger auf und auch danach prägt der Anwalt wichtige Etappen der Zeitgeschichte mit. Er gestaltet die deutsche Wiedergutmachungspolitik mit, ebenso den Aufbau des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Ben Ferencz, der SS-Generäle jagte, Opfer entschädigte und bis ins hohe Alter für den Weltfrieden kämpfte. (abgewandelte Inhaltsangabe)
Rezension:
Hundert Jahre sind eine kaum fassbare Zeitspanne, vor allem, wenn sie so ereignisreich gewesen sind, wie die, die Ben Ferencz in vielen Facetten erleben und mitgestalten durfte.
Aus einer armen Familie stammend, wurde der begabte Junge Jurist und half mit Recht und Gerechtigkeit international durchzusetzen und wurde so zu einem Fürsprecher gegen Gräuel und Leid, solches zu sühnen und künftig zu verhindern. Dies ist seine Biografie.
Der Historiker und Journalist Philipp Gut hat sich die fulminante Aufgabe gegeben, eine atemberaubende Biografie zu verschriftlichen. Nun im Piper-Verlag erschienen, ist dies gelungen. Auf der grundlage von Berichten, Tagebuch-Einträgen und nicht zuletzt Interviews mit den jenigen, den der Autor später als Jahrhundertzeuge betiteln würde, zeichnet Gut das Leben eines Kämpfers nach.
Minutiös beschreibt er die Anfänge des begabten Schülers und Studenten, der Recht studierte und den der Krieg nach Europa brachte, der Kontinent, der zu Ferencz prägenster Wirkungsstätte werden sollte.
Ferencz erzählt, wie direkt in den letzten Kriegstagen Material in seine Hände fiel, welches später Grundlagen für die Kriegsverbrecherprozesse in Nürnberg werden sollte und welche Weichen ihm gestellt wurden, künftig sich dafür einzusetzen, dass solches Leid, wie von den Nationalsozialisten verursacht, künftig nicht ungesühnt bleiben würde.
Faszinierend sind die einzelnen Episoden aus Ferencz‘ Leben, welches immer wieder Berührungspunkte mit den Europa bewegenden Ereignissen hatte, die er zudem kräftig mitgestaltete. Beindruckend, seine Ausführungen, wie er um die Entschädigung von ehemaligen NS-Zwangsarbeitern kämpfte und welchen Hürden er sich gegenüber sah, als es darum ging, eine internationale Gerichtsbarkeit gegen künftige Kriegs- und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu schaffen.
In verständlicher Sprache, ohne das Für und Wider der beschriebenen Zeit außer Acht zu lassen, erweist der Autor einem der großen Menschen der jüngeren Zeitgeschichte Ehre und Respekt. Eine Biografie, gleichsam ein Denkmal für jemanden, den es immer um die Sache ging, der jedoch auch fehler und Schwierigkeiten eingesteht, denen er sich ausgesetzt sah.
Intensiv recherchiert, ohne rosarote Brille, ist diese Biografie so spannend wie ein Krimi zu lesen.
Make Law, not War.
Sein Leitspruch und die Maxime, nach der ferencz lebte. Der Bericht über einen außergewöhnlichen Menschen in bewegenden Zeiten.
Autor:
Philipp Gut wurde 1971 geboren und ist ein Schweizer Journalist und Autor. Er studierte in Zürich und Berlin Geschichte, neuere deutsche Literaturwissenschaft und Philosophie und arbeitete als Assistent an der Universität Zürocj, bevor er 2005 promovierte. Als freier Autor arbeitete er zunächst beim Zürcher Tages-Anzeiger, seit 2010 als stellvertrender Chefredakteur.
Er schrieb für mehrere Zeitungen und veröffentlichte Biografien zu Hermann Hesse und Winston Chruchill. Seine Recherchen sorgen immer wieder für Aufsehen und werden intensiv diskutiert.